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21.-22. Februar 2019: Aspies e.V. auf der WTAS 2019

21.-22. Februar 2019: Aspies e.V. auf der WTAS 2019

Vom 21.-22.02.19 fand die diesjährige Wissenschaftliche Tagung Autismusspektrum (WTAS) in Augsburg statt. Aspies e.V. war mit dem Infostand dabei.

Willkommen bei der  WTAS-2019

Auch in diesem Jahr konnte sich Aspies e.V. mit 2 VertreterInnen und dem Infostand dem weitgehend aus Fachkräften bestehenden Publikum präsentieren.

– Inhalte ausgewählter Vorträge –

1.) Der Vortrag „Entwicklung eines standardisierten Assessments für den emotionalen Entwicklungsstand bei Erwachsenen mit Intelligenzminderung“: Die Kenntnis des emotionalen Entwicklungsstandes, unabhängig vom Alter, sei Basis für die Diagnostik und die adäquate Behandlung von Menschen mit Entwicklungsstörungen, u.a. auch Autismus. Anhand der Erstellung von Index-Fällen (beteiligt: Niederlande, Belgien, England und Deutschland) wurde die transkulturelle Anwendbarkeit des Diagnostik-Instrument SEED Anwendbarkeit geprüft und für die Erhebung des sozioemotionalen Entwicklungsniveaus von Menschen mit Intelligenzminderung als hilfreich eingeschätzt.

2.) In einem zweiten Vortrag ging es um den Wirksamkeitsnachweis eines neuartigen Trainings zur Regulation von Personen mit ASS: Der besondere Schwerpunkt des interaktiven Computertrainings liegt bei der verstärkten Wahrnehmung von positiven Emotionen (vs. Fokus auf „Probleme“), u.a. durch Verwendung von Humor. Die ersten Ergebnisse zeigten, dass sich der Einsatz solcher adaptiven Emotionsregulationsstrategien langfristig positiv auf den Affekt und das Wohlbefinden auswirken könnten. Ein Manual sei in Planung.

3.) Ein anderer Vortrag stellte neue Erkenntnisse über die Wirksamkeit des tablet-basierten Trainingsprogramms „Zirkus Empathico“ zur Förderung sozio-emotionaler Kompetenzen bei autistischen Kindern vor:  Die Ergebnisse sprächen dafür. Außerdem gebe es eine hohe Akzeptanz und Zufriedenheit der betroffen Kinder und Eltern dieses computergestützten Therapieverfahrens.

4.) Ein etwas befremdlicher Vortrag behandelte das „Fingerprint Modell“ als „Ansatz zur Früherkennung von Entwicklungsstörungen“: Durch softwaregestütze Analyse von Videoaufnahmen von Säuglingen (Auswertungen u.a. von Spontanbewegungen, Atmung, Lautäußerungen) sollen bestimmte Entwicklungsstörungen (u.a. ASS) sehr früh erkannt und sogar spätere Entwicklungsverläufe vorhergesagt werden können. Die Vertreterin von Aspies e.V. hätte gerne nachgefragt … „Wozu soll diese Säuglingsforschung eigentlich dienen?“  – Leider konnte sie diese „Publikumsfrage“ aus zeitlichen Gründen nicht stellen.       

5.) Sehr interessant war der Workshop „Aktuelle Strategien und Leitfäden für Schulen und Autismus – Best Practice. Beispiele aus England“: Darüber, wie in England autistische SchülerInnen gefördert werden, wussten wir noch nicht sehr viel.

Allgemein werde die Exklusionsrate in England als hoch eingeschätzt. Vom Bildungsministerium würden zwar bestimmte Standards gesetzt, die Schulen erfüllen müssten, um die individuelle Förderung der betroffenen SchülerInnen zu gewährleisten. Viele Regelschulen könnten dies nicht. Sollte sich keine Schule finden, welche die entsprechenden Bedingungen bieten könne, würden autistische SchülerInnen zeitweise von der Beschulung ausgeschlossen.

 Wie auch in Deutschland werde von Schulen und Lehrkräften erwartet, dass sie einem Lehrplan gerecht würden und gleichzeitig die individuellen Besonderheiten von SchülerInnen berücksichtigen und ihnen helfen würden, ihre Ziele zu verwirklichen und ihre Stärken zu fördern. Im Autismusbereich gebe es in England verschiedene Möglichkeiten: 

a) „Regelschulen“: Hier sei die „Exklusionrate“  i.A. hoch, es gebe aber oft zumindest  spezielle „Autismus-Einheiten“ („autism bases“). Dies seien z.B. Angebote von Rückzugsräumen u.a. äußerer Bedingungen anhand von individuellen „Förderplänen“  (keine „Autismusklassen“ oder spezieller Unterricht für autistische SchülerInnen). Therapeutische Begleitung gebe es an Regelschulen nicht.

b) In England gebe es viele private ABA- oder TEACCH-Schulen für autistische SchülerInnen. Die Lernerfolge der verschiedenen Schultypen würden jedoch kaum untersucht.

c) Autistische SchülerInnen könnten Unterstützung durch „Teaching Assistants“ (TAs) erhalten. Diese hätten i.d.R. jedoch keine päd. Ausbildung, seien nur „auf Zeit“  (1 Schuljahr) an der Schule angestellt und seien nur in der Unterrichtszeit mit den SchülerInnen zusammen

d) im Gegensatz zu Deutschland würden Förderpläne nicht nur zeitlich begrenzt, sondern es gebe einen Förderplan „Gesundheit und Erziehung“ für junge Menschen im Alter von 0 – 25 Jahren (ab dem Alter der Antragsstellung), der durch Fachkräfte aus verschiedenen Gebieten umgesetzt werden solle. Sobald ein Schüler/Student diesen Förderplan habe, in dem stehe, welche Bedingungen er brauche, habe er ein Recht darauf dass die entsprechende Bildungseinrichtung diese umsetze.  Allerdings würden viel zu wenige dieser Förderpläne wirklich realisiert  

-> Die Gesamtübersicht über alle WTAS-Vorträge, inkl. Abstracts, siehe hier:  „http://wgas-autismus.org/tagung-wtas/archiv/“

– Fachbeiträge von VertrerInnen von Aspies e.V. und Autismus Forschungskooperation (AFK) –

Auch in diesem Jahr waren wieder AutistInnen von Aspies e.V. u./o. der AFK (viele der AFK-Mitglieder Mitglieder sind ebenfalls Mitglieder bei Aspies e.V. und auch dort aktiv)mit Fachbeiträgen bei der WTAS vertreten.

Ansicht der Posters siehe: „http://www.autismus-forschungs-kooperation.de/index.php/checkliste-afk-autismusfreundliche-studien“Die AFK präsentierte auf dem Poster „Forschende brauchen Daten – aber was brauchen Proband­_innen? Die Präferenzen erwachsener Autisten bei Teilnahme an wissenschaftlichen Studien“ Ergebnisse ihrer aktuellen Studie. Ziel ist es, eines Tages zu den definierten Gütekriterien zur Beurteilung wissenschaftlicher Studien auch die Berücksichtigung der Bedürfnisse der autistischen ProbandInnen hinzuzufügen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass es deutliche Unterschiede zwischen autistischen und nichtautistischen Teilnehmenden an wissenschaftlichen Studien gibt. Ihre Ergebnisse möchte die AFK nun in Form von Checklisten an Autismusforschende weitergeben.
Hajo Seng (Vorstandsmitglied von Aspies e.V. und Mitglied der AFK) stellte sein Poster „Autistisches Erleben“ vor. Darauf wird aufgezeigt, wie AutistInnen selbst ihren Autismus erleben. Die Ergebnisse zeigten, dass die Beobachtungen Hans Aspergers von spezifischen Besonderheiten bei seinen jungen autistischen  Patienten auch zu Beschreibungen aus der autistischen Innenperspektive passten. Diese passten wiederum zu den Befunden von Untersuchungen zur funktionalen Konnektivität autistischer Gehirne. Somit erscheine Autismus als ein multidimensionales Spektrum und eine Variation verschiedener Denkstile. 

– Aspies e.V. am Infostand –

Auch in diesem Jahr ergaben sich hier wieder viele gute Kontakte und Gespräche. So konnten wir wieder einige neue Fachkräfte für Autismus-Diagnose oder mit Therapieangeboten gewinnen, die bereit waren, sich in unsere bundesweite Onlinedatenbank eintragen zu lassen: https://www.aspies.de/adressen.php?category=3

Außerdem ergab sich die Gelegenheit, sich mit persönlich mit MitarbeiterInnen von Diversicon auszutauschen. Dabei wurde beschlossen, bald ein Austauschtreffen zwischen Diversion und AutistInnen auf breiter Basis in Berlin zu organisieren, um das Angebot von Diversicon noch besser auf die individuellen Bedürfnisse von autistischen KlientInnen zuschneiden zu können.

 Und wir haben ein neues Vereinsmitglied aus der Schweiz. Ein junger Mann hat sich während des Gesprächs am Infostand spontan entschlossen bei Aspies e.V. Mitglied zu werden. Damit könnte sich eine neue Möglichkeit eröffnen, auch die Schweiz in den Aufbau eines europäischen Netzwerks von Selbstvertretungs- und Selbsthilfeverbänden einzubinden. Infos zum European Autistic Network siehe hier: https://www.aspies.de/news.php

Und wir lernten eine Vertreterin der Stiftung Irene kennen, mit der sich ein konstruktives Gespräch über zukünftige potenzielle finanzielle Fördermöglichkeiten für Projekte entwickelte.

Kontaktarbeit bei der WTAS-2019