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19.11.2019 Aspies e.V. beim 9. Fachtag Autismus im Elternzentrum Berlin e.V.

19.11.2019 Aspies e.V. beim 9. Fachtag Autismus im Elternzentrum Berlin e.V.

Die Kooperation zwischen dem Elternzentrum Berlin e.V. und Aspies e.V. besteht bereits seit vielen Jahren. So ist es inzwischen schon zur Tradition geworden, dass sich Aspies e.V. mit dem Infostand an dessen Autismus-Fachtagen beteiligt. So auch in diesem Jahr.

Das Thema lautete diesmal „Autismus … sonderbar und wunderbar“. Entsprechend thematisch vielfältig waren auch die Vorträge.

Im ersten Vortrag behandelte Denise Linke das Thema „Autismus und ADHS im Alltag“. Sie berichtete, wie sie mit den Besonderheiten dieser Doppeldiagnose nun bereits seit 30 Jahren mehr oder weniger gut durchs Leben kommt. Ihr Vortrag war hauptsächlich biografisch und beleuchtete die eigenen Erfahrungen in verschiedenen Lebensabschnitten, vom Kindergarten bis zum heutigen Erwerbsleben, unter dem Blickwinkel der Besonderheiten, die mit  ADHS und Autismus einhergehen. Im Anschluss beantwortete Denise Linke Fragen aus dem Publikum. Eine wichtige Antwort darauf, welche Wünsche denn Betroffene an die „Neurotypischen“ hätten, lautete: „Vor allem, dass man offen und ehrlich miteinander spricht

Der zweite Vortrag „Autismus: Blick ins Gehirn und Konsequenzen für die Praxis“ von Dr. Dominik Gyseler war sehr spannend. Da der Referent Dozent an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik (HfH) in Zürich ist, gab es nicht die MRT-Bilder autistischer Gehirne, die üblicherweise auf medizinisch-wissenschaftlichen Fachtagungen präsentiert werden. Die Zuhörer*innen bekamen ganz praktische Hinweise und Tipps, wie man beispielsweise den Bedürfnissen autistischer Schüler*innen besser gerecht werden kann. Die Heilpädagogik befasse sich allgemein mit dem Thema „Wie wir erfolgreich lernen“, nicht nur bei Kindern. Die Meinung des Referenten: Die Besonderheiten autistischer Menschen ließen sich besser einordnen, wenn man deren Hirnarchitektur verstanden habe. Dieses Verständnis eröffne Möglichkeiten, passendere Lernbedingungen zu schaffen. Ein Beispiel: Da bei autistischen Menschen häufig die visuelle Wahrnehmung sehr gut ausgeprägt ist, könne man „Vor-Bilder“ einsetzen, um z.B. die Konzentration zu fördern (Bild des Fußballers Ronaldo), den Mut (lachende Pipi Langstrumpf) oder die Impulskontrolle (Lucky Luke). Außerdem brauchten autistische Kinder Unterstützung beim Lernen des Umgangs mit Misserfolgen. Nichtautistische Menschen lernten dies durch Beobachten der Mitmenschen. Autistische Kinder würden jedoch besser davon profitieren, wenn sie sich regelmäßig in einer „Goldener Bock“-Gruppe austauschten. Hier könnten alle Teilnehmenden ohne Scham berichten, was sie über die Woche  ggf. so alles „Dummes“ gemacht hätten. Anschließend vergleiche man alle „Böcke“ und stelle fest, so „dumm“ habe man sich selbst ja gar nicht angestellt, so schlimm sei es nicht gewesen. Dann könne auch über eigene Fehler lachen und gemeinsam darüber nachdenken, wie man sie zukünftig vermeiden könne.

Der dritte Vortrag „ Ich bin dann mal weg“ – Autismus und Ablösung von den Eltern“ kam von Dr. Brita Schirmer. Die Referentin gab Eltern Tipps, wie sie das Unabhängigwerden ihrer Kinder unterstützen könnten und machte ihnen Mut, sich auf das „Loslassen“ einzulassen, wenn die Kinder erwachsen würden. 

Den letzten Vortrag hielt Prof. Dr. Isabel Dziobek (Mitglied von Aspies e.V.) zum Thema „Vom gemeinsamen Tanz zur robotergestützten sozialen Interaktion: Neue Empathieinterventionen für Kinder und Erwachsene mit Autismus“: Die Referentin stellte sehr unterschiedliche Methoden vor. Außerdem wies die anwesenden Fachkräfte im Publikum auf die Studienergebnisse der AFK (Autismus Forschungs Kooperation) hin, wie zufrieden/ unzufrieden autistische Erwachsene mit den derzeitigen Angeboten der Psychotherapie seien und was sie sich wünschten. Tipps für die eigene Praxis könne u.a. dem AFK-Info-Blatt entnehmen, das an unserem Aspies e.V. – Infostand ausliege. 

An unserem Infostand konnten die Interessierten nicht nur die Flyer der AFK erhalten, sondern auch unser eigenes diverses Info-Material. Außerdem informierten wir über die  Arbeit von Aspies e.V. und über unsere Angebote für autistische  Menschen.

Außerdem gab es am Infostand wieder viele gute Gelegenheiten, um Gespräche zu führen und Kontakte zu knüpfen. Schön war es, Denise Linke zu treffen und sich mal wieder persönlich miteinander auszutauschen. Ein anderes gutes Gespräch ergab sich mit einer Mutter, die für ihren Sohn eine SHG für autistische Jugendliche suchte. Derartiges gibt es in Berlin noch nicht. Wir erklärten, dass Aspies e.V. zwar gerne eine eigene Jugendgruppe anbieten würde, doch leider fehlten uns die personellen Ressourcen dafür. Unseren Vorschlag, doch in der Schule des Jungen (die einen  Autismusschwerpunkt hat) den Bedarf an einer Austauschgruppe für autistische Jugendliche anzusprechen, griff die Mutter dankbar auf. Sie wolle diese Anregung dort unbedingt weitergeben.