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09.09. – 11.09.2019 Teilnahme am Fachkongress „Psychology’s“ Contribution to Society“ in Bern

09.09. – 11.09.2019 Teilnahme am Fachkongress „Psychology’s“ Contribution to Society“ in Bern

Vom 09.09. – 11.09. nahm Aspies e.V. mit dem Infostand am Fachkongress „Psychology’s“ Contribution to Society“ in Bern teil. Möglich wurde dies, weil aufgrund der Initiative eines Vereinsmitglieds keine teuren Standgebühren anfielen und weil nach einem positiv entschiedenen  Projektförderungsantrags die Reisekosten von der Krankenkasse übernommen wurden.

Die Erfahrungen, die wir auf dem Kongress machten, waren recht unerwartet.

Diese Erfahrungen betrafen hauptsächlich drei Bereiche:

1.) Wir wollten uns einen Überblick über die Situation der Selbsthilfe im Bereich Autismus in der Schweiz verschaffen, da uns hier in dieser Hinsicht noch kaum etwas bekannt war. Und ggf. bzgl. einer internationalen Vernetzung der Selbsthilfe auf unsere Arbeit aufmerksam machen und neue Kontakte zu knüpfen.

Erwartung: Wir erwarteten, dass es bei dem Kongress auch Infostände der Selbsthilfe geben würde oder dass VertreterInnen aus der Selbsthilfe als Besucher anwesend sein würden, wie sich das in Deutschland bei Fachkongressen dieser Größe inzwischen fast etabliert hat. Und dass wir auf diese Weise neue Kontakte knüpfen könnten.

Ergebnis: Leider war dies nicht möglich. Denn es war kein einziger selbst Betroffener (weder aus dem Autismusbereich noch aus einem anderen Bereich psychischer Erkrankungen) anwesend (weder mit einem Selbsthilfe-Infostand noch als Besucher). Es war ausschließlich Fachpublikum dort.

Fazit: Eine wichtige Erkenntnis, die wir aus dem Kongress gewonnen haben, ist die, dass sich Partizipation in der Schweiz im Bereich „Psychische Erkrankungen“ anscheinend noch nicht durchgesetzt hat und dass es entweder keine solchen ausgeprägten Selbsthilfestrukturen gibt wie in Deutschland oder dass der Selbsthilfe im Fachkräfte-Umfeld noch keine Aufmerksamkeit geschenkt wird.

2.) Außerdem wollten wir eine internationale Vernetzungen mit Fachkräften aus dem Bereich Autismus voranbringen. Unser Ziel war u.a. der gegenseitige Austausch. Außerdem suchen wir, angesichts der immer noch unzureichenden professionellen Angebote für erwachsene autistische Menschen in Deutschland, auch im deutschsprachigen Ausland nach Fachkräften, die bereit sind, sich in unsere Onlinedatenbank eintragen zu lassen. Diese hilft AutistInnen, im Bedarfsfall entsprechende Anlaufstellen (Bereich Diagnose, Therapie u.Ä.)zu finden.

Erwartung: Da dies ein Jahreskongress der „Swiss Psychological Society“ erwarteten wir, das, analog zu ähnlichen Kongressen in Deutschland,  auch hier viele psychotherapeutisch tätige Fachkräfte aus dem Autismusbereich anwesend sein würden. U.a. sollten ja 2 namhafte AutismusexpertInnen, Frau Prof. Dziobek und Prof. Alexander Bertrams als ReferentInnen bzw. Keynote-Speaker auftreten.  Daher erwarteten wir, dass bei den Teilnehmenden ein gewisses Interesse am Thema Autismus bestehen würde.

Ergebnis: Leider war dem nicht so. Ein paar wenige neue Kontakte zu Fachkräften der deutschsprachigen Schweiz konnten wir knüpfen. Daraus ergab sich zumindest eine einzige neue Anlaufstelle, die wir in unserer Datenbank veröffentlichen konnten. Die anderen wenigen Fachkräfte, mit denen wir sprechen konnten, erhofften sich von uns leider eher Kontakte zu potenziellen ProbandInnen  bei Studienvorhaben im Autismusbereich.

Fazit: Eine wichtige Erkenntnis für uns war, dass in der Schweiz, anders als in Deutschland, das Thema Autismus für PsychologInnen bisher  anscheinend noch kaum eine Rolle spielt. Anstatt, dass wir neue professionelle  Anlaufstellen für autistische Menschen in der Schweiz finden konnten, war es genau das Gegenteil: Einige Schweizer PsychologInnen fragten uns deutsche Betroffene, ob nicht wir ihnen für ihre autistischen Verwandten/ Bekannten solche Anlaufstellen nennen könnten.

Insgesamt war aber das Interesse des Fachpublikums an unserem Infostand enttäuschend gering, ganz anders als wir das aus Deutschland kennen. Eine Fachkraft meinte sogar, dass namhafte Psychologie-Experten in der Schweiz noch öffentlich erklärten, Autismus gäbe es in der Schweiz gar nicht …

  Der kaum besuchte Infostand im Foyer (außer unserem und dem Stand eines Buchverlags gab es keine weiteren Infostände)  Trotzdem werten wir unsere Teilnahme am Kongress als positiv: Wir wissen nun mehr über die Situation autistischer Menschen in der Schweiz und auch deren Versorgung durch professionelle PsychologInnen. Diese Kenntnisse geben wir an die autistischen Menschen in Deutschland weiter und werden sie für unsere weitere Arbeit berücksichtigen. Ein wichtiger Kontakt ergab sich, der zukünftig zur Verbesserung der Alltagskompetenzen von AutistInnen beitragen kann: Eine junge autistische Doktorandin bat uns um Unterstützung bei der Entwicklung eines Kommunikationstrainings für autistische Erwachsene. Dies werden wir gerne tun, denn dafür besteht auch hier in Deutschland ein großer Bedarf.

3. Autismusrelevante Inhalte von Vorträgen:

 Insbesondere im Autismusbereich erwarteten wir von mehreren Vorträgen wichtige neue wissenschaftliche Informationen, die wir an die autistischen Menschen weitergeben wollten:

Der Keynote-Vortrag von Prof. Dziobek „ Adressing mental health challenges oft he 21st century: from artifical intelligence to participatory reseach and case of autism“  von Prof. Dziobek (Deutschland) war sehr konstruktiv. Zwar hatte das Fachpublikum leider so geringe Kenntnisse zum Thema Autismus, dass die Referentin kaum neueste wiss. Erkenntnisse vortragen konnte, sondern einen Teil ihres Vortrages dazu nutzen musste, um Grundlagenfragen zu beantworten. Aber Frau Prof. Dziobek wies auch auf die Arbeit der AFK (Autismus Forschungskooperation) hin, eine partizipatorisch arbeitende Forschungsgruppe, in der autistische Menschen (viele davon Mitglieder bei Aspies e.V.) und nichtautistische WissenschaftlerInnen zusammenarbeiten.

Das Thema „Partizipative Forschung“ schien beim teilnehmenden Fachpublikum noch ein Fremdwort zu sein. Deshalb war es wichtig, darauf hinzuweisen. An unserem Infostand konnten wir dann allen Interessierten gute Hinweise geben, wie partizipative Forschung organisiert werden kann.

Außerdem wurde das Thema „Emotionsregulierung bei Entwicklungsstörungen (insbesondere Autismusspektrum)“ in einer Reihe von Vorträgen thematisiert. Forschende und Studierende verschiedener schweizerischer  Universitäten stellten  u. a. Spiele (virtuelle und Brettspiele) vor, die autistischen Menschen bei der Emotionsregulierung helfen könnten. Von Interesse war in diesem Zusammenhang auch ein Beitrag zur Rolle von Humor.