30.03. – 31.03.2019 Aspies e.V. bei ADHS Deutschland e.V.: Symposium: „ADHS plus x“ und Mitgliederversammlung in Bruchsal/Hambrücken
30.03. – 31.03.2019 Aspies e.V. bei ADHS Deutschland e.V.: Symposium: „ADHS plus x“ und Mitgliederversammlung in Bruchsal/Hambrücken
Am letzten Märzwochenende 2019 fand in Bruchsal/Hambrücken das Symposium „ADHS plus x. -ADHS-Tage“ und die Jahresmitgliederversammlung von ADHS Deutschland e.V. statt. Eine Vertreterin von Aspies e.V. war dort. Hier der Bericht:
– Das Symposium –
Auf dem Symposium gab es mehrere Vorträge, von denen einige auch sehr interessante Informationen für den Autismusbereich und für AutistInnen enthielten.
So ging es im ersten Vortrag um psychische Erkrankungen, wie Depression oder Angststörungen allgemein. Beeinträchtigungen durch solche Störungen erfahren auch viele autistische Menschen in irgendwann ihrem Leben. Wichtig ist hier die Aussage des Referenten, dass für psychische Erkrankungen relevante Gehirnregionen es ebenso für die Ausbildung von Resilienzfähigkeiten sind.
Im dritten Vortrag, „Veränderung im Erwachsenenalter – Ein Beispiel mit ADHS“, stellte Fritz Jansen sein IntraActPlus-Konzept vor. Dieses soll Verhaltensänderungen bewirken. Zunächst erklärte der Referent die Grundlagen am Beispiel eines Kindes, welches lernen sollte, seine Hausaufgaben ohne Trotzverhalten gegenüber der Mutter zu machen. Die Vertreterin von Aspies e.V. sah die verwendeten Therapiemethoden kritisch. Als Grundlagen wurden folgende benannt: Zuerst werde ein Oberziel festgelegt (ein bestimmtes Verhalten, welches verändert werden soll). Dies solle durch Teilschritte erreicht werden. 1.) Bindungen/Beziehungen herstellen (Oxytocin), 2.) Einsatz von Belohnungen, 3.) Grenzen setzen u.a. durch Verbote/Strafen (z.B. Fernsehentzug).
In einem weiteren Vortrag wurde das InterActPlus-Konzept detaillierter vorgestellt.
Dr. Fritz Jansen erklärte, dass mit seiner Methode ADHS-„Verhaltensweisen“ erfolgreich „wegtrainiert“ werden könnten. Z.B. sei die Reizverarbeitungsstörung, bei ADHS lediglich angelernt. Auch zur „Auflösung von Autismus“ sei das Training gut geeignet. Außerdem habe er damit ein „Tourette“ binnen 24 Stunden „geheilt“.
Nicht als einzige, aber als eine wesentliche Grundlage des Konzepts nennt der Referent die Erhöhung von Oxytocin. Dadurch solle die Bindungs- und Beziehungsfähigkeit verstärkt werden. Dies werde u.a. durch eine Grundübung, der „Blickkontakt-Übung“ erreicht. Hierbei sollen sich 2 Personen 12 Minuten lange schweigend gegenüber sitzen und Blickkontakt halten (bei kleinen Kindern kürzere Dauer). Damit sei auch Autismus zu „knacken“. Bei Kindern mit ADHS werde „Machtkampf“ und „Trotz“ aufgegeben, z.B. bei ungeliebter Erledigung von Hausaufgaben. Außerdem werde „erwünschtes Bindungsverhalten“ gezeigt.
Die Vertreterin von Aspies e.V. beurteilte viele der genannten Therapiemethoden, aber auch angestrebte Therapieziele kritisch. Sie hat nach dem Vortrag mit mehreren Erwachsenen mit der Doppeldiagnose ADHS + Autismus gesprochen, die den Vortrag ebenfalls so erlebten.
Im letzten Vortrag referierte Frau Dr. Astrid Neuy-Lobkowicz zum Thema „Narzisstische Persönlichkeitsstörungen, ein Thema unserer Zeit? Gesellschaftliche und individuelle Bedeutung der
narzisstischen Persönlichkeitsstörungen“.
Dieser war sehr interessant, weil insbesondere auch AutistInnen gefährdet sind, Opfer von narzisstischen Charakteren zu werden. AutistInnen fällt schon im Umgang mit „normalen“ Mitmenschen schwer zu erkennen, was diese denken bzw. ihre Ziele und Absichten einzuschätzen. Soziale Signale „zwischen den Zeilen“ können häufig nicht richtig interpretiert werden. Wenn die Beziehungsperson mit narzisstischem Charakter jedoch ganz bewusst missverständliche Signale einsetzt, um ihr Opfer und dessen Umwelt zu ihren eigenen Zwecken zu manipulieren, haben schon nichtautistische Menschen kaum Chancen, sich dagegen zur Wehr zu setzen, AutistInnen dürften meist gar keine haben.
Mögliche Ursachen von Narzissmus: N. hätten ein verzerrtes Selbstbild. So könne es entweder so sein, dass Eltern bei ihren Kindern (besonders bei Einzelkindern, denen die Regulation durch Geschwister fehle), die sie nur loben, ein Gefühl einer eigenen Großartigkeit erzeugen, das im Leben nicht eingelöst werden könne. Oder es liege ein subjektives ausgeprägtes Minderwertigkeitsgefühl vor, z.B. durch Misserfolge oder Zurückweisungen in der Kindheit entstanden, so dass später Mitmenschen dafür benutzt würden, um das eigene Selbstwertgefühl zu erhöhen.
Ziele von Narzissten: N. missbrauchten andere Personen, weil sie deren Bestätigung, Bewunderung und Unterstützung wollten, ohne etwas dafür zu geben. Die Opfer würden so lange „gut“ behandelt, wie sie dafür „brauchbar“ seien. Sobald sie dafür nicht mehr genügten, wandele sich das Ziel. Die sei dann Vernichtung. Die Folgen für die Opfer seien dann u.a. Burnout, Arbeitsplatzverlust, Depression, Angststörungen, im schlimmsten Falle sogar Suizid.
Eigenschaften von Narzissten: Auch wenn sie es oft nicht offen zeigen (N. können sich gut tarnen), sind N. missgünstig, neidisch, nachtragend, könnten Leistungen anderer nicht anerkennen (brauchten aber dringend die Anerkennung der eigenen Leistungen durch andere), kennten keine Dankbarkeit und missbrauchten das Vertrauen anderer für ihre eigenen Zwecke.
Bevorzugte Opfer von Narzissten: a) Die Opfer besäßen meist irgendetwas, was der Narzisst nicht habe (oder nicht zu haben glaubt). Z.B. Erfolg oder positive Energien, b) sie könnten sich nicht vorstellen, dass jemand vorsätzlich gemein ihnen gegenüber sein könnte, c) Gefühle wie Hass und Neid seien für sie unverständlich.
Man kann sich vorstellen, dass AutistInnen besonders gefährdet sind, in die „Narzissmusfalle“ zu tappen.
Umgang mit Narzissten: Opfer hätten keine Chance, wenn sie nicht konsequent handeln würden. Besonders, wenn es sich um Partnerschaften oder Kollegenkreise am Arbeitsplatz handele.
Wenn irgend möglich, solle man sich entfernen und den Kontakt abbrechen. Ginge das nicht, solle man mit dem Narzissten nur vor Zeugen kommunizieren. Wichtig sei es, sich Hilfe bei Freunden zu holen. Es gebe inzwischen auch Selbsthilfegruppen für Narzissmus-Opfer.
– Weitere Programmpunkte –
Jugendveranstaltung: Sehr gut fand die Vertreterin von Aspies e.V., dass auch an Kinder und Jugendliche gedacht wurde. Sehr oft sind auch sie von ADHS betroffen, wenn die Eltern ADHSler sind. Parallel zum Symposium gab es eine eigene Jugendveranstaltung. Themen für die Jüngeren z.B. Psychomotorik und Entspannung, für die Älteren ein Workshop „Einblick ins Gehirn – Was passiert in meinem Gehirn bei Drogenkonsum, Ängsten und Sucht?“
Mitgliederversammlung: Daran konnte die Vertreterin von Aspies e.V. ebenfalls als Zuschauerin teilnehmen. Sie erhielt hier viele Anregungen bzgl. der Organisation, die wir zur Verbesserung des Ablaufs unserer eigenen Mitgliederversammlung Ende April oder beim Autismustag nutzen könnten.
Abendveranstaltung: Hier ergaben sich Gelegenheiten zum Ausbau der persönlichen guten Kontakte zwischen Aspies e.V. und von ADHS Deutschland e.V., was sich positiv auf unsere weitere Kooperation auswirken wird. Außerdem erhielten wir wertvolle praktische Unterstützung bei der Ausarbeitung unseres Fördergeldantrags zur Finanzierung unsres Autismustages. Aspies e.V. hat so einen umfangreichen und bürokratisch aufwendigen Antrag das erste Mal gestellt. ADHS Deutschland e.V. verfügt hier um sehr viel mehr Erfahrung, die man gern mit uns teilte. Ein großes Dankeschön dafür, die Unterstützung war hilfreich, das Resultat kann sich sehen lassen: Unser erster Projektantrag war erfolgreich.
– Außerdem –
Konnte die Vertreterin bei der Veranstaltung, die geschätzt ca. 400 Teilnehmende hatte, Werbeflyer für unsren Autismustag verteilen, die mit großem Interesse aufgenommen wurden. Es ergaben sich auch viele Gelegenheiten für Kontakte und Gespräche mit Personen, die entweder selbst im Autismusspektrum sind oder autistische Angehörige haben.