Besuch aus Schweden bei Aspies e.V.: Treffen mit VertreterInnen von ASPI am 06.06.19
Besuch aus Schweden bei Aspies e.V.: Treffen mit VertreterInnen von ASPI am 06.06.19
Im Juni 2019 waren VertreterInnen der schwedischen Selbstvertretungsorganisation autistischer Menschen ASPI in Deutschland auf Vortragsreise, u.a. auch in Berlin. Mitorganisator war unserer Vorstandsmitglied Hajo Seng, der im Rahmen von autWorker und autSocial seit Jahren in sehr gutem Kontakt mit ASPI steht. Am 06.06.19 trafen sich Vorstandsmitglieder von Aspies e.V. und zwei VertreterInnen von ASPI zu einem persönlichen Austauschgespräch.
Beide Seiten waren sehr gespannt darauf, mehr darüber zu erfahren, wie die Situation autistischer Menschen im jeweils anderen Land ist und wie die Selbsthilfe- und Selbstvertretung jeweils strukturiert ist. Es ergab sich ein gutes Gespräch, in dem wir viele Gemeinsamkeiten festgestellt haben, unsere Grundhaltungen betreffend, aber auch was Erfahrungen betrifft, die wir als autistische Menschen in unseren jeweiligen Ländern gemacht haben.
ASPI ist ein „ideologischer Betrieb“. Das ist die Beschreibung, die es am besten trifft, antwortet Torbjörn Anderson, Mitarbeiter bei ASPI, der sehr gut Deutsch spricht, auf die Frage, was ASPI eigentlich macht, antwortet. Eine 1:1-Übersetzung ins Deutsche gibt e s nicht. ASPI ist in Schweden eine Selbstvertretungsorganisation autistischer Menschen, alle 5 MitarbeiterInnen sind im Autismusspektrum, die in Schweden Vorträge und Seminare anbieten, um über Autismus aufzuklären.
Auf unsere Frage, wie in Schweden die Selbsthilfe- und Selbstvertretung austischer Menschen organisiert sei, bekamen wir folgende Antworten: Früher habe es m al eine größere Organisation gegeben, vergleichbar mit Aspies e.V. Heute gebe es nicht mehr, die Gründe seien vor allem in persönlichen Problemen einzelner Aktivisten untereinander zu finden. heute gebe es mehrere kleinere Einzelorganisationen, die mehr oder weniger in sich geschlossen seien. Es gebe auch eine Elternorganisation, die aber recht festgefahrende konservative Strukturen habe. ASPI habe sich hier einbringen und etwas verändern wollen, was aber nicht gelungen sei.
Eine weitere Frage war, wie Unterstützungsangebote für autistische Menschen in Schweden gestaltet seien. Die Antwort war, dass es besondere Unterstützung für autistische Kinder in den Schulen gebe. D.h., die Schulen bekämen mehr Geld, wenn sie Kinder mit einer Diagnose aus dem Autismusspektrum unterrichten würden. Manche Schulen böten mit Hilfe dieser zusätzlichen finanziellen Mittel spezielle Autismusklassen an. Andere verwendeten diese Mittel, um einzelne SchülerInnen individuell zusätzlich zu fördern, soweit das machbar sei. Alles in allem, scheint Schweden bzgl. der Umsetzung der schulischen Inklusion nicht besser vorangekommen zu sein als Deutschland. Das war für uns überraschend zu hören. Wir hatten vorher angenommen, dass Schweden sozusagen ein „Sozialstaat zum Vorzeigen“ sei – Das sei vielleicht früher mal so gewesen, bedauerten unsere Gäste, jetzt aber nicht mehr.
Dafür, dass wir diesbzgl. über Schweden wohl entschieden „falsch positive“ Vorstellungen hatten, sprechen auch folgende Informationen: Psychotherapie für Erwachsene müsse von den Betroffenen i.d.R. selbst bezahlt werden. Das übernehme nicht die Krankenkasse wie in Deutschland. Für Kinder würden die Kosten zwar übernommen, es gebe aber viel zu wenige Therapieangebote.
Was Autismus bzgl. Diagnose und Therapie betrifft, sei die Situation in Schweden allgemein schlecht. Es gebe kaum Diagnosemöglichkeiten, i.d.R. müsse man sehr lange auf Termine warten.
Auch was, die Situation erwachsener AutistInnen auf dem Arbeitsmarkt betreffe, gebe es in Schweden große Probleme. Die Arbeitslosenrate sei sehr hoch.
Alles in allem war es ein ziemlich ernüchterndes Gespräch. Wir hatten eigentlich erwartet, dass es autistischen Menschen in Schweden wahrscheinlich besser gehen würde als bei uns in Deutschland, unsere „rosa Brille“ und „Klischee-Vorstellung“ sozusagen. Die Realität ist aber wohl ganz anders.
Link zu ASPI:“ https://aspi.se/aspi.php“
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