Sammelthread für ADHS

  • Es gibt keinen Thread zu ADHS allgemein, hab jedenfalls keinen gefunden (nur ADHS im Zusammenhang mit AS).

    Also hier kann alles ungeordnet und zusammenhanglos rein zum Thema.

    Ich verlinke mal ein Video von Russell Barkley (ist auf Englisch). Sein Buch war mir keine Hilfe, aber seine Vorträge find ich ganz gut verständlich.

    Er sagt u.a., man soll sich Aufgaben, Vorhaben etc. in kleine Schritte einteilen und nennt diese "baby steps", das find ich witzig, weil ich immer von "Babyschritten" spreche, das hab ich aus dem Film "Was ist mit Bob?" übernommen.

    In dem Video wird das ADHS-Gehirn erklärt und es werden Hinweise gegeben, wie man mit der Disposition zurecht kommt.

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  • Er sagt u.a., man soll sich Aufgaben, Vorhaben etc. in kleine Schritte einteilen und nennt diese "baby steps", das find ich witzig, weil ich immer von "Babyschritten" spreche, das hab ich aus dem Film "Was ist mit Bob?" übernommen.

    In dem Buch "Die magische Küchenspüle" ist das auch ein Hauptpunkt. Ohne der Autorin etwas unterstellen zu wollen habe ich mir beim Lesen schon gedacht, dass sie vielleicht ADHS haben könnte. So von der Art her, wie sie sich beschreibt und wie sie Probleme angeht :d

    Danke für das Video, das ist interessant und deckt sich teilweise mit meinem Ich-empfinden. Allerdings richten sich die Lösungsvorschläge für den Will-Power-Tank an außenstehende Personen wie Eltern. Wenn ich mich selber zu Sport oder Pausen zwingen müsste, bräuchte ich ja wieder Will-Power dafür, das wäre ein Teufelskreis.

  • Er sagt u.a., man soll sich Aufgaben, Vorhaben etc. in kleine Schritte einteilen

    So mach ich das auch immer. Alles in kleine Schritte zerlegen, die als Liste aufschreiben und dann nach und nach abhaken. Für bestimmte Dinge hab ich mir Listen mit kleinen Schritten zum Abhaken erstellt, ausgedruckt und laminiert. Ich häng mir dann einfach die entsprechende Liste auf, seh nach, was ich machen muss und hak jeden Punkt mit einem wasserlöslichen Folienstift ab. So seh ich immer, wie weit ich bin und was ich noch machen muss. Selbst, wenn ich zwischendrin aus welchem Grund auch immer Pause machen musste. Seitdem klappt das z. B. mit dem Hausputz fast wie von allein. Naja, hin und wieder verzettel ich mich zwar doch oder mich lenkt irgendwas ab, aber dann weiß ich später dank der Liste zumindest immer, womit ich weitermachen muss. :nod: :thumbup:

  • Allerdings richten sich die Lösungsvorschläge für den Will-Power-Tank an außenstehende Personen wie Eltern. Wenn ich mich selber zu Sport oder Pausen zwingen müsste, bräuchte ich ja wieder Will-Power dafür, das wäre ein Teufelskreis.

    Für Pausen könnte es helfen, sich einen Wecker zu stellen. Muss ja nicht nach 10 Minuten sein, vielleicht 20 oder 30 (müsste man austesten, welche Zeitspanne lang genug aber nicht zu lang ist).

    Wie ich mich zu Sport animieren soll, weiß ich allerdings auch nicht. Selbst, wenn ich zeitweise in einer Umgebung bin, wo ich im Wald spazieren oder Radfahren kann, kostet es mich jedes Mal große Überwindung, mich dazu aufzuraffen, obwohl ich weiß, dass ich mich dabei fast immer sehr wohl fühle und Energie davon bekomme.

    Für bestimmte Dinge hab ich mir Listen mit kleinen Schritten zum Abhaken erstellt, ausgedruckt und laminiert. Ich häng mir dann einfach die entsprechende Liste auf, seh nach, was ich machen muss und hak jeden Punkt mit einem wasserlöslichen Folienstift ab. So seh ich immer, wie weit ich bin und was ich noch machen muss. Selbst, wenn ich zwischendrin aus welchem Grund auch immer Pause machen musste. Seitdem klappt das z. B. mit dem Hausputz fast wie von allein.

    Hast du ein Beispiel, am besten zum Thema "Hausputz"? Ich weiß da nie, was gerade am wichtigsten ist und in welcher Frequenz was gemacht werden sollte.

    Abwasch z.B. ist klar, aber z.B. wie oft sollte man Böden putzen oder die Badewanne oder Oberflächen von Schränken?

    Ich denk immer: wenn es noch recht sauber wirkt, wieso dann putzen? Ich muss immer erst auffälligen Schmutz sehen, sonst kommt mir die Arbeit sinnlos vor. Anderseits ist es wohl einfacher, zu putzen, wenn noch nicht viel Schmutz sichtbar ist, dann hat man nicht soviel zu tun jeweils.

    Wie kleinteilig sind deine Listen? Und hast du auch eine Art Putzplan, was du in welchen Abständen machst?

  • kostet es mich jedes Mal große Überwindung, mich dazu aufzuraffen, obwohl ich weiß, dass ich mich dabei fast immer sehr wohl fühle und Energie davon bekomme.

    Das ist das Verrückte. Hinterher fühlt man sich besser, man weiß es auch, trotzdem kann man nicht anfangen. Eine zeitlang hat es für mich gut funktioniert mir einen festen Termin in der Woche dafür zu überlegen und den auch in den Kalender einzutragen. Aber ich komme in diese Routine schon seit längerem nicht mehr rein, obwohl ich gerne würde.


    Ich weiß da nie, was gerade am wichtigsten ist und in welcher Frequenz was gemacht werden sollte.

    Abwasch z.B. ist klar, aber z.B. wie oft sollte man Böden putzen oder die Badewanne oder Oberflächen von Schränken?

    So wie man sich wohl fühlt würde ich sagen.

    Derzeit ist es bei mir so:
    Ich sauge 1-2 mal die Woche, je nach Fellwechsel der Katzen. Einmal im Monat lass ich meinen Saugroboter durchwischen. Als Erinnerung verlasse ich mich da aber auch auf mein optisches Empfinden. Wenn Haare und Krümmel herumliegen sauge ich. Bei Schrankoberflächen gehe ich auch so vor, ich putze, wenn ich Schmutz sehe. Wenn genug Dreckwäsche da ist, wasche ich. Wenn die Küche voll steht, räume ich sie auf. Wenn die Spülmaschine voll ist, wird sie angemacht.

    Bei manchen Sachen gehe ich eher nach Zeitplan vor:
    Die Wanne brause ich nach jedem Duschen heiß aus (also alle zwei Tage). Einmal die Woche putze ich das Bad, und dann auch die Wanne gründlich. Das Aquarium mache ich nach Möglichkeit einmal die Woche und das Katzenklo säubere ich einmal täglich und wasche es alle zwei Wochen gründlich aus.

    Wenn ich viel Stress habe kann es aber auch mal passieren das was liegen bleibt. Was auch der Grund ist, wieso im Moment ein Wochenputzplan bei mir nicht funktioniert. Das gehe ich nochmal an, wenn ich in der neuen Wohnung so richtig angekommen bin und auch alle Kartons ausgepackt und alle Möbel vollständig sind.

  • Abwasch z.B. ist klar, aber z.B. wie oft sollte man Böden putzen oder die Badewanne oder Oberflächen von Schränken?

    Böden wisch/saug ich mindestens bei der Grundreinigung; wenn sie schmutzig aussehen auch mal zwischendurch. Die Badewanne wird direkt nach jeder Benutzung saubergemacht. Da ist eh noch alles nass und dann geht das am Besten. Und die Schrankoberflächen wisch ich immer bei der Grundreinigung mit ab. Aber wie oft man was putzt, ist ja individuell auch sehr unterschiedlich. Da muss jeder für sich selbst rausfinden, was er als sinnvoll erachtet und womit er sich wohlfühlt.

    Ich denk immer: wenn es noch recht sauber wirkt, wieso dann putzen? Ich muss immer erst auffälligen Schmutz sehen, sonst kommt mir die Arbeit sinnlos vor. Anderseits ist es wohl einfacher, zu putzen, wenn noch nicht viel Schmutz sichtbar ist, dann hat man nicht soviel zu tun jeweils.

    Genau, wenn man regelmässig putzt, geht das viel schneller und vor allem einfacher, weil der Schmutz sich nicht so festsetzen kann. :nod:

    Wie kleinteilig sind deine Listen?

    Beim Wohnzimmer sind das Schritte wie z. B.:

    • Putzsachen zusammensuchen (dahinter sind die dann nochmal genau aufgeführt)
    • Blumen von der Fensterbank nehmen und ausputzen/gießen
    • Fensterbank abwischen
    • Blumen wieder auf die Fensterbank stellen

    Und hast du auch eine Art Putzplan, was du in welchen Abständen machst?

    Ja, hab ich. Bei mir bekommt jeder Raum einmal die Woche 'ne Grundreinigung. Montags das Badezimmer und der Waschraum, dienstags die Küche und der Flur, mittwochs das Wohnzimmer, donnerstags das Schlafzimmer und freitags ist dann der Schiebetag, wenn ich an einem Tag ABW hab und den entsprechenden Raum dann an dem Tag nicht putzen kann. Auch alles andere (wie z. B. Fensterputzen oder Wäsche waschen) hat seinen festen Rhythmus. Damit fahr ich bisher am Besten. :nod:

  • Die Wanne brause ich nach jedem Duschen heiß aus (also alle zwei Tage). Einmal die Woche putze ich das Bad, und dann auch die Wanne gründlich.

    Das heiß Abspülen der Wanne nach dem Duschen mach ich auch. Einmal pro Woche Bad putzen, klingt machbar, aber ich weiß nicht, woran es liegt, ich krieg es einfach nicht hin, bei sowas eine Regelmäßigkeit herzustellen (könnte am mangelnden Zeitgefühl liegen, dass ich kein Gefühl dafür habe, wieviel Zeit vergangen ist und daher auch keinen inneren Rhythmus). Würde ich mir vorgeben, dann und dann ist DAS dran, würde mich das zudem wahrscheinlich wieder unter Druck setzen.

    @Rusty Mike Jeder Raum pro Woche eine Grundreinigung, das klingt schon viel (kommt natürlich auf die Anzahl der Räume an, aber auch bei nur drei Räumen z.B. (Zimmer, Bad, Küche) ist das nicht wenig.

    Ich schaff nach der Arbeit überhaupt nichts mehr, sodass ich nur das Wochenende habe. Ich bin leider dahingehend verwöhnt, dass mir die letzten Jahre das Putzen immer größtenteils abgenommen wurde und nun muss ich mir das alles erst erarbeiten. Früher, als ich mal allein gelebt habe und später mit Schwester zusammen war es immer ziemlich unordentlich und unsauber bei mir. Ich hab dann immer alles in einem Aufräum- und Putzanfall auf einmal gemacht, was natürlich viel Energie gekostet hat.

    Was Ordnung angeht, ist es viel besser geworden, aber beim Putzen weiß ich wirklich oft gar nicht, wo ich anfangen soll usw. Vor allem fehlt immer der Startimpuls, mit etwas anzufangen. Wenn ich dann dabei bin, macht es mir oft sogar Spaß (bis zu einem gewissen Grad, weil meine Kräfte leider schnell schwinden - was ich aber auch im Griff habe, indem ich dann kurze Pausen einlege, nur zu lang dürfen die Pausen nicht werden, sonst komm ich nicht wieder "in die Kraft").

    Na ist jedenfalls ein großes Thema und mich ermutigt es, zu lesen, wenn andere es schaffen, da eine Regelmäßigkeit reinzubekommen.

    Ich werde es jetzt auch mal mit einem schriftlichen Plan versuchen - die Theorie macht mir ja immer viel Spaß :lol: und dann schauen, wie ich den umsetzen kann.

    Danke für eure Beiträge diesbezüglich :)

  • klingt machbar, aber ich weiß nicht, woran es liegt, ich krieg es einfach nicht hin, bei sowas eine Regelmäßigkeit herzustellen (könnte am mangelnden Zeitgefühl liegen, dass ich kein Gefühl dafür habe, wieviel Zeit vergangen ist und daher auch keinen inneren Rhythmus). Würde ich mir vorgeben, dann und dann ist DAS dran, würde mich das zudem wahrscheinlich wieder unter Druck setzen.

    Geht mir exakt genau so. Entsprechend scheitere ich seit über 25 Jahren an all meinen tollen ausgefuchsten Plänen. Gerade jetzt wieder. Es ist einfach zum Mäusemelken :cry:

  • @Platypus Bitte nicht weinen :( Immerhin sind wir nicht allein mit dem Problem :) Und: im Grunde kann man auch sagen, es gibt wohl Schlimmeres. Ich denke, es ist auch irgendwie unnatürlich (also nicht menschengerecht), dass man soviel sauber zu halten hat. Denk ich an Menschen, die in einer Jurte leben, die haben kaum was zu putzen. Die fegen täglich den Sand aus der Jurte und waschen ihre Sachen, aber viel mehr dürfte da nicht anfallen. Oder Neandertaler, die mussten GAR nichts putzen :lol:

  • @Lefty Bei mir sieht es ganz schnell aus wie bei den Neandertalern, da Hund und Katze ordentlich fusseln und sich die Füße nicht abtreten :m(:
    Ich bin einfach gerade insgesamt ziemlich frustriert, da ich halt so gar nix auf die Reihe kriege und ich so stolzwar, als ich endlich wenigstens wieder gescheite Tages- und Wochenpläne ausgearbeitet hatte. Ganze drei Tage habe ich es geschafft, mich einigermaßen dran zu halten, dann nahm der Druck überhand, das Gefühl von Sinnlosigkeit ("wird ja eh wieder dreckig, kann man auch morgen machen, jetzt ist der Plan schon wieder kaputt, ich hasse Pläne"... :oops: :m(: ), und... nun ja.
    Aber genau, kein Neandertaler hatte je einen Plan, pff. Okay, die sind auch ausgestorben... Hmmm...
    Aber ich weine jetzt nicht mehr, danke :thumbup: ;)

  • Einmal pro Woche Bad putzen, klingt machbar, aber ich weiß nicht, woran es liegt, ich krieg es einfach nicht hin, bei sowas eine Regelmäßigkeit herzustellen

    Das ist auch echt schwer und gelingt mir wie gesagt auch nicht immer. Was mir als Erinnerung und Anreiz hilft ist tatsächlich Besuch. Wenn mein Partner übers Wochenende kommt oder wenn mich meine Mama besucht, nehme ich das immer als Motivation zu putzen, das ist quasi in meinem Plan mit inbegriffen und klappt super :d Wenn ich mir Listen oder Erinnerungen mache, funktioniert das nicht zufriedenstellend. Ich bin zu gut darin, diese zu vergessen oder zu ignorieren.

    Mir fällt grade noch ein: Für den Hausflurputz habe ich einen monatlichen Termin in meinem Kalender eingetragen. Den ignoriere ich nicht. Vielleicht liegt es tatsächlich daran, dass das Ergebnis für andere Sichtbar ist, wie das Putzen wenn Besuch kommt. Das scheint mir wichtiger zu sein, als nur für mich zu putzen. Blöd eigentlich, vor allem weil mich eine schmutzige Wohnung auch sehr stört. Ich fühle mich dann permanent diffus unwohl und kann mich noch weniger entspannen als sonst schon. Vielleicht funktioniert auch dieses diffuse Unwohlsein als Erinnerung. Immer wenn dieses Gefühl aufkommt sollte ich mich fragen, wann ich das letzte Mal geputzt habe und ob es daran liegen könnte.

    Ich merke aber, so über die letzten Jahre gesehen, dass es mir bei einem geringeren Stresslevel viel leichter fällt, an solche Dinge zu denken und diese auch umzusetzen. Seitdem ich alleine wohne, gelingt mir das Putzen viel besser als vorher, obwohl ich mehr machen muss. Ich glaube es liegt tatsächlich daran, dass ich mich wohler fühle und mehr Energie habe. Eine zeitlang habe ich in der alten Wohnung nach FlyLady geputzt, das klappte einigermaßen, war aber recht anstrengend aufrechtzuerhalten, weil ich jeden Tag daran denken musste auf den Plan zu gucken und die Aufgaben umzusetzen. Nach dem Umzug ist mein Putzsystem quasi komplett zusammengebrochen und ich habe angefangen nach Bedarf zu putzen, was derzeit einigermaßen funktioniert. Früher in der alten Wohnung habe ich das z.B. überhaupt nicht hinbekommen.

  • Ich schaff nach der Arbeit überhaupt nichts mehr, sodass ich nur das Wochenende habe.

    Wenn ich noch arbeiten würde und ich das alles nach der Arbeit machen sollte, hätte ich wohl in kürzester Zeit wieder eine Messie-Höhle. :oops:

    Jeder Raum pro Woche eine Grundreinigung, das klingt schon viel

    Ist es aber gar nicht. Dadurch, dass man das regelmässig macht, ist es ja nicht so schmutzig und dann ist man damit auch viel schneller fertig, als wenn man das seltener macht. :nod:

    Was Ordnung angeht, ist es viel besser geworden, aber beim Putzen weiß ich wirklich oft gar nicht, wo ich anfangen soll usw. Vor allem fehlt immer der Startimpuls, mit etwas anzufangen.

    Ging mir früher auch so. Ich hab mir angewöhnt, mir das als Erinnerung ins Handy zu schreiben und wenn's bimmelt, kann ich komischerweise viel besser damit anfangen. Das Gebimmel vom Handy ist dann quasi wie ein Startschuss. Ich gönn mir übrigens immer irgendeine kleine Belohnung (wie z. B. ein Ferrero Küsschen oder 'nen Skipper-Lolly, wenn ich mit dem Putzen etc. fertig bin. So hab ich zumindest eine kleine Belohnung, auf die ich hinarbeiten kann. :d

  • Hallo @Lefty und andere mit dem 'Motivationsproblem,

    mich würde interessieren, ob Ihr eine Idee für den Grund im Kopf habt für das Aufschieben. Also ganz konkret: wenn Ihr Euch überlegt 'ich könnte Sport machen und dabei werde ich mich wohl fühlen' (oder eben 'ich könnte putzen und danach das Ergebnis genießen')...kommt dann irgendein Satz in Euch hoch, der ein Gegenargument liefert?

    Bei mir war das meistens so und deshalb würde es mich interessieren, wie es bei Euch ist.

    Manchmal, wenn ich auf etwas gar keine Lust habe sage ich mir, dass ich es nur für 5 Minuten mache...bin ich erst einmal dabei (also am Tun) dann mache ich es doch länger. Vom Putzen hält mich meistens nur ab, wenn es zu unordentlich ist und ich erst ganz viel weg räumen müsste. Dann habe ich das Gefühl, es ist ein riesiger großer Berg der vor mir liegt (bildlich gesprochen) und, wenn ich anfange kippt der ganze Berg auf mich rauf. Da helfen kleine Schritte wirklich ganz gut bei mir. Oder aber ich brauche einen 'guten Grund' um etwas zu tun wie beim Putzen, dass Besuch kommt. Mit der Idee 'ich tue es für mich' wurde es besser aber es dauerte weil mein innerer Chaosanteil dann oft auch sagt, dass es doch egal ist und dann ist mein innerer Saubermachanteil ganz still weil er nicht streiten will. :d


    Glaubt Ihr, dass die 'Aufschieberitis' ein Problem ist, das bei ADHS größer/problematischer ist? Also zum Beispiel, dass man die innere Ruhe/Geduld für manche Tätigkeiten nicht hat?

    „Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns.“
    Rumi

  • @kikilino Bei mir kommt kein Gegenargument hoch. Es hat evtl. etwas damit zu tun, dass die Erinnerung nicht an die zu dem Zeitpunkt erlebte Emotion gekoppelt ist.

    Bei mir ist es so, dass starke negative Gefühle an Erinnerungen sehr wohl geknüft sind, d.h., ich erinnere mich an eine belastende Situation und fühle dann auch wieder, was ich damals gefühlt habe. Bei positiven Emotionen funktioniert das leider kaum. Da weiß ich zwar, dass ich mich sehr gut gefühlt habe, aber das Gefühl hängt nicht an der Erinnerung dran. Es ist eher so, als würde ich in einem Notizbuch lesen: "Als du gestern im Wald spazieren warst, hast du dich sehr wohl gefühlt." - es ist eine rein sachliche Erinnerung.

    (Was mir gerade aufgeht: Ich glaube, deswegen fühlt sich Vergangenheit für mich auch immer irgendwie tot an - ich sehe beim Erinnern zwar Bilder und teilweise Szenen vor mir, aber es stellt sich kein Gefühl dazu ein - Ausnahme ist wie gesagt, wenn ich starke negative Gefühle in der Situation durchlebt habe.)

    Würde ich bei der Erinnerung das dazugehörige Gefühl erleben, wäre das wohl der Motivator, mich erneut auf einen Waldspaziergang zu machen, und das immer und immer wieder. Dasselbe beim Thema Putzen.

    Dazu kommt (Quelle: ADHS-Magazin "neue Akzente"):

    "Einige Experten sprechen im Zusammenhang mit ADHS auch von einem Belohnungs-Defizit-Syndrom (Reward-Deficit), da Erfolge nicht stabil wahrgenommen und auf die eigene Anstrengung zurückgeführt werden. Vielmehr erleben ADHSler zwar häufig ein Erfolgsgefühl, etwa nach einer bestandenen Prüfung. Dieses Gefühl ist jedoch nicht lange „haltbar"."

    Ich bin mir nicht sicher, ob das ein weiterer Aspekt ist oder ob es mit dem o.g. zusammenhängt - einen Erfolg (wie z.B. eine saubere Wohnung) nicht auf eigene Anstrengung zurück führen zu können, könnte m.E. mit dieser Entkopplung von Erinnerung und Emotion zusammen hängen.

    Einmal editiert, zuletzt von Lefty (18. Oktober 2019 um 11:26)

  • Zum Thema Belohnungssystem hab ich was Interessantes gefunden:

    https://zeitzuleben.de/aus-der-gehirn…lohnungssystem/

    Es geht darum, seine ganz persönliche Motivation für eine Sache herauszufinden oder zu kreieren, und ich denke, das ist ein Knackpunkt.

    Auch, dass man aus Bequemlichkeit auf die Handlungen zurück greift, die man schon kennt und die man gewohnt ist, die auch schnelle Befriedigung versprechen, und dass man die anderen Dinge erst etablieren muss - also wenn man eine Handlung immer öfter durchführt und vor allem regelmäßig, dann merkt sich das Gehirn irgendwann, dass durch diese Sache das Belohnungssystem aktiviert wird.

    (Es ist von Dopamin die Rede, dieses ist u.a. für die Motivation zuständig und ist bei ADHS Mangelware. Die Medikamente sollen das regulieren, ich spüre in dieser Hinsicht aber keinen besonderen Effekt.)

    Zu dem, was ich im vorigen Beitrag schrieb, möchte ich noch ergänzen, dass zusätzlich zu der Entkoppelung der positiven Emotionen von der Erinnerung auch mein mangelhaftes Vorstellungs- und schlechtes Erinnerungsvermögen hinderlich sind, mich zu etwas zu motivieren. Deshalb rät Russell Barkley, das Vorstellungsvermögen zu trainieren.

    Ist ein komplexes Thema, das ich kaum zu fassen und geordnet bekomme.

  • Also ich hab kein ADHS, daher etwas themenfremd hier. Aber Belohnungen sind ja ein relativ allgemeines Thema.

    Das mit den Belohnungen finde ich schwierig, weil ich nie genau weiß, womit ich mich belohnen soll. In dem verlinkten Artikel steht das ja auch so drin, dass man das individuell herausfinden muss.
    Zum Beispiel würde ich es gerne schaffen, einmal in der Woche meine Küche aufzuräumen und die Oberflächen sauber zu machen. Derzeit mache ich das nach Bedarf sporadisch und eher unzureichend. Die Küche ist auch alt, manches kriegt man sowieso nicht mehr sauber.
    Was wäre meine Belohnung dabei, wenn ich an einem festen Tag einmal in der Woche alles (soweit möglich, unperfekt) sauber machen würde?
    Klar, es ist schön, wenn es ordentlich ist. Der Anblick ist viel angenehmer, als wenn man ins Chaos blickt. Auch bin ich stolz drauf, wenn ich etwas erledigt habe (manchmal vielleicht zu wenig stolz, weil ich dann vieles doch zu selbstverständlich sehe oder eher sehe, wie lange ich dazu gebraucht habe, bis ich es "endlich" gemacht habe). Aber das reicht meistens doch nicht aus als Motivation.

    In letzter Zeit habe ich die Vorstellung von einem inneren Kind entwickelt, obwohl ich nicht weiß, ob es das ist, was man klassisch als inneres Kind bezeichnet. Ich hatte da nur so einen trotzigen kleinen Dreikäsehoch in mir wahrgenommen und habe angefangen, mich mit dem näher zu befassen.
    Neulich hab ich also mein inneres Kind, das sich immer so sehr gegen unangenehme Dinge sträubt, gefragt, was es denn gerne als Belohnung hätte, nach der unangenehmen Aktivität. Aber da hat es auch nur nachdenklich geschaut und nicht gewusst, was es sagen soll. ;) Schokolade geht natürlich immer, sollte ich aber nicht unbedingt in meinem Fall als Belohnung auswählen.
    Ein schönes Lied anhören vielleicht? Was spielen? Da bin ich noch nicht weitergekommen.

    Es gibt zwei Dinge, die mich ein paar Zentimeter weitergebracht haben. Das eine ist, mich selbst wirklich und ausdrücklich zu loben, wenn ich etwas geschafft habe. Nicht einfach darüber hinweggehen und denken, na, gut dass das jetzt auch mal erledigt ist. Sondern das Gefühl wahrnehmen, dass ich das gut gemacht habe. Gerade am Anfang auch jedes Mal, selbst wenn ich dieselbe Sache jeden Tag mache. Damit sich noch mehr das Gefühl breit macht, dass ich etwas Gutes tue, und ich dann auch motiviert bin, es am nächsten Tag wieder zu tun.

    Das andere, die zwei Seiten in mir wirklich wahrzunehmen. Die eine Seite, die sieht, was nötig wäre und das auch tun will, und die andere Seite, die Gründe hat, es nicht zu tun. Ich habe in mich hineingehorcht, warum genau diese andere Seite es nicht tun will. Es ist bei mir nicht nur, weil aufräumen doof ist, sondern weil ich seit Kindheit das Gefühl habe, immer nur irgendwas tun zu müssen, was ich nicht tun will, und das geht schon die ganze Zeit so. Und jetzt habe ich mal die Gelegenheit, nein zu sagen, und dann tue ich das eben auch. Dann geht es darum, ein Gleichgewicht zu finden zwischen dem was vernünftig ist, was getan werden muss, und dem, auch mal die Freiheit zu haben, sich zu verweigern und dafür nicht gleich eine auf den Deckel zu bekommen. Also wenn ich mich mal entscheide, etwas nicht zu tun, dann mache ich mich deswegen möglichst nicht mehr fertig. Ich versuche, mich über die Tage zu freuen, wo es klappt. Das war auch eine Anregung meiner Therapeutin, weil sie meinte, jedes Mal, wo ich es tue, ist es ja besser als vorher, also ein Fortschritt, auch wenn es noch nicht perfekt ist. Vielleicht scheitert man oft am Perfektionsanspruch, weil man denkt, es muss dann immer klappen. Aber für den Anfang kann es gut sein, zu denken, es reicht, wenn es manchmal klappt. Und man bleibt dran, also schmeißt nicht alles wieder hin, wenn es drei Tage nicht geklappt hat, sondern macht am vierten Tag eben wieder weiter. Vielleicht wird es dann doch irgendwann Routine.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • @kikilino Bei mir kommt kein Gegenargument hoch. Es hat evtl. etwas damit zu tun, dass die Erinnerung nicht an die zu dem Zeitpunkt erlebte Emotion gekoppelt ist.

    Bei mir ist es so, dass starke negative Gefühle an Erinnerungen sehr wohl geknüft sind, d.h., ich erinnere mich an eine belastende Situation und fühle dann auch wieder, was ich damals gefühlt habe. Bei positiven Emotionen funktioniert das leider kaum. Da weiß ich zwar, dass ich mich sehr gut gefühlt habe, aber das Gefühl hängt nicht an der Erinnerung dran. Es ist eher so, als würde ich in einem Notizbuch lesen: "Als du gestern im Wald spazieren warst, hast du dich sehr wohl gefühlt." -


    Dazu kommt......... Dieses Gefühl ist jedoch nicht lange „haltbar"."

    ....usw.

    Genau. Das ist doch doof eingerichtet.
    Man erinnert im Kopf , aber nicht im Gefühl. :nerved:

  • und @Shenya.

    Ja...Das Belohnungssystem funktioniert bei mir ähnlich wenig wie bei dir.
    Das loben selber auch für kleine Schritte übe ich allerdings.
    Vielleicht wurzelt es eines Tages doch noch besser.

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