Asperger mit Intelligenz kompensieren

  • Ist es möglich Defizite, die das Asperger Syndrom mit sich bringt, durch Intelligenz zu kompensieren?
    Ich habe bemerkt, dass ich die Bedeutung von Mimik und Gestik irgendwie auswendig gelernt habe. Das zeigt sich bei mir dadurch, dass ich die Mimik und Gestik von Menschen nur verstehe, wenn ich diese bereits kenne. Auch Ironie und Sarkasmus kann ich verstehen, wenn ich die Menschen bereits kenne und einschätzen kann.
    Als Kind war ich im sozialen Umgang wesentlich ungeschickter, aber habe mir irgendwie antrainiert, was andere Menschen hören wollen bzw als unhöflich empfinden.
    Dennoch finde ich es persönlich nicht unfreundlich, wenn man mir nicht in die Augen schaut und ich verstehe auch häufig den Sinn von einigen sozialen Signalen nicht.

    Nachdem ich 8 Stunden in der Schule verbracht habe, bin ich nur noch kaputt und nicht mehr aufnahmefähig. Mein Bedürfnis danach noch mit anderen Menschen etwas zu machen ist praktisch nicht vorhanden.

    Und in der Schule leide ich auch ständig unter Kopfschmerzen. Wenn mir alles zu viel wird, bin ich wie in Trance und kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich habe häufig das Gefühl in der Schule nicht wirklich was zu lernen, sondern dass meine Leistung hauptsächlich darin besteht die anderen Leute zu verstehen und das Ganze auszuhalten. Ich lerne meist nichts, weil es mir zu laut ist und zu viele Eindrücke auf mich einwirken. Deswegen habe ich auch überlegt die Schule abzubrechen (bin jetzt in der gymnasialen Oberstufe) Meine Schulzeit war generell ein Auf und Ab, ich hab mich oft geweigert die Schule zu besuchen, erlebte oft soziale Überforderung und intellektuelle Unterforderung.

    Ich fühle mich oft komisch, weil für die anderen alles so einfach ist und sie problemlos 8 Stunden unter Menschen sein können, während ich damit ein großes Problem habe. Die anderen bezeichnen mich deswegen als kindisch etc. aber ich bin nicht dieser Meinung. Ich werte meine Andersartigkeit nicht und ordne sie auch nicht in die Kategorien "Gut" oder "Schlecht" ein.
    Ich finde es in Ordnung komisch zu sein und man sollte sich eben so akzeptieren wie man ist.

    Habt ihr da ähnliche Erfahrungen gemacht? Also dass ihr vieles kompensieren könnt?

  • Ich kann fast alles kompensieren. Aber das kostet so viel Kraft, dass für sonst nix Kraft übrig bleibt.

    Seitdem ich mein Leben nach und nach so angepasst habe, dass es mir stabil gut geht, habe ich Kraft über.

    Und seitdem ich einen Job habe, in dem ich meine autistischen Stärken einsetzen kann und nicht mehr so viel kompensieren muss, gehts mir ziemlich gut.

    Und seitdem ich mich viel mit anderen Aspies treffe und somit viele Gelegenheiten habe, unverfälscht sein zu können, geht es mir so hervorragend, dass ich sogar weniger Schlaf brauche!

  • Ich kann das nur bestätigen, daß man mit Intelligenz viel kompensieren kann. Ich dachte lange, ich sei dumm, aber in Wirklichkeit habe ich gelernt, meine Intelligenz für so vieles einzusetzen, daß dann irgendwann keine Energie mehr für andere Dinge bleibt. Genau wie du sagst, Maja, nach der Schule war ich immer platt, brauchte Erholung bis ich anfangen konnte, Hausaufgaben zu machen und hatte kein Bedürfnis auf weiter soziale Kontakte für den Rest des Tages.
    Mimik und Gestik habe ich auch irgendwie auswendig gelernt. Manchmal sehe ich mir noch heute TV bewußt ohne Ton an, um auf die Körpersprache achten zu können.
    Ironie zu verstehen habe ich auch gelernt, sogar zu gut: Wie ich inzwischen herausgefunden habe, erkenne ich oft Ironie, wo gar keine ist. Tatsächlich überlege ich bei fast jeder Aussage von anderen, ob sie ironisch gemeint sind. Auch das annehmen von Komplimenten fällt mir sehr schwer. Vielleicht teilweise aus falscher Bescheidenheit, aber immer auch aus Angst, sie könnten nur ironisch gemeint sein.

  • Ist es möglich Defizite, die das Asperger Syndrom mit sich bringt, durch Intelligenz zu kompensieren?

    Ich glaube man kann generell persönliche und soziale Besonderheiten durch Intelligenz kompensieren.
    Also je intelligenter man ist, desto eher kann man andere "Schwächen" ausgleichen. Wenn man volle Leistung geben muss um unter idealen Umständen etwas zu erreichen hat man natürlich Schwierigkeiten, wenn dann die Umstände nicht so sind für einen, wie man sie gerne hätte. Ich selber kann quantitaiv nicht soviel arbeiten wie andere, weil ich mich gar nicht so lange konzentrieren kann und viel schneller ko bin, dafür bin ich wenn ich arbeite viel schneller als die meisten anderen und kann dadurch einiges ausgleichen. Weiß ja keiner wie viel ich arbeite. Ich hab dann meine kurzen Leistungsphasen und kann dafür dann Leerlauf haben. Ohne meine Intelligenz hätte ich echt ein Problem, andererseits frage ich mich immer wie leichter men Leben wäre oder erfolgreicher, wenn ich meine Intelligenz nicht zum kompensieren bräuchte, sondern sie voll einsetzen könnte...

  • Ja, Verhaltensweisen lernen, abrufen und "abspielen" funktioniert gut - aber ob das ein Zeichen von Intelligenz ist? Ich habe schön häufiger gehört, Autisten seien im allgemeinen schon gute Schauspieler - oder habe ich die Frage im Eingangspost irgendwie falsch verstanden?

    Bei (Rück-) Fragen oder Bezugnahme bitte zitieren oder mit @ anschreiben, sonst übersehe ich das. —— Searching Kim from PLZ 38...

  • Ich glaube man kann generell persönliche und soziale Besonderheiten durch Intelligenz kompensieren.Also je intelligenter man ist, desto eher kann man andere "Schwächen" ausgleichen. Wenn man volle Leistung geben muss um unter idealen Umständen etwas zu erreichen hat man natürlich Schwierigkeiten, wenn dann die Umstände nicht so sind für einen, wie man sie gerne hätte. Ich selber kann quantitaiv nicht soviel arbeiten wie andere, weil ich mich gar nicht so lange konzentrieren kann und viel schneller ko bin, dafür bin ich wenn ich arbeite viel schneller als die meisten anderen und kann dadurch einiges ausgleichen. Weiß ja keiner wie viel ich arbeite. Ich hab dann meine kurzen Leistungsphasen und kann dafür dann Leerlauf haben. Ohne meine Intelligenz hätte ich echt ein Problem, andererseits frage ich mich immer wie leichter men Leben wäre oder erfolgreicher, wenn ich meine Intelligenz nicht zum kompensieren bräuchte, sondern sie voll einsetzen könnte...

    Schwächen sind nicht zwingend Defizite, sondern man hat die Möglichkeiten etwas zu lernen und sich weiter zu entwickeln. Also ein hochentwickelter Aspie.
    Es gibt allerdings auch Defizite, die nicht entwickelt werden können und dass weiss ich von mir.

    Ich bin nicht fähig mich in andere hineinzuversetzen um Gedanken,Gefühle und Absichten zu erkennen. Betroffen davon ist auch das zeigen von Gefühlen. In Worte fassen kann ich. Da Empathie ein emotionale und kognitive Eigenschaft und kann weder durch Vernunft noch Intelligenz trainiert werden. Das ist mir von zwei unterschiedlichen Medizinern bestätigt worden.

    Da hilft nur akzeptieren und sich damit abfinden. Ich weiss jetzt, warum alle vorherigen Versuche zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen nicht funktioniert hat. Viel schlimmer und abfinden kann ich mich noch nicht wirklich damit ist, das ich absolut nichts dagegen machen kann.

    Die Theory Of Mind, die praktisch nicht da ist, wirkt sich bei mir auf alle, restlos alle Bereiche aus. Mögliche andere Schwächen müssten so gesehen wegen Unterdrückung auf die Barikaden gehen. Da in mir alles als Team rumwerkelt, mal mit mehr Erfolg, mal mit weniger, gehts auch vorwärts. Ausser bei spontanen Angelegenheiten wie die Parteien nicht so schnell mit dem debatieren fertig. Das sind sie fleissig am üben. Mein Stand ist, dass es noch nicht absehbar ist, wann dafür eine Lösung parat ist. Politike eben.

    Diese Region scheint wohl im Epizentrum der Störung zu liegen und meine Exekutive ist davon nur in postiver Sicht betroffen. Also "exekutieren" kann ich. ;)
    Durch weniger Kompensation wird dein Leben trotzdem nicht leichter.

    Ich bin 38 Jahre alt und weiss seit einem Jahr das ich Autist bin, habe in kürze Diagnose und 37 Jahre lang hat keiner etwas bemerkt.
    Das ist eine kompensatorische Meisterleistung.

  • Ja, Verhaltensweisen lernen, abrufen und "abspielen" funktioniert gut - aber ob das ein Zeichen von Intelligenz ist? Ich habe schön häufiger gehört, Autisten seien im allgemeinen schon gute Schauspieler - oder habe ich die Frage im Eingangspost irgendwie falsch verstanden?

    Die Intelligenz zeigt sich in anderen Bereichen und bringt Funktionen mit, die NT nicht haben.

    Autisten sind Schauspieler, wo hast du den dieses Schwachsinnige Gerücht her? Weiter Weg von der Wahrheit geht nicht. Hat was von Politiker.

    Ich bin schonungslos ehrlich und wenn ich es nicht mitbekomme, kann es mitunter schon mal ruppig werden. Da musste dann erst mal mit klar kommen.

  • Kompensieren ist für mich was anderes als schauspielern.
    Schauspielern bedeutet, etwas vorgeben, was inhaltlich nicht stimmt.

    Kompensieren bedeutet, umsetzten und mitteilen zu können, was inhaltlich stimmt.

    Beispiel:
    Jemanden anlächeln, den man nicht leiden kann - Schauspiel.

    Nicht lächeln können, aber das lernen, eintrainieren, manchmal bewusst abrufen müssen, um es zeigen zu können, wenn man jemanden mag - Kompensieren.

    Hetausfinden, wie Lächeln lernen - Intelligenz.

  • Kompensieren ist für mich was anderes als schauspielern.
    Schauspielern bedeutet, etwas vorgeben, was inhaltlich nicht stimmt.

    Kompensieren bedeutet, umsetzten und mitteilen zu können, was inhaltlich stimmt.

    Aber oft stimmt das kompensierte inhaltlich nicht.

    Beispiel: Ich will keinen Smalltalk mit den Nachbarn. Aber trotzdem weiß ich, dass ich hier schauspielen muss, um ein halbwegs gutes Klima zu erhalten.

    In der Schule genau so: Wenn die Aufgabe sinnlos war, musste ich sie trotz dem machen. Mein Gefühl sagte: Lass das sein. Meine Intelligenz/der Verstand sagte: Tu so, als würde es dich interessieren.

  • Schwächen sind nicht zwingend Defizite, sondern man hat die Möglichkeiten etwas zu lernen und sich weiter zu entwickeln. Also ein hochentwickelter Aspie.
    Es gibt allerdings auch Defizite, die nicht entwickelt werden können und dass weiss ich von mir.

    Nun ich beispielsweise kriege das nicht mit, was man Schwingungen im Raum oder so ähnlich nennt. Also alles was so subtil abläuft, also Dynamiken zwischen den Menschen etc. Untertöne... das kriege ich alles nicht mit, was besonders bei Gruppensituationen ein klarer Nachteil ist. Aber auch bei Einzelgesprächen macht es das schwieriger. Ich weiß nicht, ob ich das über die Jahre zumindest ein wenig besser gworden ist, eher habe ich das Gefühl, dass es schlimmer geworden ist, was eventuell daran liegt, dass ich es überhaupt mehr realisiere. Dann ist es eventuell eine Kombination, ich versuche es auszugleichen durch große Kompetenz und dadurch, dass ich versuche die nachteilige Situationen für mich zu vermeiden und anderersets versuche ich mehr darauf zu achten, vielleicht hilft das auch ein wenig. Insgesamt bereitet es mir trotzdem große Schwierigkeiten, da in dem Bereich in dem ich arbeite, das nicht unwichtig ist.

  • In der Schule genau so: Wenn die Aufgabe sinnlos war, musste ich sie trotz dem machen. Mein Gefühl sagte: Lass das sein. Meine Intelligenz/der Verstand sagte: Tu so, als würde es dich interessieren

    Das halte ich aber nicht für Kompensation, sondern für völlig normales Schülerverhalten.

    Kompensation verstehe ich als kognitiven Ausgleich für fehlende intuitive Fähigkeiten. Also für den, der keine Mimik versteht: lernen und nebenbei im Gespräch immer den "Übersetzer" laufen lassen. Blickkontakt bewusst steuern statt intuitiv. Und ja, in gewissen Grenzen auch Smalltalk: man weiß, dass man in bestimmten Situationen am einfachsten über das Wetter redet, wenn Konversation erwartet wird. Und weil das alles nur funktioniert, wenn es nebenher bewusst passiert, ist es anstrengender als der intuitive Weg der NAs. Und weil es kognitiv gesteuert ist, kann man es mit guten kognitiven Fähigkeiten (auch als Intelligenz bekannt) naturgemäß besser.

  • @hundefreund
    Inhaltlich ist "gutes Klima" ja gewollt.
    Um gutes Klima zu erhalten ist "smalltalk" also das erlernte Mittel.
    Genau wie "Lächeln", UM einem anderen damit etwas zu zeigen.

    UM bestimmte Noten in der Schule zu erhalten, ist durch das System vorgegeben, bestimmte Aufgaben abzuliefern.
    Systemkritik funktioniert nicht, und ist kontraproduktiv, wenn man gerade abhängig drin steckt und vom System was kriegen will.

    Sich interessieren, also in sich aktiv Interesse erzeugen - wenn dann auch oft unter anderem/erweitertem Blickwinkel, ist eine prima Kompensationstechnik.
    Mit etwas Übung darin langweilt man sich nie mehr :d

    Etwas machen zu müssen und das zu tun, obwohl man dazu gerade keine Lust hat oder lieber was anderes machen würde, hat mehr mit Frustrationstoleranz, aktuell wirkende Bedürfnisse aufschieben können, Prioritätensetzung und Zielklarheit zu tun.

    Oder anders, wenn ich nicht will, dass mir der Hund in die Bude kackt, muss ich mit ihm raus, auch wenn ich dazu keine Lust habe - ich hab ihn aber trotzdem lieb und zeig das halt auch so. :)

  • Ich würde auch sagen, dass es ziemlich gut möglich ist Dinge zu kompensieren. Je höher man natürlich interlektuell fällt, desto kreativer kann man das ganze gestallten.
    Das blöde daran ist halt nur, dass kompensieren Kraft kostet und das wird nicht besser mit der Zeit.

    Grüße aus der Pegasus Galaxie. :)

  • Kompensieren so wie hier öfter beschrieben hat natürlich etwas von schauspielern.

    Was hat kompensieren mit schauspielern zu tun?

    Nichts.

    Beispiel:

    Deutsch Fachabi. Texte interpretieren. Ich habe bis heute nicht verstanden, wo die Lehrerin den ganzen Interpreations kram hergeholt hat.

    Kompensation: Mitschreiben, vor den Arbeiten auswendig lernen. Hat für eine 4 gereicht. Erfolgreich kompensiert.

    Wo ist da schauspielerrei?

  • Scheinbar möchtest du es entweder nicht so einsehen oder du hast es nicht ganz verstanden.
    Natürlich hat Kompensation was mit Schauspielerei zu tun.
    Ein relativ allgemeines Beispiel bei mir:
    ich habe meist ein sehr neutrales Gesicht und Haltung, eventuell eine "gerunzelte" Stirn da ich mit dem Licht nicht gut kann. Damit man bei unbekannteren Leuten nicht komisch angeguckt wird oder unnötig in Gespräche kommt, setzt man ein leichtes lächeln auf (Rw). Ergo, Situation kompensiert.
    Gleichzeitig ist dies aber Schauspielern, da du etwas vorspielst was nicht so ist.

    Grüße aus der Pegasus Galaxie. :)

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