Wie verarbeitet ihr Euren (Arbeits-)Alltag?

  • Hallo ihr,

    mich würde interessieren, wie ihr Euren (Arbeits-)Alltag verarbeitet. Bei mir ist es so, dass ich neben mir stehe, wenn ich abends aus der Arbeit komme. Müde bin ich natürlich auch.

    Ich spiele dann gedanklich die für mich rätselhaften Situationen nochmals durch (z.B. warum hat mich Kollege xy heute so angesehen, oder warum hat er/sie den Tonfall x angeschlagen?) und bin dabei ziemlich angespannt. Der Übergang zu entspannenden Freizeitaktivitäten gelingt mir meistens nicht. Auch Sport hilft hier nicht, sondern verschlimmert das Problem oft noch weiter (weil ich danach noch müder bin).

    Wenn ich das so schreibe, dann möchte ich am liebsten nach der Arbeit gleich ins Bett gehen und schlafen. Aber abgesehen davon, dass ich ohnehin starke Einschlafprobleme habe, hätte ich dann neben der Arbeit gar nichts mehr vom Leben.

    Wie schafft ihr es, von der Arbeit trotz der vielen Fragezeichen, die sich im sozialen Miteinander tagsüber angesammelt haben, Abstand zu gewinnen? Wie kommt ihr wieder mit Euch selbst im Einklang und wie beendet man das Neben-Sich-Stehen und Unter-Strom-Stehen?

    Bin sehr gespannt auf Eure Antworten.

    Liebe Grüße,
    Schreiberling

  • Als ich noch in der freien Wirtschaft abhängig beschäftigt war (das waren allerdings nur knapp 6 Jahre) habe ich unter der Woche ganz gut durchgehalten - irgendwie hatte ich nie das Problem, die Arbeit geistig mit nach Hause zu nehmen, lag wahrscheinlich auch daran, dass ich gerne gut esse und selbst koche und das konsequent jeden Abend durchgezogen habe - erst ein Aperitif, der die Freizeit von der Arbeit abtrennt, dann essen. Am Wochenende (im Sommer auch mal unter der Woche) waren dann lange Spaziergänge in der Natur hilfreich. Heute stellt sich mir das Problem nicht mehr, weil ich den Arbeitsplatz vertraglich gesichert zu Hause habe.

  • Ich nehme die Arbeit oft gedanklich mit nach Hause, aber weniger die sozialen Situationen, sondern eher meine unerledigten Aufgaben. Beim Sport abzuschalten fällt mir auch schwer. Das einzige was mir hilft, ist abends Serien oder Filme zu schauen. Dabei gelingt es mir ganz gut, nicht mehr an die Arbeit zu denken. Es ist allerdings eine sehr passive Freizeitbeschäftigung.

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    Glaub nicht alles, was du denkst.
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  • Nur mit viel Ruhe und Nachgehen irgendwelcher Süchte (Serien oder Filme gucken, forumrumgurken, lesen,...) schaffe ich es, abzuschalten. Wenn nix hilft, gibts n Schlückchen Rum.

    Das mit dem Sport ist bei mir auch absolut kontraproduktiv!

  • Ich habe Betreuer und einen Therapeuten mit denen ich das Verhalten anderer Menschen besprechen oder meine Wahrnehmungen überprüfen kann. Arbeitsfähig im neurotypischen Sinn bin ich nicht und zum Glück davon befreit.

  • Hallo @Schreiberling und alle,

    ich arbeite ja auch und es fällt mir nicht leicht. Aber ich finde es für mich wichtig. Hinterher bin ich oft sehr ko und "fertig mit der Welt" (RW).
    Zur Ruhe kommen fällt mir prinzipiell sehr schwer, aber ich bemühe mich.
    Heute habe ich es geschafft und nach der Therapie und Apotheke lang (am Nachmittag) geschlafen. Das tat gut.
    Ich müsste das viel öfter tun, dann würden vielleicht die ganzen Overloads, die mich derzeit plagen, wieder weniger werden... :|

    Ansonsten höre ich viel meine mir vertraute Musik, schaue ins Internet und beschäftige mich mit SIs. Meine Katzen sind ein Ruhepol, der sehr hilfreich sein kann. :nod:
    Therapie (n) und Medikamente brauche ich natürlich auch, sonst würde ich es nicht schaffen.

    LG Veronika.

    Man sieht nur mit dem Herzen gut.
    Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
    (Antoine de Saint-Exupéry)

    "Was ist falsch an sonderbar?"

    "Das Ende der Störung ist derzeit nicht absehbar."

  • Mir hilft Sport, autogenes Training und Meditation, sowie meine Spezialinteressen. Wenn ich anfange das durchzugehen sage ich mir bewusst, dass ich nichts mehr an meiner Reaktion ändern kann und denke an etwas aus meinem Spezialinteresse.

  • Ich spiele dann gedanklich die für mich rätselhaften Situationen nochmals durch (z.B. warum hat mich Kollege xy heute so angesehen, oder warum hat er/sie den Tonfall x angeschlagen?) und bin dabei ziemlich angespannt. Der Übergang zu entspannenden Freizeitaktivitäten gelingt mir meistens nicht. Auch Sport hilft hier nicht, sondern verschlimmert das Problem oft noch weiter (weil ich danach noch müder bin).

    Wenn ich das so schreibe, dann möchte ich am liebsten nach der Arbeit gleich ins Bett gehen und schlafen. Aber abgesehen davon, dass ich ohnehin starke Einschlafprobleme habe, hätte ich dann neben der Arbeit gar nichts mehr vom Leben.

    Mir geht es auch so. Und zeitweilig gehe ich auch mehr oder weniger direkt nach der Arbeit schlafen. Ich denke mir auch immer mal wieder, dass ich nichts vom Leben habe, wenn das so ist, aber da ich auch meinen Job als Leben verstehe habe ich schon auch was vom Leben. Und dann gibt es noch das Wochenende.

    Wie schafft ihr es, von der Arbeit trotz der vielen Fragezeichen, die sich im sozialen Miteinander tagsüber angesammelt haben, Abstand zu gewinnen? Wie kommt ihr wieder mit Euch selbst im Einklang und wie beendet man das Neben-Sich-Stehen und Unter-Strom-Stehen?

    Finde ich auch total schwierig. Manchmal hilft mir das Duschen und das Vorstellen, dass mit dem Wasser auch die ganzen sozialen Fragezeichen weggeschwemmt werden. Früher half mir mal Tagebuch schreiben. Manchmal hilft es mir bewusst andere Tätigkeiten auszuführen, z.B.

    forumrumgurken

    Das finde ich eine gute Ablenkung.

    Surprised by the joy of life.

  • nach der Arbeit gehe ich oft in meinen Garten.
    Das ist zwar auch Arbeit, aber eine sinnvolle.
    Da kann ich ganz gut abschalten.
    Vor einigen Jahren war ich Luftgewehrschießen oder habe Modellbau gemacht, mit der gleichen Wirkung.

    Um den normalen Arbeitsscheiß nicht überhandnehmen zu lassen bin ich schon vor 20 Jahren auf eine 4 Tagewoche zurückgegangen .
    Der freie Tag gehört nur mir.

  • Hallo @Schreiberling,

    als ich noch gearbeitet habe, hatte ich das Problem, dass ich nach der Arbeit oft gedanklich vollkommen in den Themen festhing und meist mehrere Stunden brauchte, um irgendwie wieder richtig in meinem normalen Leben bzw. Alltag bzw. meiner Wohnung anzukommen. Teilweise gelang es mir gar nicht während der Woche, sondern erst am Wochenende oder sogar erst im Urlaub (wo ich dann meistens krank wurde). Manchmal hat es mir geholfen, dass ich direkt nach der Arbeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Stadt gefahren bin und noch kurz durch die Stadt gelaufen bin um etwas zu erledigen. Wenn ich dann zu Hause ankam, hatte ich durch die neuen Eindrücke und die Distanz zwischen Arbeit und Wohnung etwas Abstand gewinnen können.

    Auf anderen Arbeitsstellen ging das später gar nicht mehr. Ich war nach der Arbeit so fertig, dass ich mich nur noch hingelegt habe und geschlafen habe. Manchmal habe ich es nicht mal mehr geschafft, mir etwas zu essen zu machen.

    Vielleicht ist die räumliche Distanz und dass man während dieser Strecke etwas anderes tut (und nicht nur denkt) hilfreich? Ich überlege gerade selbst, warum ich die Arbeitsstelle damals einige Jahre durchgehalten habe (ob es vielleicht an dieser Sache lag). Ausschlaggebend war das vermutlich aber nicht.

    Bei mir kommt dazu, je länger ich eine Aufgabe machte, desto mehr steigerte ich mich rein, desto mehr Wissen sammelte ich an und desto besser durchblickte ich die Vorgänge. Die Aufgaben waren alle nach ein paar Jahren nicht mehr zu ertragen, weil ich so verzweifelt war und das vorhandene Wissen mit der gelebten Realität nicht mehr in Einklang bringen konnte. Eine Weile lang hat es mir geholfen, die Aufgabengebiete zu wechseln und mich jedes Mal in neue Arbeitsgebiete einarbeiten zu dürfen.
    Vielleicht helfen also häufigere Arbeitsplatzwechsel, um sich nicht zu sehr mit den Problemen auf der Arbeit zu identifizieren. Am Anfang konnte ich mir immer sagen, dass ich ja noch neu bin und das erstmal alles lerne, aber wenn man das ein paar Monate gemacht hatte, ging das nicht mehr. Ich hatte mich dann meist bereits total mit den Aufgaben identifiziert und bin gedanklich damit verwoben gewesen.

    Ich hatte auch eine Weile Teilzeit gearbeitet. Für mich war das leider keine Lösung gewesen.

  • Hallo,

    ich bin früher nach der Arbeit kurz zu Burger King gefahren und hab danach nicht mehr viel gemacht. Besserung brachte die Kürzung meiner stelle auf 65% dann konnte ich nach der Arbeit noch schwimmen gehen und etwas Computerspielen bevors ins Bett ging.

    Nach der Arbeit in der Werkstatt(aktuell) bin ich so müde dass ich erstmal eine Stunde schlafe danach geht mein Tag aber normal weiter.

  • Ich glaube, mir helfen am meisten meine Tiere. Ich habe mal einen Artikel über autistische Kinder gelesen und dass ein Hund (oÄ) wie eine Tür zur Welt sein kann, dass sie durch den Kontakt zum Tier besser mit der Umwelt und anderen Menschen klarkommen und so ist das auch bei mir (nur dass es kein Hund ist).

  • Schlafen. Ich arbeite momentan so, dass ich zwischen einem Arbeitstag immer einen freien Tag habe und dann den nächsten Arbeitstag. Ich kann die Nacht vor dem Arbeitstag so gut wie gar nicht schlafen, bin also dementsprechend schon total k.o. bevor ich überhaupt anfange, danach dann zu gar nichts mehr zu gebrauchen. Ich muss mich hinlegen und schlafe dann meistens bis gegen 18 Uhr. Den freien Tag nutze ich, um mich zu erholen. Ich lenke mich von meinen sehr nervigen Gedanken über die Arbeit durch PC spielen oder Musik hören ab, verbringe viel Zeit mit meinem Hund oder höre meine Audiobücher. Ich könnte nicht ohne den freien Tag zwischen zwei Arbeitstagen arbeiten, bis vor kurzem hatte ich noch einen Nebenjob mit zwei Tagen pro Woche und es hat mich körperlich und geistig so mitgenommen, dass ich fast nur noch geschlafen habe.

  • Ich habe das seit zwei Jahren auch so dass ich zwei freie Tage verteilt in meiner Arbeitswoche habe.
    Bei mir ist weniger das Problem, dass ich zu viel über Arbeitsinhalte nachdenken würde, sondern einfach das Problem, dass die Arbeitstage sehr anstrengend sind, zusätzlich ich oft erst spät einschlafen kann und dann irgendwann meinen Schlaf nachholen muss.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • mich würde interessieren, wie ihr Euren (Arbeits-)Alltag verarbeitet. Bei mir ist es so, dass ich neben mir stehe, wenn ich abends aus der Arbeit komme. Müde bin ich natürlich auch.

    Ja das tue ich abends auch.


    Ich spiele dann gedanklich die für mich rätselhaften Situationen nochmals durch (z.B. warum hat mich Kollege xy heute so angesehen, oder warum hat er/sie den Tonfall x angeschlagen?) und bin dabei ziemlich angespannt. Der Übergang zu entspannenden Freizeitaktivitäten gelingt mir meistens nicht. Auch Sport hilft hier nicht, sondern verschlimmert das Problem oft noch weiter (weil ich danach noch müder bin).

    Meinen Sport kann ich in so einer Situation nicht ausüben, da es schlichtweg zu gefährlich ist. Ich fahre übrigens Rennrad. In so einer Situation fahre ich dann wegen der angestauten Wut entweder sehr risikoreich oder bin so müde, dass ich gegen geparkte Autos fahre.


    Wenn ich das so schreibe, dann möchte ich am liebsten nach der Arbeit gleich ins Bett gehen und schlafen. Aber abgesehen davon, dass ich ohnehin starke Einschlafprobleme habe, hätte ich dann neben der Arbeit gar nichts mehr vom Leben.

    Ja das kenne ich auch gut. Mir hilft es in der Situation sehr gut Musik zu hören.


    Wie schafft ihr es, von der Arbeit trotz der vielen Fragezeichen, die sich im sozialen Miteinander tagsüber angesammelt haben, Abstand zu gewinnen? Wie kommt ihr wieder mit Euch selbst im Einklang und wie beendet man das Neben-Sich-Stehen und Unter-Strom-Stehen?

    Meistens mit dem PC und Musik hören. Nach ner knappen Stunde ist wieder alles super. Dann wäre sogar Sport wieder denkbar, wenn ich da nicht eine sehr ungünstige Routine hätte...

    Wenn man auf eine Party geht, gibt es immer ein Risiko.

    Unsere Identität entnehmen Sie bitte dem beigefügten Auszug aus dem Melderegister. Gegen die Assimilierung in unser Kollektiv ist gemäß Assimilierungsdurchführungsgesetz (§666, Abs. 3/IV) kein Rechtsmittel zulässig. Wir bitten um Ihr Verständnis.

  • Ich gehe duschen. Für mich ist schon immer das Bad bzw. die Toilette ein Rückzugsort. Also gehe ich nach der Arbeit in Ruhe ins Bad und gehe dann auch duschen. Danach fühle ich mich meistens etwas besser. An ganz schlimmen Tagen gehe ich dann ins Bett. Sonst schaue ich ob ich noch Lust und Kraft für meine SIs, oder wir (mein Mann und ich etwas tun wollten) wie Fußball schauen oder ähnliches.
    Wenn ich komische Situtationen hatte oder es etwas gibt was mir unklar war muss mein Mann herhalten (RW).
    Viel Zeit nimmt am Abend aber immer die Suche nach einem Abendessen ein, dass stört mich sehr habs aber noch nicht gut in den Griff bekommen.

  • Eine erhebliche Reduktion der Arbeitszeit war zwingend nötig, weil ansonsten mehr angefallen ist, als ich in der Restzeit jemals hätte verarbeiten können. Dann viel Zeit alleine und Spezialinteressen, neuerdings auch das verbale Aufarbeiten von sozialen und anderen Überforderungssituationen mit der Therapeutin. Wirklichen Abstand finde ich aber weiterhin nicht. Ob die Therapie da helfen kann, wird sich zeigen müssen.

  • mich würde interessieren, wie ihr Euren (Arbeits-)Alltag verarbeitet. Bei mir ist es so, dass ich neben mir stehe, wenn ich abends aus der Arbeit komme. Müde bin ich natürlich auch.

    Ich spiele dann gedanklich die für mich rätselhaften Situationen nochmals durch (z.B. warum hat mich Kollege xy heute so angesehen, oder warum hat er/sie den Tonfall x angeschlagen?) und bin dabei ziemlich angespannt. Der Übergang zu entspannenden Freizeitaktivitäten gelingt mir meistens nicht. Auch Sport hilft hier nicht, sondern verschlimmert das Problem oft noch weiter (weil ich danach noch müder bin).

    Wenn ich das so schreibe, dann möchte ich am liebsten nach der Arbeit gleich ins Bett gehen und schlafen. Aber abgesehen davon, dass ich ohnehin starke Einschlafprobleme habe, hätte ich dann neben der Arbeit gar nichts mehr vom Leben.

    Mir geht es sehr ähnlich. Wenn ich von der Arbeit (Vollzeit) nach Hause komme, bin ich fast immer extrem müde, erschöpft und zu nichts mehr zu gebrauchen, für mich ist in diesem Fall nur Schlafen die einzige Möglichkeit. Manchmal wache ich nachts auf und schaffe es noch, 1-2 Stunden etwas zu tun, das keine kognitiven Leistungen voraussetzt, bevor ich bis zum nächsten Morgen durchschlafe, aber insgesamt habe ich dadurch tasächlich nur noch wenig vom Leben. Die Frustration über den Gesamtzustand wirkt sich letztendlich auch wieder negativ darauf aus.
    Bei mir ist es weniger, dass ich den Tag noch mal durchgehe oder mich von der Arbeit nicht abgrenzen könnte, sondern der „Akku“ ist einfach leer.

    Für mich selbst sehe ich mittlerweile nur noch zwei Möglichkeiten: weniger zu arbeiten (entweder weniger Stunden pro Tag oder ein, zwei zusätzliche freie Tage) oder irgendwann doch mal das Glück zu haben, einen passenden Job bzw. diese ominöse „Nische“ zu finden.

  • Vielen Dank Euch für die vielen informativen Antworten. Ich würde gerne länger schreiben, aber mir brummt der Schädel und ich bin einfach zu erschöpft dafür. Aber ich habe alles aufmerksam gelesen und bin Euch sehr sehr dankbar für Euren Input.

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