Autismus und/oder Narzismus?

  • Ich hatte einmal ein Bewerbungsgespräch. Zwei Chefs und ein Angestellter haben das Interview mit mir geführt. Ich war da gerade arbeitslos. Sie sagten mir, wenn ich die Stelle will, soll ich am nächsten Tag anrufen. Es war eine gute Stelle. Trotzdem habe ich nicht angerufen. Ich merkte am Büro (ich habe die Mitarbeiter das sitzen sehen) und am Gespräch, dass die ein richtig mieses Büroklima haben. Das hat man einfach gespürt. Es war eine Athmosphäre der Angst im Büro und der eine Chef schreit bestimmt rum und/oder putzt einen runter, sobald man mit ihm zusammenarbeitet. Ich merkte auch, wer von beiden. Sie waren die ganze Zeit nett und höflich zu mir. Niemand hat was auffälliges gesagt. Trotzdem habe ich noch an der Bushaltestelle beschlossen, da ganz bestimmt nicht anzufangen. Ich war dann noch 4 Monate arbeitslos.

    Vor ein paar Tagen bin ich in das Büro meiner Kollegin gegangen. Sie hatte die Tür zu. Manchmal macht sie sie zu, weil es ihr zu laut ist. Also bin ich reingegangen, wollte was kurz besprechen. Bevor sie auch nur ein Wort gesagt hat, konnte ich sehen, dass sie irgendwie gekränkt und verärgert war. Ich vermutete einen Streit mit irgendwem, sie bestätigte es, es war der Streit mit einem Kollegen. Klar kenne ich die Kollegin, das sind ja keine fremden Leute mehr. Trotzdem werde ich den Eindruck nicht los, dass das bei mir weitgehend funktioniert, wenn ich das will.

    Klingt für mich eigentlich schon so, als ob du es könntest (ich meine: die Fähigkeit dazu ist ansich vorhanden, ob du sie einsetzen willst/kannst ist eine andere Frage).

    Weil ich Angst vor Nähe habe. Also davor, zu viel von mir preis zu geben und mich dadurch angreifbar zu machen. Mich zu eng zu binden und nicht mehr weglaufen zu können. Vertrauen fällt mir sehr schwer, auch wenn es Leute sind, wo keine Alarmglocken schrillen. Ich habe immer Angst davor, abgelehnt zu werden, wenn jemand mehr kennenlernt als meine Oberfläche.

    Wenn ich nicht, wie gerade, depressiv bin, gestehe ich mir das alles nicht ein, (würde das auch immer noch abwehren und behaupten, ich hätte keine Angst) und alles ist in Butter und es stört mich nicht, dass ich keine echten Bindungen habe und alles immer nur oberflächlich ist. Nicht mal zu engen Verwandten (am ehesten meine Schwester noch). Deswegen muss ich mich auch jetzt um den Therapeuten kümmern, bevor es mir wieder zu gut geht und ich wieder in der Blase bin oder wie auch immer man das nennen soll.

    Danke für deinen Zuspruch. Wie gesagt, ich erhoffe mir dadurch, normale Beziehungen aufbauen zu können. Ich komme gut bei Leuten an, ecke nicht mehr überdurchschnittlich an und doch geht es nicht, weil ich es nicht zulassen kann. Wirklich normal leben geht so nicht. Nur scheinbar.

    Dann ist es wahrscheinlich eine gute Idee die du hast, zu einem Psychologen zu gehen, eine Gesprächstherapie. Du willst etwas verändern, und da kann man ja Dinge beackern wie: warum vermeide ich Nähe, was hat dazu geführt, möchte ich das ändern, wenn ja wie? Wie kann ich mein Selbstwertgefühl stabil halten ohne auf dauernden Zuspruch von außen angewiesen zu sein... usw. Dabei wär es ja ansich auch nicht schlimm, wenn du eine Gesprächstherapie machst, auch wenn du AS hast (der Therapeut muss ohnehin jeden Patienten als Individuum betrachten, und auch nicht jeder mit AS ist gleich, und solche emotionalen Probleme mit Nähe kann man ja auch -mit- AS haben, ist ja kein entweder/oder )

  • Uniklinik Köln. Die sollen ja richtig Ahnung haben. Daher habe ich es auch nie angezweifelt. Jedenfalls nicht richtig.

    Stimmt schon, dass (etwas) AS kein Ausschlusskriterium ist für emotionale Probleme, die nicht vom AS kommen.

  • An der Autismus-Ambulanz Köln gibt es ja mehrere Diagnostiker (die auch wechselten), bzw zumindest heute, wie das vor 10 Jahren war, weiß ich nicht. Es kann schon denkbar sein, dass es einen Arzt gab, dessen Bild von AS Überschneidungen mit Narzissmus hat. Ich glaube schon, dass es da subtile Unterschiede geben kann je nach Diagnosestelle bzw je nach Arzt, was für sie AS ausmacht (es wird bei anderen psychiatrischen Diagnose auch so sein). Außerdem ist es ja auch 10 Jahre her, damals war das auch für Köln noch Neuland.

  • Erwarte ich auch nicht.

    Mir geht es nicht um eine Trophäe. Ich will eine richtige beziehung. Trophäen habe ich genug.

    Sorry, ich glaube ich lass es hier.

    Ich glaube, du könntest daran arbeiten, weniger in die Antworten anderer hineinzuinterpretieren. Ich weiß jetzt z.B. nicht, wie du von meiner Antwort zu dem kommst, was du in dem Zitat geschrieben hast. Da musst du irgendwas aus meinem Text rausgelesen haben, was ich gar nicht ausdrücken wollte. Oder aber ich habe nicht das geschrieben, was du erwartet hattest?

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Aber überhaupt eine Freundin zu haben ist schon viel. Beziehungstipps kann ich leider keine geben.

    Darum gehts mir nicht. Was heißt viel? Ist es viel im Leben, irgendwie endlich auch mal eine total brüchige Sexlose Beziehung zu haben? Weil man angeblich AS hat?


    Du weißt, dass kein gesunder Mensch sich damit abfinden würde, ständig aus jobs rausgeworfen zu werden oder solche Beziehungen zu führen. Das ist nicht viel, das ist ein Fall für den Psych. Und nein, ich gebe mich nicht damit ab, dass ich ein armer Autist bin. Das wird mir seit Jahren eingeredet. Ich hab ein Dach über dem kopf, muss reichen...

    Es reicht mir aber nicht.

  • Was heißt viel?

    Das ist umgangssprachlich für "besser als gar nichts". Oder das Glas ist halb voll statt halb leer. So in die Richtung.
    Aus Sicht von jemandem, der noch nie eine feste Beziehung hatte, ist es viel, eine feste Beziehung zu haben, auch wenn sie ohne Sex ist. Sex wäre mir sowieso nicht wichtig. Also aus meiner Sicht.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Ich habe mit Autismus eine Festanstellung und eine glückliche Beziehung.
    Ich halte das nicht für selbstverständlich, in keinster Weise und bin sehr dankbar.
    Dennoch habe ich Einschränkungen, aber ich kann immerhin sagen, es ist möglich. Der Weg dahin ist selten einfach, auch für viele NT schon nicht, aber er existiert.
    Ob das für jeden klappt und ob jeder damit glücklich wäre kann ich leider nicht sagen und ist eher unwahrscheinlich.

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