Autismusambulanz Düsseldorf

  • Ich habe inzwischen Spaß an der interaktion mit anderen Menschen, den ich zum Zeitpunkt der Erstdiagnose definitiv nicht hatte.

    Man kann doch Spaß an der sozialen Interaktion, aber dennoch Auffälligkeiten darin haben, oder sehe ich das falsch? Ein Mensch mit einer Spastik im Bein kann ja z.B. auch Spaß am Fußballspielen haben, obwohl er darin auffällig ist.

  • Skandal!

    Das sicher nicht. Aber wenn man gesundheitlich angeschlagen ist, sich Gewissheit wünscht und die berufliche Zukunft auf dem Spiel steht... dann können sich sechs Monate wie eine Ewigkeit anfühlen. Meinen Platz auf der Warteliste werde ich definitiv erst dann absagen, wenn alle Zweifel ausgeräumt sind. :)

    Einmal editiert, zuletzt von SirSmokalot (27. September 2019 um 21:24)

  • Man kann doch Spaß an der sozialen Interaktion, aber dennoch Auffälligkeiten darin haben, oder sehe ich das falsch?

    Natürlich siehst du das nicht falsch. Der Spaß an der Interaktion ist natürlich kein Selbstgänger, der automatisch dazu führt, dass die Interaktion auch gelingt.
    Aber wenn man die Interaktion vernachlässigt, weil man keinen Spaß dran hat, wird man bestimmt sein Potential auf diesem gebiet nicht ausschöpfen können.
    Und es ist vielleicht ein wesentliches Element, was die Interaktion in Gang bringt und aufrecht erhält, wenn das gegenüber merkt, dass man Spaß daran hat.
    Deswegen finde ich es wichtig, da ein Feedback zu bekommen, ob es mir gelungen ist, meine Freude an der Interaktion auch herüberzubringen. Und genau das bekommt man beim ADOS.

    Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll. (Georg Christoph Lichtenberg)
    Veränderungen führen deutlich öfter zu Einsichten, als dass Einsichten zu Veränderungen führen. (Milton H. Erickson)
    Morgen werde ich mich ändern, gestern wollte ich es heute schon. (Christine Busta)

  • Hurra, du hast die Kompensation entdeckt...

    Ja, natürlich ist das Kompensation - aber das ist es ggf auch bei @Tuvok. Ich will selbstverständlich nicht sagen, das "Besserung" eintritt, aber in gewissem Umfang hilft Lebenserfahrung dabei, die Symptome eben nicht nur zu kaschieren, sondern zumindest die Kommunikation besser zu beherrschen. Das ist durchaus ein wenig wie Autofahren - mit jedem Kilometer wird es besser, auch dann, wenn man dabei nie ein guter Fahrer wird (frag meine Frau zum Thema ich und Autofahren...). Und irgendwo fressen die Symptome dann doch soviel Kraft, dass es nicht mehr weitergeht wie bisher, deshalb bin ich ja dann doch zum Psychiater gegangen. Aber zumindest bei mir war das nicht das Bemühen um normale Kommunikation, sondern vielmehr der Spagat zwischen Familie brauchen und glücklicherweise auch haben einerseits, Alleinsein brauchen andererseits. Ab morgen habe ich wieder eine Woche Urlaub, Frau und Kind fahren ans Meer, ich bleibe zu Hause - und diese Regelung haben wir aus gutem Grund.

  • Zitat von Tuvok

    Es gibt einige dokumentierte Fälle von "optimal outcome", wo nach einer gut gesicherten Positivdiagnose im weiteren Verlauf eine ebenso gut gesicherte Negativdiagnose folgte, zum Teil nicht einmal mehr autistische Züge nachweisbar waren, aber das ist sehr selten.

    Hast du Zahlen dazu?

    Mich würde es interessieren, worauf eigentlich die Meinung basiert, dass Autismus nicht heilbar sei und Verbesserungen nicht zu erzielen.

    Ich las es selbst auch schon einige Male, dass nach einer gesicherten Positivdiagnose (die nicht in Frage gestellt wird) nach einiger Zeit eine gesicherte Negativdiagnose (die auch nicht in Frage gestellt wird) folgte. Leider habe ich diese Angaben damals nicht näher betrachtet. Nun fände ich es aber doch spannend.

    Gleichzeitig werden ja Therapien angeboten, die den Menschen das Leben erleichtern sollen. Da frage ich mich, wieso man das eine Verbesserung nennt (z. B. bei der Behandlung von Depressionen), das andere (bei Autismus) aber nicht. Ist eine Verbesserung nicht dann der Fall, wenn die Symptome nach der Behandlung geringer ausgeprägt sind? Von daher verstehe ich nicht, wieso man so sicher davon ausgeht, dass autistische Symptome nicht verschwinden können bzw. Autismus nicht heilbar sei.
    Vermutlich wird bei der Argumentation in der Fachwelt darauf aufgebaut, dass es neurologisch und angeboren sei, wobei das ja noch gar nicht sicher ist. Deshalb ist mir das mit dem "Asperger ist nicht heilbar" suspekt. Wenn man nicht mal die Ursachen kennt, wie will man dann wissen, dass etwas nicht heilbar ist?

    Man könnte ja genauso gut nach der erfolgreichen Behandlung von Depressionen sagen "ja, der ist nicht geheilt, der kompensiert momentan nur seine negativen Glaubenssätze... Depressionen sind angeboren... endogene Depressionen" etc. In Bezug auf Depressionen höre ich aber kaum "Depressionen sind nicht heilbar, die sind angeboren." Da wird immer wieder, fast schon gebetsmühlenartig betont, dass die heilbar seien. Bei Autismus wird eher gebetsmühlenartig das Gegenteil behauptet. Auf welcher Grundlage eigentlich? Man weiß doch weder bei Depressionen, noch bei Autismus die genauen Mechanismen und die Entstehungsgeschichte (man braucht sich nur mal anschauen, wie Psychopharmaka verordnet werden. Im Prinzip hat man kaum Ahnung, was im Gehirn abläuft und ob das überhaupt ursächlich für Depressionen ist).
    Ich verstehe nicht, wieso auf kaum vorhandenen Informationen so vehement Dinge behauptet werden.

    3 Mal editiert, zuletzt von FruchtigBunt (27. September 2019 um 23:13)

  • Mich würde es interessieren, worauf eigentlich die Meinung basiert, dass Autismus nicht heilbar sei und Verbesserungen nicht zu erzielen.

    Autismus ist nicht heilbar, aber natürlich kann man Verbesserungen erzielen.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

    Einmal editiert, zuletzt von Shenya (27. September 2019 um 23:32)

  • Mich würde interessieren ob es bei den Personen die auf einen Termin oder Antworten etwas neues gibt?
    Bei mir nichts, ich habe aber auch noch nicht wieder nachgefragt irgendwie habe ich Sorge zu nerven.

    Aktuell stellt sich mir die Frage ich werde wenn es dieses Jahr noch einen Termin gibt keine Urlaubstage mehr haben, kann ich mich für den Diagnosetermin krankmelden bzw. ist das eine legitime Handlung?

  • Wenn man die Interaktion vernachlässigt, weil man keinen Spaß dran hat, wird man bestimmt sein Potential auf diesem Gebiet nicht ausschöpfen können.
    Und es ist vielleicht ein wesentliches Element, was die Interaktion in Gang bringt und aufrecht erhält, wenn das Gegenüber merkt, dass man Spaß daran hat.
    Deswegen finde ich es wichtig, da ein Feedback zu bekommen, ob es mir gelungen ist, meine Freude an der Interaktion auch herüberzubringen. Und genau das bekommt man beim ADOS.

    Wenn das für dich ( mit dem ADOS) so ist, dann wünsche ich dir einen für dich gut verlaufenden ADOS-Test!
    Es wäre ja (im positiven Sinne) eine gute, aufbauende Bestätigung!

    Noch besser wäre es vielleicht, wenn ein jeweiliges "Gegenüber" direkt und konkret rückmeldet, wie die Begegnung für das Gegenüber wirkt. Ob es genau wie du Spaß dran hat, sich mit dir zu unterhalten. Ob der Gedankenaustausch beiderseits zufriedendstellend ist. Ob es anregend für neue Möglichkeiten des Denkens und des Verhaltens gewesen ist.

    Wenn jemand wirklich Interesse an einem hat, wäre es doch sehr toll, solches Feedback zu bekommen!

    Ich glaube - leider -, dass in der aktuellen Zeit vielen Menschen das Interesse am Anderen völlig abgeht (fehlt). Und Autisten wird es oft zu Unrecht ganz abgesprochen!

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • @Tuvok
    Wenn ich mich recht erinnere, hattest du 10 oder 11 Punkte im ADOS.
    Da ist es sehr gut möglich, dass du dich verbessert hast. Gerade, wenn du anscheinend nicht kompensiert hast. Das schrieb ja hier jemand schon, dass das weibliche Betroffene sowieso machen. Dein Score ist ja auch gerade so über dem Cut-Off, ich meine, der liegt so bei 10-12 (bin mir gerade nicht sicher).
    Ich glaube fest daran, dass man den Test sowohl positiv als auch negativ faken, also trainieren kann. Das hängt aber auch mit der Intelligenz zusammen.
    Ein geistig Behinderter wird es da deutlich schwerer haben, das dürfte einleuchten. Aber gerade im Zeitalter der Medien, kann man sich z.B. anschauen, wie Menschen normal interagieren und das einfach abkupfern. Gerade in einer 1zu1 Situation ist das nicht so schwer. Dadurch kommt dann auch das Problem zum Vorschein, wenn es in der Realität eben doch Probleme gibt, die im 1zu1 aber nicht zum Vorschein kommen etc.
    Attwood meinte übrigens, dass Autisten einfach Menschen sind, die sich mehr für ihre Interessen/Sachen interessieren als für Menschen, wie es "normale" Menschen tun. Wenn man daraus die Konsequenzen ableitet, dann ist eine davon, dass der Autist wenig geübt in sozialer Interaktion ist und dementsprechend auch Defizite aufweisen müsste.

    Zum Thema optimal outcome, würde ich aber schon sagen, dass in einigen Fällen offenbar eine Falsch-Diagnose vorlag oder Autismus eben viele Gesichter hat (RW), sowohl verschiedene Ursachen als auch Formen aufweist und sich lediglich eine Verbindung durch eine Symptomliste herstellen lässt, die aber einer Symptomliste für Schnupfen gleicht, für den es ebenfalls zig verschiedene Ursachen und Ausprägungen gibt.
    Soll heißen, Autismus sei demnach lediglich eine Maske mit vielen möglichen Gesichtern dahinter. (Metapher)

    „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
    (Aristoteles, griechischer Philosoph, 384 - 322 v. Chr.)

  • Zitat von Tuvok

    Es gibt einige dokumentierte Fälle von "optimal outcome", wo nach einer gut gesicherten Positivdiagnose im weiteren Verlauf eine ebenso gut gesicherte Negativdiagnose folgte, zum Teil nicht einmal mehr autistische Züge nachweisbar waren, aber das ist sehr selten.

    Hast du Zahlen dazu?

    Zahlen zur Häufigkeit von Optimal Outcome habe ich jetzt nicht. Das dürfte auch schwer zu schätzen sein.
    Aber zwei interessante Artikel zum Optimal Outcome habe ich mal rausgesucht:
    Im Ersten steht etwas über den Verlauf der ADOS-Ergebnisse, im zweiten geht es um autistische Züge.

    Mich würde es interessieren, worauf eigentlich die Meinung basiert, dass Autismus nicht heilbar sei und Verbesserungen nicht zu erzielen.

    Die Meinung, dass Verbesserungen nicht zu erzielen seien, habe ich so noch nicht gehört. Dann wäre ja jegliche Therapie von vorneherein zwecklos.
    Der Auffassung, dass Autismus nicht heilbar ist, würde ich aber durchaus zustimmen. Autisten haben ja vermutlich eine andere Art der Reizverarbeitung, und daran dürfte sich auch bei den Optimal-Outcome-Fällen nichts geändert haben. Die andere Art der reizverarbeitung führt nur nicht mehr zu erkennbaren Verhaltensauffälligkeiten, selbst für den erfahrenen

    Noch besser wäre es vielleicht, wenn ein jeweiliges "Gegenüber" direkt und konkret rückmeldet, wie die Begegnung für das Gegenüber wirkt. Ob es genau wie du Spaß dran hat, sich mit dir zu unterhalten. Ob der Gedankenaustausch beiderseits zufriedendstellend ist. Ob es anregend für neue Möglichkeiten des Denkens und des Verhaltens gewesen ist.

    Wenn jemand wirklich Interesse an einem hat, wäre es doch sehr toll, solches Feedback zu bekommen!

    Ich glaube - leider -, dass in der aktuellen Zeit vielen Menschen das Interesse am Anderen völlig abgeht (fehlt). Und Autisten wird es oft zu Unrecht ganz abgesprochen!

    Solche Rückmeldungen habe ich ja durchaus in letzter Zeit bekommen. So desinteressiert sind die Menschen in meinem Umfeld gar nicht.
    Jetzt würde mich eben interessieren, ob sich das auch im ADOS bestätigt, denn da müsste es ja dann ja eigentlich auch erkennbar sein.

    Wenn ich mich recht erinnere, hattest du 10 oder 11 Punkte im ADOS.

    Ich habe 15 Rohpunkte, von denen aber nur 8 in den für die Diagnose relevanten Score eingehen. Der Cutoff liegt bei einem Score von 7, den habe ich also tatsächlich nur knapp überschritten.
    Als Maßzahl für den Schweregrad wird aber außerdem ein css-Wert (calibrated severity score) errechnet, in den auch andere Items einfließen, als in den diagnoserelevanten Score. Da kam ich auf einer Skala von 1 bis 10 auf einen Wert von immerhin 6 für den Bereich der sozialen Beeinträchtigung, also eher im mittleren Bereich als im ganz niedrigen. Da wäre es schon bemerkenswert, wenn sich dieser Wert auf unter 4 verbessern würde.

    Ich glaube fest daran, dass man den Test sowohl positiv als auch negativ faken, also trainieren kann. Das hängt aber auch mit der Intelligenz zusammen.

    Das glaube ich auch. Auch wenn man es selbst gar nicht will, wird die eigene Erwartungshaltung möglicherweise das Ergebnis in die eine oder andere Richtung beeinflussen.
    Bei eingen Items dürfte es aber schwierig und wenn überhaupt nur mit sehr großer Konzentration möglich sein, einen erfahrenen Untersucher zu täuschen, z.B. bei Sprechweise (A2), Gestik (A9, A10), Blickkontakt (B1) oder Mimik (B2).

    Da ist es sehr gut möglich, dass du dich verbessert hast. Gerade, wenn du anscheinend nicht kompensiert hast.

    Kompensation ist nur eine Erklärung für eine (bisher überhaupt noch nicht nachgewiesene) Verbesserung.
    Grundsätzlich ist zu erwarten, dass sich Ergebnisse im Laufe des Lebens auch in die eine oder andere Richtung verändern können. Stress wird zum Beispiel die autistische Symptomatik in der Regel verstärken. Unter stress ist der Autist autistischer, wie ja wahrscheinlich auch der Depressive depressiver ist und der Ängstliche ängstlicher als sonst.
    Kompensation, auch wenn sie unbewusst passiert, müsste aber eigentlich mit Anstrengung verbunden sein. Wenn ich heute weniger Autismussymptome zeige, als noch vor 5 Jahren, dann finde ich das aber nicht als anstrengende Schauspielerei, sondern fühle mich dabei ziemlich entspannt. Also aus meiner Sicht eher eine positive Veränderung durch besseren Umgang mit Stress und mehr Ausgeglichenheit.

    Attwood meinte übrigens, dass Autisten einfach Menschen sind, die sich mehr für ihre Interessen/Sachen interessieren als für Menschen

    So etwas ähnliches wird beim AQ in Frage 15 abgefragt. 77,6% der Autisten geben da an, dass sie der Aussage "Ich fühle mich eher von Menschen als von Gegenständen angezogen" eher nicht oder überhaupt nicht zustimmen.
    Ich habe das früher auch von mir behauptet, meinen Standpunkt in diesem Punkt aber gründlich überdacht und geändert.

    Zum Thema optimal outcome, würde ich aber schon sagen, dass in einigen Fällen offenbar eine Falsch-Diagnose vorlag

    Ich glaube eher, dass es echte Veränderungen im Umgang mit Stress und/oder die Folge von Veränderungen in den Grundeinstellungen ist.

    Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll. (Georg Christoph Lichtenberg)
    Veränderungen führen deutlich öfter zu Einsichten, als dass Einsichten zu Veränderungen führen. (Milton H. Erickson)
    Morgen werde ich mich ändern, gestern wollte ich es heute schon. (Christine Busta)

  • Es gibt einige dokumentierte Fälle von "optimal outcome", wo nach einer gut gesicherten Positivdiagnose im weiteren Verlauf eine ebenso gut gesicherte Negativdiagnose folgte, zum Teil nicht einmal mehr autistische Züge nachweisbar waren, aber das ist sehr selten. Es lag aber offenbar nicht daran, dass die Erstdiagnose falsch war.

    Der Auffassung, dass Autismus nicht heilbar ist, würde ich aber durchaus zustimmen.

    Aber mit Ausnahme der sehr seltenen Fälle, richtig?

  • Der Auffassung, dass Autismus nicht heilbar ist, würde ich aber durchaus zustimmen.

    Aber mit Ausnahme der sehr seltenen Fälle, richtig?

    Nein, eben gerade auch in Bezug auf diese wenigen Fälle.
    Ich denke, man hat hier bewusst statt Heilung ein anderes Wort gewählt, weil die gesamten Besonderheiten in der Reizverarbeitung alle noch vorhanden sind. Zum Beispiel eine Hyper- oder Hyporeaktivität auf sensorische Reize. Da gibt es keine Berichte drüber, dass das mit den Symptomen zugleich auch verschwindet. Optimal Outcome ist einfach ein Autismus, bei dem die Symptomatik so weit zurückgegangen ist, dass es momentan nicht zu einer erneuten Diagnose reichewn würde. Ob das dauerhaft oder nur vorrübergehend so ist, kann aber keiner sagen. Grundsätzlich ist der Autismus aber noch da und nicht geheilt.

    Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll. (Georg Christoph Lichtenberg)
    Veränderungen führen deutlich öfter zu Einsichten, als dass Einsichten zu Veränderungen führen. (Milton H. Erickson)
    Morgen werde ich mich ändern, gestern wollte ich es heute schon. (Christine Busta)

  • So selten ist das aber nicht.

    https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.111…mpaign=woletoc&
    Asperger syndrome in males over two decades: stability and predictors of diagnosis
    Adam Helles, Carina I. Gillberg, Christopher Gillberg, Eva Billstedt

    24% derjenigen die mit 19 Jahren (Durchschnitts-Alter) die Kriterien für eine Tiefgreifende Entwicklungsstörung nach DSM-4 erfüllen, diese mit 30 Jahren (Durchschnitts-Alter) eben nicht mehr. Diese Leute haben dann eben "nur" noch "autistische Züge".

    Zumindest im Jugendalter kann sich das also noch ändern.

  • 24% derjenigen die mit 19 Jahren (Durchschnitts-Alter) die Kriterien für eine Tiefgreifende Entwicklungsstörung nach DSM-4 erfüllen, diese mit 30 Jahren (Durchschnitts-Alter) eben nicht mehr.

    Zwei Punkte: erstens ist das Durchschnittsalter beim Start 11 Jahre, nicht 19 (zwischen Erstdiagnose und Kontrolle lagen durchschnittlich 19 Jahre, das Endalter ist durchschnittlich 30, offenbar bei erheblichen Streuungen), zweitens ist die Stichprobe sehr klein (für die 24% waren es gerade einmal 47 Probanden, wobei da zudem etwas an den Prozentsätzen nicht stimmt - es gibt keine ganze Zahl, die 24% von 47 ausmacht). Das würde ich erst mal nicht zum Nennwert nehmen. Ich habe mir jetzt nicht die Mühe gemacht, den Volltext zu lesen, aber angesichts dieser Zahlen reicht mir die Zusammenfassung schon, um da erst mal skeptisch zu sein.

  • Zwei Punkte: erstens ist das Durchschnittsalter beim Start 11 Jahre, nicht 19 (zwischen Erstdiagnose und Kontrolle lagen durchschnittlich 19 Jahre, das Endalter ist durchschnittlich 30, offenbar bei erheblichen Streuungen), zweitens ist die Stichprobe sehr klein (für die 24% waren es gerade einmal 47 Probanden, wobei da zudem etwas an den Prozentsätzen nicht stimmt - es gibt keine ganze Zahl, die 24% von 47 ausmacht). Das würde ich erst mal nicht zum Nennwert nehmen. Ich habe mir jetzt nicht die Mühe gemacht, den Volltext zu lesen, aber angesichts dieser Zahlen reicht mir die Zusammenfassung schon, um da erst mal skeptisch zu sein.

    Zitat

    Methods
    One hundred males with AS diagnosed in childhood (T0) according to Gillberg's AS criteria, were followed up prospectively into adulthood over an average of 19 years (range 13–26 years). Fifty males (mean age 30 years) participated in this second follow-up (T2) of the cohort. Seventy-six had participated in a previous follow-up (T1) at mean age 22 years (47 participated in both follow-ups). Diagnosis at T2 was assessed using three sets of diagnostic criteria (Gillberg's AS criteria, DSM-IV Pervasive Developmental Disorder (PDD) and DSM-5 Autism Spectrum Disorder (ASD) criteria) and compared to previous assessments. Background predictors of diagnostic stability were analyzed. General functioning at T2 was assessed and compared to T1.

    Results
    There was a decline in the stability of AS diagnosis over time, the rate dropping from 82% at T1 to 44% at T2, when using the Gillberg criteria. There was also a significant decrease in the rate of cases fulfilling any PDD diagnosis according to the DSM-IV, from 91% at T1 to 76% at T2 in the 47 cases followed up twice. Severity of autism spectrum symptoms at T1 was the main predictor of diagnostic stability at T2. Twenty percent of those meeting criteria for a PDD diagnosis according to DSM-IV, did not meet DSM-5 ASD criteria although they had marked difficulties in everyday life.

    Zitat

    zweitens ist die Stichprobe sehr klein (für die 24% waren es gerade einmal 47 Probanden

    Dann such dir eben eine mit mehr Probanden, wenn dir diese nicht genügt. Es ging darum zu zeigen, dass es eben mehr als nur sehr seltene Einzelfälle sind,wie hier im Thread geschrieben, und den Zweck erfüllt es.

    Zitat

    aber angesichts dieser Zahlen reicht mir die Zusammenfassung schon, um da erst mal skeptisch zu sein.


    Asperger syndrome in males over two decades: stability and predictors of diagnosis
    Adam Helles, Carina I. Gillberg, Christopher Gillberg, Eva Billstedt

    Dann sei eben skeptisch...
    mir ist es übrigens auch egal ob dir das nun reicht oder nicht. Die Leute glauben, was sie glauben wollen.

  • ....zumal die Gillberg-Kriterien angewendet wurden, was -soweit ich weiß- in Deutschland nicht Standard ist.

    Trotzdem ist diese Untersuchung nicht uninteressant, auch wenn die Gesamtzahl der Untersuchten tatsächlich nicht hoch ist (Anfangs 100 und nur männliche Probanden).

    Das Ergebnis wundert im Grunde nicht, denn wie heißt es so schön:

    "Severity of autism spectrum symptoms at T1 was the main predictor of diagnostic stability at T2."

    Was vereinfacht bedeutet, dass die Schwere der autistischen Symptome zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung(T1) die wesentliche Bedingung für die diagnostische Stabilität (also unveränderte Diagnose) zum Zeitpunkt der zweiten Untersuchung T2 war.
    Nein, wer hätte das gedacht :sarcasm:

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Die meisten Autismus-Studien haben so geringe Teilnehmer-Zahlen, da ist 50 glaub ich schon viel.

    Die Gillberg-Kriterien sind umfassender als die DSM-4

    Spoiler anzeigen

    Gillberg und Gillberg
    in Schweden entwickelten 1989 folgende recht anschauliche Diagnosekriterien für das
    Asperger Syndrom:
    http://www.autismus-etcetera.de/Diagnosekriter…illbergGillberg

    Soziale Beeinträchtigung (extreme Ich-Bezogenheit)
    (mindestens zwei der folgenden Merkmale):
    Unfähigkeit, mit Gleichaltrigen zu interagieren
    mangelnder Wunsch, mit Gleichaltrigen zu interagieren
    mangelndes Verständnis für soziale Signale
    sozial und emotional unangemessenes Verhalten

    Eingeengte Interessen
    (mindestens eines der folgenden Merkmale):
    Ausschluss anderer Aktivitäten
    repetitives Befolgen der Aktivität
    mehr Routine als Bedeutung

    Repetitive Routinen
    (mindestens eines der folgenden Merkmale):
    für sich selbst, in Bezug auf bestimmte Lebensaspekte
    für andere

    Rede- und Sprachbesonderheiten
    (mindestens drei der folgenden Merkmale):
    verzögerte Entwicklung
    (oberflächlich gesehen) perfekter sprachlicher Ausdruck
    formelle, pedantische Sprache
    seltsame Sprachmelodie, "fremder" Akzent, eigenartige Stimm-Merkmale
    beeinträchtigtes Verständnis, einschließlich Fehlinterpretationen von wörtlichen/implizierten Bedeutungen

    Nonverbale Kommunikationsprobleme (mindestens eines der folgenden Merkmale):
    begrenzte Gestik
    unbeholfene/linkische Körpersprache
    begrenzte Mimik
    unangemessener Ausdruck
    eigenartig starrer Blick

    Motorische Unbeholfenheit
    Mangelnde Leistung bei Untersuchung der neurologischen Entwicklung


    Spoiler anzeigen

    Diagnosekriterien für das
    Asperger Syndrom
    nach DSM IV aus dem Jahre 1994
    http://www.autismus-etcetera.de/Diagnosekriter…AspergerSyndrom

    Qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion,
    die sich in mindestens zwei der folgenden Bereiche manifestiert:
    deutliche Beeinträchtigung bei vielfältigen nonverbalen Verhaltensweisen, wie dem In-die-Augen-Schauen, der Mimik, der Körpergesten, sowie der Gesten zum Regulieren der sozialen Interaktionen
    Unvermögen, dem Entwicklungsniveau entsprechend Beziehungen zu Gleichaltrigen zu entwickeln
    mangelnder spontaner Wunsch, mit anderen Vergnügen, Interessen oder Errungenschaften zu teilen (z.B. macht der Betroffene keine Anstalten, Gegenstände seines Interesses anderen Menschen zu zeigen, ihnen zu bringen oder darauf hinzuweisen)
    fehlende soziale oder emotionale Gegenseitigkeit

    Begrenzte repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten,
    die sich in mindestens einem der folgenden Merkmale zeigen:
    konzentrierte Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und begrenzten Interessensmuster, die entweder in ihrer Intensität oder durch ihr Gebiet abnorm sind
    offenbar sture Befolgung spezifischer, nonfunktionaler Routinen und Rituale
    stereotype und repetitive motorische Manierismen (z.B. das Schnippen oder Drehen der Finger oder komplexe Bewegungen mit dem ganze Körper)
    anhaltende Beschäftigung mit einzelnen Teilstücken oder Gegenständen

    Die Störung verursacht bedeutende Beeinträchtigungen auf sozialem, beruflichem oder auf einem anderen wichtigen Gebiet.

    Es existiert keine klinisch bedeutsame allgemeine Sprachverzögerung (z.B. spricht der Betroffene im Alter von zwei Jahren einzelne Worte und benutzt im Alter von drei Jahren kommunikative Redewendungen).

    Es existiert keine klinisch bedeutsame Verzögerung in der kognitiven Entwicklung oder in der Entwicklung altersgemäßen Fähigkeiten zur Selbsthilfe, im anpassungsfähigen Verhalten (anders als in der sozialen Interaktion) und bei der Wißbegierde in Bezug auf das Umfeld in der Kindheit.

    Die Kriterien stimmen nicht mit denen einer weiteren spezifischen tiefgreifenden Entwicklungsstörung oder der Schizophrenie überein.


    Das Ergebnis wundert im Grunde nicht, denn wie heißt es so schön:

    "Severity of autism spectrum symptoms at T1 was the main predictor of diagnostic stability at T2."

    Was vereinfacht bedeutet, dass die Schwere der autistischen Symptome zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung(T1) die wesentliche Bedingung für die diagnostische Stabilität (also unveränderte Diagnose) zum Zeitpunkt der zweiten Untersuchung T2 war.
    Nein, wer hätte das gedacht :sarcasm:

    Es sagt im Grunde aus, dass es sich bei einem Viertel tatsächlich "auswächst"

    Einmal editiert, zuletzt von Neoni (4. Oktober 2019 um 01:59)

  • Optimal Outcome ist einfach ein Autismus, bei dem die Symptomatik so weit zurückgegangen ist, dass es momentan nicht zu einer erneuten Diagnose reichewn würde. Ob das dauerhaft oder nur vorrübergehend so ist, kann aber keiner sagen.

    Ich denke, es gibt da einen Zusammenhang mit den Lebensumständen eines Autisten, also dass die Symptomatik in stabilen Lebensphasen unauffälliger ist als in Schwellensituationen wie Berufswechsel, Eintritt in die Arbeitslosigkeit, Eingehen einer Partnerschaft, Verlust des Partners etc. Dies kann man auch im folgenden Ärzteblatt im Abschnitt "Besonderheiten des spät diagnostizierten Asperger-Syndroms" lesen: https://www.aerzteblatt.de/archiv/148614/…rwachsenenalter
    Die Kernsymptome, die ja auch die Diagnosekriterien sind (soziale Interaktion, Kommunikation, repetitive Interessens- und Verhaltensmuster), bleiben aber unabhängig von den Lebensumständen bestehen. Dies wird doch gerade bei der Erwachsenendiagnostik berücksichtigt. Oder bin ich da völlig auf dem Holzweg (RW) und mit dem "optimal outcome" ist etwas Anderes gemeint?

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