Hallo an alle,
(ich weiß, ich mach gerade mal wieder viele Themen auf, ich hoffe, es nervt nicht. Wenn doch, darf das gern angesprochen werden.
Da ich keine AS-Diagnose erhalten habe, versuche ich, für mich die einzelnen Puzzleteile für das Gesamtbild zusammen zu sammeln. Das ist ein bisschen ein Zwang seit einiger Zeit. Ich weiß auch, dass ich da langsam mal mit aufhören sollte, weil ich mich zu stark darauf fokussiere, aber da ich momentan in einer etwas schwierigen Lebenssituation bin, welche mich täglich mit meinen Problemen konfrontiert, hilft mir diese Beschäftigung auch.)
Zum Thema: ich kopiere mal Beiträge von mir hier herein und schreib noch weitere Beispiele auf - was diesen Beispielen gemeinsam ist, es geht darum, dass ich oft eine Handlung abschließen muss, auch, wenn das nicht nötig ist (siehe Beispiele) und ich hätte gern eure Einschätzung, ob das etwas mit Autismus zu tun haben könnte oder eher in Richtung Zwänge geht - bei letzterem, ob solche Zwänge auch bei AS häufiger vorkommen.
Beispiel 1
Ich muss oft das, was ich sagen wollte, noch aussprechen, wenn es sich schon "erübrigt" hat. Das muss einfach raus, sonst ist's nicht abgeschlossen.
Auch, wenn ich etwas sagen will und jemand fängt an, über etwas ganz anderes zu sprechen, dann kann ich da gar nicht richtig zuhören - ich lass den anderen dann reden und gehe ganz kurz auf das ein, was gesagt wurde, dann sage ich aber: Ich wollte gerade sagen ... auch, wenn das überhaupt nicht zu dem passt, was der andere gesagt hat. Ich hatte mir vorgenommen, das zu sagen, und dann muss es gesagt werden. Erst danach kann ich mich, falls noch nötig, dem anderen Thema widmen.
Oder ein anderes Beispiel: mein Freund sagt oft einen bestimmten Spruch, der aus zwei Sätzen besteht. Der erste Satz kann auch allein ausgesprochen werden und ergibt auch allein Sinn. Der zweite Satz dieses Spruches fügt dem ersten aber inhaltlich noch etwas hinzu. Er hat anfangs immer beide Sätze gesagt, später aber manchmal nur den ersten. Dann warte ich auf den zweiten Satz, weil ohne diesen ist es für mich nicht "fertig". Sagt er den zweiten Satz nicht, dann muss ich ihn aussprechen. Ich kann nicht anders. Ich kann nicht den halbfertigen Spruch so stehen lassen.
Beispiel 2
Wenn man etwas, das ich gerade tun wollte, für mich getan hat (war ja nett gemeint...), dann hab ich mitunter die Handlung rückgängig gemacht und selbst noch einmal ausgeführt. Z.B. will ich eine Tasse in den Schrank stellen und bewege schon die Hand auf die Tasse zu. Dann kommt die andere Person mir zuvor und stellt die Tasse weg. Da hab ich die Tasse wieder dahin gestellt, wo sie eben noch war und hab sie dann mit Nachdruck selbst an den Platz gestellt.
Beispiel 3
Ein weiteres Phänomen ist, dass wenn ich mir etwas vorgenommen habe und das nicht ausgeführt habe, dann kriege ich das nicht mehr aus meinem Kopf. Letztens war es etwas ganz Banales. Ich hatte am Vormittag zu mir gesagt: ich mach mir jetzt noch einen Kaffee. Dann habe ich das aber doch erstmal nicht getan, und am Abend (!) hatte ich im Kopf: ich wollte mir doch einen Kaffee machen. Ich hatte dann überhaupt keine Lust auf Kaffee, aber dieses Unabgeschlossene hat mir irgendwie keine Ruhe gelassen. Ich hab das in dem Moment aber zum Glück erkannt - dass der Kaffee nur immer wieder auftauchte, weil ich den Entschluss zum Kaffee trinken getroffen und es dann aber doch nicht ausgeführt hatte. Also hab ich bewusst entschieden: ich möchte heute keinen Kaffee mehr trinken.
Beispiel 4
Ich will meinem Freund einen Kuss geben, aber der geht irgendwie halb daneben, weil wir die Köpfe nicht passend zueinander gedreht haben - also der Kuss rutscht so halb ab, die Lippen berühren sich zwar, aber es ist kein gezielt plazierter Kuss (auch der richtige Druck fehlt) - ich muss das dann wiederholen, damit der Kuss genau so erfolgt, wie ich ihn haben wollte. Das klingt vielleicht banal, aber ich meine, es ist wirklich zwanghaft, dass ich es dann nochmal "richtig" machen muss. Ich hätte sonst ein unangenehmes Gefühl, dass die Handlung nicht stattgefunden hat bzw. nicht vollständig ausgeführt wurde.
Beispiel 5
Das Thema "richtiger Druck" kommt auch immer wieder vor bei mir. Wenn eine Handlung zu lasch ausgeführt wird, dann macht mich das ganz kribbelig. Wenn ich eine leere Plastikflasche auf den Tisch stelle und die fängt dann an, so rumzueiern - das macht mich wahnsinnig. Ich nehme die Flasche dann nochmal in die Hand und setze sie mit Nachdruck auf dem Tisch ab, sodass es ein festes Geräusch gibt und sie nicht herumeiert. Oder damals, wenn mein Mann manchmal eine Tasse so extra leise auf dem Tisch abgestellt hat, dann hat mich das auch ganz nervös gemacht und ich hab dann meine Tasse hochgehoben und sie mit lautem Geräusch abgestellt. Ich stelle selbst oft Dinge extra leise ab, wenn ich niemanden stören will, also scheint es ein Unterschied zu sein, ob ich oder jemand anderes das macht. Ich glaube, wenn ich selbst die Tasse leise abstelle, habe ich durch die Berührung ein Gefühl dafür, dass sie jetzt auf dem Tisch angekommen ist - macht es ein anderer, höre ich nur dieses leise Geräusch und sehe die Handlung, aber mir mir fehlt der Druck dazu.
Beispiel 6
Wenn ich gesagt oder hier im Forum geschrieben habe, dass ich etwas Bestimmtes tun werde, dann muss ich das auch tun. Wenn ich zum Beispiel im Forum lese, dass jemand gerade Kaffee trinkt und ich habe dann den Impuls, mir auch nochmal einen Kaffee zu machen und ich schreibe dann: ich werd mir auch einen Kaffee machen - dann muss ich kurz darauf den Kaffee wirklich machen, weil ich sonst das Gefühl habe, etwas gesagt zu haben, was nicht stimmt und auch, weil ich ja die Entscheidung dann schon getroffen habe. Mich dann umzuentscheiden: eigentlich will ich doch keinen Kaffee - das löst bei mir einen Zwiespalt aus. Ich will die Handlung so schnell wie möglich vollziehen, damit das Gesagte mit der Realität übereinstimmt.
Bestimmt fallen mir noch mehr Beispiele ein, wenn ich überlege, aber das soll erstmal reichen. Also die Frage steht oben und wer eigene Beispiele hat, darf die gern hier nennen.