sich nirgendwo zugehörig fühlen

  • In meiner Jugend, seit ich mich erinnere, war es immer so, dass ich gedacht habe, ich wäre einfach schon erwachsener als die Anderen. In der Schule dachte ich: "Wenn ich mit der Schule fertig bin wird es bestimmt besser. Dann gehöre ich zu den Erwachsenen und finde Leute, die sich nicht so pubertär verhalten".
    Im Studium dachte ich: "Wenn ich erstmal einen festen Job habe, fühle ich mich bestimmt sicherer und komme irgendwo an".

    Genau das dachte ich auch. Das ging sogar so weit, dass ich mir angebotene Freundschaften ablehnte, weil die mir zu kindisch waren. Obwohl ihr Verhalten eigentlich für ihr damaliges Alter völlig normal war, immerhin waren wir da noch im Kindergarten. Einmal lehnte ich es auch ab mit anderen zu spielen, weil ich das Spiel nicht konnte.

    Zurück bleibt das Gefühl, irgendwie mit 18 oder 19 Jahren stecken geblieben zu sein. Auf einmal fühle ich mich viel jünger als ich bin.

    So ähnlich fühle ich mich gerade irgendwie auch und auch irgendwie so, dass ich zwar in diesem Ort hier wohne, aber Teil davon bin ich eher nicht.

    Wenn man auf eine Party geht, gibt es immer ein Risiko.

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  • Hallo. Ich habe jetzt nur mehr was am Anfang zum Thema gelesen sowie den letzten Beitrag.

    Es geht mir oft so, dass ich mich nur in Teilen bei etwas zugehörig fühle oder mich nur in Teilen in anderen Menschen wiederfinde. Manchmal scheint es auch mehr persönliche Ähnlichkeiten mit anderen zu geben, aber dafür "passt" dann oft das Alter nicht so richtig oder was anderes. War/ist bei mir auf jeden Fall (zusätzlich zum Autismus) auch herkunfts-/familienbedingt, ebenso das besagte Erwachsen- und Zurückgebliebenfühlen.

    Auch in dieser Corona-Krisenzeit habe ich Zweifel, dass mir Menschen wieder vertrauter werden können.


  • Es geht mir oft so, dass ich mich nur in Teilen bei etwas zugehörig fühle oder mich nur in Teilen in anderen Menschen wiederfinde. Manchmal scheint es auch mehr persönliche Ähnlichkeiten mit anderen zu geben, aber dafür "passt" dann oft das Alter nicht so richtig oder was anderes. War/ist bei mir auf jeden Fall (zusätzlich zum Autismus) auch herkunfts-/familienbedingt, ebenso das besagte Erwachsen- und Zurückgebliebenfühlen.

    So geht es mir auch. Ich habe Probleme, die andere in dem Alter nicht haben und es hilft mir nicht wirklich wenn dann jemand meint, er hatte die Probleme auch - aber eben mit 17 oder 18 oder sonst irgendwie in viel jüngeren Jahren als ich weil man in dem Alter noch extrem in der Entwicklung ist und man die Probleme später viel extremer spürt weil es ab einem bestimmten Alter einfach "unnormal" ist und Probleme mit "Komm mal ein wenig aus dir heraus" nicht gelöst werden können.

  • Das Thema hier hat mich jetzt echt zum Nachdenken gebracht. Ich glaube, die Quintessenz für mich ist, dass ich überhaupt nirgendwo zugehören muss um mich gut zu fühlen. Ich halte das für einen Trugschluss und bin mir sicher, dass es mir mit mir alleine absolut gut ginge. Ich habe für mich völlig klar, wie mein "idealer" Alltag mit idealen Routinen aussehen müsste. Wenn ich nicht meinen Sohn dafür zurück lassen müsste, würde ich das sofort umsetzen. Seltener habe ich klarer gesehen, wer ich bin und was mich ausmacht. Leider bedeutet das aber auch die Erkenntnis, das ich im Grunde alles falsch gemacht habe.

  • Es geht mir oft so, dass ich mich nur in Teilen bei etwas zugehörig fühle oder mich nur in Teilen in anderen Menschen wiederfinde. Manchmal scheint es auch mehr persönliche Ähnlichkeiten mit anderen zu geben, aber dafür "passt" dann oft das Alter nicht so richtig oder was anderes.

    Ich habe Probleme, die andere in dem Alter nicht haben und es hilft mir nicht wirklich wenn dann jemand meint, er hatte die Probleme auch - aber eben mit 17 oder 18 oder sonst irgendwie in viel jüngeren Jahren als ich weil man in dem Alter noch extrem in der Entwicklung ist und man die Probleme später viel extremer spürt weil es ab einem bestimmten Alter einfach "unnormal" ist und Probleme mit "Komm mal ein wenig aus dir heraus" nicht gelöst werden können.

    Das ist mir ebenfalls vertraut. Irgendwie ist es auch so, dass ich in verschiedenen Lebensbereichen unterschiedlich reif bin. Insgesamt ist es halt nicht "stimmig", passt nicht zu anderen und nirgendwo rein.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

  • So ähnlich fühle ich mich gerade irgendwie auch und auch irgendwie so, dass ich zwar in diesem Ort hier wohne, aber Teil davon bin ich eher nicht.

    Das ist anders bei mir. Zu all den Orten, an denen ich in meinem Leben gelebt habe, habe ich immer schnell ein Zugehörigkeitsgefühl entwickelt. Das heißt, ich kannte mich schnell aus, ich wusste, wo kulturelle Einrichtungen sind, die mich interessieren, ich kannte die Linien von Bus und/oder Bahn, ich wusste, wo Grünlagen sind für einen Rückzug mit einem Buch und ich habe auch immer schnell gewusst, wie es politisch da aussieht: Wer regiert, welche Mehrheiten gibt's usw.

    Nur bei meiner Beziehung zu Gruppen von Menschen, Kollegen, Freunde, selbst Verwandte, da sieht es halt anders aus: Einerseits kann ich nicht ohne, ich muss wissen, dass es sie gibt, aber ich vermisse sie im Alltag wenig bis kaum und habe immer dieses "Ich-steh-am-Rand-Gefühl". Manchmal macht das traurig und lässt so eine Sehnsucht aufkommen, nur ist die dann nie so stark, dass ich wirklich etwas ändere. Ich kann es halt auch nicht.

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

  • Das geht mir ganz ähnlich. Ich kann zu Orten eine starke Verbindung entwickeln und mich dort wohl fühlen, ohne vor Ort enge Beziehungen zu Menschen zu haben. Allerdings kann ich gut "unter anderen allein" sein, beispielsweise allein ins Café oder zu kulturellen Veranstaltungen gehen und das auch genießen. Zugehörigkeit zu Menschen entwickel ich dagegen nur selten, und vor allem in Gruppen fühle ich mich meistens fremd. "Eher dabei als mittendrin". Ändern kann ich daran auch nichts, umso wichtiger ist es, soweit möglich dennoch passende Kontakte zu haben in Kontexten, wo es noch am ehesten funktioniert.

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  • Mit den Orten geht es mir allerdings auch so.
    Immer wieder (auch jetzt), wenn ich mich an frühere Lebens-Schauplätze zurückerinnere, denke ich mehr an das Drumherum (das "Setting") als an die beteiligten Akteure.
    Noch dazu ist es so, dass ich an viele dieser Orte nicht zurückkehren könnte, weil es sie so, wie sie waren, nun nicht mehr gibt, was ich dann auch etwas bedaure (vorausgesetzt natürlich, ich verbinde mit diesen Orten angenehme Erinnerungen).

  • Noch dazu ist es so, dass ich an viele dieser Orte nicht zurückkehren könnte, weil es sie so, wie sie waren, nun nicht mehr gibt, was ich dann auch etwas bedaure (vorausgesetzt natürlich, ich verbinde mit diesen Orten angenehme Erinnerungen).

    Dito. Dazu passt auch dieser Thread.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

  • Nur bei meiner Beziehung zu Gruppen von Menschen, Kollegen, Freunde, selbst Verwandte, da sieht es halt anders aus: Einerseits kann ich nicht ohne, ich muss wissen, dass es sie gibt, aber ich vermisse sie im Alltag wenig bis kaum

    Auch das kenne ich, und ich glaube, es beschreibt den typischen Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit. Alleinsein finde ich wertvoll und erholsam, Einsamkeit dagegen schrecklich, und Vereinsamung im Sinne eines totalen Wegbrechens bedeutsamer und positiver persönlicher Kontakte ist für mich extrem angstbesetzt.

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  • Noch dazu ist es so, dass ich an viele dieser Orte nicht zurückkehren könnte, weil es sie so, wie sie waren, nun nicht mehr gibt, was ich dann auch etwas bedaure (vorausgesetzt natürlich, ich verbinde mit diesen Orten angenehme Erinnerungen).

    Das finde ich interessant. Bei mir gibt es auch Orte, die irgendwie mit einem abgeschlossenen Stück Lebensweg zu tun haben. Und auch, wenn die Erfahrungen damals überwiegend positiv waren, will ich nicht mehr dahin zurück, obwohl es sich in einem Fall um eine ausgesprochene Feriengegend am Mittelmeer handelt. Ich denke super gern daran zurück und habe auch konkrete Bilder, Wege, im Kopf, weiß genau, welche Strecke ich damals mit dem Bus zur Arbeit gefahren bin, und trotzdem will ich nicht mehr hin. Ich weiß nicht, was für Ängste das sind. Dass sich der Ort verändert haben könnte, ist glaube ich weniger ein Grund - meine Stadt verändert sich ja auch, und das macht mir gar keine Angst, im Gegenteil, solche urbanen Veränderungen mitzuverfolgen, macht mir eher Spaß.

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

  • Ich setze mich quasi erst seit ungefähr einem Jahr mit dem Thema Autismus-Spektrum auseinander. Ich habe auch schon einige Bücher dazu gelesen, Artikel im Internet etc... Mein Status ist "VA", weil ich noch keine Diagnose habe. In letzter Zeit beschäftige ich mich wieder mehr mit dem Thema und vor allem dieser Thread hier hat mich nachdenklich gemacht.

    Das Gefühl, irgendwo im Alter von 19 Jahren hängengeblieben zu sein, kenne ich auch.
    Vor allem meine emotionale Reife, alles was mit Beziehungen und Sexualität zu tun hat, befindet sich auf einem ganz anderen Stand als bei gleichaltrigen Freundinnen oder gar meiner jüngeren Schwester. Bis jetzt hat mich das nie gestört. Ich hatte auch noch nie eine feste Beziehung, habe nie etwas vermisst. Allmählich fange ich jetzt an, mir eine solche Beziehung zu wünschen. Dabei denke ich aber, dass ich eine viel zu kindlich-romantische Vorstellung von einer Partnerschaft habe. Ich hätte gerne einen Menschen, der an meiner Seite steht, der mit mir auf gesellschaftliche Veranstaltungen geht und den ich bei Problemen ansprechen kann. Irgendwie so wie in Filmen und Büchern. Dass die Realität anders ist, ist mir klar. Deshalb wird mein Lernprozess, um auf die gleiche Stufe zu kommen wie Gleichaltrige, in dem Bereich wohl ein langwieriges Trial-and-Error-Verfahren. Ich hoffe nur, dass es dann am Ende nicht bereits zu spät ist.

    Auch die Erfahrungen aus meiner Schulzeit decken sich mit einigen Schilderungen, die ich hier gelesen habe. Ich wurde zwar nie gemobbt, habe aber auch nie richtig dazu gehört. Vor allem was das "Jungs-Thema" anging... Damals hielt ich mich auch für reifer als diese pubertierenden Mädels, die mich eklig fanden, weil ich arglos zugab, ein Buch über Kinderprostitution in Thailand gelesen zu haben (es war ein sehr tragisches Buch, deshalb habe ich die Reaktion damals so überhaupt nicht verstanden). Später, noch bevor ich von ASS erfuhr, erklärte ich es mir dann damit, dass ich nicht nach den von diesen Mädels festgelegten Regeln funktionierte. Ich hatte meine eigenen.
    Und heute weiß ich, dass das ja auch irgendwie stimmt. Ich konnte mit der Entwicklung meiner Mitschüler nicht "mithalten" (und wollte es auch nicht), deshalb musste ich meinen eigenen Weg festlegen.

    Jetzt, wo ich von ASS weiß und mich in diesem Forum auch immer öfter wiederfinde, habe ich eine Erklärung für meine besondere Art der Entwicklung. Leider ändert das nichts daran, dass ich langsam beginne mich einsam zu fühlen. Ich dachte auch so was wie "Im Studium wird es besser" oder dann "Im Job wird es besser", aber das ist natürlich nicht eingetreten.

    Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, dass das Schicksal nicht von selbst zuschlägt. Ich muss es selbst in die Hand nehmen. Ironischerweise ist mir das natürlich genau zu dem Zeitpunkt klargeworden, zu dem Corona alles gesellschaftliche Leben lahmlegt. :m(:

    Außerdem habe ich auch mit diesen Kommunikationsproblemen zu kämpfen, wie sie hier viele kennen.

    Es würde mir schon reichen, nur einen Menschen zu haben, zu dem ich gehören könnte. Ob ich das in diesem Leben noch schaffe, erscheint mir dagegen immer fraglicher.

  • Dabei denke ich aber, dass ich eine viel zu kindlich-romantische Vorstellung von einer Partnerschaft habe. Ich hätte gerne einen Menschen, der an meiner Seite steht, der mit mir auf gesellschaftliche Veranstaltungen geht und den ich bei Problemen ansprechen kann. Irgendwie so wie in Filmen und Büchern. Dass die Realität anders ist, ist mir klar.

    Das war und ist auch bei mir ein Problem, mit dem ich mir wohl lange "im Weg gestanden" habe. "Leider" machte ich mal eine Erfahrung, die zunächst genau diese Vorstellungen zu bestätigen schien. Und dann sehr plötzlich und verletzend für mich endete. Wenn etwas zu schön erscheint, um wahr zu sein, so seitdem mein Verdacht, dann ist es das leider häufig auch. Was Zuversichtlichkeit und einen optimistischen Blick in die Zukunft in dieser Hinsicht natürlich erst recht nicht leichter macht.

    Später, noch bevor ich von ASS erfuhr, erklärte ich es mir dann damit, dass ich nicht nach den von diesen Mädels festgelegten Regeln funktionierte. Ich hatte meine eigenen.
    Und heute weiß ich, dass das ja auch irgendwie stimmt. Ich konnte mit der Entwicklung meiner Mitschüler nicht "mithalten" (und wollte es auch nicht), deshalb musste ich meinen eigenen Weg festlegen.

    Das ist mir aus der Schulzeit sehr vertraut. Auch in den Phasen, wo es besser lief und ich auch Freunde und nicht nur Zweckgemeinschaften mit anderen Außenseitern hatte, fühlte ich mich oft wie eine unbeteiligte Beobachterin, als würde ich die anderen eher "von außen" betrachten. Dass ich irgendwie nach eigenen Regeln funktionierte, bemerkte ich schon sehr früh, konnte die Gründe dafür aber nie richtig benennen.

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    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

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