Sorry, dass ich diesen drei Monate alten Thread ausgrabe, aber ich wollte mich für den Link zum Gifted Kid Syndrome bedanken. Trifft auf mich weitgehend zu und hat mir einige Denkanstöße gegeben, die Alternativerklärungen zu AS bei meinen Problemen geben. Deswegen schreibe ich das trotzdem mal hier auf, zum einen um meine Gedanken zu ordnen und zum anderen, falls jemand anderes wie ich über den Thread stolpert, der in einer ähnlichen Situation ist.
Ohne Lernen durch die Schule? Check. Genau aus den Gründen, entweder hab ich es beim ersten Mal erklären verstanden oder ich hatte es schon selbst lange vorher gelernt. Hausaufgaben? Warum, hab es doch schon verstanden. Soziale Ausgrenzung? Check. Schon mit 4-5 wollte ich lieber lesen als mit anderen Kindern spielen... bei ihnen zuhause. Naja, sie waren halt einfach uninteressant für mich mit ihren Spielen und Interessen. Ausgrenzung kommt dann von alleine und das Gefühl der Einzige zu sein, der wirklich die eigenen Interessen hat ist wirklich schlimm.
Die Konsequenz war definitiv, dass ich mich als der Intelligente identifiziert habe. Naja, nicht nur ich mich selbst. "Professor Hendrik" war oft ein Spitzname. Und die Erwachsenen haben auch stark dazu beigetragen, durch das Lob und den Respekt (kann ich heute nachvollziehen, wenn man sich mit einem Achtjährigen über komplexe physikalische Konzepte unterhalten kann ist das schon faszinierend für Erwachsene... und viel weniger langweilig als sich von ihm die Namen aller Masters of the Universe Figuren erzählen zu lassen). Und ganz offensichtlich kam die Ausgrenzung und die Abneigung davon, dass ich viel klüger (und besser) war - wie soll man das in dem Alter auch anders verarbeiten? Das Selbstbewußtsein, das damals entstand und auch immer weiter bestätigt wurde ist gut. Das Überlegenheitsgefühl nicht.
Als erstes bin ich im Abi auf die Fresse gefallen, bei allen anderen Klausuren hatte gut aufzupassen ausgereicht. Beim Stoff über 3 oder mehr Schuljahre hätte ich systematisch wiederholen müssen. Das kannte ich nicht bzw. hatte es nie gebraucht. In der Uni wurde es dann noch schlimmer, im Grundstudium war ich auf einmal nicht mehr gut, sondern hätte fast das Studium beenden müssen, weil ich keine Lern- und Arbeitsmethoden hatte. Zum Glück habe ich mich dann gefangen und mir welche erarbeitet. Ab da wurde alles auf einmal wieder sehr gut.
Die Hölle von Kindergarten und Grundschule wurde für mich im Gymnasium weniger schlimm, ich hatte auch zwei weitere Nerds in der Klasse. In der Oberstufe, als der Klassenverband aufhörte war ich dann geübt genug, dass alle neuen Kontakte nicht mehr so übel liefen wie früher, sondern sogar gut laufen konnten. Da war es aber schon zu spät, bis heute vermute ich bei allen sozialen Kontakten, dass sie für mich unangenehm werden könnten bzw. sich unerwartet gegen mich wenden könnten. Diese Möglichkeit wird immer einkalkuliert, selbst bei Leuten, die ich schon lange kenne. Das könnte ein alternativer Grund sein, warum mich jede soziale Interaktion und Gelegenheit so viel Kraft kostet, alles und jeder wird permanent auf Verrat, unerwartetes Verhalten und Bösartigkeit geprüft.
Ich muss das mal weiter recherchieren und analysieren - vielen Dank für diesen Anstoß, möglicherweise war das das, was den Knoten beim AS-Thema für mich hat platzen lassen.
VG
Hendrik