Ich brauche eure Hilfe

  • Hallo liebe Aspies,

    ich bin froh, dass es dieses Forum gibt. Danke dafür. Es steckt bestimmt sehr viel Arbeit dahinter.
    Ich habe schon viele Leidensgeschichten hier gelesen und man kann sagen- auch ich habe eine
    Odyssee hinter mir und zum ersten Mal lassen sich die einzelnen Mosaiksteinchen zu einem
    Gesamtbild zusammen fassen.
    Was mich leider sehr traurig stimmt ist, dass es so ein langer Weg ist überhaupt einen Psychiater oder Arzt
    dazu "zu bewegen" eine Überweisung an eine Autismus-Ambulanz zu tätigen.
    Geht oder ging es euch auch so? Ich habe meinem Psychiater auch schon Testergebnisse zukommen lassen und
    diese Tests über Jahre verteilt wiederholt. Klar werden einige Diagnosen zu leichtfertig getroffen, ABER
    wenn man doch über Jahre hinweg immer die gleichen Probleme hat???
    Für die folgenden Infos schäme ich mich sehr...
    Zudem ist es so, dass ich nie eine Ausbildung geschafft habe und die
    Schulzeit ein absolutes Desaster war. Wie ich das Abitur geschafft habe ist mir schleierhaft. Ich habe öfter versucht einen
    Berufsabschluss zu machen und bin dennoch immer an den gleichen Aspekten gescheitert. Meine Eltern haben alles verdrängt, die
    ganzen Komplikationen bei meiner Geburt. Versteht mich nicht falsch, ich schaue nicht zurück, nur verstehe ich nicht, warum mir nicht geholfen wird
    damit ich die Zukunft besser gestalten kann? Die externen Bedingungen müssen geändert werden. Mein Selbstwertgefühl ist im Keller. Absolut.
    Ich verzweifel daran so langsam. Immer nur kämpfen, das ermüdet so sehr. Genauso ist es mit dem Schwerbehindertenausweis- Dauert das allgemein so lange?
    Wie habt ihr es geschafft durch zu halten? Wie ergeht es euch? Danke fürs Lesen.


    Zauberfee

  • Liebe @Zauberfee7282
    Du brauchst Dich für nichts zu schämen. Mein unrühmlicher Lebenslauf liest sich genau wie Deiner:
    Abitur irgendwie geschafft, Eltern verdrängen alles (haben so eine Phobie vor Psychologen; ewiges Mantra: Hauptsache die Leute reden nicht, und der Vorgarten ist immer ordentlich), drei Ausbildungen angefangen und nach kurzer Zeit abgebrochen.
    Ich weiß gar nicht, bei wie vielen Arbeitgebern ich irgendwelche gruseligen Aushilfsjobs angenommen und bald wieder aufgegeben habe - spätestens nach 12 Monaten war ich immer so fertig, dass ich es aufgeben musste.

    So ist es aber nicht weitergegangen, irgendwann landete ich durch Zufall in der Briefzustellung, und das mache ich jetzt seit über 12 Jahren :) natürlich heute nicht gerne, es hat ja grauslich geregnet - da überleg ich immer, ob ich kündigen soll - und wenn ich zurückkomme, geht's wieder :oops: :m(:

    Klar denk ich mir, ich hätte mehr draus machen können - allerdings ist hätte so ein fieser Konjunktiv - es hätte auch viel schlimmer kommen konnen; und einige Erfahrungen waren auch sehr positiv, die ich von vorneherein ausgeschlossen hätte, wenn ich irgendwas über Asperger gewusst hätte.

    Meine Hobbys lassen mich irgendwie überleben, ein paar Freunde (ziemlich wenige, aber die sind hartnäckig :) ) habe ich auch, irgendwie schlage ich mich halt durch. Manche Tage sind besser, manche schlechter, aber im Großen und Ganzen wird für mich mit dem Älterwerden irgendwie besser.
    Meine Tiere helfen mir, dass ich mich nicht zu sehr hängen lasse.

    Der verflixte Schwerbehindertenausweis kostet Nerven, und je nach Region ist es noch komplizierter und/oder langwieriger als anderswo. :nerved: Langsam denke ich, das ist eine Taktik der Ämter, um zu verhindern, dass zu viele Leute einen Ausweis bekommen.

    Lass Dich nicht unterkriegen :) Irgendwo gibt es immer kleine Lichtblicke im Leben, die einen weitermachen lassen. :thumbup:

    Einmal editiert, zuletzt von akelei (21. Mai 2019 um 18:22)

  • Für die folgenden Infos schäme ich mich sehr...
    Zudem ist es so, dass ich nie eine Ausbildung geschafft habe und die
    Schulzeit ein absolutes Desaster war. Wie ich das Abitur geschafft habe ist mir schleierhaft.

    Dafür musst du dich ganz sicher nicht schämen, vielen anderen geht es genau so. Ich habe auch weder Studium, noch eine Ausbildung geschafft. Erst beim Fernstudium hatte ich endlich Erfolge - und musste wegen finanzieller Probleme im letzten Semester kurz vor dem Bachelor abbrechen. Danach war dann für lange Zeit jegliche Ambition, noch einmal durchzustarten, weg und ich habe mich von einem Minijob zum nächsten gehangelt. Dann eine Phase der Selbständigkeit, die bis zur Trennung von meinem Partner, super lief.

    Zwischendurch immer wieder erfolglose Therapien (stationär u. ambulant) - bis vor einigen Jahren endlich meine letzte Therapeutin die richtige Diagnose gestellt hat. Bis zur offiziellen Diagnose, meiner Hilfe durch das ABW und den SBA vergingen noch einmal ein paar Jahre. Aber diese letzten Jahre haben mir gezeigt, dass ich kein Versager bin, sondern es mir nur an spezifischer Unterstützung gefehlt hat.

    ~ Es ist kein Zeichen von Gesundheit, an eine von Grund auf kranke Gesellschaft gut angepasst zu sein. ~

  • Hallo ihr Lieben


    ich danke euch sehr für eure lieben Rückmeldungen. Bei mir ist es eben so, dass ich erst mit 35 eine Ahnung hatte, was hinter den gesamten Problemen in der Schulzeit usw stecken könnte. Ich möchte so gerne arbeiten, bringe mich gerne ein und bin umgänglich. Aber meine schnelle Reizüberflutung führte mich regelrecht in Blackouts. Anders kann ich das gar nicht beschreiben. Hinderlich ist, dass ich eine PTBS-Diagnose habe, die natürlich auch vereinzelte Symptome des Autismuses aufweisen kann. Ich werde zudem in einem Monat an zwei Bandscheiben operiert- Aber das wird schon.
    Das schlimmste ist finde ich zu wissen endlich zu wissen, worin die Ursache für viele Probleme im Leben erkannt zu haben und bei Psychologen und Psychiatern auf taube Ohren zu stoßen.

    Habt ihr dahingehend vielleicht Tipps für mich?

    Ich danke euch so sehr

    die Zauberfee

  • Das schlimmste ist finde ich zu wissen endlich zu wissen, worin die Ursache für viele Probleme im Leben erkannt zu haben und bei Psychologen und Psychiatern auf taube Ohren zu stoßen.

    Habt ihr dahingehend vielleicht Tipps für mich?

    Was haben die dir denn genau gesagt, als du den AS-Verdacht ansprachst?

  • Hallo (:


    dass ich zu emotional intelligent bin, über große Empathie verfüge und gut kommunizieren kann. Mittlerweile kann ich sogar in die Augen meines Gegenübers sehen. Nicht, dass ich das möchte.

    Zudem haben sie die Bewertungen der 1. und 2 Klasse gelesen von den Lehrern und meinten es sei normal.

    Ich konnte mich allerdings schon immer gut anpassen

  • Also wenn du meinst dass zb dein Psychiater dich falsch einschätzt, und du zu jmd möchtest der sich mit AS auskennt, dann brauchst du ja keine "Erlaubnis" von deinem jetzigen Psychiater. Du brauchst ja bei den meisten Stellen auch keine Überweisung, sondern kannst direkt dort hingehen. Die Wartezeiten sind halt lang.

  • Ich habe eine Überweisung erhalten, bin aber dann dennoch zu einer Diagnostikerin gegangen, die ich privat bezahlt habe, einfach weil ich schnellstmöglich Gewissheit haben wollte. Da brauchte ich die Überweisung auch nicht.

  • Was mich leider sehr traurig stimmt ist, dass es so ein langer Weg ist überhaupt einen Psychiater oder Arzt
    dazu "zu bewegen" eine Überweisung an eine Autismus-Ambulanz zu tätigen.
    Geht oder ging es euch auch so?

    Ich brauchte keine Überweisung für meine Testung.

    über große Empathie verfüge und gut kommunizieren kann.

    In meinem letzten Arbeitszeugnis werde ich meinen Studierenden gegenüber als empathisch beschrieben und da ich als Sprachdozentin arbeite, denke
    ich, dass ich gut kommunizieren kann ;) .

    Mittlerweile kann ich sogar in die Augen meines Gegenübers sehen.

    Dass man das "muss", habe ich schon mit 6 Jahren gelernt, wobei mein Blickkontakt nicht ganz unauffällig ist.

    Zudem haben sie die Bewertungen der 1. und 2 Klasse gelesen von den Lehrern und meinten es sei normal.

    Da gab es bei mir schon Auffälligkeiten. Einerseits liegt ASS ja schon in der frühen Kindheit vor, andererseits weiß ich natürlich nicht, ob jedem Lehrer was auffällt.

    Wenn du dir sicher bist, würde ich versuchen, mich irgendwie ohne Überweisung testen lassen zu können.

    Was für ein Tier ist das auf dem Foto? Ich bin mir nicht sicher, ob ich es richtig erkenne ...

  • auch wenn ich kommuniziere, ist es für mich unglaublich ermüdend, und es geht ja nicht nur um‘s verbale kommunizieren. die anstrengungen fangen schon jedes mal vor dem verbalen beim gespräch an: was will die person von mir und dieser ganze nonverbale kram.

  • Habe zwar zwei Ausbildungen abgeschlossen, aber nie in den Berufen gearbeitet. Vor allem wegen meinen Problemen beim Umgang mit Menschen, Schnelligkeit, Angst vor jeder neuen Herausforderung und häufiger Reizüberflutung. Da weder meine Psychologin noch Neurologe mit Autismus auskennen, hab ich mich in einem Austismuszentrum beraten lassen. Die haben mir u.A. einen Neurologen in meiner Gegend genannt, der sich damit auskennt. Bei jenem war ich diese Woche und kann dort auch sehr wahrscheinlich eine Testung machen.

  • Hallo ihr Lieben

    möchte mich ganz herzlich für eure Beiträge bedanken. Ich habe in Bezug auf Autismus keine fachliche Testung erhalten. Aber mein Psychiater hat meinen Verdacht wegen der PTBS in Zweifel gezogen. Nur schließt sich eine Paralellitaet beider Diagnosen nicht aus.
    Darf ich fragen wieviel es privat ca kostet sich testen zu lassen?
    Ich danke euch sehr. Sprachdozentin finde ich sehr spannend.
    Welche Spezialinteressen habt ihr und wie lebt ihr diese aus? Ich liebe u. A. Meerschweinchen.
    Ich tippe per Handy. Entschuldigung wegen etwaiger Fehler.
    Ich freue mich auch über vertiefende Konversationen per PN

    Glg Zauberfee7282

    http://Www.literatin.twoday.net

  • Ich kann mich garnicht daran erinnern, dass ich überhaupt eine Überweisung benötigt habe. Ich habe mich beim NPZ in Hamburg angemeldet und einen Termin für eine Autismus-Diagnose gemacht. Der früherste Termin war in 6 Monaten. Ich bin dann zu diesen Termin gegangen, habe die Gespräche und Tests gemacht, und nach einigen Terminen meine Diagnose erhalten (innerhalb von 2-3 Wochen). Wenn ich eine Überweisung benötigt habe, dann war es nur eine ganz allgemeine, die mir mein Hausarzt im "vorbeigehen" unterschrieben hat.

    Ich musste aber weder ein gespräch mit meinem Hausarzt noch mit einem Psychologen führen dafür (auch wenn mein Hausarzt über alles bescheid wusste, da ich sehr offen mit ihr darüber rede).

    Es dauerte zwar 6 Monate bis zum Termin, aber ansonsten gab es keinerlei Verzögerungen oder vorraussetzungen bei mir.

    Einen Schwerbehindertenausweis habe ich bis heute nicht beantragt. Die Vorteile wären doch sehr minimal bis garnicht existent. Dafür wäre meine Stufe bei weitem nicht hoch genug. Außerdem gefällt mir der Gedanke nicht, dass meine Schwierigkeiten als Schwerbehinderung angesehen werden.

    Versteht mich nicht falsch, ich schaue nicht zurück, nur verstehe ich nicht, warum mir nicht geholfen wird

    damit ich die Zukunft besser gestalten kann? Die externen Bedingungen müssen geändert werden. Mein Selbstwertgefühl ist im Keller. Absolut.
    Ich verzweifel daran so langsam. Immer nur kämpfen, das ermüdet so sehr.


    Viel Hilfe kannst du leider nicht erwarten. Auch mit einer Diagnose nicht. Die Diagnose öffnet einem zwar viele neue Türen, aber man bekommt keine Hilfe dabei. Niemand fühlt sich für dich verantwortlich, und jeder wird dich an einen anderen zuständigen weiterleiten. Du wirst also Notgedrungen alles selber in die Hand nehmen müssen.
    Die externen Bedingungen müssen tatsächlich geändert werden. Aber das kannst nur du veranlassen bzw. durchsetzen. Auch dein Selbstwertgefühl kannst nur du selber aufbauen. Das hört sich alles sehr mühsam an, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass das alles nur funktioniert, wenn es alles aus dir selber heraus kommt.

    Die Diagnose hat mir aber dabei sehr geholfen. Ich hatte eine Erklärung für mich, ich konnte frieden mit der Vergangenheit schließen und mein Selbstwertgefühl wieder aufbauen. Ich musste mich nicht mehr entschuldigen dafür, wie ich bin. Das gibt einem eine ganz neue Position im Leben. Es fiel mir viel einfacher, Dinge zu fordern, dinge durchzusetzen und auf Lösungen zu beharren. Aber es ist ein Kampf, der größte Kampf meines Lebens. Aber dieses mal habe ich die Zuversicht, dass mit mir alles in Ordnung ist und ich alle Fähigkeiten besitze, die notwendig sind. Und dadurch erscheint der ganze Kampf schon in einem ganz anderen Licht und ich verzweifel nicht mehr daran.

    Ich finde es aber essentiell, dass man sich selber vertraut und die Stärke aus sich selber bezieht, völlig unabhängig von anderen Menschen. Und dabei ist das Selbstwertgefühl entscheidend. Wenn deines im Keller ist, dann musst du es heraus holen. Du musst es garnicht rechtfertigen oder begründen. Du darfst ein starkes Selbstwertgefühl haben, ohne etwas zu Leisten, zu erreichen oder dich mit anderen zu vergleichen. Denn dass ist der Grund, weshalb Autisten ihr Selbstwertgefühl so schnell verlieren.

    Es war ein sehr ansträngender Weg. Und es ist eigentlich erst dann besser geworden, als ich richtig Verzweifelt war. Die Verzweiflung ist in Wut umgeschlagen, und seit dem geht es voran.

  • Viel Hilfe kannst du leider nicht erwarten. Auch mit einer Diagnose nicht. Die Diagnose öffnet einem zwar viele neue Türen, aber man bekommt keine Hilfe dabei. Niemand fühlt sich für dich verantwortlich, und jeder wird dich an einen anderen zuständigen weiterleiten. Du wirst also Notgedrungen alles selber in die Hand nehmen müssen.

    Das sehe ich nicht ganz so negativ, allerdings hätte ich alle Hilfen, die ich bekommen habe, auch mit einer anderen Diagnose bekommen (außer meine derzeitige Therapie, aber die hätte ich dann halt woanders gemacht).

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

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