Die Verwendung des Wortes "autistisch"

  • Gerade hier ein Beiapiel gelesen auf der medizinischen Plattform DocCheck.com , zitiert den G-BA- Vorsitzenden Professor Hecken (G-BA = Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen.):


    Zitat von DocCheck

    G-BA Vorsitzender Josef Hecken, der in den letzten Jahren besonders häufig die hochpreisigen Arzneimittel kritisierte, die keinen Zusatznutzen nachweisen mussten, sagte dazu gegenüber dem Ärzteblatt: „Wir wollen ja nicht autistisch nur in Deutschland Daten erheben (...). Ich befürchte auch in keiner Weise, dass ein Hersteller den deutschen Markt verlässt, wenn es Anwendungsbeobachtungen gibt.“

    https://www.doccheck.com/de/detail/arti…037&block=36701

    Dazuzusagen: Professor Hecken ist kein Mediziner. Dennoch :nerved:

    "Autismusdiagnose - Potius sero quam numquam.
    ( Lieber spät als nie.) "
    :irony:

  • Na und? Gibt wahrlich schlimmeres...

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe.
    Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • In meinen Augen ist es völlig überzogen sich über sowas aufzuregen.
    Im Netz gibt es sogar Leute die den ganzen Tag nichts anderes tun als Artikel, Tweets, Blogs etc. zu durchforsten ob irgendjemand das Wort "Autismus" oder "autisch" mal wieder "falsch" verwendet hat. Danach gibts direkt einen Shitstorm gegen den vermeindlich behindertenfeindlichen Schreiber.
    Sorry, aber mein Verständnis geht da gegen Null...

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe.
    Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Die absolute Krönung (RW), die ich mal gelesen hatte, war ein Titel auf einer Zeitung (ich glaube, die "Bild" war es, bin mir aber nicht sicher). Dort stand (in etwa) im Zusammenhang mit einem Amoklauf: "Eiskalt! Ohne Gefühle! 'Bild' erklärt das Asperger-Syndrom." Das fand ich schon heftig.

  • Ich kann verstehen, wenn man sich als Autist daran stört, dass dieses Wort auch in anderen Zusammenhängen (und dann zumeist eher abwertend) gebraucht wird... Aber letztlich heißt "autistisch" nun mal einfach so viel wie "auf sich selbst bezogen", warum sollte man dieses Wort dann nicht auch außerhalb vom medizinischen / psychiatrischen Kontext genau in dieser Bedeutung gebrauchen dürfen?
    Wenn zum tausendsten Mal eine Zeitung das Wortspiel bringt, dass der Verfassungsschutz "auf dem rechten Auge blind" sei, dann regen sich doch auch nicht alle Blinden darüber auf... :roll:

    Das Beispiel von @Grübler_1988 finde ich dann schon wesentlich schlimmer. Hier soll (abgesehen von dem inhaltlichen Fehler... dass Asperger-Autisten keine Gefühle hätten, ist schließlich totaler Unfug) das Asperger-Syndrom als Erklärung für eine schwere Gewalttat herhalten. Damit werden letztlich alle (Asperger-)Autisten unter Generalverdacht gestellt und es wird ein völlig verzerrtes Bild vom Thema Autismus vermittelt. Von dem, was ich her im Forum lese und auch sonst so von Autisten mitbekomme, sind jedenfalls Gewaltphantasien (und evtl. deren tatsächliche Ausführung) nicht gerade ein typisches Problem von Autisten... :roll:

    "He that can take rest is greater than he that can take cities." ~ Benjamin Franklin

    Ich hab mehr Spielwiesenbeiträge als du!

  • Wenn zum tausendsten Mal eine Zeitung das Wortspiel bringt, dass der Verfassungsschutz "auf dem rechten Auge blind" sei, dann regen sich doch auch nicht alle Blinden darüber auf...

    Ich verwende auch manchmal das Wort "schizophren" wenn ich ausdrücken will, dass irgendwas krass nicht passt oder nicht stimmig ist. Wenn man streng wäre, dürfte ich das also auch nicht machen, aber ich sehe es auch nicht so eng.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Beim Wort "schizophren" kommt dann noch hinzu, dass die Bedeutung, in der es umgangssprachlich meist gebraucht wird, medizinisch eher der "multiplen Persönlichkeitsstörung" zuzuordnen wäre... Da ist dann also gar nicht klar, ob jetzt der Bundesverband der Schizophrenen oder der Multiplen den Shitstorm lostreten soll... :roll:

    "He that can take rest is greater than he that can take cities." ~ Benjamin Franklin

    Ich hab mehr Spielwiesenbeiträge als du!

  • Das Beispiel von @Grübler_1988 finde ich dann schon wesentlich schlimmer. Hier soll (abgesehen von dem inhaltlichen Fehler... dass Asperger-Autisten keine Gefühle hätten, ist schließlich totaler Unfug) das Asperger-Syndrom als Erklärung für eine schwere Gewalttat herhalten. Damit werden letztlich alle (Asperger-)Autisten unter Generalverdacht gestellt und es wird ein völlig verzerrtes Bild vom Thema Autismus vermittelt. Von dem, was ich her im Forum lese und auch sonst so von Autisten mitbekomme, sind jedenfalls Gewaltphantasien (und evtl. deren tatsächliche Ausführung) nicht gerade ein typisches Problem von Autisten...

    Hier wurde auch ein falsches Bild vermittelt. Das ist was völlig anderes und hat Beschwerden durchaus verdient!

    Aber letztlich heißt "autistisch" nun mal einfach so viel wie "auf sich selbst bezogen", warum sollte man dieses Wort dann nicht auch außerhalb vom medizinischen / psychiatrischen Kontext genau in dieser Bedeutung gebrauchen dürfen?

    Ich las, dass in offiziellen Lehrbüchern zur Politik "autistisch" verwendet wird. Es wird so gelehrt und so gelernt. Vermutlich ist es bei Journalisten ähnlich. Auf Leuten rumhacken, die nur ihr Handwerk machen, erscheint mir nicht zielführend.

    Schlimmer finde ich persönlich den Gebrauch des Wortes "behindert" als Synonym für "dumm". Mit Umgangssprache muss man aber leben. Also denke ich mir meinen Teil und fertig. Ich muss ja auch mit "als wie" und ähnlichen Auswüchsen irgendwie klarkommen.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe.
    Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Ich hatte den Sitz offen gesagt so verstanden wie die erste Kommentatorin - wir wollen nicht autistisch in Deutschland Daten erheben - wollen wir das dann neurotypisch tun ?
    :irony:

    Finde ich beeindruckend, dass ihr alle den Satz gleich richtig verstanden habt.

    Ich las, dass in offiziellen Lehrbüchern zur Politik "autistisch" verwendet wird. Es wird so gelehrt und so gelernt. Vermutlich ist es bei Journalisten ähnlich. Auf Leuten rumhacken, die nur ihr Handwerk machen, erscheint mir nicht zielführend.

    Beziehst du dich da auf die "post-autistic eocnomy "? Ist alledings aus den Nullerjahren.


    In meinen Augen ist es völlig überzogen sich über sowas aufzuregen.

    Die Überschrift meines Threades sagt aus, dass ich mich nicht aufrege. sondern dass es mich interessiert, wie das Wort autistisch verwendet wird. , in Politik oder Geschichte sage ich dann eher egozentrisch oder ethnozentrisch oder eurozentrisch, je nachdem wie ich ausdrücken möchte, wer bei wem nicht über den Tellerrand schaut.

    Was wird mit "autistisch" genau beschrieben, wenn man es figurativ verwendet?

    "Autismusdiagnose - Potius sero quam numquam.
    ( Lieber spät als nie.) "
    :irony:

    Einmal editiert, zuletzt von Rhianonn (21. Mai 2019 um 16:14)

  • Ich las, dass in offiziellen Lehrbüchern zur Politik "autistisch" verwendet wird. Es wird so gelehrt und so gelernt. Vermutlich ist es bei Journalisten ähnlich.

    Interessant, das würde erklären, warum der Begriff in diesen Kreisen doch vergleichsweise oft benutzt wird. :idea:

    @Rhianonn

    Was wird mit "autistisch" genau beschrieben, wenn man es figurativ verwendet?

    "Auf sich selbst bezogen" / "sich nicht um andere kümmernd" / "sich auf Details versteifend und den Gesamtzusammenhang aus den Augen verlierend", würde ich sagen.

    "He that can take rest is greater than he that can take cities." ~ Benjamin Franklin

    Ich hab mehr Spielwiesenbeiträge als du!

    Einmal editiert, zuletzt von Abendstern (21. Mai 2019 um 16:24)

  • Die Überschrift meines Threades sagt aus, dass ich mich nicht aufrege. sondern dass es mich interessiert, wie das Wort autistisch verwendet wird.

    Die Überschrift des Threads sagt gar nichts aus.
    Da es aber einige "Autisten" gibt, die regelrecht auf der Jagd nach "Sündern" sind, liegt es nicht so fern anzunehmen, dass die Intention hier im Thread dieselbe könnte.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe.
    Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Wenn Menschen die Wörter schizophren oder autistisch verwenden, dann ist das ja meistens so gemeint, dass eine Sache oder ein Mensch oder ein Verhalten abgewertet werden soll. Ist also negativ behaftet. Und Menschen mit Einschränkungen werden nun mal schon genug benachteiligt. Um also zumindest das sprachliche Abwerten von Menschen zu vermeiden, sollte man tatsächlich darauf verzichten, etwas schizophren usw. zu nennen. So kommen wir einen Schritt weiter in Richtung Gleichberechtigung.

    P. S. Schizophrenie hat nichts mit multipler Persönlichkeitsstörung zu tun. Die gibt es auch gar nicht. Es heißt dissoziative Identitätsstörung. Das haben Schizophreniepatienten nicht.

  • Um also zumindest das sprachliche Abwerten von Menschen zu vermeiden, sollte man tatsächlich darauf verzichten, etwas schizophren usw. zu nennen. So kommen wir einen Schritt weiter in Richtung Gleichberechtigung.

    Ich sehe das wie in dem Beispiel von Abendstern:

    Wenn zum tausendsten Mal eine Zeitung das Wortspiel bringt, dass der Verfassungsschutz "auf dem rechten Auge blind" sei, dann regen sich doch auch nicht alle Blinden darüber auf...

    Blind heißt einfach, dass man nichts sieht. Autistisch heißt einfach, dass man für sich ist/nicht auf andere achtet. Schizophren heißt einfach, dass etwas "verrückt" ist.
    Das hat aber mit den Menschen, die diese Behinderungen oder Krankheiten haben, überhaupt nichts zu tun, sondern es wurde eine Eigenschaft in die Umgangssprache übernommen. Selbst wenn diese Eigenschaft klischeehaft ist, so wertet es meines Erachtens niemanden ab, der zufällig diese Krankheit oder Behinderung hat.
    Ich glaube, es sind auch nur die Autisten, die da so ein Drama drum machen.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Schließlich dürfen Beispiele auch hinken, und der Einäugige unter den Blinden König sein, ohne dass das als Diskriminierung entsprechend Behinderter thematisiert wird.

  • Sprache beeinflusst das Denken, da gibt es ne Menge wissenschaftliche Studien zu, auch hinsichtlich Behinderungen/Ableism.

    Wenn jemandem nicht gefällt, wie andere mit Begriffen umgehen, die einen selbst betreffen, dann kann man das auch sagen.

    Man sagt das nicht mehr, "der Blinde" oder "die ist blind". Es ist ein Mensch mit einer Beeinträchtigung oder ein Mensch, der eine Sehbehinderung hat. Man IST nicht sehbehindert. Man HAT eine Behinderung. Diese Art von Sprache ist dazu da, nicht gleich den ganzen Menschen als "behindert" abzustempeln, sondern die Behinderung als EINE Eigenschaft von vielen zu sehen.

  • Schließlich dürfen Beispiele auch hinken, und der Einäugige unter den Blinden König sein, ohne dass das als Diskriminierung entsprechend Behinderter thematisiert wird.

    Doch, das ist diskriminierende Sprache und das wird in der Wissenschaft durchaus thematisiert.

  • Man sagt das nicht mehr

    Ich mag es nicht, wenn "man" etwas nicht mehr soll. Ich neige dazu, zu allem eine eigene Meinung zu haben....

    Ich lasse auch jedem anderen seine (wenn's sein muss :d ), aber ich befürchte, der Kampf gegen die Benutzung dieser Wörter ist ein Kampf gegen Windmühlen (und dazu noch überflüssig, aber das ist nur meine Meinung).
    Und das Wort ableism kann ich nicht mehr hören. Fremdwort, Kampfbegriff, überflüssig.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Doch, das ist diskriminierende Sprache und das wird in der Wissenschaft durchaus thematisiert.

    Das ist dann mal wieder so ein Fall wo ich mich frage: wo hört ernsthafte Wissenschaft auf und fängt ideologische Borniertheit an?

    Ich persönlich verwende durchaus auch das Wort "autistisch" (und "schizophren" etc.) in dem oben angeführten Sinn und kann darin beim besten Willen keine Diskriminierung meiner Tochter, meines Neffen oder meiner selbst erblicken. Ich gehöre allerdings auch zu den Leuten, denen sich beim Anblick von Wortschöpfungen wie "Ableism" die Fußnägel aufrollen und die das Gendersternchen für eine Verhunzung des Schriftbildes halten. Schon gar nicht verzichte ich auf die Verwendung solcher Redewendungen wie von mir angesprochen, bloß weil weil irgendwelche weltfremden Gestalten in einem Erkerchen des akademischen Elfenbeinturms sitzen und darüber sinnieren, wie sie durch Sprachvorschriften aus mir einen besseren Menschen machen können.

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