Wie denkt ihr? Wie lernt ihr? Könnt ihr euch konzentrieren?

  • Hallo zusammen,

    ich habe jahrelang gedacht, dass das mein persönliches Problem und einfach eine Charakterschwäche ist, aber jetzt habe ich gestern in einem Buch von Tony Attwood gelesen, dass es für Aspies durchaus normal ist, Schwierigkeiten mit Fokus, Konzentration und Prioritäten setzen zu haben.

    In der Schule ist das bei mir nicht so aufgefallen, weil ich meinen Mitschülern ja inhaltlich sowieso voraus war, aber jetzt im Studium fällt es auf. Eine Kommilitonin hat mich neulich beim Üben beobachtet und meinte, ich wäre methodisch und vom Verhalten her auf dem Niveau eines Grundschülers. Wenn überhaupt. Meine Deutschlehrerin schrieb mir mal unter eine Klausur: "Du schweifst zu sehr ins Universum ab und verlierst dich." Manchmal habe ich das Gefühl ich bin mit meinen Gedanken überall und doch nirgends. Gleichzeitig kann ich so sehr in den Flow kommen, dass ich die Realität und alles völlig vergesse und so vertieft bin, dass man das Wohnheim abreißen könnte und ich würde es nicht mitkriegen. Aber halt entweder oder. Also entweder 100% Konzentration (und das auf Kosten von Essen, Schlafen, Umwelt) oder 0% Konzentration (und das Gefühl, dass mich jeder Kieselstein irgendwie ablenkt).

    Wie macht ihr das? Könnt ihr euch konzentrieren? Wie bereitet ihr euch auf Prüfungen vor? Wie filtert ihr das heraus, was gerade wirklich wichtig ist?

    Bin dankbar für euren Rat,
    Lena

  • Bei mir hängt es ganz stark davon ab, ob mich ein Thema interessiert oder nicht. Wenn mich etwas interessiert, dann kann ich mich voll konzentrieren und mir den Stoff gut merken. Wenn mich etwas nicht interessiert, ist es eine Qual. Da kann ich mich noch so konzentrieren wollen, es klappt einfach nicht.

    Informationen, die in Text verpackt sind, kann ich mir wunderbar merken. Meistens reicht es, mir den Text 3-4 mal durchzulesen, und ich habe den Stoff drauf.

    Informationen, die in Formeln verpackt sind (Mathe, Physik, Chemie) kann ich mir überhaupt nicht merken, da helfen auch die tollsten Lernstrategien nichts.

    I have my books
    And my poetry to protect me

  • Könnt ihr euch konzentrieren?

    Ja.

    Wie bereitet ihr euch auf Prüfungen vor?

    An der Uni: Selten regelmäßig was gemacht (exekutive Dysfunktion), meistens eine Woche vor der Klausur angefangen, alle Blätter durchzurechnen. Die Folien/Skripte habe ich gelernt, indem ich sie gelesen und die aus meiner Sicht wichtigen Dinge in einer Datei rausgeschrieben habe. Die Datei habe ich dann ausgedruckt und den Zettel mehr oder weniger auswendig gelernt.

  • Konzentrieren können habe ich genauso, entweder ganz da, oder ständig abgelenkt.

    Besonders schlimm ist es, wenn ich mehrere Dinge tun müsste, und mich nicht entscheiden kann, was davon ich jetzt (/heute) mache. Das führt dann oft dazu, dass ich gar nichts tue oder alles nur mal ein bisschen anfange.

    Der Plan und die Struktur ist das allerwichtigste für mich. Um das sinnvoll zu machen sollte man sich lieber mal einen ganzen Tag Zeit nehmen, als das wegzulassen.

    Was dagegen sehr gut hilft, ist, sich verschiedene "Projekte" auf verschiedene Tage aufzuteilen und das farbig im Kalender zu markieren.

    Zum Lernen: Das habe ich erst gegen Ende des Studiums richtig herausgefunden, aber mir hilft es sehr, alles Material durchzuarbeiten und dabei Wichtiges rauszuschreiben (handschriftlich). Dafür ist wichtig, rechtzeitig anzufangen und sich realistische Ziele zu setzen (Aufteilen in kleine Schritte, tägliche Ziele). Sehr gut funktioniert bei mir danach dann eine Kombination aus Abfragen und alten Prüfungsprotokollen für mündliche Prüfungen bzw Probe-/ Altklausuren/ Übungsaufgaben machen für Klausuren. Aber dafür muss man früh genug anfangen.
    Durch die kleinen Schritte fällt es mir leichter auch langweiligeren Stoff zu lernen. Wobei ich da eher auch die Blockade habe, dass ich das jetzt lernen "muss", also bei mir steht und fällt es mit den Emotionen. Schlecht fühlen und trotzdem lernen ist schwierig. Besser ist daher, sich so viele Pausen gönnen wie man eben braucht - dafür früh genug anfangen, damit man sich nicht schlecht fühlen muss deshalb.

    Einmal editiert, zuletzt von Morrow (26. April 2019 um 21:38)

  • Ich lerne im Freestyle.
    Probiere dies und jenes aus, keine Methode ist so wirklich perfekt.
    Ich kann nicht mal generalisieren, ob ich gut mit Videos lerne, weil es da auch fast schon primär um den Inhalt geht, ob das gut dargestellt wird.
    Grds. würde ich aber sagen, dass ich ein visueller Lerntyp bin.
    Die häufigste Methode, die ich verwende, ist, lesen und mMn Wichtiges separat aufschreiben.
    Wenn nicht gleich in eine Bildform bringen und ich merke mir dann die Konstellation auf dem Bild und den Sinn der Ordnung, somit auch den Sinn generell dahinter.

    Was mir auffiel ist, dass ich immer so perfektionistisch versuche, wirklich 100% zu beherrschen, also durchlesen und das von A bis Z quasi.
    Leider kam ich dann zwischendurch an Stellen, die ich nicht verstand.
    Ich konnte bzw. wollte dann nicht weiter machen, weil ich dachte, ich muss alles durchgängig verstehen.
    Tatsächlich funktioniert jedenfalls mein Fach so, dass man sehr vieles erst versteht, wenn man schon weiter im „Stoff“ ist.

    Es ist so, es wird beispielhaft auf Stufe A, Stufe A behandelt.
    Allerdings nicht nur, sondern es kommen auch Sachen vor, die man erst versteht, wenn man Stufe D gelernt hat.
    Das liegt daran, dass alles miteinander im Zusammenhang steht/stehen kann und die Lehrbücher möglichst alles abdecken „wollen“.

    1+pi ist eine Addition, Addition lernt man in der 1. Klasse der Grundschule, pi lernt man aber deutlich später. (Vergleich)

    „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
    (Aristoteles, griechischer Philosoph, 384 - 322 v. Chr.)

  • Was mir auffiel ist, dass ich immer so perfektionistisch versuche, wirklich 100% zu beherrschen, also durchlesen und das von A bis Z quasi.


    Leider kam ich dann zwischendurch an Stellen, die ich nicht verstand.
    Ich konnte bzw. wollte dann nicht weiter machen, weil ich dachte, ich muss alles durchgängig verstehen.

    Wow. Das geht mir haargenau so, ich kann an solchen Stellen dann richtig hängen bleiben.

    Genauso schlimm sind nur Fehler im Lernmaterial, die man mit Logik zwar identifizieren kann, aber wo man sich manchmal nicht ganz sicher ist ob man es doch nur noch nicht richtig verstanden hat.

    Sehr hilfreich in beiden Fällen, wenn man dann jemanden hat der einem sagt "Ja, das habe ich auch nicht so ganz verstanden, aber ich hab erst mal einfach weiter gemacht." (Dann kann man sich selbst auch die Erlaubnis geben) Oder der es einem erklären kann.
    Oder der bei Fehlern dann sagt: "Stimmt, das fand ich auch komisch, ich denke es ist so und so weil..." oder auch "Wir können dem Prof/Kommilitonen schreiben und nachfragen."

    Ich habe das große Glück da einen geduldigen Partner zu haben der mit mir fast alle Module zusammen gemacht hat. Alternativ hilft da aber auch eine nette Lerngruppe, denke ich.

  • Ich habe das große Glück da einen geduldigen Partner zu haben der mit mir fast alle Module zusammen gemacht hat. Alternativ hilft da aber auch eine nette Lerngruppe, denke ich.

    Ich habe es nicht geschafft, mich zu integrieren, ich kenne nur ein paar Kommilitonen beiläufig.
    Sonst hatte ich mich auch nie mit anderen über Lernen ausgetauscht, wozu auch, ich brauchte früher quasi nicht zu lernen. Meine Erkenntnis kam leider sehr spät, weil ich sie, nicht zuletzt, selbst finden musste.

    „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
    (Aristoteles, griechischer Philosoph, 384 - 322 v. Chr.)

  • Hallo an die Runde!

    Ein sehr interessantes Thema.


    Was mir auffiel ist, dass ich immer so perfektionistisch versuche, wirklich 100% zu beherrschen, also durchlesen und das von A bis Z quasi.
    Leider kam ich dann zwischendurch an Stellen, die ich nicht verstand.
    Ich konnte bzw. wollte dann nicht weiter machen, weil ich dachte, ich muss alles durchgängig verstehen.


    Ich habe aus genau dem Grund keinen "richtigen" Schulabschluß, sondern wurde an einer Gesamtschule durchgeschleust und im 11. Jahrgang bin ich irgendwann nicht mehr zur Schule gegangen.

    Gescheitert bin ich zum Beispiel im Chemie-LK an einer Aufgabe, wo ich einen Extraktionsvorgang beschreiben sollte - ich kannte weder den Ausgangsstoff noch den angedeuteten Weg und war folglich wochenlang (!) durch diese Gedankenschleife blockiert. Die Aufgabe habe ich nach 30 Jahren immer noch im Kopf - heute fehlt mir die Lösung / Verständnis, was eigentlich gewollt ist immer noch :roll:

    Irgendwie verstehe ich auch nicht, wie man einen Sachverhalt lernen kann, wenn man die Komponenten nicht vollständig hat.

    Könnt Ihr mir mal ein Beispiel nennen?

    Freundliche Grüße

    infla

    Einmal editiert, zuletzt von infla (27. April 2019 um 08:51)

  • Also lernen fällt mir grundsätzlich sehr leicht.

    Allerdings: Es ist als müsste ich mein Hirn dafür "öffnen". Zumindest stelle ich es mir so immer vor. Wenn ich aktiv meinem Kopf klarmache, dass ich jetzt lerne, dann lerne ich. Das Problem ist aber, dass ich mich oft nicht konzentrieren kann. Ich bin ein Mensch, der selbst im Studium erst zwei bis vier Tage vor der Klausur anfängt zu lernen. Dann ist der Druck da, der mir mit der Konzentration hilft. Wenn der nicht da ist, schaffe ich das oft nicht.


    Gescheitert bin ich zum Beispiel im Chemie-LK an einer Aufgabe, wo ich einen Extraktionsvorgang beschreiben sollte - ich kannte weder den Ausgangsstoff noch den angedeuteten Weg und war folglich wochenlang (!) durch diese Gedankenschleife blockiert. Die Aufgabe habe ich nach 30 Jahren immer noch im Kopf - heute fehlt mir die Lösung / Verständnis, was eigentlich gewollt ist immer noch :roll:


    Irgendwie verstehe ich auch nicht, wie man einen Sachverhalt lernen kann, wenn man die Komponenten nicht vollständig hat

    Also ich habe die Erfahrung vor allem im Studium gemacht, dass ich bis zur vorletzten/letzten Vorlesung gar nicht so den Zusammenhang kapiert habe von den Dingen, die ich da hörte. Deshalb habe ich auch früher nicht gelernt. Und dann, plötzlich, ergibt fast alles einen Sinn, dann kann ich auch lernen. Aber wenn ich es nicht komplett verstehe, sehe ich nicht, wie ich das lernen soll.

    Leider habe ich nur ganz konkrete Fachbeispiele, bei denen ich so viel erklären müsste, dass es hier nicht wirklich taugt.

  • Gleichzeitig kann ich so sehr in den Flow kommen, dass ich die Realität und alles völlig vergesse und so vertieft bin, dass man das Wohnheim abreißen könnte und ich würde es nicht mitkriegen. Aber halt entweder oder. Also entweder 100% Konzentration (und das auf Kosten von Essen, Schlafen, Umwelt) oder 0% Konzentration (und das Gefühl, dass mich jeder Kieselstein irgendwie ablenkt).

    so war das früher bei mir auch...
    heute hab ich das gefühl gar keine 100%ige konzentration mehr zu haben (eher so 60-80% oder so). ich bin auch super schnell abgelenkt von allen möglichen geräuschen (außer naturgeräusche; zb ist die konzentration besser wenn es regnet ...)

    Besonders schlimm ist es, wenn ich mehrere Dinge tun müsste, und mich nicht entscheiden kann, was davon ich jetzt (/heute) mache. Das führt dann oft dazu, dass ich gar nichts tue oder alles nur mal ein bisschen anfange.

    ja... ein lernplan ist da eigt super hilfreich. aber manchmal hat man dann an dem tag keine lust auf das fach und dann...naja, mach ich iwie nichts (,was ziemlich dumm ist) :m(:
    aber eigt ist ein lernplann sehr sinnvoll :)

    Allerdings: Es ist als müsste ich mein Hirn dafür "öffnen". Zumindest stelle ich es mir so immer vor. Wenn ich aktiv meinem Kopf klarmache, dass ich jetzt lerne, dann lerne ich. Das Problem ist aber, dass ich mich oft nicht konzentrieren kann. Ich bin ein Mensch, der selbst im Studium erst zwei bis vier Tage vor der Klausur anfängt zu lernen. Dann ist der Druck da, der mir mit der Konzentration hilft. Wenn der nicht da ist, schaffe ich das oft nicht.

    das fällt mir zurzeit auch am schwersten...
    wie machst du das? :D

    Was ich brauch' ist ein Pinguin mit Übergewicht, der für mich das Eis bricht, denn ich kann das nicht! ~Jennifer Rostock

  • das fällt mir zurzeit auch am schwersten...wie machst du das? :D

    Das weiß ich auch nicht :D

    Aber ich habe eine ganz klare Struktur bei meinen Lernzetteln (alle von Hand geschrieben). Ich weiß nicht, ob ihr programmiert oder zumindest ein wenig Ahnung von XML habt, aber so in etwa sind meine Zettel strukturiert. Nur Stichworte, die zu einem anderen geordnet werden. Und dann sitze ich da, gucke es mir an und kann es. Geht aber auch nur mit "offenem" Hirn. Wenn ich das nur mal so angucke bleibt gar nichts hängen...

  • Könnt ihr euch konzentrieren?

    Ja, sogar sehr lange am Stück. Solange mich niemand anfasst oder es sehr viele Menschen um mich herum sind. Im Studium konnte ich dank Nachteilsausgleich in einem ruhigen Raum schreiben und dann war Konzentration auch kein Problem mehr.


    Wie bereitet ihr euch auf Prüfungen vor?

    Eine Themenübersicht erstellen. Zu den Themen Stichpunkte machen und das Thema damit versuchen zu verstehen. Typische Aufgabentypen identifizieren und gezielt üben.


    Wie filtert ihr das heraus, was gerade wirklich wichtig ist?

    Ich gehe die Aufgaben nach Möglichkeit mit Musterlösung durch und identifiziere die Bereiche, auf welche besonders viel Wert gelegt wird.

  • Wie macht ihr das? Könnt ihr euch konzentrieren? Wie bereitet ihr euch auf Prüfungen vor? Wie filtert ihr das heraus, was gerade wirklich wichtig ist?

    Konzentrieren ja, wenn meine Umgebung dies zulässt.
    Ich lerne, wenn ich es mache. Learning by doing, wie man so sagt (Rw).
    Bei Arbeiten oder Prüfungen versuche ich immer zu lernen und lasse es dann nach ein paar Minuten sein, da ich dann meist denke das bringt eh nichts und ich schaffe es auch so.
    Ich filtere, indem ich auf die Reaktion darauf warte.

    Grüße aus der Pegasus Galaxie. :)

  • In der Schule habe ich immer versucht, das Wichtigste aus dem Unterrichtsmaterial rauszusuchen und schriftlich zusammenzufassen, aber ich wusste nie, was nun wichtig ist und was nicht. Am Ende hatte ich dann immer mehr oder weniger alles aufgeschrieben. Irgendwann habe ich aber gemerkt, dass ich mir das leichter merken kann, wenn ich es abschreibe und ab da hab ich alles, was nicht von allein im Kopf bleiben wollte (was zum Glück nie viel war), einfach mehrfach aufgeschrieben.

    Wenn es eher um praktische Dinge geht, lerne ich es am Besten, indem ich es einfach ausprobiere und selber mache. Also "learning by doing".

    Generell kann ich übrigens am Besten lernen, wenn ich nebenbei Musik höre.

  • Irgendwann habe ich aber gemerkt, dass ich mir das leichter merken kann, wenn ich es abschreibe und ab da hab ich alles, was nicht von allein im Kopf bleiben wollte (was zum Glück nie viel war), einfach mehrfach aufgeschrieben.

    Wenn es eher um praktische Dinge geht, lerne ich es am Besten, indem ich es einfach ausprobiere und selber mache. Also "learning by doing".

    Generell kann ich übrigens am Besten lernen, wenn ich nebenbei Musik höre.

    Geht mir genauso mit dem Abschreiben, und auch Learning by Doing funktioniert bei mir sehr gut, wenn es passt.

    Mit Musik lernen kann ich dagegen überhaupt nicht, das lenkt mich total ab und macht mich auf Dauer sogar wütend :?
    Kenne aber auch Leute, die gern immer nebenbei Musik hören. Für mich unvorstellbar. Das muss man einfach selbst ausprobieren und herausfinden.

  • Ich kann schlecht lernen und ich brauch unbedingt Ruhe zum Lernen. Meine Konzentration ist eh schon mies, da lenkt mich jede Kleinigkeit sofort ab. Manche Sachen hab ich sofort intus, aber wenn ich was lernen soll, was mich nicht interessiert, wird's echt verdammt schwierig. Das krieg ich dann nur sehr schwer bis gar nicht in meinen Schädel. :oops:

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