Umgangssprache, Redewendungen

  • Ich denke, die Probleme ergeben sich aus dem soziokulturellen Kontext.
    Wenn man bestimmten Redewendungen immer wieder begegnet, dann lernt das auch ein Autist.
    Allerdings geht es sehr wahrscheinlich auch darum, in der Situation zu erkennen, dass es nicht wörtlich gemeint war.
    Dies erfolgt ja durch entsprechende Betonung, den Kontext und gewisse kognitive Empathie wie bei Sarkasmus eben.

    Es kann auch durchaus sein, dass man als Autist einfach länger braucht im Leben, um den Sinn von Redewendungen zu verstehen, also warum man es so sagt und nicht einfach direkt.

    Ich habe mir z.B. sehr lange gefragt, was denn überhaupt ein Fettnäpfchen sein soll, und wie ich denn da bitte reingetreten haben soll, wenn meine Schuhe trocken sind, von Fett ist nichts zu sehen.
    Als ich aber nach und nach verstand, dass die Redewendungen aus der Historie überliefert wurden und quasi ein Teil der Kultur sind, habe ich auch den Zugang gefunden.
    Die Redewendungen waren früher natürlich passender, weil die Elemente, um die es in Redewendungen geht, damals viel präsenter im Alltag waren, wie eben z.B. ein Fettnäpfchen.
    Und letztlich sind es ja einfach alte Metaphern (viele), die sonstigen muss man auswendig lernen, aber es kennt sowieso nicht jeder alle Redewendungen auswendig, zumal wir in Zeiten der Globalisierung leben und es Gang und Gebe ist, dass man sich gegenseitig mehrmals erklären muss.

    „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
    (Aristoteles, griechischer Philosoph, 384 - 322 v. Chr.)

    Einmal editiert, zuletzt von Cloudactive (4. April 2019 um 17:37)

  • Ich nutze Metaphern oft, um Dinge verständlich zu machen. Das fällt mir leichter, als einmal um den Globus zu erklären.

    Mein Mac ärgert mich mit seiner Autokorrektur und er macht auch vor euch nicht halt! :prof:

    Leute ohne Macke sind kacke!! :nod:

  • Bin ja nur VA, aber ich habe mit den meisten Redewendungen keine Probleme. Man kennt sie einfach irgendwann. Weiß nicht, wie das in der Kindheit war. Allerdings sage ich manchmal etwas zusätzlich, z.B. wenn ich sagen würde "Ich kipp gleich aus den Latschen", dann hab ich das Bedürfnis, anzufügen: "obwohl ich gar keine anhabe". Ich nehm es also teilweise schon recht wörtlich. Oder: "Das geht mir auf den nicht vorhandenen Sack." Mittlerweile lass ich die Einschiebung aber weg und sage einfach "Das geht mir auf den Sack!" - weil es so doch kraftvoller klingt - ich kann das so richtig schön mit Elan sagen - "Das geht mir so DERmaßen auf den Sack!" - ist sehr befreiend :lol:

    Dann gibt es diese Redewendungen mit "Tropfen auf den heißen Stein" und "Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt" - die verwechsele ich und muss mir das jeweils erst bildlich vorstellen, damit ich mir sicher bin, welche Redewendung gerade die passende ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Lefty (4. April 2019 um 18:20)

  • Ich finde beide Formulierungen schrecklich, wenn nicht grade eine tatsächliche Geburtstagseinladung ö.ä. ausgesprochen wird.

    Ganz deiner Meinung. Weil es eben so eine Pseudohöflichkeit ist, wenn z. B. der Chef / die Chefin bei einer Besprechung sagt: "Und jetzt lade ich Sie ein, mit mir zusammen die Entwürfe für ... durchzusehen" - entweder hat er/sie alles schon beschlossen und es geht nur noch ums Abnicken oder er/sie versucht harte Arbeit zu delegieren, aber dann soll er diese auch nicht floskelhaft verbrämen.

    Was ich oben gesagt habe, bezog sich nur auf das blöde "ich möchte ... einladen". Es ist logisch falsch, weil derjenige es ja gerade tut und nicht nur tun möchte. Also: "Ich lade dich zu meinem Geburtstag ein und freue mich riesig, wenn du meine Einladung annimmst." Noch mehr verbale Streicheleinheiten durch "möchte" wirken für mich albern.

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

  • Weiß eigentlich jemand, was die Redewendung bedeutet "Dich hat wohl der Hafer gestochen?"

    (Ich könnte natürlich googeln, aber das wäre ja langweilig. Bin ja hier wegen Austausch und Kommunikation.)

  • "Jemandem eine Frikadelle ans Ohr kauen" klingt für mich aber eher ekelig und ich bekomme immer einen Schauer wenn jemand so etwas sagt


    Meine Mutter sagt immer "Jemanden ein Kotelett ans Ohr quatschen". Allerdings find ich die Vorstellung dass Jemandem so ein großes Stück Fleisch quasi wie ein Ohrring am Ohr baumelt dann doch sehr amüsant :lol:

    Peace
    TK

    Excuse me but I was wrong... :(

  • Hm, ich kenn da eigentlich nur die Redewendung, jemandem ein Ohr abzukauen.

    Mike Tyson hat die offenbar missverstanden. Er muss wohl Autist sein. :d

    Nobody expects the spanish inquisition!

  • @Verwirrt Okay, also übermütig. Aber warum dann "gestochen"?

    Gute Frage, ich vermute: Hafer hat pieksige Spelzen, und ein übermütiges Pferd macht sehr plötzliche Sprünge ("Buckeln"). Das mag ursprünglich dazu verleitet haben sich vorzustellen, dass der pieksige Hafer das Pferd im Magen sticht und es vor Schmerz buckelt. Als Redewendung meint es aber Übermut, und der tatsächliche Zusammenhang zwischen auffälliger Bewegungsfreude des Pferdes und Getreide-(Kraftfutter-)Fütterung ist, dass das Tier das u.a. dann zeigt, wenn es zu wenig Bewegung hatte. Eine wissenschaftliche Untersuchung über eine tatsächliche kausale Korrelation zwischen Hafer und Buckeln gibt es meines Wissens aber nicht ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Platypus (4. April 2019 um 22:25)

  • Und: habt ihr auch Probleme mit Redewendungen und Co?

    Nein. Ich fand nie, dass Probleme speziell wegen Redewendungen oder so zustande kommen. Gerade dort, wo man jemanden nicht sehr gut kennt, da kann es quasi so vieles sein. Menschen sind sehr unterschiedlich. Manche machen einen Scherz und lächeln dabei, andere hingegen tun so als sei es ernst gemeint. Man muss vertraut werden mit den Dingen. Ich denke, dass ganz viele Menschen Redewendungen überhaupt nicht verstehen, wenn sie diese nie gelernt haben. Das ist ja durchaus schon wiederholt auch Bestandteil von Quiz-Sendungen gewesen und so superklar war es dann nicht.

    Die Seite unten¹ ist ja imo recht bekannt. Ich denke nicht, dass die Menschen all diese Redewendungen kennen, geschweige denn die Bedeutung und Herkunft stets wissen. Woher auch? Entweder man hat etwas in seinem alltäglichen Setting gelernt oder eben nicht. Hier im Forum hab ich über die Jahre erlebt, dass natürlich auch regionale Sprache nicht immer verstanden wird. "etwas für lau bekommen", "asbachuralt" oder "jemanden Laffka geben", das verstand z. B. nicht jeder. Speziell beim letzten Beispiel wird man selbst bei Google nicht gerade zugeschüttet mit Ergebnissen. Ferner habe ich festgestellt, dass mancherorts wohl bei groben Informationen nicht klar wäre, was ein Wasserkran ist. Das ist hier sehr geläufig, anderswo in Germany scheint das für Menschen eine Premiere zu sein, wenn man das sagt.

    Ich denke daher insgesamt nicht, dass es die so oft als typisch bezeichneten Redewendungen sind, sondern meinen Beobachtungen nach ist es eher allgemein die soziale Kompetenz. Heutzutage spielt sich soziale Interaktionen immer mehr digital/virtuell im Internet ab. Da sind deutlich jüngere Leute auch irgendwie eine Generation für sich. Ich glaube je älter die Menschen sind, desto seltener werden sie Dinge wie "B2T", "STFU", "BT(F)W", "N8", "afaik", "asap", "FOAD", "FU", "LMAO", "POV" usw. kennen und verstehen.

    Ich fand vor allem lange Zeit in jüngeren Jahren eher schwer das Gesamte zu verstehen, Menschen zu verstehen, zu durchschauen. Womit ich ganz schlecht klarkam, das waren Bücher. Nur Seiten, keine Bilder, weder im Buch noch so richtig im Kopf. Da hab ich oft generell Bahnhof verstanden. Was mir früher auch sehr oft auffiel beim Gucken von Filmen: Andere Menschen, wiederholt welche, die den Film gar nicht kannten, nur nebenbei etwas sahen, oft erahnen konnten was nun kommt oder welche Absichten jemand hat. Ich selbst entdeckte an mir die Merkwürdigkeit, dass ich Filme guckte, manche x-fach und ich hätte sagen können was nun gleich passieren wird, aber wehe jemand hätte nach einer Inhaltsangabe gefragt. Da hab ich ganz deutliche Probleme gehabt. Diktate fand ich in Deutsch vergleichsweise leicht, aber diese Dinge mit der Inhaltsangabe und so, da weiß ich noch, dass ich da sehr durchgefallen bin und dann viel Rotstift zu sehen war, mitunter Kommentare wie "Völlig unbedeutend für eine Inhaltsangabe". Also in gewisser Hinsicht oft wie aus einem anderen Blickwinkel wahrgenommen.


    ¹ https://www.redensarten-index.de/suche.php

    In letters of gold on a snow white kite I will write "I love you"
    And send it soaring high above you for all to read

  • Eine wissenschaftliche Untersuchung über eine tatsächliche kausale Korrelation zwischen Hafer und Buckeln gibt es meines Wissens aber nicht

    Also, als stolze Pferdebesitzerin kann ich zu diesem Thema auch etwas beitragen! ;)
    Ich habe zwar keine wissenschaftliche Studie durchgeführt, aber doch schon einige persönliche Erfahrungen gemacht. Pferde werden tatsächlich lebhafter, wenn sie zu viel Hafer und zu wenig Bewegung bekommen. Deshalb füttern wir unserem Pferd auch im Sommer mehr Hafer (da kann er sich tagsüber auf der Weide austoben) und im Winter weniger (da steht er viel länger im Stall).
    Und aus Erfahrung kann ich sagen: Bei uns hilft das! :thumbup:

    Allgemein kann ich mit den meisten Redewendungen inzwischen was anfangen. Ich habe aber auch schon öfter nach der Bedeutung gefragt... :)
    Im meiner Kindheit gab es da zum Beispiel so ein Lied im Kindergarten, das hatte die Textzeile: "Alle Bilder hängt man (...) nur das Weibsbild nicht." Damals wusste ich nicht, was ein "Weibsbild" sein sollte. Ein "Weib" kannte ich aber. Also wurde in meinem Kopf daraus ein gemaltes Porträt von einer Frau. Und ich verstand nicht, warum man das nicht aufhängen sollte... :?

    Als ich dann meine Mutter danach fragte, erklärte sie mir, dass ein "Weibsbild" ein "alter, abwertender Begriff für 'Frau' sei". Das half mir nur bedingt weiter. Irgendwann ging mir dann auf, dass das ganze Wort "Frau" bedeutet, nicht nur der Bestandteil "Weib-". :m(:
    Was dann dazu führte, dass in meiner Vorstellung statt des Bildes nun eine alte Frau am Nagel an der Wand hing... :lol:

    Bis ich die volle Tragweite der Liedzeile verstanden hatte, ging noch einige Zeit ins Land... :m(:

    Das ist jetzt zwar keine Redewendung im eigentlichen Sinne, aber als nette Anekdote schreibe ich das trotzdem mal hierher. :)

  • Hm, ich kenn da eigentlich nur die Redewendung, jemandem ein Ohr abzukauen.

    Mike Tyson hat die offenbar missverstanden. Er muss wohl Autist sein. :d

    :lol: :lol: :lol:

    Also ich muss mir Redewendungen übersetzen. Ich denke sehr bildlich und konnte mir dann oft aus Kontext, Bild und das wiederholte Hören in bestimmten Situationen zusammenreimen, was gemeint ist. "Auf dem Schlauch stehen, Tomaten auf den Augen haben..." - als Kind hab ich dann ernst geantwortet, dass hier gar kein Schlauch ist und auch keine Tomaten, das hab ich dann auch immer überprüft, indem ich unter mich geschaut oder mir ins Gesicht gefasst habe - hat mich immer zum Heulen gebracht, weil die ja so nen Quatsch erzählen. xD
    Naaaaja... ich nutze es oft, wenn ich genau weiß, was damit gemeint ist, weil ich es interessant und amüsant finde, auch, zu lernen wie sie entstanden sind.

    An Unmögliches verschwendet Hamish keine Gedanken. Vielleicht ist das auch ganz gut, denn wer nur wenige hat, darf keine verschwenden.
    Alice im Wunderland (2010), Hörspiel


  • Und aus Erfahrung kann ich sagen: Bei uns hilft das! :thumbup:

    Ja, die Erfahrung bestätigt das auf jeden Fall, bzw. die Erfahrung dürfte die Grundlage für die Redewendung sein ;) Bloß ist auch ein Pferd, das keinen Hafer oder irgendwelches Krfatfutter bekommt, unterm Reiter buckelfreudiger, wenn es überwiegend im Stall stand, als wenn es auf der Weide läuft. Und statt mit Hafer kann man den Effekt auch mit anderen Kraftfuttermitteln simulieren. Also es ist wahrscheinlich nicht ursächlich der Hafer, sondern ein Bewegungsmangel. Artgerechte Pferdehaltung ist halt Haltung auf einer sehr großen Weide. An meinen Garten angrenzend ist eine gigantische unparzellierte Weidefläche, ich kenne vergleichbare Größenordnungen nur aus Australien. Da weiden eine Ammenkuhherde und 20 Pferde. Es ist faszinierend zu beobachten, wie sich die Tiere über den Tag hinweg, über die verschiedenen Wetterlagen hinweg usw. verhalten. Sie sind ständig in Bewegung (als zwei unabhängige Herden), und dienPfrde galoppieren mehrmals täglich miteinander weite Strecken. Im Gegenzug dazu kann man sich überhaupt erst vorstellen, was eine vorwiegende Stallhaltung, wo die wesentliche Bewegung eine kontrollierte mit Reitergewicht ist, für ein Pferd bedeutet. Gleiches für konventionelle Rinder-, Kälber-, Mastbullenhaltung.

  • Hmmm.... jetzt habe ich gerade auch 1/2 h über die Redewendung „mich sticht der Hafer“ nachgedacht und
    Unter Redensarten-index unten auf der Seite folgendes gefunden:

    Über das germanische "hafr" (Bock) könnte die Redensart allerdings auch einen sexuellen Hintergrund haben

    irgendwie auch ziemlich logisch für mich. Auch wenn ich ansonsten @Marilunas Erfahrungen bestätigen kann.

    EDIT: okay .... ich hätte nicht googeln sollen ... eigentlich wollte ich auch eine andere Theorie die ich hätte überprüfen. Irgendwie bin ich beim Rodeo gelandet, um Pferde dort zum Böcken zu bringen wird Ihnen (soweit ich weiß) ja kurzzeitig wehgetan (flankengurt soll Neigung zum bocken steigern), ich dachte das dieses eventuell auch etwas mit pieken und daraus wieder abgeleitet stechen zu tun haben könnte ....

    Einmal editiert, zuletzt von WhyWhyWhy (5. April 2019 um 19:08)

  • Meine Mutter sagt immer "Jemanden ein Kotelett ans Ohr quatschen". Allerdings find ich die Vorstellung dass Jemandem so ein großes Stück Fleisch quasi wie ein Ohrring am Ohr baumelt dann doch sehr amüsant :lol:

    Peace
    TK

    Ich kenne das als:
    N Knopp an‘ne Backe labern

    Mein Mac ärgert mich mit seiner Autokorrektur und er macht auch vor euch nicht halt! :prof:

    Leute ohne Macke sind kacke!! :nod:

  • @Hyperakusis

    Ich hab mal das Problem gehabt mit:
    Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.

    Meine Kollegin und ich dachten, es sei gemeint, dass die Ratten so schlau sind, dass sie schnell handeln und schon wissen, worauf es hinausläuft..

    War ganz schön peinlich, als wir gegoogelt hatten...

    Mein Mac ärgert mich mit seiner Autokorrektur und er macht auch vor euch nicht halt! :prof:

    Leute ohne Macke sind kacke!! :nod:

  • @Hyperakusis

    Ich hab mal das Problem gehabt mit:
    Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.

    Meine Kollegin und ich dachten, es sei gemeint, dass die Ratten so schlau sind, dass sie schnell handeln und schon wissen, worauf es hinausläuft..

    War ganz schön peinlich, als wir gegoogelt hatten...

    huh ... jetzt bin ich gerade komplett verwirrt.... was bedeutet es denn sonst?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!