Asperger aberkannt, Schizophrenie zuerkannt?!

  • Kann man die Diagnose Asperger aberkannt bekommen?

    Hallo, ich bin 44 und habe bis 2010 die Diagnose Asperger-Syndrom gehabt. Dann habe ich mal Stimmen gehört und Dinge gesehen, die nicht da waren und geglaubt, dass meine Lebensmittel vergiftet würden. Ich bliebe bewusstseinsklar aber erschrack mich und bekam das unbestimmte Gefühl bedroht zu werden, geriet in Panik und begann eine Sachbeschädigung, wurde jedoch im klinischen Gutachten für nicht schuldfähig gesprochen aufrund Schizophrenie?! In der Klinik wo ich nach der Straftat hinkam, sagten sie nämlich - ohne mich groß zu untersuchen/befragen: Das ist Schizophrenie.

    Bei meinem neuen Arzt (der alte ist in Rente gegangen) ist seitdem von Asperger nicht mehr die Rede, nur noch von Schizophrenie. Jetzt frage ich mich ob ich Asperger und Schizophrenie habe, wo doch beide zeitweilig so ähnlich sein können, bei beiden können ja psychotische Episoden auftreten. Bei Asperger eigentlich nur im jungen Erwachsenenalter.

    Und muss ich das Paliperidon (dem Risperdal ähnliches Antipsychotikum) wirklich nehmen? Soll ich einen vierten Arzt befragen und falls ja: Gibt es einen Asperger-Experten in Rheinland-Pfalz?

  • @thomas74

    Also, theoretisch kann man Asperger F84.5 und eine Schizophrenie nach F20.- haben.
    Man kann allerdings kein Asperger F84.5 und eine Schizotype Störung F21 gleichzeitig haben.

    Du schreibst "Schizophrenie", das sagt mir für deinen Fall nicht viel, weil es verschiedene Formen gibt, nach deiner Beschreibung scheint es eine paranoide Schizophrenie zu sein?

    Es ist so, nach ICD-10 kommen Psychosen gelegentlich auch bei Asperger vor.
    Ich las in Studien auch etwas davon, dass ein kleiner Teil von Aspergern später Schizophrenie entwickelte.

    Jetzt ist die Frage, wie deine Symptome ausgelöst wurden.
    Es kommt darauf an, ob du dich möglicherweise intoxikiert hast, wie lange die Symptome anhielten und von welcher Intensität.

    Es kann übrigens auch sein, ich weiß nicht, wann du diagnostiziert wurdest, dass die Prodromalphase deiner Schizophrenie als Autismus fehlgedeutet/fehldiagnostiziert wurde.
    Da kommt es eben darauf an, ob es einen "Knick" in deinem Lebenslauf gibt und ob deine Symptome über das Leben hinweg schlimmer wurden oder gar früher gar nicht vorhanden waren.

    „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
    (Aristoteles, griechischer Philosoph, 384 - 322 v. Chr.)

  • Man kann beides haben, was in deinem Fall zutreffen dürfte. Wahrscheinlich wird deine Schizophreniebehandlung im Moment einfach als dringender gesehen.
    Und ja: Wenn du Wahnvorstellungen hast, dann solltest du dringen dein Antipsychotikum nehmen.

    Einmal editiert, zuletzt von Kaffeetrinken (20. März 2019 um 00:10)

  • Die geschilderte Symptomatik klingt schon ganz klar wahnhaft. Das klingt vielleicht im ersten Moment hart, aber im Prinzip ist es ja "nur" eine Äußerung einer neurologischen Erkrankung. Die Klinik wird ja auch einen Entlassungsbrief mitgegeben haben, wo für den Arzt draus hervorgeht, was untersucht wurde, welche Medikation wie gewirkt hat und so weiter.

    Ob es jetzt eine einmaliger psychotischer Schub oder eine wiederkehrende Sache ist bleibt ja dann abzuwarten, aber ich denke es wird dir auch besser gehen, wenn du dich nicht mehr mit diesen Inhalten auseinander setzen musst, es bedeutet ja auch Angst und Stress für dich, wenn du dir den ganzen Tag überlegen musst, ob du vergiftet wirst.

    Ich habe jemanden mit einer ganz ähnlichen Erkrankung in der Familie und kann dir nur raten deine Medikamente erst einmal zu nehmen.
    Solltest du dir dann zu "abgeschossen" vorkommen, kann man ja immer noch an der Dosis was machen oder ein etwas anderes Medikament ausprobieren. Es verursacht oft viel Leid und Stress, wenn die Symptome nicht behandelt werden, zum Teil wird dann beispielsweise richtig viel oder alles Geld ausgegeben für etwas, was man unter normalen Umständen nicht gemacht hätte und dann kann man das oft nicht so einfach mit einem Gutachten wieder rückgängig machen.

    Danach kannst du dich ja auch nach einem anderen Arzt umsehen.

    Und klar kannst du Asperger sein und eine wahnhafte Psychose oder Schizophrenie haben, die steht halt nur derzeit im Vordergrund und ist dringender behandlungsbedürftig.

  • Man kann beides haben, was in deinem Fall zutreffen dürfte. Wahrscheinlich wird deine Schizophreniebehandlung im Moment einfach als dringender gesehen.
    Und ja: Wenn du Wahnvorstellungen hast, dann solltest du dringen dein Antipsychotikum nehmen.

    Sehe ich auch so. Wenn du im Moment wegen der Schizophrenie behandelt wirst bekommst du doch bestimmt ein Neuroleptikum. Dies solltest du auf jeden Fall auch einnehmen.

  • Hallo, ich bin 44 und habe bis 2010 die Diagnose Asperger-Syndrom gehabt. Dann habe ich mal Stimmen gehört und Dinge gesehen, die nicht da waren und geglaubt, dass meine Lebensmittel vergiftet würden

    Ähnliches hatte ich auch. Zum ersten mal mit 15, dass ich Menschen gesehen habe die nicht da waren und Stimmen und Geräusche hörte die nicht existent waren. So visuelle Trugwahrnehmung hatte ich zuletzt vor ca 3 Jahren (mit 33)- Davon waren 3 verschiedene Gutachter die meine AS Diagnose bestätigten nicht überrascht, im Gegenteil. Der letzte Gutachter (Chefarzt von einer Autimusambulanz) erklärte mir, dass es bei AS häufiger vorkommt, dass man Mini-Psychosen hat.

    Ich würde ein neues Gutachten in Auftrag geben. Wer in deiner Gegend empfehlenswert wäre - dazu würde ich beim Bundesverband nachfragen.
    https://www.autismus.de/ueber-uns/stru…nisationen.html

  • Ähnliches hatte ich auch. Zum ersten mal mit 15, dass ich Menschen gesehen habe die nicht da waren und Stimmen und Geräusche hörte die nicht existent waren. So visuelle Trugwahrnehmung hatte ich zuletzt vor ca 3 Jahren (mit 33)- Davon waren 3 verschiedene Gutachter die meine AS Diagnose bestätigten nicht überrascht, im Gegenteil. Der letzte Gutachter (Chefarzt von einer Autimusambulanz) erklärte mir, dass es bei AS häufiger vorkommt, dass man Mini-Psychosen hat.
    Ich würde ein neues Gutachten in Auftrag geben. Wer in deiner Gegend empfehlenswert wäre - dazu würde ich beim Bundesverband nachfragen.
    https://www.autismus.de/ueber-uns/stru…nisationen.html

    @thomas74
    kann das absolut bestätigen, weil ich jetzt auch Sicherheit von meinem Neurologen habe. Ich hatte wegen häuslicher Gewalt und anschliessendem Stalking zwei totale Zusammenbrüche, die ich wirklich nur mit meinem eingeschränkten Wahrnehmungsvermögen überstanden habe. Überwunden weis ich nicht, normale posttraumatische Belastungsstörung hab ich wohl nicht, vorrallem seit mir drei Fachärzte bestätigt haben , das die Haluzin- Trugwahrnehmungen damals einfach AS typisch waren.
    Zudem , wie geht das , den Autismus abzuerkennen, dann war all das was ich schon als Kind "gesehen" habe nicht meine sicht der Dinge sondern Trugvorstellungen. Das ist definitiv falsch, ich habe aus zwei lsd-selbstversuchen nur zwei präzisse Bilder die ich permanent abrufen kann , genauso wie den Rest in meinem Hirni.
    sorry, möchte hier niemanden mit meinem Kram verunsichern, sondern irgendwie mit meinem Wohlfühlen euch ein wenig zu unterstützen, oder genauer : ich macht das klasse sagen ich muss ihr sein, die anderen fauxpass sind mehr legastenisch :?

    Tomi B , AS, ADS

    Einmal editiert, zuletzt von Tomi Blum (25. Juni 2019 um 13:14)

  • @thomas74 Nur ganz kurz von mir: meine Psychologin meinte mal, dass viele mit AS fälschlicherweise eine Schizophrenie diagnostiziert bekommen, weil sie angeblich Stimmen hören. Das kommt aber nur dadurch, dass wir eben einfach alles hören, was um uns herum geschieht und dadurch entsteht unter Umständen der Eindruck. Zum Beispiel die Nachbarn, die nur der mit AS hört, der NT aber nicht.

  • Vor kurzem habe ich noch etwas zum Thema gefunden

    Buch: Das Asperger Syndrom im Erwachsenenalter (Prof. Ludger Tebartz von Elst)

    "6.5.3 Die autistischen Stressreaktionen
    Darüber hinaus sind den Autoren viele Patienten mit insgesamt sehr überzeugenden ASS bekannt, die in Krisensituationen vorübergehende klassische paranoid-halluzinatorische Syndrome mit kommentierenden, dialogisierenden und imperativen akustischen Halluzinationen ganz im Sinne klassischer Erstrangsymptome nach Schneider und ICD-10 entwickeln. Die Dauer dieser paranoid-halluzinatorischen Syndrome richtet sich dabei weniger nach ICD-10 Kriterien sondern vielmehr nach der Dauer der Stresssituation und kann auch länger als 4 Wochen, selten aber länger als wenige Monate anhalten. Meist kommt es zu einer vollständigen Remission dieser paranoid-halluzintorischen Symptomatik zurück auf das Ausgangsniveau des bekannten autistischen Anders-Seins. Kognitive oder progrediente dysexekutive Symptome, die den autistischen Basiszustand überschreiten, im Sinne einer Dementia praecox sind nicht erkennbar. Die Autoren würden solche vorübergehenden paranoid-halluzinatorischen Syndrome im Kontext einer klar erkennbaren psychosozialen Belastungssituation bei ASS auch unabhängig von der Dauer als autistische Stressreaktion im Sinne einer akut polymorphen Psychose werten, wobei dieser Bewertung ein engeres Schizophrenie-Konzept zugrunde liegt als das nach ICD-10. Nach letzterem ist eine solche Symptomatik per definitionem als Schizophrenie zu werten, sofern sie länger als 4 Wochen anhält."

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