Autismus vs. Schizotypie - persönliche Diagnosen-Unentscheidbarkeit

  • Ah ja. Interessant! Ich hab auch gelesen/vom Psychiater mitbekommen, dass psychose-artige Phasen bei Autismus vorkommen können.

    Das kann ich mir gut vorstellen. Manche autistischen Rituale hatten mit Dreck zu tun, der für andere nicht real war. Zum Beispiel Dreck von Worten, Dreck in meinen Gehirn von meinen Gedanken.

    Die musste ich dann "wegschreien". Dazu hab ich mich noch hin und hergeworfen. Danach war alles gut und ich fing wieder an zu lächeln.
    Blöd nur wenn jemand gefragt hat, was los war. Dann musste ich wieder an den "Dreck" denken, er war wieder da und ich musste wieder schreien, bis alles "gut" war

    ADHS & Autismus.
    and I'm an eurasian Crossbreed

    Dummheit ist nicht "Nicht Wissen" oder "Nicht Wissen Wollen", Dummheit ist "Glauben genug zu Wissen"

  • ...eine (wie ich finde) recht einfache Unterscheidungsmöglichkeit:

    Wenn die Probleme schon seit der frühen Kindheit bestehen, ist Autismus vermutlich richtig - weil es eine angeborene Störung ist. Treten die Probleme erst später, z.B. mit der Pubertät, auf, ist eine Persönlichkeitsstörung wahrscheinlicher - weil die erworben wird.

    Auch da kommt es darauf an, wen man fragt. Mir hat auch schon mal ein in der Autismusdiagnostik tätiger Psychiater etwas von "Persönlichkeitsstörung mit Beginn im frühen Kindesalter" erzählt.

    Weitgehender Konsens herrscht nur in Bezug darauf, dass es kein Autismus sein kann, wenn die Kindheit rundum unauffällig verlief. Ansonsten würde ich mir manchmal wünschen, dass die Fachleute, die über "Autismus ja oder nein" entscheiden, genauso intensiv und gründlich darüber nachdenken würden wie sehr viele User hier im Forum. Die scheinen es aber häufig überhaupt nicht so genau zu nehmen. Das macht's dann natürlich schwierig für diejenigen, die auf der Suche nach "der Wahrheit" über sich selbst und die eigene(n) Diagnose(n) sind...

    Manchmal wünschte ich mir auch für mich selbst eine kleine Portion dieser Lockerheit, die viele (natürlich nicht alle!) Fachleute an den Tag legen... aber ob's am Ende wirklich hilft?! Ich weiß es nicht.

  • Danke für die hilfreich gemeinte Hobbypsychologie. Ich denke, du liegst ziemlich richtig (und kannst meine Gefühle anscheinend besser deuten als ich selber ;) aber ich bin da auch saumäßig schlecht drin).

    Hmm. Das Problem ist, ich möchte tatsächlich die Wahrheit wissen und mich nicht mit pragmatischen Annahmen zufriedengeben. Ich finde es zugegebenermaßen doof, dass die meisten Menschen sich nicht für die Wahrheit interessieren. Für mich ist die Gewinnung von Erkenntnis, die möglichst frei von kognitiven Verzerrungen ist, ein starker Antrieb. Ich will tendenziell die Wahrheit hören, auch wenn sie unangenehm ist... ich kann es nicht verstehen, wenn Leute lieber die Unwahrheit bevorzugen.

    Natürlich kommt es aber vor, dass aufgrund der Natur des menschlichen Erkenntnisapparates wir uns Fragen stellen, die nicht beantwortbar sind, woraufhin wir und in eine abstrakte unauflösbare Denkspirale begeben (Dauergrübeln...), bis wir das Problem aus einer ganz anderen Perspektive betrachten.
    Insofern: Das ist mir klar. Aber ich bin mir eben nicht 100% sicher, ob ich nun eine Wahrheit finden kann oder nicht. Wegen der Restunsicherheit denke ich nun doch darüber nach.

    Das Nachdenken über korrekte Diagnosen ist potenziell so eine Sache, denn: Es sind menschliche Konstruktionen, die mehrdeutig sind - wir wissen zu wenig, um die Ätiologie exakt bestimmen zu können - es geht um Verhalten, und Verhalten ist durch total komplexe Kausalitäten bestimmt. Bei Autismus ist zusätzlich noch das Verwirrende, dass es von jeder Regel Ausnahmen gibt, sodass ich oft das Gefühl habe, das Konstrukt sei für sich genommen ziemlich unvalide und man müsste sich neue Subkategorien und Kriterien ausdenken (jedenfalls für mich, ich bin da total verwirrt).

    Und bezüglich Selbstdarstellung als adäquatem Grund für Diagnosen: Das beißt sich einfach mit meiner persönlichen Norm. Klar, Selbstwertaufwertung machen wir die ganze Zeit (lerne ich gerade in Sozialpsychologie), es ist etwas sehr menschliches. Aber wenn es um Diagnosen geht, vermute ich, dass die Menschen, die durch das, was ihnen diagnostiziert wurde, eingeschränkt sind, möglicherweise Nachteile haben, wenn es viele Diagnostizierte mit alleinigem Selbstdarsteller-Motiv gibt. Das scheint ein emotional besetztes Thema zu sein, wie bei den vorhandenen Kontroversen um "Fake-Autisten" usw. sichtbar wird.

    Bei dem was du schreibst würde ich eher dem Urteil der Charité vertrauen als dem Psychiater. Und das entspricht ja auch deinem Gefühl.

    An sich war die Diagnostik korrekter, das stimmt. Meinem Gefühl entsprach deren Befund allerdings überhaupt nicht. Das könnte daran liegen, dass ich mir 1) alles nur einbildete (das Gefühl ist inkorrekt) oder 2) die Diagnostizierenden doch nicht ganz richtig lagen. Oder eine Mischung aus beidem.
    Mein Psychiater meinte, sie würden dort einen sehr hohen Cut-Off setzen, was irgendwie mit eigenen Interessen bzgl. Forschung zu tun haben soll (hab ich nicht so ganz kapiert). Die Ärztin meinte auch, ich könnte ihrer Meinung nach schon "im unteren Bereich des Spektrums" sein, aber ich habe nicht die entsprechende "Punktzahl" erreicht.

    Hinzu kommt, dass ich es vor der Ärztin und der Psychologin nicht wirklich geschafft habe, meine Gefühle deutlich zu machen (ich habe einfach vergessen, dass ich, wenn ich leide, das der Ärztin auch mimisch zeigen sollte, weil sie es sonst nicht kapiert). Wenn ich noch die Umstände "weiblich", "ADS-Chaotin", "Kompensation", "blöde Erfahrungen anderer Autisten in der Charité" dazunehme, bin ich mir wiederum unsicher, wie sicher die Diagnose sein kann.
    Mein Wunsch nach absoluter Sicherheit ist wahrscheinlich ziemlich bescheuert...

    Laut Psychiater bin ich eine Art "Mischtyp" bzw. er meinte, ich würde eher nach "soften" Kriterien für Autismus ins Spektrum fallen, die er auch befürwortet. Sind vermutlich einfach andere Herangehensweisen je nach Ärzt*in.

    Wenn die Probleme schon seit der frühen Kindheit bestehen, ist Autismus vermutlich richtig - weil es eine angeborene Störung ist. Treten die Probleme erst später, z.B. mit der Pubertät, auf, ist eine Persönlichkeitsstörung wahrscheinlicher - weil die erworben wird.

    Soweit ich weiß, kann man im Prinzip Entwicklungsstörungen und Persönlichkeitsstörungen kaum voneinander unterscheiden. Menschen, die später Schizophrenie entwickeln, sind oft auch in der Kindheit auffällig. Aber an sich stimmt es schon, dass der Verlauf anders ist - eher gleichförmig vs. sich verschlimmernd.

    "autistische traits" und seit der Diagnostikvorlesung glaube ich nicht mehr ans Klassifikationssystem :D

    ~all brains are beautiful~

  • ich hab das jetzt nur überflogen, also korrigiert mich falls das schon thematisiert wurde aber kann es nicht sein, dass man autist mit einer Persönlichkeitsstörung ist?

    Diagnosen führen bei vielen Leuten zu Schubladen denken.

    Aber wenn es um Diagnosen geht, vermute ich, dass die Menschen, die durch das, was ihnen diagnostiziert wurde, eingeschränkt sind, möglicherweise Nachteile haben, wenn es viele Diagnostizierte mit alleinigem Selbstdarsteller-Motiv gibt. Das scheint ein emotional besetztes Thema zu sein, wie bei den vorhandenen Kontroversen um "Fake-Autisten" usw. sichtbar wird.

    wie oft ich das erlebt habe

    "Ich bin das und deshalb bin ich so und so."

    (Da wurde oft gar nicht versucht aus der Schiene rauszukommen und sich weiterzuentwickeln)

    ich bin zum beispiel autistin aus einem kaputten elternhaus, darum glaube ich, dass ich zu einer Persönlichkeitsstörung neige oder vielleicht eine habe.

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    Dummheit ist nicht "Nicht Wissen" oder "Nicht Wissen Wollen", Dummheit ist "Glauben genug zu Wissen"

  • Mir scheint allerdings, dass ich auch hier kaum die Kernkriterien erfülle. Routinen und eingeschränkte Interessen und Verhaltensweisen? Nicht wirklich - ich mache nur viel Stimming, das zählt vielleicht als "repetitive Verhaltensweise", und Spezialinteressen bzw. eine spezielle Art, Wissen zu sammeln, habe ich auch. Und Einschränkungen in der Kommunikation? Zumindest sind die Probleme nicht so extrem. In vertrauten Situationen bin ich sogar ziemlich sozialkompetent und kognitiv flexibel. Augenkontakt kann ich halten (außer bei Erschöpfung), Umarmungen und Händeschütteln sind okay.

    Ich finde das immer schwierig zu beurteilen, weil sich bei hochfunktionalen Autisten / Aspies diese Dinge oft eher subtil zeigen, aber dennoch in der Summe eine Behinderung machen. Sonst wäre es kein Autismus. Aber es ist eben nicht so klassisch eindeutig, dass man es auf den ersten Blick sieht und merkt.

    Ich kann z.B. von mir auch nicht behaupten, dass ich nur 1 sehr ausgeprägtes Spezialinteresse hätte, aber wenn ich mich mit anderen unterhalte, merke ich, dass es schon sehr wenig gibt, wo ich mitreden kann, weil mich eben doch das meiste nicht interessiert und ich nichts darüber weiß, während die anderen nichts über das wissen, was mich interessiert.

    Bei der Kommunikation und generell im Umgang mit anderen Menschen ist es so, dass ich im RL wie über eine Art "Interface" mit anderen rede. Das ist also eine Schnittstelle, die für die anderen auf den ersten Blick relativ normal wirkt, bei der sie aber in Wirklichkeit nichts oder nicht viel von meinem eigentlichen Selbst sehen. Es ist wohl die Art der Kompensation von Kommunikationsproblemen, ich versuche so sehr zu funktionieren, dass es eigentlich keine echte persönliche Kommunikation mehr ist. Daher fühle ich mich auch meistens abgeschnitten von anderen Menschen.

    Ob das jetzt besonders typisch für Autismus ist, weiß ich aber auch nicht. Vielleicht ist das auch nochmal ein anderes Problem (es gibt ja auch unter Autisten verschiedene Akzentuierungen). Es ist aber so mein Lebensgefühl. Trotzdem mag ich etliche Menschen ganz gern und bin gern mit ihnen zusammen. Ich habe aber noch nicht so den richtigen Weg gefunden, wie ich mich auch selbst offenbaren kann. Es ist mehr so ein Herantasten an Kontakte mit anderen, ohne dass es bisher einen richtigen Durchbruch gegeben hätte (das wäre z.B. eine sehr innige Freundschaft oder Partnerschaft).

    Und was sind jetzt eigentlich die Kommunikationsprobleme bei Autismus? Ich glaube, es ist ja noch gar nicht so ganz klar, was die Ursachen sind. Man sagt, es fehlt an der Gegenseitigkeit in Gesprächen, am Mitschwingen, oder am Mentalisieren. Aber woran das dann liegt? Bei mir selbst habe ich einfach das Gefühl, dass ich zu langsam bin, ich muss über zu vieles bewusst nachdenken, statt einfach was zu sagen oder zu machen. Deshalb funktioniert es auch besser in vertrauten Situationen, deren Ablauf man schon kennt, oder bei Leuten, über die man schon viel weiß. In sehr offenen Situationen ohne festen Ablauf und mit Fremden ist es schwieriger.

    Als kleines Kind im Kindergarten habe ich, glaube ich, mehr mein eigenes Ding durchgezogen, und da sind mir diese Probleme nicht so sehr aufgefallen. Ich habe mich nicht besonders auf andere eingestellt. In der Schule wurden die Anforderungen dann immer höher, ich durfte nicht mehr so sein, wie ich einfach war, und die größten Probleme bekam ich dann mit dem Wechsel ans Gymnasium. Wenn ich da morgens an der Bushaltestelle stand, habe ich versucht, Gespräche vorzubereiten, also mir Sätze zu überlegen, die ich während der Busfahrt oder später in der Schule sagen könnte, weil ich den spontanen Gesprächen nicht folgen konnte und dann oft nur schweigend dabeisaß. Das fand ich blöd, und ich wollte so sein wie die andern. Im Lauf der Zeit habe ich mir dann viele Standardphrasen eingeprägt und konnte in mehr Situationen relativ normal wirken, weil ich dann wusste, wie "man" sich verhält und was man sagt. Nur war das halt alles nicht wirklich authentisch, sondern nur auswendig gelernt.
    Das Zurechtlegen von Sätzen habe ich später größtenteils aufgegeben, um in Gesprächssituationen passendere spontan ausgewählte Textbausteine zu verwenden.

    Seit ich meine Diagnose habe, versuche ich, herauszufinden, wer und wie ich eigentlich wirklich bin, und wie ich es schaffen kann, wieder mehr ich selbst zu sein und trotzdem in Kontakt mit anderen, also ohne andere völlig abzuschrecken.


    Die autistischen Probleme sind eigentlich eher die, die gerade nicht klassischerweise in den Diagnosekriterien stehen.

    Welche denn?

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • und kannst meine Gefühle anscheinend besser deuten als ich selber aber ich bin da auch saumäßig schlecht drin).

    Hehe, ich wünschte nur, jemand würde mich besser kennen, als ich selbst. :d
    Tatsächlich sind es eigentlich nicht Gefühle, die hier eine Rolle spielen, sondern Motive, Motive haben schon logische Gründe und durch ein bisschen Ausprobieren kommt man dann auf wahrscheinliche Lösungen.
    Es ist ja nicht so, dass du dich fragst, warum du Schokoladeneis nicht magst. :lol:

    Hmm. Das Problem ist, ich möchte tatsächlich die Wahrheit wissen und mich nicht mit pragmatischen Annahmen zufriedengeben. Ich finde es zugegebenermaßen doof, dass die meisten Menschen sich nicht für die Wahrheit interessieren. Für mich ist die Gewinnung von Erkenntnis, die möglichst frei von kognitiven Verzerrungen ist, ein starker Antrieb. Ich will tendenziell die Wahrheit hören, auch wenn sie unangenehm ist... ich kann es nicht verstehen, wenn Leute lieber die Unwahrheit bevorzugen.

    Das kann ich verstehen, weil es mir da genau so geht.
    Es war auch ein Schock, zu hören, dass Leute sich nicht für die Wahrheit interessieren.
    Wofür interessieren sie sich?
    Für ihren persönlichen Erfolg, das ist meist alles.
    Traurig aber wahr, biologische Wesen, die entsprechend der Natur und dem Lauf der Dinge eben banale Ziele und einen primitiven Antrieb haben.
    Wenn ich mich anhöre, dann fühlt sich das irgendwie nicht gut an.
    Aber ist das so?
    Was ist daran falsch? Keine Ahnung, ist mein Gefühl, es gibt objektiv gesehen kein besser oder schlechter.

    Wegen der Restunsicherheit denke ich nun doch darüber nach.

    Ja, das glaube ich dir.
    Aber was würdest du machen, wenn du 100% sicher wärst?


    Aber wenn es um Diagnosen geht, vermute ich, dass die Menschen, die durch das, was ihnen diagnostiziert wurde, eingeschränkt sind, möglicherweise Nachteile haben, wenn es viele Diagnostizierte mit alleinigem Selbstdarsteller-Motiv gibt.

    Das heißt, du möchtest alle anderen Autisten vor dir selbst schützen.
    Du befürchtest, dass du ihnen schaden würdest, wenn du die Diagnose aus diesem Motiv erstrebst/bekommst.
    Aber ist das so? Gibt es wirklich Menschen, die das allein aus diesem Grund wollen?
    Kann es nicht sein, dass das einfach "dumme" Menschen sind, die keinen Überblick über ihre Person haben? :)

    Naja, jedenfalls denke ich, dass das Bild von Autismus schon genug "verzerrt" ist, was du ja befürchtest.
    Es ist schon eingetreten.^^
    Aber du willst vielleicht trotzdem nicht "Mitschuld" tragen, tja, dadurch leidest dann nur du, und andere üben "für dich" den Schaden aus.
    Du bist zu streng zu dir und würdest sogar eher ins Spektrum fallen, als andere, die sich nicht so streng bewerten.
    Natürlich alles hypothetisch.


    Bei Autismus ist zusätzlich noch das Verwirrende, dass es von jeder Regel Ausnahmen gibt, sodass ich oft das Gefühl habe, das Konstrukt sei für sich genommen ziemlich unvalide und man müsste sich neue Subkategorien und Kriterien ausdenken (jedenfalls für mich, ich bin da total verwirrt).

    Könnte stimmen.


    Hinzu kommt, dass ich es vor der Ärztin und der Psychologin nicht wirklich geschafft habe, meine Gefühle deutlich zu machen (ich habe einfach vergessen, dass ich, wenn ich leide, das der Ärztin auch mimisch zeigen sollte, weil sie es sonst nicht kapiert). Wenn ich noch die Umstände "weiblich", "ADS-Chaotin", "Kompensation", "blöde Erfahrungen anderer Autisten in der Charité" dazunehme, bin ich mir wiederum unsicher, wie sicher die Diagnose sein kann.
    Mein Wunsch nach absoluter Sicherheit ist wahrscheinlich ziemlich bescheuert...

    Das wirst du wohl doch gemacht haben, weil "kaum Gefühle zeigen" eine Bestätigung der Autismus-Diagnostik ist.


    Mein Psychiater meinte, sie würden dort einen sehr hohen Cut-Off setzen, was irgendwie mit eigenen Interessen bzgl. Forschung zu tun haben soll (hab ich nicht so ganz kapiert). Die Ärztin meinte auch, ich könnte ihrer Meinung nach schon "im unteren Bereich des Spektrums" sein, aber ich habe nicht die entsprechende "Punktzahl" erreicht.

    Das stimmt.
    Sie nehmen anscheinend den Cut-Off vom ADOS sehr ernst und natürlich die einzelnen Scores.
    So ernst, dass sie für Dinge keine Punkte vergeben, die eigentlich zutreffen.
    Was an sich eigentlich quatsch ist, wenn es nicht um Forschung geht und es sich um Erwachsene handelt.

    „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
    (Aristoteles, griechischer Philosoph, 384 - 322 v. Chr.)

  • Ich weiß nicht. Wenn ich das so lese, dann denke ich, dass das irgendwie vom falschen Ende aus betrachtet sein könnte? Ich meine, es ist eine typisch menschliche Eigenschaft, zu versuchen sich in der Komplexität der Welt zu orientieren, indem man auf einzelne Eigenschaften fokussiert, die anderen ausblendet (!!!!!!) und auf dieser Basis Kategorien bildet, in die man dann die entsprechend reduzierte Vorstellung der Realität einsortiert. ASS und weitere ICD-Diagnosen sind solche Schubladen in dem großen Schrank von Auffälligkeiten nicht körperlicher Natur. Ärzte konstruieren diese Schränke, um in der Vielfalt irgendwie einen Überblick zu bekommen, damit sie ggf. passend handeln können (Therapie). Die Idee dahinter ist, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Ursache und Symptom gibt, und die Therapie möglichst an der Ursache ansetzen sollte, und nur dann am Symptom, wenn die Ursache nicht (mehr) zugänglich / beeinflussbar ist. So ein System ist zum einen nicht in Stein gemeißelt, sondern kann und muss an wissenschaftliche Erkenntnisse, aber auch an den Zweck angepasst werden. Asperger ist kein Naturgesetz, sondern ein menschliches Konstrukt auf der Basis der vorhandenen Erkenntnisse und der gesellschaftlichen Anforderungen.
    Das muss man sich vielleicht immer noch mal klar machen, wenn man das Gefühl hat, nicht wirklich in eine Schublade zu passen, oder sich zwei Schubladen zugehörig zu fühlen. Die Wahrheit besteht nicht darin, die richtige Schublade zu finden - die Schubladen sind nicht "richtig". Die Frage nach dem Zweck ist eine andere, und wenn das aktuelle System auf der Suche nach der passenden Therapie nicht weiterhilft, dann ist das eben kein zweckdienlicher Ansatz im konkreten Fall. Vielleicht kann es dann sinnvoll sein, zweigleisig zu fahren und abhängig vom gerade am stärksten ausgeprägten Symptomdruck gezielt danach zu suchen, was diesen positiv beeinflusst?

    Und übrigens: Das Schnabeltier hat auch seine ganz eigene Schublade im riesigen Schrank der Säugetiere bekommen, weil es nirgendwo reinpasste ;)

  • Und: Was wäre, wenn Schizotypie weniger stigmatisiert wäre und wenn es eine Neurodiversitäts-Bewegung auch in diese Richtung gäbe? Ein Gedankenspiel.

    Irgendwie scheint mir das gesamte Schizo... Spektrum deutlich tiefer in der "Stigmatisierungsschiene" zu stecken als das autistische.
    Ich halte "Symptome" in der Regel für an sich natürliche oder gar gesunde Reaktionen um aus einer Dysbalance heraus wieder ein Gleichgewicht herstellen zu können.
    Teils eben ausgleichende Reaktion auf ein nicht balanciertes Umfeld.
    Der Psychiater R.D. Laing hat es ja wohl erlebt, dass im alltäglichen Zusammenleben mit Schizophrenen in einer WG deren Symptome einfach nicht mehr nötig waren und verschwanden, erst im gewohnten Umfeld tauchten sie wieder auf.

    ich neige auch zu "magischen denken". Aber mit der Zeit habe ich das unter Kontrolle gekriegt und heute lebe ich zu 93% in der realität

    Falls du magst, kannst Du mal ein Beispiel für das magische Denken geben , welches mit Realität nichts zu tun hat?

    - daraus ergibt sich die Frage, warum es zwar eine große Autismus-, aber keine Schizotypie-Community gibt --> evtl. weil der Begriff veraltet ist? Oder weil Schizotypie stigmatisiert und negativ behaftet ist? Weil es tatsächlich eher Krankheit als Neurodiversität ist? Oder weil Schizotype keine Community-bildende Art von Menschen sind?

    Ich kann mir auch denken, dass eben jeder für sich bereits so stigmatisiert und isoliert ist und zudem primär Hilfe im professionellen, pathologisierenden Umfeld sucht und findet, dass der Gedanke ressourcenorinentiert zu schauen gar nicht erst aufkommen kann. Und das hilflose private Umfeld ist froh, wenn die "Symptomträger" in professionelle Hände kommen :roll: .

    Ich habe übrigens vor meine AS Diagnose auch an alles mögliche im Psychosektor bei mir gedacht, auch an möglicherweise psychotisches Erleben,
    aber mir wurde dann rückgemeldet, dass ich mir dafür u.a. viel zu bewusst und reflektiert bzgl. meines Innnelebens/Lebens sei, so habe ich es zumindest verstanden.


    Er schien erst verwundert, meinte, ich wäre eher hochsensibel und dass meine Emotionalität nicht zu Autismus passen würde (eine seltsame Aussage, finde ich).

    Das mit der Emotionalität wird oft missverstanden beim Autismus ist mein Eindruck.

    Hochsensibilität und Hochsensitivität und sowas wie synästhetische Wahrnehmungen liegen bei mir auch vor.
    All diese Wahrnehmungen müssen ja auch erstmal sinnvoll verarbeitet und sortiert werden.
    Ich bin damit lediglich nie nach aussen hin in einen diagnostizierbar pathologischen Rahmen gefallen.
    Hatte aber oft den Eindruck wenn ich jemandem von meinem Innenlben erzählen würde, würde ich vielleicht in der Psychiatrie landen können.
    Als es dann publiker wurde, dass es hochsensible und -sensitive Menschen gibt , ich etwas Kontakt zu Menschen aus diesen "Spektren" bekam und ich mitbekam, dass all ihre Strategien damit umzugehen für mich nicht wirklich hilfreich waren dachte ich, dass bei mir eben noch etwas anderes vorliegen muss.
    Und es scheint wohl Autismus zu sein :roll: .


    Die Wahrheit besteht nicht darin, die richtige Schublade zu finden - die Schubladen sind nicht "richtig".

    Ja, das ist ein guter Hinweis finde ich.

    2 Mal editiert, zuletzt von ifi (13. Januar 2019 um 14:44)

  • Falls du magst, kannst Du mal ein Beispiel für das magische Denken geben , welches mit Realität nichts zu tun hat?

    Wenn mich jemand beleidigt hat, war ich "schmutzig" oder "befleckt" man musste dann sowas wie "Quatsch" sagen, um mich wieder zu befreien. Oder wenn ein Ereignis stattgefunden hat, was mir ..sagen wir mal "nicht gefallen hat" war ich auch kontaminiert. Ich war dann in meinen Handlungen eingeschränkt. Ich musste dann ein paar Mal duschen um mich wieder in den "Normalzustand" zu bringen.

    Auch hatte ich die Welt in "Zonen" unterteilt. Die "sauberen" und die "dreckigen" Zonen. Für jede Zone hatte ich andere Kleidung. Hatte ich eine Zone mit der falschen Kleidung betreten, musste ich die waschen und mich anschließend duschen.

    Auch Gedanken haben mich "dreckig" gemacht. Oder Ereignisse waren in Gegenstände gefangen. Wenn ich diesen Gegenstand berührte sprang das Ereignis auf mich rüber.

    Das sind mal die Dinge die ich wieder in Griff gekriegt habe.

    Das kann ich mir gut vorstellen. Manche autistischen Rituale hatten mit Dreck zu tun, der für andere nicht real war. Zum Beispiel Dreck von Worten, Dreck in meinen Gehirn von meinen Gedanken.

    Die musste ich dann "wegschreien". Dazu hab ich mich noch hin und hergeworfen. Danach war alles gut und ich fing wieder an zu lächeln.
    Blöd nur wenn jemand gefragt hat, was los war. Dann musste ich wieder an den "Dreck" denken, er war wieder da und ich musste wieder schreien, bis alles "gut" war

    ADHS & Autismus.
    and I'm an eurasian Crossbreed

    Dummheit ist nicht "Nicht Wissen" oder "Nicht Wissen Wollen", Dummheit ist "Glauben genug zu Wissen"

  • Wenn mich jemand beleidigt hat, war ich "schmutzig" oder "befleckt" man musste dann sowas wie "Quatsch" sagen, um mich wieder zu befreien. Oder wenn ein Ereignis stattgefunden hat, was mir ..sagen wir mal "nicht gefallen hat" war ich auch kontaminiert. Ich war dann in meinen Handlungen eingeschränkt. Ich musste dann ein paar Mal duschen um mich wieder in den "Normalzustand" zu bringen.

    Danke fürs Beschreiben.
    Im Grunde steckt da ja auch reale Wahrnehmung hinter, Beleidigungen hinterlassen ja auch etwas in Deinem System, schon allein in greifbaren Ebenen wie veränderte Herzfrequenz, Hautfeuchtigkeit, Leitfähigkeit.
    Und wenn dann innerlich keine ausreichende Lösung damit umzugehen da ist,
    werden dann halt Lösungen im Aussen gesucht - die die Umwelt dann ggfls. als verrückt erklärt.
    Dieses "schlechte Energien" abduschen ist in esoterischen Kreisen übrigens durchaus verbreitet.
    Und ich denke, dass Wasser eine gewisse Veränderungskraft hat ( mindestens die Temperatur und die Herzfrequenz kann es verändern) , es kann entlastend wirken ist also im Kern nicht verrückt finde ich, es löst halt nicht dauerhaft das eigentliche Problem, es entstehen ggfls. Bindungen etc. .

  • Hallo Julai,

    hast du auch motorische Auffälligkeiten wie eine eigentümliche Art zu gehen oder Gangschwierigkeiten?
    Das kommt nämlich bei Schizoptypie, schizoaffektive Störung etc. nicht vor.
    Auch Spezialinteressen sind bei psychischen Störungen nicht vorhanden ,

    Allerdings kann man durchaus zweierlei haben , ich kenne eine Frau, sie ist Autistin und hat wegen ihrer Kindheit auch noch ein posttraumatisches Belastungssyndrom, da weiß sie wirklich nicht, was jetzt von was kommt.


    Würde mich übrigens interessieren, wie Neuroleptika bei Nicht-Schizophrenen wirken, ob sie wirken.

    kann ich beantworten, weil man mir wegen einer falschen Diagnose - auch dieses schizo-affektiv - welche gegeben hat. Ich hatte natürlich nicht die gewünschten Wirkungen, dafür alle Nebenwirkungen:
    Konzentrationsprobleme, Depression, Gedächnisschwierigkeiten, Lethargie hohe Gewichtszunahme und Akathasie, das ist eine Bewegungsunruhe, bei der man nicht still sitzen kann., besonders quälend in Kombination mit Lethargie.
    etc.
    Mittlerweile denke ich auch, dass die Dopaminhypothese der Schizophrenie nicht zutrifft und der Haupteffekt von Neuroleptika die Ruhigstellung ist ( Du merkst schon, dass Neuroleptika dann eine Weile mein Spezialinteresse wurde, ich berate heute Leute beim Absetzen)

    Wenn also Symptome schon seit Kindheit vorhanden sind, ist es leider nicht so eindeutig, weil man nie weiß, wann was angefangen hat, was einen späteren Anfang hat.

    Schizophrenie in der Kindheit ist sehr selten, eigentlich nur bei hoher familiärer Belastung. Bei Männern zeigt sich ein steiler Anstieg des Krankheitsausbruchs zwischen 15 und 24 Jahren. Danach kommt es zu einem gleich bleibenden Abfall, d.h. in den mittleren Lebensjahrzehnten und im fortgeschrittenen Alter sind Männer nur noch selten betroffen. Bei Frauen findet sich statistisch (möglich ist natürlich jeglicher Verlauf) ein erster flacher Anstieg zwischen 20 und 29 und ein zweiter niedriger zwischen 45 und 50 Jahren, vor allem während der Wechseljahre.

    Wenn die Probleme schon seit der frühen Kindheit bestehen, ist Autismus vermutlich richtig - weil es eine angeborene Störung ist. Treten die Probleme erst später, z.B. mit der Pubertät, auf, ist eine Persönlichkeitsstörung wahrscheinlicher - weil die erworben wird.
    Ich finde die Erklärung schlüssig und konnte sie für mich auch so annehmen.

    Das heißt aber auch, dass tatsächlich beides vorliegen kann.

    das sagte meine Psychologin auch, man kann zu Autismus noch jede andere Störung dazu bekommen, wie NTs auch.

    "Autismusdiagnose - Potius sero quam numquam.
    ( Lieber spät als nie.) "
    :irony:

  • kann ich beantworten, weil man mir wegen einer falschen Diagnose - auch dieses schizo-affektiv - welche gegeben hat. Ich hatte natürlich nicht die gewünschten Wirkungen, dafür alle Nebenwirkungen:

    Ich finde wirklich, es fehlt eine Kontrollinstanz in der Psychiatrie, die noch ein zweites Mal drauf schaut.
    Neuroleptika können wirklich Schaden anrichten.

    Edit: Ich war auch kurz davor, habe aber noch etwas darüber gelesen und fest gestellt, ich will meinem Gehirn nicht schaden.
    Neuroleptika schaden ja sozusagen der grauen Substanz im Hirn (Hirnatrophie).
    Also, ne danke.

    „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
    (Aristoteles, griechischer Philosoph, 384 - 322 v. Chr.)

    Einmal editiert, zuletzt von Cloudactive (13. Januar 2019 um 17:11)

  • Ich kann z.B. von mir auch nicht behaupten, dass ich nur 1 sehr ausgeprägtes Spezialinteresse hätte, aber wenn ich mich mit anderen unterhalte, merke ich, dass es schon sehr wenig gibt, wo ich mitreden kann, weil mich eben doch das meiste nicht interessiert und ich nichts darüber weiß, während die anderen nichts über das wissen, was mich interessiert.

    Das kenne ich. Wobei ich glücklicherweise Psychologie studiere, und fast jeder Mensch interessiert sich ein wenig für Psychologie. Und die Kommiliton*innen, mit denen ich gerne etwas zusammen mache, sind nerdigen Gesprächen nicht abgeneigt :) Das empfinde ich als sehr toll.

    Und was sind jetzt eigentlich die Kommunikationsprobleme bei Autismus? Ich glaube, es ist ja noch gar nicht so ganz klar, was die Ursachen sind. Man sagt, es fehlt an der Gegenseitigkeit in Gesprächen, am Mitschwingen, oder am Mentalisieren.

    Das mit dem Mentalisieren finde ich auch einen interessanten Ansatz, ich habe auch einen Blogbeitrag dazu geschrieben. Für mich ist Vermeulens Theorie der Kontextblindheit bisher der stimmigste Ansatz, um die Kommunikations-Defizite zu beschreiben. D.h. grob vereinfacht, Nichtautisten beziehen unbewusst äußere und innere Kontextfaktoren ein, um Bedeutung von Sprache und nonverbaler Kommunikation zu erfassen, während das bei Autisten eingeschränkt ist.

    habe ich versucht, Gespräche vorzubereiten, also mir Sätze zu überlegen, die ich während der Busfahrt oder später in der Schule sagen könnte

    Das hab ich auch gemacht... :roll:

    Wofür interessieren sie sich?
    Für ihren persönlichen Erfolg, das ist meist alles.
    Traurig aber wahr, biologische Wesen, die entsprechend der Natur und dem Lauf der Dinge eben banale Ziele und einen primitiven Antrieb haben.
    Wenn ich mich anhöre, dann fühlt sich das irgendwie nicht gut an.
    Aber ist das so?
    Was ist daran falsch?

    Das ist vermutlich durchaus richtig, aber meine Weltsicht ist doch eine andere, allein schon aus praktischen Gründen (ich gehe davon aus, dass es sozusagen Erkenntnisse gibt, die wahr sind, und andere Erkenntnisse, die genauso wahr sind, sich aber besser eignen, an sie zu glauben, um sich in der Gesellschaft funktionaler zu verhalten).
    Ich kenne z.B. viele Menschen aus der Umweltbewegung, die viel ihrer Zeit und Ressourcen in Dinge stecken, die ihnen nicht unmittelbar nützen (natürlich nützt es ihnen im Sinne der Selbstaufwertung und Reduktion kognitiver Dissonanz, aber "banal" und "primitiv" ist so ein Verhalten meiner Meinung nach nicht). Und an solche Dinge wie Altruismus und Erkenntnis um der Erkenntnis Willen und den Einsatz für z.B. Demokratie, selbst wenn man selbst nicht unmittelbar davon profitiert, möchte ich glauben. Ich bin insgesamt ein sehr idealistischer Mensch und gehe z.B. regelmäßig auf Demos.

    Insofern: Es ist daran womöglich nichts falsch, aber ich denke, der Glaube daran, dass es selbstlosen Idealismus auf der Welt gibt, ist doch relativ wichtig.

    Aber du willst vielleicht trotzdem nicht "Mitschuld" tragen, tja, dadurch leidest dann nur du, und andere üben "für dich" den Schaden aus.
    Du bist zu streng zu dir und würdest sogar eher ins Spektrum fallen, als andere, die sich nicht so streng bewerten.

    Könnte sein... wie gesagt, meine Therapeutin meinte schon einmal, ich hätte übertriebene moralische Ansprüche an mich. Aber ich möchte eben nach dem kategorischen Imperativ gehen. D.h. ich denke nicht "weil so viele es tun, macht es eh keinen Unterschied, was ich als Einzelne tue". Ich möchte als Einzelne so handeln, wie ich wollte, dass alle handeln. Bei Umweltproblemen und anderen Kontexten sozialer Verantwortung folge ich, wenn möglich, demselben Gedankengang. Aber vermutlich wäre ich, selbst wenn die Diagnose eigentlich falsch ist, immernoch mehr Autist als die meisten anderen...

    @Verwirrt danke für deine Gedanken. Ich bin da wohl noch verwirrter als du :-p
    Eigentlich ist es ganz einfach - Diagnosen sind von menschgemachten Kontextfaktoren abhängig, die Erkenntnisfähigkeit der Wissenschaft ist begrenzt usw. Es macht natürlich Sinn, die Diagnose so zu wählen, dass sie zum tauglichsten Behandlungsansatz führt. Man könnte sich also fragen, wozu diese ganzen Gedanken :roll:
    Von der Behandlung/Therapie her habe ich im Moment alles, was ich brauche. Die Ärzte meinen bei mir sowieso, es wäre ziemlich experimentell, was sie da mit mir anstellen würden ...
    Von daher, ich denke, meine Grübelei hat mehr damit zu zun, dass ich mich enorm mit solchen Diagnose-Konstrukten identifiziere und mich einfach gerne mit dem richtigen identifizieren möchte. Ich denke es stimmt, was du sagst, bzgl. Schubladen sind per se nicht richtig oder falsch und die Richtige finden zu wollen geht manchmal einfach nicht.
    Die Frage ist nur, was mache ich dann? Ich komme mit vagen Informationen/unbeantworteten, mehrdeutigen "das wird schon irgendwie"-Ansätzen nicht wirklich klar, ich brauche irgendeine Art Fakten, irgendeine stabile Erkenntis (und sei es die, dass die Frage unlösbar ist und eine Antinomie der Vernunft oder so). Ich habe zu diesem Zweck schon einmal ein Diagramm gemalt, das meine Neurodiversität als Ausprägung von vier Diagnose-Konstrukten in jeweils unterschiedlichen Dimensionen darstellt. Ist eigentlich ganz nützlich.

    Ich möchte supergerne auch noch auf die anderen Beiträge antworten, aber erstmal muss ich zur Uni :d
    Bis später.

    "autistische traits" und seit der Diagnostikvorlesung glaube ich nicht mehr ans Klassifikationssystem :D

    ~all brains are beautiful~

  • Die Frage ist nur, was mache ich dann? Ich komme mit vagen Informationen/unbeantworteten, mehrdeutigen "das wird schon irgendwie"-Ansätzen nicht wirklich klar, ich brauche irgendeine Art Fakten, irgendeine stabile Erkenntis (und sei es die, dass die Frage unlösbar ist und eine Antinomie der Vernunft oder so). Ich habe zu diesem Zweck schon einmal ein Diagramm gemalt, das meine Neurodiversität als Ausprägung von vier Diagnose-Konstrukten in jeweils unterschiedlichen Dimensionen darstellt. Ist eigentlich ganz nützlich.

    Ich glaube, ich weiß, was du meinst...
    Vielleicht führt dich an diesem Punkt eher die Frage weiter, *warum* du so zutiefst überzeugt bist, dass du diese "Fakten" brauchst. Ich setze sie bewusst in Anführungszeichen. Wörtlich genommen vermittelt der Ausdruck ja bereits, dass es sich um das Ergebnis einer Handlung handelt - hier also um die Einordnung in ein (ebenfalls logischerweise menschengemachtes) System. Inwiefern denkst du, dass es sich bei derartigen Diagnosen um stabile Erkenntnisse handeln dürfte? Ich denke, man muss sich nur mal alleine anschauen, wie breit das Spektrum ist, seit wann man Asperger diagnostiziert und welchen Wandlungen der Begriff Autismus unterlag und weiterhin wohl unterliegen wird. Ich denke schon, dass die Frage lösbar ist - in dem Moment, wo einer die Diagnosekriterien so verändert, dass dann plötzlich du genau in eine der Schubladen passt. In dem gleichen Moment fallen dann eben andere heraus oder werden umsortiert. Ich denke also, dass für dich diese Frage sinnfrei ist, bzw. dass es für dein Ziel die falsche Frage ist, die du stellst. Mir scheint, dass die Frage, die deiner Frage nach der "richtigen" Diagnose eigentlich zugrunde liegt, vielleicht die ist, *wer* du bist und wo dein Platz ist. Ich glaube, wenn du die für dich beantworten kannst, ist die Frage nach der Schublade vielleicht nicht mehr so drängend. Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass dieser Drang, etwas bis zur zufriedenstellenden Auflösung zu durchdenken (den ich leider ebenfalls sehr sehr gut kenne), Folge der zu welcher Schublade auch immer gehörenden Neurodiversität ist und dass es aus dem gleichen Grund ganz schwer ist, davon abzulassen, selbst wenn die Vernunft ahnt, dass es keine befriedigende Auflösung gibt :(

    Das mit dem Diagramm klingt interessant! So richtig kann ich es mir leider nicht vorstellen. Wobei ist es dir denn nützlich, magst du darüber schreiben?

  • @rowdy Dachte, sowas fällt in den Bereich der Zwangsstörungen?

    Das dachte man anfangs auch. Mich hat das geärgert. Ich fühlte mich nicht gezwungen.

    Der Stations und Stellvertretende Oberarzt der Kinder- und Jugenpsychiatrie warein Arschloch. Denoch hat er die entscheidende Diagnose gebracht.
    Er hat erkannt, daß kein Leiden bei mir entstand oder vorhanden war. Danke, es waren nämlich wirklich keine Zwänge.

    ADHS & Autismus.
    and I'm an eurasian Crossbreed

    Dummheit ist nicht "Nicht Wissen" oder "Nicht Wissen Wollen", Dummheit ist "Glauben genug zu Wissen"

  • Also, für mich hörte sich das auch ganz stark nach einer Zwangsstörung an, ohne daß ich natürlich hier eine Diagnose erstellen möchte.

    Du fühltest Dich nicht gezwungen? Du mußtest aber doch, wie Du vorher beschriebst, gewisse Verhaltensweisen "umkehren", da Du nur so meintest, beruhigt sein zu können. Jetzt mal ganz frei aus dem Gedächtnis, ich müßte genauer nachlesen.


    /edit:

    Hierauf beziehe ich mich vor allem:

    "
    Wenn mich jemand beleidigt hat, war ich "schmutzig" oder "befleckt" man
    musste dann sowas wie "Quatsch" sagen, um mich wieder zu befreien. Oder
    wenn ein Ereignis stattgefunden hat, was mir ..sagen wir mal "nicht
    gefallen hat" war ich auch kontaminiert. Ich war dann in meinen
    Handlungen eingeschränkt. Ich musste dann ein paar Mal duschen um mich
    wieder in den "Normalzustand" zu bringen.


    Auch hatte ich die Welt in "Zonen" unterteilt. Die "sauberen" und die
    "dreckigen" Zonen. Für jede Zone hatte ich andere Kleidung. Hatte ich
    eine Zone mit der falschen Kleidung betreten, musste ich die waschen und
    mich anschließend duschen."


    Genau solche Themen (aber fast wirklich exakt so!) hatte jemand in der Klinik, in der ich mal war (Psychosomatik), und der bekam die Diagnose "Zwangsstörung".


    Nochmals zur Wiederholung:
    Natürlich stelle ich keine Diagnose oder spreche ich eine ab, aber ich bin so frei, meine Eindrücke anhand des Geschilderten zu äußern (wobei natürlich immer auch die Gefahr besteht, daß wesentliche Aspekte mangels Bekanntheit unterschlagen werden).

    2 Mal editiert, zuletzt von sempron (14. Januar 2019 um 20:43)

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Magisches_Denken
    "

    • es gäbe übernatürliche Fernwirkung;
    • Gegenstände könnten Eigenschaften ihrer Besitzer übertragen;
    • Dinge, die eine Eigenschaft gemeinsam haben, seien auch in Anderem ähnlich (vgl. beispielsweise Homöopathie, Signaturenlehre oder Analogiezauber);
    • man könne die Außenwelt durch Worte, Formeln, Sprüche oder bloße Gedanken beeinflussen;
    • die Zukunft sei vorhersehbar, bestimmte Dinge oder Vorgänge hätten eine Vorbedeutung, auch ohne Verbindung mit künftigen Ereignissen;
    • Symbole, zum Beispiel Amulette, hätten eine Wirkung;
    • bestimmte Menschen hätten übernatürliche Kräfte oder könnten Wesen mit solchen Kräften in ihren Dienst zwingen;
    • Geister, Götter oder Geheimgesellschaften könnten voneinander getrennte Ereignisse oder Phänomene verbinden. "

    „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
    (Aristoteles, griechischer Philosoph, 384 - 322 v. Chr.)

  • Soweit ich weiß, kann man im Prinzip Entwicklungsstörungen und Persönlichkeitsstörungen kaum voneinander unterscheiden. Menschen, die später Schizophrenie entwickeln, sind oft auch in der Kindheit auffällig.

    Es ist sicher schwierig, zwischen Entwicklungsstörung und Persönlichkeitsstörung zu unterscheiden. Gerade deshalb macht eine sehr frühe Diagnostik ja auch Sinn.

    Wobei ich gerade nicht weiß, wieso Schizophrenie auf einmal ein Thema ist. Im Ursprungspost ging es doch um die schizotypische Störung, was dann später auf schizoaffektive Störung korrigiert wurde.

    ich hab das jetzt nur überflogen, also korrigiert mich falls das schon thematisiert wurde aber kann es nicht sein, dass man autist mit einer Persönlichkeitsstörung ist?

    Natürlich ist das möglich. Und besonders in der Therapie wichtig.

    ~ Es ist kein Zeichen von Gesundheit, an eine von Grund auf kranke Gesellschaft gut angepasst zu sein. ~

  • Wobei ich gerade nicht weiß, wieso Schizophrenie auf einmal ein Thema ist. Im Ursprungspost ging es doch um die schizotypische Störung,

    Die schizotypische PS (und bei einigen Quellen auch die schizoide PS) werden in den Sektor der Schizophrenie-ähnlichen Störungen eingeordnet. (Autismus übrigens früher auch, und neuere Erkenntnisse zeigen ähnliche genetische Veränderungen bei Schizophrenie und Autismus)

    ging es doch um die schizotypische Störung, was dann später auf schizoaffektive Störung korrigiert wurde.

    Das war glaube ich nicht der TE, sondern jmd anderes der es verwechselte (ich glaube Cloudactive).


    Mir fiel ein dass wir vor Jahren mal etwas besprochen hatten, was "schizotyper Autismus" heißt, und in Nord-Ost-Europa eine offizielle Diagnose ist,
    habe es hier wieder gefunden: Schizotyper Autismus

    Zitat

    "Schizotypal autism or Mendelsohnn's Syndrome is an extremely rare neurodevelopmental disorder[1] similar to Asperger syndrome; however, it originates from a schizotypal continuum rather than an autistic spectrum. It is characterized by impaired social interaction, non-verbal communication, ritualistic and obsessive behaviour, an above average intelligence and schizotypal symptoms often resulting in secondary depression and anxiety. It is a lifelong condition; however, it becomes particularly notable in periods of stress. It occurs in North Eastern European populations, and is only officially recognised in Russia, Finland, Kyrgyzstan, Estonia and Belarus as a psychiatric disorder."


    Quelle:
    http://en.m.wikipedia.org/wiki/Schizotypal_autism

    (Zitat aus dem Forenbeitrag, der Wiki-Eintrag scheint nicht mehr zu existieren)

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