Umgang mit chaotischem Kunden

  • Ich bin seit etwas mehr als 10 Jahren Freiberufler, habe also schon eine angemessene und ausgewogene Berufserfahrung und konnte in dieser Zeit auch mit unterschiedlichen 'Kundenarten' Erfahrung machen.

    Nun ist es so, dass ich seit Mitte Oktober da einen neuen Kunden an der Hand habe. Er liefert mir regelmäßig neue Aufträge, zahlt zwar nicht unbedingt gut, aber er zahlt pünktlich, wenn ich ihm eine Rechnung ausstelle.

    Das Problem: Er ist unendlich chaotisch!
    Es gibt Zeiten, da komme ich relativ gut mit ihm aus, er sagt mir genau, was er haben will und ich kann ihm das auch genauso liefern.

    Und dann kommt es zu solchen Geschehnissen, wie die, die folgen:

    1. Ich hatte über die Feiertage Urlaub. Er schreibt mir eine Mail, in der er anfragt, ob ich ausnahmsweise für ihn einen Text schreiben könnte, auch wenn ich in Urlaub bin. Das sei wichtig, weil ein Auftrag daran hinge, der sich über das gesamte 2019 hinziehen könne. Mein Gedanke: 2019 hast du damit gesichert, mach das mal ausnahmsweise! War ok, wenige Tage später kam er wieder und wollte, dass ich ihm in meinem Urlaub was erledige, worauf ich gar nicht reagiert habe - Immerhin hatte ich Urlaub.

    2. Er erteilte mir neue Aufträge, die ich infolge dessen erledigte und plötzlich kam er mir, um 12.30 Uhr mittags an, ich müsse ihm JETZT ungedingt einen Auftrag erledigen und dazwischenschieben. Ich habe daraufhin so reagiert, dass das nicht geht, weil meine Kapazitäten für besagten Tag schon vergeben und verplant sind (ich habe noch andere Kunden, die ich auch bedienen muss). Ich würde am anderen Tag liefern. War er mit einverstanden. Was mich störte, war die Dringlichkeit, die er an den Tag legte, dass das JETZT SOFORT sein muss. Ein weiterer Punkt bei diesem ist, dass die Mail, in welcher er den Auftrag schildert, so chaotisch formuliert ist, dass ich am Ende gar nicht weiß, was er eigentlich wirklich haben will. Erst spricht er von drei Texten, dann erwähnt er noch einen vierten... So kann ich nicht arbeiten! Zudem ich dank dieses Chaos ansatzweise Angstzustände bekomme, sobald ich an die Arbeit denke, die damit zusammenhängt. In mir taucht dann das Bedürfnis auf, alles hinzuschmeißen, eine 'Mauer hochzuziehen' und alles fallen zu lassen, nach dem Motto: Lass mich bloß in Ruhe!

    3. Wenn ich Fragen habe, lässt er sich Zeit! Das heißt, wenn ich morgens um 9 eine Frage habe, kann es sein, dass er sich erst um 14 Uhr oder gar 17 Uhr meldet. Dass ich den Text, um den es geht, dann nicht mehr schreiben kann, sollte klar sein.

    Mein Problem ist jetzt, dass er prinzipiell meine ganze Struktur durcheinanderbringt. Ich überlege mir am Tag vorher, wen ich am anderen Tag bearbeite und was ich zu tun habe und arbeite diese Struktur dann ab. Das funktioniert gut, auch wenn es für meinen Geschmack kurzfristig ist, aber das geht manchmal eben nicht anders. Er wird jedoch mit seiner Handlungsweise zu einem regelrechten Störfaktor für meine ganze Arbeitsplanung!

    Ich habe bei einem Fall, wo es schon mal so ähnlich gewesen ist mit ihm, mir die Mühe gemacht, ihm zu schreiben, er soll bitte klar formulieren, was er will und nicht so ein Kauderwelsch von sich geben. Woraufhin er mich nur fragte, womit er mir helfen kann. Zu diskutieren hat mit ihm keinen Zweck. Er betont immer mal wieder, dass ich einer seiner besseren Texter bin, ich glaube jedoch, dass er das nur mit Berechnung tut, um mich zu 'halten'. Eine Sache, die ich außerdem unterschwellig bemerkt habe: Er verhält sich ausschließlich so, weil er weiß, dass ich eine Frau bin! Dies äußerte sich bereits schon in Formulierungen wie '... da du eine Frau bist und dich mit dem Thema Mode auskennst...' und ähnliches. Dass ich mich weder damit auskenne, noch das Thema mag, spielt hier mal keine Rolle. Er geht eben davon aus, dass ich es tue - WEIL ich eine Frau bin! Er bemängelt Kleinigkeiten, bei denen ich überzeugt davon bin, wäre ich ein Mann, würde er diese nicht bemängeln!

    Meine Frage ist jetzt: Ich habe innerhalb meiner 10 Jahre mit dem einen oder anderen Kunden zu tun gehabt, der ähnlich gehandelt hat. Gibt es in diesem Fall ausschließlich die Handlung des 'Abschießens'? Ist man praktisch gezwungen dazu, den Kunden abzuschieben, weil man auf Dauer nicht mit ihm klarkommt, oder gibt es evtl. doch noch eine Chance, dass sich so etwas ändern könnte? Es ist nicht so, dass ich keine anderen Kunden habe, aber das Gehalt, was er mir am Ende des Monats zahlt, ist ein guter Puffer, den ich sonst nicht habe... Das heißt, es wäre besser, ich würde ihn behalten. Es taucht nur eben die Frage auf, ob es für mich selbst auf Dauer sinnvoll ist, dieses Verhalten in Kauf zu nehmen.

    Ich hatte in Erwägung gezogen, mit ihm darüber zu sprechen, ob es möglich wäre, mir die gesamte Arbeit einer Woche am Wochenanfang zu geben und das abzuarbeiten, damit ich meine Struktur einhalten kann. Wenn er sich jedoch jetzt so verhält wie geschildert, habe ich die Vermutung, dass sich das regulär nicht so umsetzen lassen wird, weil er immer wieder dazwischenfunkt...

    Hat da jemand einen Rat für mich?

    I am the person who feels guilty because I think I could be a much better person
    if I didn't have to always deal with society hating me.

    2 Mal editiert, zuletzt von BlauesZebra (10. Januar 2019 um 11:06)

  • Hallo @BlauesZebra - ich bin auch Freiberufler und eine ähnlich lange Zeit am Markt.

    In meiner Tagesplanung ist immer ein Kurzzeitpuffer für überraschende Dinge.
    Das wissen meine Klienten und sie wissen auch, dass es ein Kurzzeitpuffer ist.

    Bei Dingen, die längere Zeit in Anspruch nehmen, müssen sie Termine ausmachen.
    Das habe ich auch erst lernen müssen, dass ich nicht sofort bei jedem meine Struktur umwerfen kann.
    So ist kein effektives Arbeiten möglich.
    Und ich gehe in meiner Freizeit kaum noch auf die Dienst-Mailkonten, auch dass habe ich lernen müssen.

    Desweiteren habe ich feste Telefon- und Mailbeantwortungszeiten, dazwischen bin ich nur schwer oder gar nicht erreichbar.
    Anrufbeantworter sind hier eine gute Erfindung.

    Auch ich kenne Kunden wie den von Dir.
    Arbeiten während meiner Freizeit (Urlaub oder Wochenende) kostet extra Honorar, welches ich mittlerweile auch klar kommuniziere und abrechne.
    Da überlegen manche doch, wie dringlich ihr Anliegen wirklich ist oder ob sie während der normalen Arbeitszeit vorbei kommen.

    Wenn ich zu meiner Arbeit noch Befunde oder anderes benötige, setzte ich Fristen bis wann die entsprechenden Unterlagen da sein müssen.
    Ansonsten bleiben die Dinge des Klienten liegen, bis alles da ist und es wird dann eben in Deinem Fall erst am nächsten Tag weiter bearbeitet.
    Ich denke, dass lässt sich auch per Mail freundlich, aber entschieden schreiben, ab wann bei Dir Dienstschluss ist.

    Ich hatte in Erwägung gezogen, mit ihm darüber zu sprechen, ob es möglich wäre, mir die gesamte Arbeit einer Woche am Wochenanfang zu geben und das abzuarbeiten, damit ich meine Struktur einhalten kann.

    Das ist eine gute Idee und ist ein Versuch wert.
    Allerdings solltest Du Dich dann auch disziplinieren.
    Wenn er außerhalb von vereinbarten Zeiten anruft, wäre es dann wichtig ihm klarzumachen, das Du jetzt keine Zeit hast.
    Und ihn dann auf evtl. vorhandene freie Telefontermine verweisen oder dass er es per Mail schicken soll.
    Dann bitte freundliche Verabschiedung und auflegen!
    Keine weiteren Diskussionen am Telefon und die Mail bitte nicht sofort bearbeiten, sondern erst die begonnene Arbeit fertig machen.

    Das klingt alles so einfach - ich habe es aber auch mühsam lernen müssen. :)

    ________________________________________________________________

    "Ich kehre in mich selbst zurück und finde eine Welt."

    (Johann Wolfgang von Goethe)

    Einmal editiert, zuletzt von Lilith (10. Januar 2019 um 11:28)

  • Ich hatte in Erwägung gezogen, mit ihm darüber zu sprechen, ob es möglich wäre, mir die gesamte Arbeit einer Woche am Wochenanfang zu geben und das abzuarbeiten, damit ich meine Struktur einhalten kann. Wenn er sich jedoch jetzt so verhält wie geschildert, habe ich die Vermutung, dass sich das regulär nicht so umsetzen lassen wird, weil er immer wieder dazwischenfunkt...

    Darüber sprechen ob es möglich wäre...das ist typisch weiblich und dann wird er genau so weitermachen mit Dir, denn er weiss, dass es geht.
    Klare Ansagen sind besser.

    AGBs schreiben, sollte jedes Unternehmen haben. Das ist die Grundlage für die Zusammenarbeit.
    Das gehört zu einem professionellen Auftritt unbedingt dazu.
    Haben viele Dienstleister nicht, ist aber sehr sinnvoll, jeder Existenzgründer sollte sich damit beschäftigen, dann wirst Du auch ernst genommen. Denn man steht nicht gut da wenn man mit den Kunden rumdiskutiert über die Bedingungen, das ist unprofessionell.

    Wenn alles vorn vornherein geregelt ist ist die Sache klar, und alles was der Kunde extra will ist eben EXTRA Service und er muss fragen.
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    Du machst doch sicherlich Verträge mit Deinen Kunden bei Auftragserteilung, denke ich.
    Ich würde AGBs aufsetzen und die dann den neuen Verträgen beilegen.

    Bei Dingen, die längere Zeit in Anspruch nehmen, müssen sie Termine ausmachen.
    Das habe ich auch erst lernen müssen, dass ich nicht sofort bei jedem meine Struktur umwerfen kann.
    So ist kein effektives Arbeiten möglich.

    Genau.

    3 Mal editiert, zuletzt von Kraehe (10. Januar 2019 um 13:10)

  • Arbeiten während meiner Freizeit (Urlaub oder Wochenende) kostet extra Honorar,

    Vielleicht könntest du auch ein "Eil-Honorar" einrichten. Wenn der Kunde etwas noch am selben Tag fertig haben möchte, kostet es 30% Aufschlag. Und ganz wichtig: Nur nach Absprache. Vielleicht schafft der Kunde mit der Geldmotivation etwas besser zu planen ;)

    Ich muss leider auch als Angestellte Eilaufträge bearbeiten, welche zeitweise 80% der Aufträge ausmachen. Meistens verschlampen die Kunden selbst ihre Fristen und ich muss es ausbaden. Da ich eben angestellt bin, bin ich dazu gezwungen den Mumpitz (bis zu einem gewissen Grad) mitzumachen.

  • Ich habe eben nochmal recherchiert (denn ich muss auch AGBs schreiben gerade) und meine Dienstleisterverträge ändern.
    Fristen und Termine gehören dort rein denn ich habe auch Nervereien gehabt damit.

    Diese Fristen gehören dort nicht rein, in die AGBs die Fristen gehören in die jeweiligen Einzelverträge.
    Also z.B. in meinem Fall dass der Kunde zahlt wenn er Termine zu spät absagt und dann eine genaue Angabe bis wann er spätestens abgesagt haben muss.
    Bei Dir müsste rein, dass notwendige Informationen (sowie auch Änderungen) mindestens x Tage im Voraus benötigt werden. Wenn er das schrifltich hat wird dies verhindern dass er ständig kommt mit: "Ich will jetzt sofort haben..."

  • Erst einmal vielen Dank für eure Ratschläge.

    Ich weiß nicht, in welchen Branchen ihr so tätig seid, ich weiß nur, dass manche Dinge in meiner einfach nicht so umzusetzen sind.
    So kann es vorkommen, dass von heute auf morgen keine Aufträge mehr kommen, daher lassen sich die wenigsten Kunden auf einen Vertrag ein, weil der ja verpflichtet oder bindet.
    Es ist ein sehr unsicheres Pflaster. Das beginnt schon damit, dass viele Auftraggeber keine Klienten haben wollen, die Umsatzsteuer abrechnen.
    Wieder andere fordern eine Erreichbarkeit 24/7 und bezahlen kaum etwas. Und der Markt an Leuten, die trotzdem diese Arbeiten annehmen, ist gegeben. Man ist also jederzeit extrem austauschbar und muss eine gewisse Vorsicht walten lassen, wenn es darum geht, einem Kunden vor den Karren zu 'pissen', oder nicht.

    Daher denken sich manche dementsprechend aber leider auch, dass sie machen können, was sie wollen.
    Ich hatte in den letzten 10 Jahren bisher keinerlei Verwendung oder gar die Notwendigkeit für AGBs. Die Stammkunden, die ich habe, mit denen habe ich aber tatsächlich so etwas wie einen Vertrag, in dem auch festgelegt ist, wie das ist mit den Meldezeiten, etc. Ansonsten ist die Zusammenarbeit eben auf freier Basis und ich selbst bin auch jemand, der nur ungern Verträge eingeht. Denn wenn es einen gibt und daraus dann so etwas entsteht, wie das augenblicklich mit meinem Kunden, muss ich noch aufpassen, dass ich nicht in Schwierigkeiten gerate, nur weil ich einen Vertrag abgeschlossen habe!

    Anrufzeiten gibt es bei mir keine, ich erledige sämtliche Korrespondenz zu 99% per E-Mail und das Programm dafür ist während meiner Arbeit stets offen, also bekomme ich sie so oder so mit.
    Die Einführung von klaren Bürozeiten kam mir jedoch auch schon in den Sinn. Genauso wie die automatische E-Mail, die versendet wird, während ich in Urlaub bin mit dem Hinweis, dass Mails in dieser Zeit weder gelesen, noch beantwortet werden.

    Ich weiß, dass ich diesem Kunden jetzt Grenzen setzen muss, es ist eben nur die Frage, ob es die Chance gibt, dass er seinen 'Scheiss in den Griff bekommt', oder nicht... Durch dieses Risiko der Austauschbarkeit besitze ich halt auch immer eine gewisse Hemmschwelle, was ich durchaus darf und was ich lieber bleiben lassen sollte.

    I am the person who feels guilty because I think I could be a much better person
    if I didn't have to always deal with society hating me.

  • Wirklich nicht einfach...

    Es gilt, das

    So kann ich nicht arbeiten! Zudem ich dank dieses Chaos ansatzweise Angstzustände bekomme, sobald ich an die Arbeit denke, die damit zusammenhängt. In mir taucht dann das Bedürfnis auf, alles hinzuschmeißen, eine 'Mauer hochzuziehen' und alles fallen zu lassen, nach dem Motto: Lass mich bloß in Ruhe!

    mit dem

    Es ist nicht so, dass ich keine anderen Kunden habe, aber das Gehalt, was er mir am Ende des Monats zahlt, ist ein guter Puffer, den ich sonst nicht habe... Das heißt, es wäre besser, ich würde ihn behalten.

    abzuwägen. Versuche einfach, nach und nach den Kunden saft zu erziehen. Und wenn er irgendwann nicht mehr mitmacht, oder so gar nicht, würde ich der psychischen Gesundheit und Fitness den Vorzug geben.

    Viel Erfolg! :)

  • Man ist also jederzeit extrem austauschbar und muss eine gewisse Vorsicht walten lassen, wenn es darum geht, einem Kunden vor den Karren zu 'pissen', oder nicht

    Das ist klar, als Dienstleister muss man eine gewisse Flexibilität haben.
    Möglicherweise ist es aber auch für den Kunden hilfreich wenn Du klar strukturierte Vorgaben machst. "Jetzt sofort" geht nicht.

    Deine Arbeit hat eine gute Qualität, das ist auch im Interesse des Kunden, Du arbeitst gründlich und mal eben zwischendurch lässt sich das nicht leisten. Also ist es erforderlich dass er Dir rechtzeitig (mindestens x Tage im Voraus, keine Ahnung die Zahl kannst Du besser nennen) die entsprechenden Informationen zur Verfügung stellt.
    So in der Art würde ich das formulieren. Richtig gute Texter findet man nicht an jeder Ecke, und wenn Du Dich dementsprechend positionieren kannst, dann hebst Du Dich damit ab von der Masse der Leute, die günstig eine Dienstleistung anbieten um mit der Konkurrenz mithalten zu können.

    Einfach ist das alles nicht.

    Ich weiß, dass ich diesem Kunden jetzt Grenzen setzen muss, es ist eben nur die Frage, ob es die Chance gibt, dass er seinen 'Scheiss in den Griff bekommt', oder nicht... Durch dieses Risiko der Austauschbarkeit besitze ich halt auch immer eine gewisse Hemmschwelle, was ich durchaus darf und was ich lieber bleiben lassen sollte.

    Am besten formulierst Du es nicht als Forderung an ihn, sondern als qualitätssichernde Massnahme und Strukturierung der Zusammenarbeit. Es muss gut verpackt werden, so dass er es als Hilfe empfindet, und gar nicht merkt dass er gesteuert wird.

    Die Geschichte mit Deinen Angstzuständen ist eine andere Baustelle, da wäre es gut, wenn Du etwas für dich unternimmst bzw. findest als Unterstützung in diesen Situationen. Denn mit Angstzuständen ist der Mensch nicht handlungsfähig, wenn dann der Kunde Forderungen stellt, ist es schwierig, angemessen zu reagieren, denke ich.

    Einmal editiert, zuletzt von Kraehe (10. Januar 2019 um 18:00)

  • Ich war eine Zeitlang auch freiberuflich tätig, schaffe das jetzt aber nicht mehr.

    In meiner Tagesplanung ist immer ein Kurzzeitpuffer für überraschende Dinge.

    Den hatte ich auch. Nicht nur, um ungeplante 'dringende' Aufträge zwischenschieben zu können, sondern auch um mir selbst einen Freiraum zu schaffen, wenn bei mir ungeplante Dinge auftraten.

    Aber...

    Das wissen meine Klienten und sie wissen auch, dass es ein Kurzzeitpuffer ist.

    Meine Kunden wussten das nicht! Kurzfristige Arbeiten waren also immer eine besondere Ausnahme, was ich auch so kommuniziert habe.

    Arbeiten während meiner Freizeit (Urlaub oder Wochenende) kostet extra Honorar, welches ich mittlerweile auch klar kommuniziere und abrechne.

    Das könnte schwierig werden, besonders wenn es andere Anbieter gibt, die flexibler und günstiger sind.

    ~ Es ist kein Zeichen von Gesundheit, an eine von Grund auf kranke Gesellschaft gut angepasst zu sein. ~

  • @BlauesZebra - ich lebe auch mit dem Risiko, dass ich jederzeit ausgetauscht werden kann.
    Als Freiberufler/Selbständiger gibt es da leider keine Sicherheit.
    Wer dass nicht aushält, muss zurück ins Angestelltenverhältnis.
    Das ist wirklich nicht böse oder arrogant gemeint, bitte nicht falsch verstehen - denn ich kenne auch Monate mit finanzieller Flaute.
    Und ich kenne auch Zeiten, wo ich mal richtig mutlos bin oder den ganzen Kram hinschmeißen möchte.
    Denn auch bei mir ist nicht jeder Kunde ein freundlicher Mitbürger.

    Daher arbeite ich neben dem normalen Dienst auch mal am Wochenende bzw. habe einen Stamm von "Spätkundschaft", welche einfach berufsbedingt nicht anders kommen können.
    Da muss ich als medizinischer Dienstleister auch flexibel sein und habe nach reiflicher Überlegung eine Spätsprechstunde eingeführt, welche richtig gut angenommen wird. Und damit hebe ich mich zugleich auch von der Konkurrenz ab.

    Er betont immer mal wieder, dass ich einer seiner besseren Texter bin, ich glaube jedoch, dass er das nur mit Berechnung tut, um mich zu 'halten'.

    Das würde er bestimmt nicht tun, wenn Du nicht ein guter Texter bist.
    Evtl. bist Du sogar sein bester Texter. :thumbup:
    Und dann wird er ein großes Interesse daran haben, dass Du weiter für ihn arbeitest.

    ________________________________________________________________

    "Ich kehre in mich selbst zurück und finde eine Welt."

    (Johann Wolfgang von Goethe)

  • Hallo @BlauesZebra,
    ich glaube, wir haben denselben Beruf. :) Ich bin seit 15 Jahren auch als Freiberufler unterwegs.
    Meine Einschätzung ist etwas anderes als die der anderen. Solche chaotischen Leute gibt es leider, und es hat in meinen Fällen nichts gebracht, die "erziehen" zu wollen.
    Ich kann mir vorstellen, dass es für Dich emotionalen Stress bedeutet, eine "dringliche"Mail zu sehen mit einem Wunsch, dass von jetzt auf gleich etwas erledigt werden muss, und dann unter Hinweis auf andere Kunden absagen zu müssen. Du musst halt letztendlich etnscheiden, ob Du Dir den Stress mit dem Kunden auf Dauer antun willst, oder einen Kunden an Land ziehen willst, der ihn honorarmäßig ersetzt, wo aber klare Absprachen möglich sind.
    Ich kann von mir nur sagen, dass ich mich der größten Chaoten langfristig entledigt habe und nur die Kunden behalten habe, mit denen man einigermaßen sinnvoll zusammenarbeiten kann.
    Es kann auch bei anderen Kunden mal passieren, dass plötzlich was daherkommt, das gehört nun mal leider zur Branche. Dafür habe ich ebenfalls einen kleinen Puffer. Die Frage ist halt, ob jemand ständig so verpeilt ist und sein Zeug nicht auf die Reihe kriegt. Dann sollte man ihn evtl. loswerden, sofern man sich das finanziell leisten kann.
    Es ist auch schon vorgekommen, dass ich zu einem Auftraggeber gesagt habe: "Hört mal, dass Weihnachten am 24.12. ist, ist aber auch schon länger bekannt", (wenn irgendetwas gefühlt fünf Minuten for Weihnachten noch fertig werden sollte). Oder "Das wusstet ihr aber schon länger, dass ihr da Eure Versammlung habt" (wenn ich erst eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn angerufen wurde). Solche Aufträge nehme ich dann auch nicht mehr an. Oder die Leute bekamen gesagt: "Das kann ich für Euch fertig machen, aber erst z.B. in zwei Tagen oder nach meinem Urlaub."
    Kurz zusammengefasst, aus meiner Erfahrung würde ich Dir eher raten, Dir langfristig einen anderen Kunden zu holen, der ihn ersetzen kann.

    Einmal editiert, zuletzt von Neumond (11. Januar 2019 um 09:44)

  • @BlauesZebra - ich lebe auch mit dem Risiko, dass ich jederzeit ausgetauscht werden kann.
    Als Freiberufler/Selbständiger gibt es da leider keine Sicherheit.
    Wer dass nicht aushält, muss zurück ins Angestelltenverhältnis.
    Das ist wirklich nicht böse oder arrogant gemeint, bitte nicht falsch verstehen - denn ich kenne auch Monate mit finanzieller Flaute.
    Und ich kenne auch Zeiten, wo ich mal richtig mutlos bin oder den ganzen Kram hinschmeißen möchte.
    Denn auch bei mir ist nicht jeder Kunde ein freundlicher Mitbürger.


    An diesen Zustand der Unsicherheit habe ich mich bereits gewöhnt, das ist, um ehrlich zu sein, kein wirkliches Problem für mich. Auch die finanzielle Flaute hin und wieder... Das war mir schon klar, als ich damit angefangen hab, dass das kommen kann und wohl auch wird. ;) Das wäre für mich überhaupt kein Grund, zurück in ein Angestelltenverhältnis zu wechseln... Da gäbe es dann wahrscheinlich Probleme, mit denen ich bei weitem weniger klar käme.


    Noch einmal danke für eure Antworten.

    Ich habe mir das gestern alles nochmal durch den Kopf gehen lassen und werde eine Mail formulieren, in der ich klar strukturiere was Sache ist.
    Dass Aufträge beispielsweise bis spätestens 9.30 Uhr angenommen werden, alles andere wird erst am anderen Tag abgearbeitet, bzw. wenn der Wunsch besteht auf Erledigung am gleichen Tag, dass dann ein Zuschlag anfällt. Ich bin da derselben Meinung wie Lilith, denn wenn solche Regeln bestehen, überlegen sich vielleicht manche (so denke ich auch er), ob sie nicht doch warten können. So sichere ich mich in jedem Fall ab und kann der klaren Regelung folgen.

    Nach Dienstschluss werden entsprechend auch keine Mails mehr beantwortet, wenn sie nicht entsprechend formuliert sind und für den Urlaub hatte ich ja ohnehin schon überlegt, die Abwesenheitsnotiz einzuführen.

    Sollte er mir dann abspringen - was ich nicht glaube - ist das sein Problem, nicht meins. Ich denke irgendwie auch, dass es solche Kunden wie Sand am
    Meer gibt und man sie immer mal wieder findet.

    I am the person who feels guilty because I think I could be a much better person
    if I didn't have to always deal with society hating me.

  • Hallo BlauesZebra,

    ich finde dieses Thema als Selbstständiger sehr interessant und hatte genau das in meiner autismuspezifischen Therapie zur Sprache gebracht.

    Meine Therapeutin meinte dazu:

    1. Das Problem (und damit auch die Verantwortung) hat der Auftraggeber - es wird garnicht erwartet, daß ich mich um das Problem als Ganzes kümmere. Ich werde als Auftragnehmer für die Erfüllung einer Aufgabe gebucht / bestellt / bezahlt - die Aufgabe hat dann fachmännisch korrekt umgesetzt zu sein.

    2. Ich muß als Anbieter von Lösungen / Dienstleistungen usw. für andere klar erkennbare Grenzen setzen. Damit ist zum Beispiel die telefonische Erreichbarkeit ("Öffnungszeiten"!), die Beschreibung der Aufgabe / vom Auftrag (wann gilt der Auftrag als erledigt), die Abrechnung von Telefonsupport, die Abrechnung von Reise- und Fahrtkosten gemeint. Die Grenzen muß ich selber durchsetzen, da es mein Rahmen ist, um Aufträge zufriedenstellend erledigen zu können.

    Beachte ich die Punkte nicht ausreichend, komme ich zwangsläufig dazu, als Profi nicht mehr ernstgenommen zu werden.

    Ich übe an dieser "Aufgabe" und glaube, daß es langsam auch besser wird...

    Freundliche Grüße

    infla

  • "Erziehen" kannst du ihn wohl nicht, aber Grenzen setzen schon. Ich glaube, ich arbeite in einer ähnlichen Branche. Für mich ist es ein Abwägen von Aufwand und Nutzen, und gerade bei stressigen Kunden lote ich die Grenzen eher mal riskant aus, sprich: ich setze z.B. ganz bewusst deutlich höhere Preise an (das wird bei mir in dem Falle von Mal zu Mal neu verhandelt - sonst kann man auch mit Deadlines, Fristen und Zusatzleistungen ein bisschen steuernd eingreifen) und habe dabei den Gedanken im Hinterkopf: "Entweder war das zu hoch gepokert und er lehnt ab, dann habe ich mir den Stress gespart. Oder er nimmt an - dann werde ich für den Stress, den ich habe, wenigstens ordentlich bezahlt."

    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich das langfristig sogar positiv auswirkt, weil man mich eher ernst nimmt. Es ist nicht mein Stil, bei Verhandlungen zu feilschen und zu pokern, aber für viele ist das so selbstverständlich, dass ich mich dann darauf einstellen muss und z.B. den Preis von Anfang an höher ansetzen muss, damit ich mich runterhandeln lassen kann und am Ende das bekomme, was ich von vornherein wollte. Albern, finde ich, aber manchmal geht es anders nicht.

    Nicht vergessen sollte man auch, dass Kunden einen Vorteil haben, wenn sie länger mit dir zusammenarbeiten. Du weißt Bescheid, du kennst die Abläufe und Sonderwünsche, sie wissen, was sie von dir bekommen... die Hemmschwelle, da jemand Neuen zu suchen, liegt relativ hoch. Besonders schön ist immer der stille Triumph, wenn sich jemand gegen mich entscheidet und einige Zeit später reumütig wieder bei mir anfragt, weil die Alternativen alle Mist waren... :d

    Er erteilte mir neue Aufträge, die ich infolge dessen erledigte und plötzlich kam er mir, um 12.30 Uhr mittags an, ich müsse ihm JETZT ungedingt einen Auftrag erledigen und dazwischenschieben. Ich habe daraufhin so reagiert, dass das nicht geht, weil meine Kapazitäten für besagten Tag schon vergeben und verplant sind (ich habe noch andere Kunden, die ich auch bedienen muss). Ich würde am anderen Tag liefern. War er mit einverstanden. Was mich störte, war die Dringlichkeit, die er an den Tag legte, dass das JETZT SOFORT sein muss.

    Da braucht man ein dickes Fell. Der Kunde darf fragen! Schließlich ist er Kunde und König. Der Dienstleister wiederum ist aber kein Sklave, sondern darf annehmen, ablehnen oder neue Konditionen stellen. An dem Punkt "War er mit einverstanden." ist doch alles gut. Dass es dich stört, ist (böse gesagt, aber nicht böse gemeint!) dein Privatproblem. Dass dich sein latenter Sexismus stört, ist ebenfalls (böse gesagt..., siehe oben) dein Privatproblem. Mich nervt sowas auch immens, ich verstehe dich da schon. Aber da braucht es wohl professionelle Distanz und die Haltung "Er zahlt für meine Arbeit, aber ich muss ihn deswegen ja nicht heiraten." ;)

    Vielleicht könntest du auch ein "Eil-Honorar" einrichten. Wenn der Kunde etwas noch am selben Tag fertig haben möchte, kostet es 30% Aufschlag.

    Wenn nicht sogar 50%. Ich kenne Agenturen in der Texter-/Übersetzer-/Copywriterbranche, bei denen es pauschal 50% sind.

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