Domäne B - Restriktive, repetitive Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten DSM 5

  • Hallo ihr Lieben,

    ich hänge mich grade an dem Thema auf, da es in einem anderen Thread zu Diskussionen geführt hat. Besonders interessieren mich Beispiele die für die einzelnen Punkte zutreffen, es wäre total toll wenn ihr von euren Erfahrungen berichten könnt, vorallem wenn sie NICHT ins das typische Bild reinpassen. (Gegenstände aufreihen, Stress bei Veränderung etc)
    Nebenher baue ich mir eine Liste, damit ich bei dem Erstgespräch nicht die Hälfte vergesse von dem was ich sagen möchte bzw. was für Auffälligkeiten mir an mir selbst aufgefallen sind.

    Domäne B: Restriktive, repetitive Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten

    1. Stereotype Verhaltensweisen auf motorischer, sprachlicher und spielerischer Ebene
    (z.B., Händeflattern; Aufreihen von Spielsachen oder Umdrehen von Gegenständen; Echolalie; Gebrauch idiosynkratischer Phrasen)

    2. Bestehen auf Routinen
    (z.B., extremer Stress bei kleinen Veränderungen; rigide Denkmuster; spezielle Grußrituale; das starke Bedürfnis, täglich den selben Weg zu gehen oder das gleiche zu essen)

    3. Eingeschränkte/intensive Interessen
    (z. B., starke Bindung an ungewöhnliche Objekte; exzessive, sehr spezifische Interessen)

    4. Hyper- und Hyporeaktivität
    gegenüber sensorischen Reizen sowie eigene sensorische Interessen
    (z. B., Gleichgültigkeit gegenüber Schmerz- oder Temperaturreizen; starke Reaktionen auf bestimmte Geräusche oder Oberflächenbeschaffenheiten; exzessives Riechen oder Anfassen von Objekten; visuelle Faszination mit Lichtern und Bewegungen)

    zu 1.
    Gehört dazu auch, dass man bestimmte Worte auch nur in Gedanken ständig wiederholt, da sie einem interessant erscheinen oder weil man sie total lustig findet?
    Sind idiosynkratische Phrasen das nichtverstehen von Redewendungen? Und was genau bezeichnet man da als auffällig? Ist es zwingend notwenig, dass man selbst als Erwachsener Redewendungen nicht versteht, selbst die die einem bekannt sind. Oder geht es da um Redewendungen die man noch nicht gehört hat und im ersten Moment nicht zuordnen kann, aber wenn man drüber nachdenkt schon?
    Als Beispiel: Als Kind habe ich stundenlang darüber nachgegrübelt wie und WARUM man in kleinen Dörfern die Bürgersteige hochklappt. Das war für mich total unsinnig und die richtige Bedeutung der Redewendung wurde mir erst Jahre später bewusst. Mittlerweile habe ich kein Problem mehr damit Redewendungen zu verwenden solange sich mir der Sinn erschließt. Ich nutze sie schon automatisch und muss darüber nachdenken was denn nun eine Redewendung ist und was nicht. (Daher auch die seltene Kennzeichnung in meinen Posts. )

    zu 2.
    Was sind rigide Denkmuster? Fällt darunter auch, dass es sehr schwierig ist jemanden vom Gegenteil zu überzeugen weil derjenige total festgefahren (RW) in seiner Meinung ist?

    zu 3.
    Was sind ungewöhnliche Objekte? Als Jugendliche habe ich Zigarettenschachteln gesammelt. Ich habe keine Ahnung warum, aber ich konnte sie nicht wegwerfen. Es hat mich wahnsinnig viel Überwindung gekostet sie nach Jahren mal zu entsorgen. Und auch lange danach musste ich dem Drang widerstehen mir wieder eine Sammlung anzulegen.

    Fällt unter exzessive Interessen, dass man sich über ein bestimmtes Thema ausführlich informiert? Und zwar in dem Ausmaß, dass alles andere nebensächlich wird? In meinem Fall wären das Informationen zu Themen die gerade aktuell für mich sind z.B. als der Verdacht aufkam, dass bei meiner Tochter ein Autismus vorliegen könnte habe ich mich tagelang fast ausschließlich mit der Thematik befasst. Und tue es ja auch heute noch aber eben phasenweise. Genauso hat es sich mit dem Spielen von einem Computerspiel verhalten. (Das ich andere ungefragt zu dem Thema voll gesabbelt habe brauch ich glaube ich nicht zu erwähnen?)

    zu 4.
    Starke Reaktion auf Geräusche beinhaltet, denke ich, auch das agressiv werden wenn andere Schmatzen oder wenn von Musik nur die Bässe zu hören sind, oder?
    Als Kind hatte ich die starke Angewohnheit Stoffe aneinanderzureiben und mir das Geräusch anzuhören. Ich habe es gehasst und bekommt heute noch eine Gänsehaut wenn ich nur darüber nachdenke. Trotzdem fiel es mir sehr schwer mir das abzugewöhnen.

    Und generell die Frage ob es "ausreicht", dass es zwar in der Kindheit Auffälligkeiten dazu gegeben hat, man aber selbst gelernt hat diese abzustellen. (egal aus welchen Gründen)

    Ich habe etwas vergessen:
    Müssen stereotypien zwingend sichtbar sein? (wenn man sich z.B. das Bedürfnis hat sich gegen den Kopf zu hauen, es aber nur gedanklich macht)
    Und was genau beinhaltet es? Auch Stimming in Form von herumspielen mit Gegenständen? (Fingerringe z.B. oder das man den Schmerzreiz braucht indem man einen Fingernagel unter einen anderen schiebt, oder aber sich in die Lippe zwickt.)

    Einmal editiert, zuletzt von Allia (23. November 2018 um 12:36)

  • 1. Stereotype Verhaltensweisen auf motorischer, sprachlicher und spielerischer Ebene

    Ich mache auch heute noch eigenartige Bewegungen mit meinen Händen und Fingern, wenn ich irgendwie aufgeregt bin (allerdings nicht mehr in der Öffentlichkeit). Als Kind habe ich wohl kaum "kreativ" gespielt sondern "stereotyp". Ich weiß noch, dass ich als Kind ziemlich oft Türme aus Bauklötzen oder Legosteinen gebaut habe, die möglichst hoch werden sollten und habe oft auch Dinge sortiert.

    2. Bestehen auf Routinen

    Das war bei mir als Kind stärker ausgeprägt als heute. Laut einem Bericht war es wohl so, dass ich immer denselben Weg zum Kindergarten gehen wollte und dass ich vor dem Heimweg immer auf einen Baum klettern wollte. Als Kleinkind soll ich auch mal eine Art Anfall bekommen haben, weil meine Eltern in einem Zimmer Möbel umgeräumt hatten.

    3. Eingeschränkte/intensive Interessen

    Ich habe bis jetzt immer wechselnde Interessen gehabt (als Kind meistens irgendein bestimmtes Computerspiel) und habe mich aber meistens sehr lange und intensiv damit beschäftigt.

    4. Hyper- und Hyporeaktivität

    Da fällt mir im Moment nichts ein, kann aber gut sein, dass es Dinge gibt, auf die ich über- oder unterempfindlich reagiere.

    Ist es zwingend notwenig, dass man selbst als Erwachsener Redewendungen nicht versteht, selbst die die einem bekannt sind.

    Ich denke, es kommt darauf an, ob du Redewendungen, die du zuvor noch nie gehört hast, entweder ähnlich gut oder aber deutlich schlechter verstehst als die meisten anderen Menschen. Wenn letzteres der Fall ist, dann kann das ein Indiz für Autismus sein (Betonung liegt auf kann!). Dass man die Bedeutung von Redewendungen auswendig lernen kann und sie dementsprechend auch selbst erfolgreich verwenden kann, ist denke ich normal (auch für viele Autisten).

    Fällt unter exzessive Interessen, dass man sich über ein bestimmtes Thema ausführlich informiert?

    Ja, unter anderem. Das Interesse an sich muss nicht unbedingt etwas außergewöhnliches sein wie in deinem Fall das Sammeln von Zigarettenschachteln, sondern entscheidend ist soweit ich weiß, wie oft und wie intensiv du dich mit etwas beschäftigst.

    Und generell die Frage ob es "ausreicht", dass es zwar in der Kindheit Auffälligkeiten dazu gegeben hat, man aber selbst gelernt hat diese abzustellen. (egal aus welchen Gründen)

    Ja. Dass man bestimmte Dinge abstellt oder unterdrückt, hängt oft damit zusammen, dass man in seinem Umfeld nicht negativ auffallen möchte. Viele sagen, dass das vor allem auf Frauen mit Autismus zutrifft (aber natürlich auch auf Männer). Nur weil man ein Bedürfnis oder eine seiner Eigenarten unterdrückt, heißt das ja nicht, dass dieses Bedürfnis bzw. diese Eigenheit nicht mehr da ist.

  • Fällt unter exzessive Interessen, dass man sich über ein bestimmtes Thema ausführlich informiert? Und zwar in dem Ausmaß, dass alles andere nebensächlich wird?

    Das ist die Definition eines SI, dass es auch in andere Lebensbereiche eingreift (als Unterschied zum Hobby). Damit es diagnostisch relevant wird, muss es aber wohl Dauerzustand sein (also nicht ein ganz neues Thema für ein paar Tage und dann kommt erst mal eine Weile nix, sondern über Wochen oder Monate). Das Thema kann wechseln (muss aber nicht, mein SI ist seit über 50 Jahren im Grunde das gleiche geblieben). Im ICD-10 ist m.W. die Definition sinngemäß, dass es im Thema und/oder Ausmaß ungewöhnlich sein muss (nutzlos ist nicht Bedingung, kommt aber häufiger vor) - bei mir waren es anfangs (mit 10) alle Schlachten Friedrichs des Großen und Napoleons, einschließlich Zahl der Kombattanten und Verluste beider Seiten, was das Kriterium "ungewöhnlich" zweifellos erfüllt. Meine Tochter macht seit Monaten nichts anderes mehr als Manga-Figuren zu zeichnen.

    Generell gilt bei allen von Dir genannten Punkten, dass das stark von der jeweiligen Intensität abhängt, ob der Diagnostiker das schon als relevantes Symptom beurteilt.

    Und generell die Frage ob es "ausreicht", dass es zwar in der Kindheit Auffälligkeiten dazu gegeben hat, man aber selbst gelernt hat diese abzustellen.

    Es ist jedenfalls notwendig - ob es ausreicht, hängt womöglich auch am Diagnostiker. Allerdings denke ich, dass man gerade die motorischen Auffälligkeiten (so man sie hat) nie komplett abstellen kann. Selbst mein Vater, der im Grunde das Klischeebild preussischer Selbstdisziplin war, konnte das Flattern nicht völlig unterdrücken. Die Frage ist auch, ob man selbst überhaupt merkt, dass man ein paar relativ unauffällige Stereotypien hat - man hält es ja für normal. Gerade so Dinge wie ständig den Ehering drehen oder ähnliche lautlose Dinge mit den Fingern fallen einem selbst oft nicht auf. Hätte mich vor drei Jahren jemand gefragt, ob ich irgendwelche motorischen Stereotypien habe, wäre die Antwort ein klares Nein gewesen. In Wirklichkeit sind sie bei mir recht deutlich ausgeprägt.

    Ach ja, die Redewendungen: das ist ein Kann-Kriterium. Ich habe nie Probleme damit gehabt, sie zu verstehen, auch bei Witzen lache ich (glaube ich) im Schnitt nicht später als andere. Und Wortspiele und -verdrehungen gehörten bei uns schon immer zur Familienkommunikation.

    Einmal editiert, zuletzt von HCS (23. November 2018 um 13:16)

  • 1. Stereotype Verhaltensweisen auf motorischer, sprachlicher und spielerischer Ebene
    (z.B., Händeflattern; Aufreihen von Spielsachen oder Umdrehen von Gegenständen; Echolalie; Gebrauch idiosynkratischer Phrasen)

    Müsste ich meine Mutter mal genau fragen, aber ich habe wohl schon sehr auffällige Stereotypien als Kind gehabt, auf jeden Fall bin ich im Kreis gelaufen bei Nervosität, bei Schlafmangel und entsprechender Überdrehtheit war es wohl besonders ausgeprägt. Habe mich wohl auch bei Überforderung auf den Boden geworfen in einem Alter, wo man das nicht mehr tut, zählt das auch dazu? Keine Ahnung.

    Naja, wenn man älter wird, kontrolliert man das wohl mehr... ich hatte auch lange die Angewohneit, die Ellbogen so gegen den Körper zu stützen und dann die Arme zu bewegen, das sieht wohl auch recht merkwürdig aus. Letztens hab ich mich im Meeting auch komisch hin und her bewegt, da wurde ich sogar gefragt, ob ich Nackenprobleme hätte (hab ich, aber das war nicht der Grund).

    Ansonsten mein Stimming: Herumbeißen an Festivalbändchen am Arm, an Pulloverärmeln, Stiften, Fingernägeln, außerdem den Stift gegen die Zähne drücken, Ober-und Unterkiefer so gegenläufig bewegen und dann kurz jeweils auf einer Seite die Backenzähne zusammendrücken, Reinigen der Fingernägel mit Papier, Abkratzen der Etiketten von Flaschen, häufiges Öffnen und wieder Schließen von Flaschen, bestimmte (nicht sichtbare) Bewegungen mit den Zehen, Silbenzählen mit den Fingern sowie Fingerbewegungen ohne damit verbundenes Zählen, in der Wohnung hin- und herlaufen, Fußnägel mit den Fingernägeln "abschneiden", Haare verzwirbeln, zwanghaftes Herumdrücken an Mitessern.... Puh :d

    Echolalie? Keine Ahnung, ich habe überdurchschnittlich viele Ohrwürmer, also wenn ich ein bestimmtes Wort höre oder lese, dann habe ich sofort einen Ohrwurm, teilweise viele Male am Tag, den ich dann mehrmals abspule. Es ist also, als wäre alles und jedes mit einem Songtext verknüpft bei mir. Ist aber vielleicht ein anderer Aspekt. Ansonsten hab ich dieses Silbenzählen mit den Fingern, wo ich dann auch Gesagtes im Kopf wiederhole, weiß aber auch hier nicht, wozu das zählt.

    Spielsachen aufreihen, keine Ahnung... ist mir nicht bekannt.

    Idiosynkratische Phrasen auch nicht.

    2. Bestehen auf Routinen
    (z.B., extremer Stress bei kleinen Veränderungen; rigide Denkmuster; spezielle Grußrituale; das starke Bedürfnis, täglich den selben Weg zu gehen oder das gleiche zu essen)

    Extremer Stress bei Veränderungen: Nein.

    Rigide Dernkmuster: Ja, auf jeden Fall, als Kind war es z.B. so, dass ich nur Bücher lesen wollte, die einen Jugendliteraturpreis erhalten hatten oder auf der Auswahlliste dafür standen, da ich überzeugt davon war, dass das Buch ansonsten schlecht sei. Zudem war mir Gesetzestreue als Jugendliche sehr wichtig, meine Freundinnen haben sich darüber lustig gemacht, dass ich so ein Problem mit Schwarzfahren hatte. Lustigerweise hatte ich dann wiederum eine Phase, wo ich gegen alle Regeln rebellieren wollte (so Anfang 20) und mehrmals im Jahr beim Schwarzfahren erwischt wurde :d Ich hatte auch längere Zeit ein Problem, Musik z.B. von Schallplatte zu hören, weil das die last.fm-Statistik verfälscht (und die Statistik zu meinem Hörverhalten durfte nicht verfälscht werden :d), ist aber ein bisschen besser geworden.
    Heutzutage habe ich rigide Denkmuster v.a. bei ethischen Sachen, also z.B. dass ich nur Fair Trade kaufen darf oder nur regional oder sowas, wobei das auch schon wieder in Richtung Zwangsstörung geht und vielleicht eine eigene Diagnose wert ist (ich hab dann auch oft ein schlechtes Gewissen oder analysis paralysis, wo ich dann gar nichts kaufe o.ä.). Ich habe auch ein Problem damit, wenn Leute einen Accent anstatt des korrekten Apostrophen verwenden und andere Verstöße gegen die Typographie.
    Des Weiteren habe ich ein ausgeprägtes Black and White-Thinking, zumindest bei angstbesetzten/persönlichen Themen. Eine Sache ist z.B., dass ich wenige englischsprachige Romane lese, weil ich nicht damit klar komme, dass ich mehrere Wörter auf der Seite nicht kenne. Obwohl ich den Inhalt trotzdem verstehe, macht es mich total nervös, nicht jedes Wort zu kennen. Also lese ich dann halt keine englischen Romane, obwohl ich eigentlich ziemlich sprachbegabt bin und ganz gut Englisch kann (aber eben nicht perfekt).

    Spezielle Grußrituale: Nein. Im Allgemeinen keine derartigen Rituale. Ist mir relativ wurscht alles.

    Täglich denselben Weg gehen: Ja, aber aus rein praktischen Gründen, ich habe nämlich gar keinen Orientierungssinn und will es mir nicht unnötig schwer machen. Ansonsten ist mir das völlig wurscht.

    Das gleiche essen: Unterwegs tatsächlich, weil ich einfach froh bin, wenn ich weiß, dass mir etwas schmeckt, und Angst davor habe, etwas zu kaufen, was mir dann vielleicht doch nicht schmeckt (hab teilweise auch übertriebenen Geiz). Zudem schmecken mir viele Dinge einfach nicht. Zu Hause bin ich schon experimentierfreudiger, koche eher so nach Lust und Laune und halte mich nur grob an Rezepte.

    (z. B., starke Bindung an ungewöhnliche Objekte; exzessive, sehr spezifische Interessen)

    Starke Bindung an ungewöhnliche Objekte?
    Hm, ich hab als Kind gerne Halbedelsteine in der Hand gehabt und betrachtet, aber starke Bindung: Nein.

    Exzessive Interessen: Ja, auf jeden Fall, aber nicht unbedingt im klassischen Sinne, also über Jahre hinweg das gleiche SI, es waren immer eher kürzere Phasen, wo ich mich intensiv mit etwas beschäftigt habe. Als Kind waren das eine Zeit lang E-Nummern, also Lebensmittelzusatzstoffe, ich hatte da so ein Heft aus einer Bäckerei, das ich immer wieder gelesen habe und habe dann auch immer die Zutaten auf den Packungen nach E-Nummern durchgeschaut. Des Weiteren habe ich als (etwas älteres) Kind stundenlang alleine programmiert, was vielleicht auch eher ungewöhnlich ist.
    Heutzutage ist eher so, dass ich mich an relativ kleinen Aspekten für ein paar Stunden oder Tage festbeiße, also z.B. lese ich dann 50 Seiten Kommentare bei Zeit Online zu einem einzigen Artikel. Der Erkenntnisgewinn ist dann oft nicht so hoch, aber es ist ein inneres Bedürfnis, ein Thema wirklich erschöpfend zu behandeln und in dem Moment interessiert mich dann einfach nichts anderes. Leider sind es häufig auch eher angstbesetzte Themen, mit denen ich mich zwanghaft befasse im Sinne eines zwanghaften Grübelns, das habe ich in einem anderen Thread mal als "negatives SI" bezeichnet, fällt aber vermutlich mehr in den Bereich Zwangsstörung/Angststörung.

    gegenüber sensorischen Reizen sowie eigene sensorische Interessen

    Extreme Schmerzempfindlichkeit, die mir das Leben zur Hölle macht teilweise :(
    Hohe Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Geräuschen: Muss mir die Ohren zu halten bei Motorrädern, Sirenen, Presslufthammern, Silvesterböllern, platzenden Luftballons. Ich kann aber in laute Kneipen gehen oder auf Rockkonzerte (wobei ich da Ohrenstöpsel trage)
    Teilweise eingeschränkte Körperwahrnehmung vermutlich auf Grund von falscher Aufmerksamkeitssteuerung -> Merke z.B. manchmal erst, dass mir schon länger zu kalt ist, wenn ich kiffe.
    Meine Raumwahrnehmung funktioniert glaub ich nicht, oder die Aufmerksamkeit, keine Ahnung, aber ich stehe Leuten ständig im Weg rum.

    Als Kind fand ich Halbedelsteine sehr faszinierend, wobei es mir nur ums Ansehen und Fühlen ging, Geologie hat mich 0,0 interessiert. Ich hab immer noch eine kindliche Faszination für Aufkleber jeder Art und freue mich immer, wenn es bei IT-Veranstaltungen welche gibt :d Und in Rollenspielläden liebe ich es, die bunten Würfel anzuschauen und durch die Hände gleiten zu lassen, gerade, wenn sie mehr als 6 Seiten haben. Ich reagiere auch sehr intensiv auf Musik, und wenn ich dasselbe Lied sehr oft hintereinander höre, gerade ich manchmal in eine Art ekstatischen Zustand.

    3 Mal editiert, zuletzt von seven_of_nine (23. November 2018 um 15:26)

  • Also ich bin jetzt kein Psychologe oder so, aber ich will es mal aus meiner Meinung beschreiben.

    Vorab, ich bekomme mit sehr hoher Warscheinlichkeit die Diagnose AS (warte das man mir den Bericht zuschickt) und wurde als Kind ja schonmal mit AS in Aachen diagnostiziert (keine Unterlagen mehr dazu) und habe mich in den letzten 3 Jahren sehr ausführlich mit den Thematiken beschäftigt. Daher denke ich schon das ich was dazu sagen kann X3


    Gehört dazu auch, dass man bestimmte Worte auch nur in Gedanken ständig wiederholt, da sie einem interessant erscheinen oder weil man sie total lustig findet?

    Meines Erachtens: ja
    Es ist das gleiche wie Echolalie, nur das es hier im Kopf stattfindet. Ich habe dem Psychologen wo ich momentan zu Diagnose war davon erzählt und er sagte nicht das das normal ist bzw ich habe meiner Mutter das erklärt und sie hat sowas zB nicht.
    Auch wenn ich dazu leider in den offiziellen Thematiken zu Echolalie nichts finden konnte, aber wenn das mehr oder weniger ständig da ist, wie ein Echo, das sich Wörter immer wiederholen, auch wenn man diese nicht ausspricht, ist das für mich Echolalie.
    Ich habe das sehr extrem, und manchmal spreche ich die Wörter auch aus aber das merken andere wohl kaum bzw ich wurde darauf bislang nie angesprochen.


    Sind idiosynkratische Phrasen das nichtverstehen von Redewendungen?

    Mir ist diese Beschreibung gänzlich unbekannt, lese das zum ersten mal, steht das echt so im DSM5?
    Im ICD10 wird zwar von Redewendungen gesprochen bzw das man keinen Sarkasmus, Ironie etc versteht so weit ich mich erinnere, aber dieses Wort idiosynkratisch mei was für ein Wort LOL kann das kaum schreiben XD

    Ist es zwingend notwenig, dass man selbst als Erwachsener Redewendungen nicht versteht, selbst die die einem bekannt sind. Oder geht es da um Redewendungen die man noch nicht gehört hat und im ersten Moment nicht zuordnen kann, aber wenn man drüber nachdenkt schon?

    Nein ist es nicht. Man lernt als Erwachsener über die Jahre ja gewisse Sprichwörter, aber so wie ich das verstehe und auch an mir selbst beobachte, kann ich nicht automatisch neue mir unbekannte Sprichwörter erkennen anhand des Inhaltes oder wie es gesagt wird was andere Leute angeblich wohl können, selbst wenn ihnen dieses Sprichwort nichts sagt.
    Bei mir sorgt das öfters für Verwirrung und ich frage nach was andere oft verwundert, sie sagen dann das es ein Sprichwort/Redewendung ist und ob ich das denn nicht kennen würde.
    Ich kann dann nur sagen "Nein, hab ich bis jetzt noch nie gehört.."
    Andere Nichtautisten würden vermutlich es einfach so hinnehmen anstatt verwirrt zu fragen was die meinen, die erkennen es sofort das es nur ein Sprichwort sein soll und gehen da garnicht erst drauf ein.


    Was sind rigide Denkmuster? Fällt darunter auch, dass es sehr schwierig ist jemanden vom Gegenteil zu überzeugen weil derjenige total festgefahren (RW) in seiner Meinung ist?

    So würde ich das auch verstehen. Ich denke damit ist gemeint, wenn man zB eine art der bestimmten eigenen Ausführung für eine Arbeit hat das man dann darauf beharrt weil man glaubt das das so und nicht anders ablaufen sollte und wenn es jemand anders macht, ist man unzufrieden.
    Ich hatte das früher beim Spielen. Ich wollte nur bestimmte Sachen spielen, alles musste nach einem bestimmten Schema ablaufen sonst machte es mir keinen Spaß, also hatte ich nur wenige Freunde die das mitmachten bis sie darauf keine Lust mehr hatten (die Spielszenen wurden ja oft wiederholt) und auch oft allein gespielt.


    Was sind ungewöhnliche Objekte? Als Jugendliche habe ich Zigarettenschachteln gesammelt. Ich habe keine Ahnung warum, aber ich konnte sie nicht wegwerfen.

    Haahh ist ja witzig, ich hab auch mal welche gesammelt, aber nie die von Lucky Strike weil die mal eine Serie mit Greifvögeln hatten.
    Ich denke unter ungewöhnlich fällt je nachdem was der Psychologe für ungewöhnlich hält.
    Ich hab als Kleinkind alles was durchsichtig ist total faszinierend gefunden, von Schlüsselanhängern über Spülmittelflaschen hätte ich das alles gesammelt, wenn man mich gelassen hätte.
    Später wurden es dann meine Zeichnungen, Aufkleber und andere Dinge von Tiercharaktären aus Filmen die ich gut fand, dann auch Autos, Figuren meiner Lieblingstiere (Marder, Wiesel, Vielfraße, Greifvögel), Felle und Federn von Tieren. Mein ganzes Zimmer ist ein Sammelsorium von alle möglichen Dingen die eher untypisch für Jugendliche oder Kinder meines damaligen Alters waren und auch heute würde ich sagen das wenige Erwachsene diese Dinge sammeln.


    Fällt unter exzessive Interessen, dass man sich über ein bestimmtes Thema ausführlich informiert? Und zwar in dem Ausmaß, dass alles andere nebensächlich wird?

    Ja richtig, das fällt da runter. Alles andere wird nebensächlich, meistens beschäftigt einen das Thema sehr lange, mehrere Jahre oder Jahrzehnte sind keine Seltenheit.
    In meinem fall hab ich mit Felle und Federn aktiv angefangen zu sammeln als ich 12 war aber das Interesse daran hatte ich schon Jahre früher, und das ist jetzt über 20 Jahre her, ich sammel diese Dinge nach wie vor.
    Andere Themen haben mich oft stark über Jahre beschäftigt, wie Akrennianer (eine Alienspezies aus einem Trickfilm) Toon Patrol (die Wiesel aus den Film Falsches Spiel mit Roger Rabbit)


    Starke Reaktion auf Geräusche beinhaltet, denke ich, auch das agressiv werden wenn andere Schmatzen oder wenn von Musik nur die Bässe zu hören sind, oder?
    Als Kind hatte ich die starke Angewohnheit Stoffe aneinanderzureiben und mir das Geräusch anzuhören. Ich habe es gehasst und bekommt heute noch eine Gänsehaut wenn ich nur darüber nachdenke.

    Das ist sicher eine Ausdrucksweise davon, ja, aber da gibt es noch ettliche andere weisen.
    Aggressiv werden kann, muss aber nicht passieren.
    Ich finde es interesannt, das du zB dich absichtlich einem Reiz ausgesetzt hast, den du nicht mochtest, das finde ich ungewöhnlich, will aber nicht sagen das es gegen AS spricht, dazu weiß ich zu wenig darüber.
    Ich bin eher der Typ Mensch der krampfhaft versucht einem bestimmten Reiz nicht wieder ausgesetzt zu werden, weshalb ich früher als Kind oft geweint hab wenn ich was essen musste das ich von der Konsistenz nicht abkann (Vanillepudding mit Haut, Eiweiß, Fett am Fleisch, Wackelpudding) oder Dinge die mir angst machten.
    Geräuschempfindlich bin ich auch, ich erschrecke mich schnell, auch wenn ich das körperlich nicht immer so stark rüber bringe oder dann gleich wütend werde und ausraste.
    Bei mir ist es meistens eher so das ich erst sehr still bin und dann plötzlich sprunghaft und panisch die Flucht ergreife, womit ich andere oft verwirre.
    Das liegt glaube ich daran das ich erst versuche es zu ertragen, aber wenn es nicht auffhört, halte ich diese Reizüberflutung nicht mehr aus.
    Manche plötzlichen Geräusche erscheinen mir auch oft lauter als sie tatsächlich sein müssen. Wenn meine Mutter in einem anderen Raum plötzlich hustet, was oft so aus dem Nichts kommt, hört sich das so laut für mich an, als würde sie mir direkt ins Ohr husten. Nachts ist das manchmal besonders unangenehm weil dann keine anderen Nebengeräusche da sind.
    (Nebengeräusche empfinde ich sonst eher als ablenkend und nervig, hier sind sie aber durchaus auch von Nutzen)


    Und generell die Frage ob es "ausreicht", dass es zwar in der Kindheit Auffälligkeiten dazu gegeben hat, man aber selbst gelernt hat diese abzustellen. (egal aus welchen Gründen)

    Ich denke schon, denn das was du da beschreibst nennt man kompensieren. Man kann sowas nicht abstellen so das es jetzt nicht mehr da/geheilt ist.
    Man hat nur momentan die Kraft damit anders umzugehen, aber spätestens dann wenn man geschwächter ist (aus diversen Gründen) kann diese sich erarbeitete Strategie wieder aufbrechen und diese alten Probleme sind wieder da. gerade wenn man älter wird, lässt diese Kompensationsleistung scheinbar nach.
    Ich konnte nie gut kompensieren, habe das nie für nötig gehalten bzw hatte generell eine andere Einstellung zu mir und zu anderen und Anpassung für andere hatte für mich schon aus ethisch gerechten Gründen keinen Sinn, aber den Grund für mein Anderssein kannte ich vorher auch nicht, ich habe es daher nie als krank oder fehlerhaft betrachtet und mich nur gewundert, warum ich immer wieder behandelt werde wie jemand der nicht so funktioniert wie andere.
    Manchmal kamen Gründe, aber die konnte ich nicht nachvollziehen weil es immer so klang als wollte man mir Dinge abtrainieren die teil meiner Persönlichkeit waren und das konnte ich nicht einsehen, das halte ich auch heute noch für ungerechtfertigt.


    Müssen stereotypien zwingend sichtbar sein? (wenn man sich z.B. das Bedürfnis hat sich gegen den Kopf zu hauen, es aber nur gedanklich macht)
    Und was genau beinhaltet es? Auch Stimming in Form von herumspielen mit Gegenständen? (Fingerringe z.B. oder das man den Schmerzreiz braucht indem man einen Fingernagel unter einen anderen schiebt, oder aber sich in die Lippe zwickt.)

    So weit ich das verstanden habe sind Stereotypien eher sowas wie mit den Händen wedeln oder mit dem Oberkörper vor und zurück schaukeln.
    Das sind meist auf Stress, Nervosität zurückzuführende Verhaltensweisen. Ich mache beides manchmal aber nicht ständig und auch beides nicht so extrem das es gleich jedem auffällt.
    Ich glaube das es aber kein MUSS ist um als Autist zu gelten. Es ist immer so, dass man zumindest einige dieser ganzen Symptome zeigen muss aber eben auch nicht jedes davon.
    Ich glaube vielmehr das hier die Grenzen zwischen Stimming, Stereotypien und Zwang fließend sind.
    Ich neige auch dazu an den Lippen zu knibbeln, was ich als Stimming bezeichne, es gibt ein gutes befriedigendes Gefühl, aber es schlägt schnell in Zwang um weil ich es manchmal sogar mache weil mich ein Fitzelchen am Mund stört, ich spüres es mit der Zunge, der anderen Lippe etc, und dann mache ich es so lange und perfektionistisch bis es weg ist, oder ich mache es selbst dann noch bis es blutet und weh tut. Da würde ich schon von Zwang sprechen und nicht mehr von Stimming aber die Tat selbst ist eben die gleiche.
    Ich mache das auch nicht nur bei Nervosität sondern auch beim Nachdenken, wenn ich aufhöre zu tippen und Ablenkung suche und so weiter, also wenn ich eigentlich nicht gestresst bin.
    Ich habe deswegen auch schon ADHS bei mir vermutet, weil ich immer dachte das sowas typisch sei, und ich permanent Gedanken im kopf habe, nicht still halten kann sondern immer und ständig irgendwas mit den Fingern mache oder mit den Zähnen im Mund herum beisse.
    Das erinnert mich an dieses neue Lied von Pur. "Affen im Kopf"
    Leider kann ich kein Video verlinken weil es auf youtube für Deutschland geblockt ist -.-
    Aber das Lied passt super zu dem Thema XD

    Go bad or go home!

  • Wenn du mal hier etwas nach unten scrollst https://autismus-kultur.de/autismus/dsm-5…ekriterien.html bis zur Überschrift "Diagnosekriterien Autismus-Spektrum-Störung mit Beispielen" findest du genauere Beispiele.

    Wichtig ist dabei aber (steht drunter):

  • @Neoni Danke für die Seite, da ist es wirklich gut erklärt. :)
    Ich möchte mich nicht selbst diagnostizieren, ich habe ja einen Termin. Ich möchte mir nur ein Bild machen damit ich weiß welche Dinge erwähnenswert sind und welche nicht. Und auch was dafür und was dagegen spricht. Sonst habe ich Angst, dass ich mich wieder an Kleinigkeiten aufhalte und das Wesentliche vergesse. Ich weiß nicht wie der Diagnostiker ist und möchte mich nicht darauf verlassen, dass er mich lenken kann. Deswegen arbeite ich gerade an einer Liste an der ich mich orientieren kann.

  • Ich möchte mich nicht selbst diagnostizieren

    Sorry, das wollte ich auch nicht aussagen. Ich markierte es, weil sich solche Kriterien eben an Fachleute richten, als Laien fehlt einem da denke ich einfach Wissen wie es genau zu verstehen ist, sowie: was und wieviel von solchem Verhalten noch nochmal ist, was nicht ect.
    Ich verstehe auch dass du dich vorbereitest mit einer Liste, machen sehr viele. Meist wird sie dann nicht gebraucht.

  • LG Heavyload

    Es gibt zwei Arten von Menschen:
    Die einen kennen mich...
    Die anderen können mich...

  • 1. Stereotype Verhaltensweisen auf motorischer, sprachlicher und spielerischer Ebene
    (z.B., Händeflattern; Aufreihen von Spielsachen oder Umdrehen von Gegenständen; Echolalie; Gebrauch idiosynkratischer Phrasen)

    Ich sortiere gerne

    2. Bestehen auf Routinen
    (z.B., extremer Stress bei kleinen Veränderungen; rigide Denkmuster; spezielle Grußrituale; das starke Bedürfnis, täglich den selben Weg zu gehen oder das gleiche zu essen)

    nö (nur wenn es mir schlecht geht, dann ist das eine Stütze)

    3. Eingeschränkte/intensive Interessen
    (z. B., starke Bindung an ungewöhnliche Objekte; exzessive, sehr spezifische Interessen)

    starke Bindung an ungewöhnliche Objekte, meine Interessen sind nicht so ausgeprägt exzessiv und nicht so extrem ungewöhnlich

    4. Hyper- und Hyporeaktivität
    gegenüber sensorischen Reizen sowie eigene sensorische Interessen
    (z. B., Gleichgültigkeit gegenüber Schmerz- oder Temperaturreizen; starke Reaktionen auf bestimmte Geräusche oder Oberflächenbeschaffenheiten; exzessives Riechen oder Anfassen von Objekten; visuelle Faszination mit Lichtern und Bewegungen)

    Alle Sinne sind extrem ausgeprägt. Mein Empfinden auf der Haut, insbesondere an den Füßen, ist schwer nervig!

  • Sind idiosynkratische Phrasen das nichtverstehen von Redewendungen?

    Idiosynkrasie bedeutet (unter Anderem) eine eigene Art zu Sprechen. D.h. eine Person benutzt Wörter in einer Bedeutung, die nur sie selbst kennt. Ich habe z.B. eine zeitlang ganz oft das Wort "abartig" gesagt, auch, wenn damit meinte, dass ich etwas gut finde. Das hat andere ziemlich verwirrt.

    Heute nehme ich manchmal Begriffe aus der Wissenschaft, erweitere ihre Bedeutung und benutze sie dann in normaler Konversation, z.B. das Wort "Emergenz".

    "autistische traits" und seit der Diagnostikvorlesung glaube ich nicht mehr ans Klassifikationssystem :D

    ~all brains are beautiful~

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