Aufklärung des Arbeitgebers/Chefs

  • Wollte keinen neuen Thread beginnen, habe daher einen alten für mein Anliegen ausgekramt...

    In irgend so einem Fragebogen einer Studie las ich mal die Frage wie viel persönliche Zuwendung durch seinen Vorgesetzten man am Tag gerne hätte bzw. hat - sollte in Minuten oder Stunden angegeben werden, wenn ich mich richtig erinnere. Schon damals war ich verblüfft. Also in der Arbeit geht es m.E. in erster Linie um das Erfüllen von Aufgaben, irgendwie erscheint es mir komisch da tagtäglich persönliche Zuwendung zu wollen.

    Doch gerade frage ich mich wie viel "persönliche Zuwendung" ich in Anspruch nehmen darf wenn es mir schlecht geht und ich deshalb meine Arbeit weniger gut erfüllen kann. Also sowohl quantitativ als auch qualitativ.

    Also was kann/darf/soll ich meinem Vorgesetzten erzählen? Ein Kollege von mir berichtet gerne (Vorgesetzten und Kollegen) ausführlich von seiner Hypertonie. Mich z.B. interessiert das gar nicht. Gleichzeitig denke ich mir, dass es schon eine wichtige Information ist, dass er Hypertonie hat und z.B. irgendwann mal ein neues Medikament bekam, das dazu führte, dass er häufiger Arzttermine wahrnehmen musste. So wird verständlicher warum er manchmal nicht da ist und man/ich habe nicht das Gefühl, dass er da einfach etwas "freizeitorientiert unterwegs" ist oder entwickle Phantasien was er sonst haben könnte.

    Grundsätzlich bekunde ich auch gerne was ich habe wenn ich nicht arbeiten kann. Aber ist das sinnvoll? Interessiert das irgendwen? Macht das einen Unterschied? Oder nervt das eher?

    Und dann auch die Frage nach der Quantität: In welchem Ausmaß?

    Habt ihr Ideen dazu?

    Surprised by the joy of life.

  • Das weiß ich auch nicht genau.

    Mein Chef kennt meine Diagnose, aber wir kommunizieren in der Regel nur dienstlich, und das auch eher wenig. Es kann gut passieren, dass ich ihn zwei Wochen lang nicht sehe.
    Persönliche Zuwendung bekomme ich 1x im Jahr beim jährlichen Mitarbeitergespräch - falls es nicht ausfällt. Ansonsten höchstens bei besonderen Anlässen, die sind seltener als 1x im Jahr.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Bei mir wissen der Arbeitgeber, der direkte Vorgesetzte und ein paar Kollegen nur, dass ich einen SBA habe, aber nicht den genauen Grund. Anfangs hatte ich ihn nur im Personalbogen angegeben mit der Bitte, diese Info nicht weiterzugeben und teilte auch mit, dass es keinen Einfluß auf meine Arbeit hätte. Es gab bei früheren Firmen immer Probleme, in der letzten lief es aber besser, daher dachte ich, ich sei jetzt älter und hätte was dazugelernt usw :D War ein Trugschluss. Die alten Kollegen hatten sich in den vielen Jahren wohl nur an mich und ich mich an sie gewöhnt.

    Im neuen Job gabs bald erste Schwierigkeiten, dann wurde ich vom Vorgesetzten und zwei weiteren Kollegen zu einem sehr spontanten Gespräch gebeten, sie wollten wissen, was los sei und ich war in dem Gespräch einfach völlig überfordert und damit beschäftigt, nicht loszuheulen. Aus meiner Sicht war alles in Ordnung, aus deren Sicht aber wohl überhaupt nicht, was aber nicht meine Arbeitsleistung an sich betraf. Die Diagnose teilte ich nicht mit, aber nach einigem hin und her sagte ich dann, dass ich nicht so belastbar bin (nicht in Bezug auf meine Tätigkeit, sondern auf das ganze drumherum) und dass es für mich ist, wie zwei Jobs zu haben. Einen normalen und einen sozialen und dass ich nicht als Neuling in beiden gleichzeitig die erwartete Leistung bringen kann.

    Mein Vorgesetzter guckte danach das erste Mal in meine Personalakte, sah dort den 70 GDB, bat am nächsten Tag nochmal um ein Gespräch und entschuldigte sich für die Überrumpelung am Vortag. Er organisierte ein weiteres Gespräch mit einer Vertrauensperson, die dann fragte, was ich brauche, um mich wohlzufühlen. Die erste Panik, schon wieder einen Job nach kurzer Zeit zu verlieren, legte sich dann etwas. Man kam mir recht verständnisvoll entgegen. Trotzdem blieb immer noch die unterschwellige die Angst, noch in der Probezeit wieder aussortiert zu werden, was nicht geschah zum Glück.

    Selber hätte ich nicht gewusst, wie und wo ich um irgendwelche Erleichterungen bitten soll und bin richtig froh, dass der Arbeitgeber auf mich zu kam. Es sind nur Kleinigkeiten, die aber einiges erleichtern und den Druck spürbar reduzieren. Die Diagnose habe ich niemandem genannt, nur einzelne Schwierigkeiten, wenn es die Situation erforderte oder ich das Gefühl hatte, mich erklären zu müssen.

    Persönliche Zuwendung denke ich nicht mehr oder weniger zu bekommen als alle anderen. Es gibt 1-2 Nebenabsprachen, weiß aber nicht, ob das unter persönliche Zuwendung läuft, glaube nicht.


    Grundsätzlich bekunde ich auch gerne was ich habe wenn ich nicht arbeiten kann. Aber ist das sinnvoll? Interessiert das irgendwen? Macht das einen Unterschied? Oder nervt das eher?

    Das hängt wahrscheinlich mit davon ab, wie gut man sich mit seinen Kollegen versteht, wie diese es handhaben usw. Ich war in Firmen, da wurde gar nichts gesagt. In anderen Unternehmen war der Umgang miteinander sehr offen und die Leute sprachen eher über Gründe für krankheitsbedingte Fehlzeiten. Hängt, wie so oft, auch vom Umfeld ab. Ich würde immer gucken, wie es die Mitarbeiter handhaben, die schon länger dort sind und dann entscheiden.

  • Das hängt wahrscheinlich mit davon ab, wie gut man sich mit seinen Kollegen versteht, wie diese es handhaben usw. Ich war in Firmen, da wurde gar nichts gesagt. In anderen Unternehmen war der Umgang miteinander sehr offen und die Leute sprachen eher über Gründe für krankheitsbedingte Fehlzeiten. Hängt, wie so oft, auch vom Umfeld ab. Ich würde immer gucken, wie es die Mitarbeiter handhaben, die schon länger dort sind und dann entscheiden.

    Also grundsätzlich geht es bei uns diesbezüglich sehr offen zu. In etwa 80% der Fälle gibt es eine Angabe der Erkrankung. Allerdings war da noch nie was Psychisches dabei. Und bei einer Kollegin frage ich mich schon, ob "der Rücken" nicht eher ein Synonym für "die Psyche" ist.

    Surprised by the joy of life.

  • @Surprised Über körperliche Beschwerden spricht es sich bekanntlich ja leichter als über psychische, weil letztere weiterhin leider noch immer sehr vorurteilbehaftet ist. Es heißt auch, dass körperliche Beschwerden durchaus auch durch die Psyche ausgelöst werden können. Daher können wiederholte Rückenschmerzen auf psychische Probleme hindeuten.
    Ich verstehe aber, was du meinst. Der Kollege sagt, er hat "Rücken". Entweder hat er also wirklich Rückenschmerzen oder eine Rückenverletzung oder er gibt es nur vor, weil er "Psyche" sich nicht traut anzugeben. Er muss es auch nicht.
    Es wird ja auch oft dazu geraten, bei Depressionen, Psychosen und was es sonst noch alles gibt, entweder gar nichts zu sagen oder wenn man sich doch dazu gedrängt fühlt, Auskunft geben zu müssen, dann zu schwindeln und zu sagen es sei der Rücken, der Kopf, Knieprobleme oder etwas anderes chronisches, das wiederholt zu Ausfällen führen könnte.

    Habe das selber auch schon gemacht. Kürzlich war ich in einem kleinen Meeting, der Tag war schon laut und stressig. Ein Kollege im Meeting redete viel und dazu noch recht laut. Durch die Vorbelastung an dem Tag, der schon an einen Overload grenzte, war es im Meeting dann tatsächlich so weit. Ich habe dann auch gesagt, ich hätte plötzlich höllische Kopfschmerzen, habe kurze Pause gemacht und bin direkt nach Ende des Meetings heimgegangen, mich dort eine halbe Stunde hingelegt (Mittagspause) und den Rest des Tages von zuhause gearbeitet. An der Stelle einen Overload zu erklären oder ähnliches wäre gar nicht möglich gewesen und verstanden hätte es eh keiner. Wahrscheinlich wäre ab da gar nicht mehr ernst genommen worden oder so geschont worden, dass ich keine Aufgaben neben dem Tagesgeschäft bekommen hätte. Also behauptet, es sei ein Migräneanfall (den ich tatsächlich manchmal habe, aber nicht an diesem Tag) und das wurde sofort von allen akzeptiert.

    Vielleicht geht es daher doch nicht ganz so offen zu, wie du annimmst, wenn nie etwas psychisches dabei ist? Es wird zwar über Krankheiten gesprochen, aber vielleicht nicht ganz wahrheitsgemäß. Oder alle Kollegen, ich weiß ja nicht, wie viele es gibt, sind tatsächlich immun gegen psychische Sachen. Bei einem kleinen Kollegenkreis von einer handvoll Kollegen kann das durchaus sein. Bei größeren Unternehmen glaube ich nicht, dass es gar niemanden geben wird, der tatsächlich nur körperliche Beschwerden hat.

    3 Mal editiert, zuletzt von Ally (27. November 2021 um 22:31)

  • Habt ihr Ideen dazu?

    Ich denke mein Chef hat das Recht über Dinge Bescheid zu wissen, die sich auf ihn bzw. meine Tätigkeit auswirken können.

    z.B. teile ich mit, wenn mehr Arzttermine anstehen, oder dass z.B. besonderer privater oder gesundheitlicher Stress besteht etc. damit gemeinsam, wenn nötig nach Entlastungsoptionen geschaut werden könnte, falls es zu viel wird. So kann ich sehr erfolgreich Krankentage vermeiden.
    (Hier ist es nicht erforderlich den genauen Grund zu nennen also die Diagnose.)

    Das geht aber auch nur, wenn man einen Chef hat, der das mit macht und einem gegenüber positiv eingestellt ist.

  • Tägliche Fürsorge habe und brauche ich nicht.
    Aber mit meinem jetzigen Chef gibt es einen festen Termin pro Woche, wo er mir erzählen kann, was bald auf mich zukommt und ich ihm erzählen kann, wo es gerade hakt. Aber ich kann auch jederzeit vorher schon deswegen zu ihm kommen.
    Wenn ich z.B. mit Arbeit überhäuft werde, darf ich das klar so kommunizieren und dann schauen wie gemeinsam, was davon wirklich dringend ist und ob es ggf. andere übernehmen können.
    Von meiner Diagnose weiß niemand was und das ist in der Firma meiner Meinung nach auch nicht nötig, da herrscht auch so schon eine Unternehmenskultur, die stark auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter achtet.
    Mein Chef sagt selbst ab und zu, dass er z.B. an Tag X nicht im Büro ist, weil er einen auswärtigen Arzttermin hat - also habe ich auch kein Problem damit, wenn ich meinerseits mal deswegen während der Arbeitszeit weg muss.

    Rückenschmerzen und Verspannungen habe ich regelmäßig und ich würde das schon auf die Psyche als Auslöser schieben. Ich merke das ja selbst, wie ich bei Stress verkrampfe und versuche darauf zu achten, etwas entspannter zu sitzen oder zu stehen. Das Problem ist in der Firma auch bekannt, da habe ich ein Attest abgegeben, damit ich einen Schreibtisch bekomme, wo ich auch im Stehen arbeiten kann.

    _,.-o~^°´`°^~o-.,_Ich ess Blumen...,.-o~^°´`°^~o-.,_

  • Mein Chef und Kollegen wissen das ich Einschränkungen habe und deshalb kooperative Ausbildung, die Berufschule weiß auch. Auch Klassen Kameraden.

    Nehme gerade Kontakt auf zur Person für Inklusion an der Schule.
    Die Landwirtschaft Kammer weiß ebenfalls.

    Das Do ist der Weg. :prof:

  • Danke, @Ally für deinen Beitrag!

    Ich denke mein Chef hat das Recht über Dinge Bescheid zu wissen, die sich auf ihn bzw. meine Tätigkeit auswirken können.

    z.B. teile ich mit, wenn mehr Arzttermine anstehen, oder dass z.B. besonderer privater oder gesundheitlicher Stress besteht etc. damit gemeinsam, wenn nötig nach Entlastungsoptionen geschaut werden könnte, falls es zu viel wird. So kann ich sehr erfolgreich Krankentage vermeiden.

    Ich finde es so schwer da die passenden Worte zu finden. Wie machst du das denn sagst du "Chef, aktuell besteht gesundheitlicher Stress und deshalb bin ich ab und zu weg wegen Arztterminen und komme vielleicht mal später weil ich nicht aus dem Bett komme und gehe früher weil ich nicht so belastbar bin. Haben Sie noch Ideen zu Entlastungsoptionen?"? Ich tue mir echt schwer was ich wie sagen soll.

    Aber mit meinem jetzigen Chef gibt es einen festen Termin pro Woche, wo er mir erzählen kann, was bald auf mich zukommt und ich ihm erzählen kann, wo es gerade hakt. Aber ich kann auch jederzeit vorher schon deswegen zu ihm kommen.

    Das war auch mal bei mir der Plan. Aber im Alltagschaos ging das dann wieder unter. Und klappte auch sonst nicht so gut, da manches kurzfristig gelöst werden musste oder eben einfach auch weil die Zeit fehlte wirklich alle Punkte zu besprechen. Wobei es da (glaube ich) nur um Sachfragen gehen sollte. Also nicht so selbstoffenbarungsmäßig.

    Nehme gerade Kontakt auf zur Person für Inklusion an der Schule.

    Ist die Person an deiner Schule angesiedelt oder von extern?

    Surprised by the joy of life.

  • Die ist wie der Schulpsychologe für die Berufschule zuständig. Die Person hat schon vorab meine Diagnosen erhalten. Autismus Spektrum Störung und die zentrale Hörstörung sollen berücksichtigt werden.

    Das Do ist der Weg. :prof:

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