Hallo,
ich habe nun vor einer Woche meine Verlobte geheiratet, und es war auch ein wirklich schönes Ereignis, auf das ich mich auch schon lange gefreut habe.
Aber ich habe auch gemerkt, wie sehr ich an bzw. über meine Grenzen gekommen bin.
Die Planung der Hochzeit hat meine Freundin schon vor einem Jahr begonnen. Sie Plant auch sehr gerne, und mich überfordert diese ganze Planung. Ich habe ihr sogut geholfen, wie es ging, doch die meiste Arbeit hat sie gemacht. Die Woche vor der hochzeit wurde dann am Aufwändigsten. Ihre Mutter kam zu besuch und wir haben zu dritt alles aufgebaut, alle Besorgungen gemacht mit meinen Eltern, alles organisiert usw. Eine Woche Non-Stop ohne Pause. Dann war die Hochzeit, und direkt einen Tag danach sind wir in die Flitterwochen gefahren. Eine Kreuzfahrt mit der AIDA, das haben wir auch vor einem Jahr gemacht, und das habe ich sehr genossen.
Nun aber zu dem, was mir zu schaffen macht:
Die eine Woche vor der Hochzeit hat mich völlig erschöpft. Es ging nicht nur um das ganze organisieren und aufbauen, sondern auch darum, dass ich niemals alleine war, ich konnte mich nicht zurück ziehen, Tag und Nacht war jemand um mich herum. Ansonsten ziehe ich mich abends, nachdem meine Freundin eingeschlafen ist, immer gerne zurück an den PC, mache die Tür zu, Fenster dicht, und schalte etwas ab, teilweise bis spät in die Nacht. Das fehlte mir aber nun, und ich habe richtig gemerkt, wie mein Geist und Körper abbauen. Es war für mich so, als hätte ich eine Woche lang nicht geschlafen, denn in der Tat ist dieses Zurückziehen für mich erholsamer als Schlaf.
Dann ging es nach der Hochzeit gleich los zum Schiff, und auch dort war ich nicht mehr alleine, permanent waren Menschen um mich herum. Beim letzten Urlaub machte mir das nicht so viel aus, aber da ich nun schon eine Woche vorher so gestress war und keinen Rückzug hatte, war ich einfach völlig leer und erschöpft. Ich war auch permanent gereizt. Wir sind nun gestern zurück gekommen, und heute ist meine Schwiegermutter auch abgereist (sie hatte auf die Katzen aufgepasst während wir im Urlaub waren). Und ich bin am PC und merke richtig, wie kaputt ich bin. Mein Kopf brummt, ich kann mich nicht mehr konzentrieren, ich habe furchtbare Augenringe und Bluthochdruck. Ich bin Körperlich und Geistig am Ende, ich kann mich kaum erinnern, schon einmal so erschöpft gewesen zu sein.
Aber das komische ist eben, dass es nicht die Anforderungen sind, die mich erschöpft haben, sondern das Fehlen des Rückzuges und das permanente "unter Menschen sein". Dazu zählt leider auch meine Frau. Mit ihr ist es zwar viel angenehmer, als mit anderen Menschen, doch dennoch kostet es mich Kraft.
Jetzt am Pc zu sitzen, Tür zu schließen und einfach etwas den Geist und Körper abzuschalten und hier etwas zu schreiben ist gerade pure Erholung.
Soweit könnte ich damit leben. Mir ist schon immer klar gewesen, dass ich extrem viel Rückzug brauche. Mir war nur nicht klar, dass es sich sogar so Körperlich auswirkt. Ich dachte einfach, es wäre irgendwas psychisches und ich könnte mich einfach mal zusammen reißen. Aber selbst auf den Urlaubsfotos sehe ich völlig fertig aus. Ich merke dann auch, wie meine Konzentration und auch mein Gedächnis stark nachlassen und richtig Fluchtgedanken aufkommen. Ich wollte oftmals einfach nur noch auf die Kabine, und dann am besten ins Bad und Tür zu.
Nun aber zu meinem Eigentlichen Problem:
Ich kann einfach nicht annähernd die selbe Leistung bringen, wie andere. Körperlich kann ich viel leisten, aber nicht Geistig und Sozial. Ein Tag unter Menschen (egal ob fremde oder Freunde oder Partnerin) und ich benötige 2 oder mehr Tage zur Erholung. Und fehlen diese Tage, dann laufe ich irgendwann auf dem Zahnfleisch. Zusammenreißen oder ähnliches hilft nicht.
Meine Partnerin hat verständnis dafür, weil sie einfach weiß, wie schnell ich Überfordert bin und dass ich nicht so viel Sozialen Kontakt ertrage. Dennoch bleibt immer dieser fiese NAchgeschmack, dass ich nicht so viel Leisten kann, wie Sie oder alle anderen. Auf der Kreuzfahrt ist dies kein Problem, aber in schwierigen Situationen durchaus. In der Woche vor der Hochzeit haben wir sehr viel gemacht, und irgendwann schaltet bei mir einfach etwas aus im Kopf, und ich bin nur noch im "Überlebensmodus" und nicht mehr aufnahmefähig. Doch genau in solchen Situationen braucht meine Partnerin mich, und sie ist dann auch sehr wütend und enttäuscht, wenn ich dann nicht Leistungsfähig bin. Natürlich hat sie zwar verständnis, doch wenn es Hart auf Hart kommt, dann merke ich schon, dass es sie stört, und auch alle anderen. Auf der Arbeit geht es mir ja ähnlich und mein Chef hat zwar etwas verständnis für mich, aber in Notsituationen stört es ihn dann doch.
Und das ist mein Problem. Sowohl ich, als auch meine Frau, Freunde oder Chef haben verständnis dafür, dass ich nur halb so viel Leisten kann wie andere. Doch wenn es darauf ankommt, dann habe weder ich, noch alle anderen dafür verständnis. Ich kann mich dann selber nicht ertragen.
Daher ist meine Frage glaube ich folgende: Verständnis hat so gut wie jeder, und auch ich selber habe verständnis, solange eben nichts schlimmes passiert. Doch wenn es darauf ankommt, dann ist sowohl mein Verständis, als auch das aller anderen plötzlich weg, und dann merke ich, dass diese Leistung wirklich fehlt und mein Leben extrem einschränkt. Weder ich, noch andere können sich dann auf mich verlassen. Es ist zwar vorher bekannt gewesen, aber im notfall hofft man dann ja doch, dass es irgendwie klappt.
Wie geht man denn nun aber damit um?
Dass alle verständnis haben, solange nichts wichtiges auf dem Spiel stehst, das ist mir klar. Aber wie gehe ich mit dieser verminderten Leistung um, wenn es um was wichtiges geht?
Ich hätte meiner Partnerin so gehre viel mehr geholfen, und es macht mich krank, dass sie so viel mehr leistung bringen kann als ich, und dass ich selbst mit purer Willenskraft nichts dagegen machen kann. Das ist wie mit der Höhenangst. Egal wie sehr ich über einen Balken in 50 Meter Höhe auch gehen wollte, meine Höhenangst würde mich lähmen, selbst wenn mein Leben auf dem Spiel stehen würde, oder das Leben von anderen.
Und ich kann von keinem Menschen verlangen, auf mich rücksicht zu nehmen, besonders in entscheidenen Situationen. Weder von meiner Freundin kann ich das verlangen, noch von meinem Arbeitgeber. Und ich selber kann es von mir auch nicht verlangen.
In meiner Therapie kam es mal darauf zu sprechen. Eine Therapeutung meinte eben auch mal, ich müsse akzeptieren, dass meine Leistung vermindert ist. Aber wie macht man das? Ich kann meinem Chef nicht sagen, dass ich keine Leistung mehr bringen kann für die nächsten 5 Tage. Ich kann meiner Partnerin in Notsituationen nicht sagen, dass ich nicht mehr kann und einen Tag für mich brauche, ich kann Freunden die mich brauchen nicht sagen, dass ich momentan erschöpft bin. Denn in all diesen Situationen (egal wieviel Verständnis die Leute auch haben) wollen sie alle doch einen nachvollziehbaren Grund haben, und den kann ich nicht geben. Der Chef fühlt sich im Recht, die Leistung zu verlangen. Die Freunde fühlen sich im Stich gelassen und meine Partnerin fühlt sich alleine mit den Problemen. Autismus hin oder her, da hört dann für alle (und auch für mich selber) das verständnis auf.