Selbständigkeit? Arbeitsalltag

  • Hallo liebe Leute,

    ich muss einfach mal ein paar Gedanken loswerden, in der Hoffnung, dass man mich wenigstens hier versteht.

    Folgendes: ich arbeite schon seit fast 10 Jahren beim gleichen Arbeitgeber. Habe damals meine Ausbildung angefangen und bin
    seitdem hier. Mir wird nun immer mehr bewusst, dass ich damals eigentlich von meiner Familie "gezwungen" wurde, mich zu bewerben.
    Ich war damals mit 18 Jahren lange noch nicht so weit, wie andere es in dem Alter sind. Man hat mir die Stellenanzeige aus der Zeitung rausgesucht,
    hab mich, ohne mir Gedanken zu machen, beworben und die Stelle bekommen.

    Seit ca. 2 Jahren schon will ich einfach nur noch weg aus diesem Büro, ja am besten sogar ganz raus aus diesem Beruf (Steuerfachangestellte).
    Das Problem ist nur: meine riesen große Angst vor dem Unbekannten und Neuen. Vor allen Dingen: die Angst davor, neue Menschen kennenzulernen.

    Man rät mir ständig ,,Bewerb dich doch woanders, kündige, such dir einen neuen Job." Klingt zwar einfach, aber mit einer "Sozialphobie" ist das für mich
    persönlich im Moment ein Ding der Unmöglichkeit. Mir schweben da eher so Dinge im Kopf wie mich selbständig machen.
    Ich hab da auch schon 2-3 Ideen, da ich aufgrund meiner Berufserfahrung und eigentlich auch starkem Interesse an Zahlen, bestes Hintergrundwissen
    bezüglich Buchführung/Kalkulation/Geschäftsführung etc. habe.
    Aber auch da ist die Angst dabei.

    Gibt es hier zufällig Leute unter euch, welche den Schritt in die Selbständigkeit gewagt haben? Und es auch nicht bereut haben? Und einfach nur
    glücklich damit sind? :)

    Ich spüre, wie ich förmlich eingehe hier in diesem Büro. 8 Stunden am Tag, 40 Stunden in der Woche zu sitzen, seine Zeit abzusitzen, selbst wenn
    nichts zu tun ist. Das kann doch nicht der Sinn des Lebens sein :shake:

  • Ich bin bereits seit 2004 selbständig und würde trotz der damit verbundenen Nachteile (z.B. weniger Gehalt, muss alles noch versteuern, muss mich selbst krankenversichern teilweise kann ich 14 Tage durcharbeiten) nie, nie wieder ins Angestelltenverhältnis zurück wollen. Mein großer Vorteil ist, dass ich überwiegend von daheim aus arbeiten kann, was bei Dir als Steuerfachangestellte ja auch gehen müsste. Ich wollte nie wieder in einem Büro mit anderen eingesperrt sein, ständig Musikberieselung haben, weil der Rest das hören will, dazu sinnlosen Smalltalk... Daheim kann ich mich am besten konzentrieren und am besten arbeiten. Und wenn mal ein Kind krank ist, ist das auch kein langer Eiertanz vor dem Chef, weil man frei bräuchte, sondern ich bin ja eh daheim. Dazu kommt noch die Freiheit, zu Aufträgen auch mal "Nein" sagen zu können, was als Angestellter nicht geht. Es ist natürlich auch ein Abwägen: wenn man es sich mit einem Auftraggeber nicht verderben will, kann man nicht allzu oft "Nein" sagen. Aber im Büro musst Du halt alles machen, was der Chef anschafft. Als Selbständiger ist man sein eigener Chef. Ich habe nicht mehr das Gefühl, dass ich von 9 bis 17 Uhr auf einer fremden Galeere meinen Frondienst ableiste. Zwar rudere ich immer noch, aber auf meinem eigenen Boot. Von daher, ich würde es nicht mehr anders haben wollen.
    Wenn Du zuverlässig mit Deinen Aufträgen sein kannst, und auch mit den Nachteilen der Selbständigkeit klar kommst, kann ich das nur empfehlen. Ich würde es nicht für chaotische Menschen empfehlen, die ein Problem damit haben, sich selbst zu organisieren. Selbstdisziplin gehört schon dazu.
    Wenn Du noch Fragen hast, jederzeit gerne. :)
    PS: was mir noch eingefallen ist, wenn Du loslegst als Selbständiger, brauchst Du natürlich zuerst mal Kunden und Auftraggeber. Evtl. kannst Du ja aus Deinem alten Beruf welche mitnehmen? Die bisher schon mit Dir zusammengearbeitet haben und zufrieden waren?

    Einmal editiert, zuletzt von Neumond (14. August 2018 um 09:21)

  • @Neumond

    Sie möchte den Beruf eigentlich nicht mehr ausüben.

    Seit ca. 2 Jahren schon will ich einfach nur noch weg aus diesem Büro, ja am besten sogar ganz raus aus diesem Beruf (Steuerfachangestellte).

    「人上人不造」 All Men Are Created Equal

    It's simple. There are no guarantees. I have to trust in luck. That is all.

  • Vielen Dank schonmal für deine Antwort :)

    Ja, beides hat seine Vor- und Nachteile. Über die Nachteile der Selbständigkeit bin ich mir ebenfalls bewusst, da ich in den 10 Jahren
    (trotz allem...) sehr viel gelernt habe und viele Mandanten in ihrer Selbständigkeit betreue. Mein Ziel ist es nicht, mich zu Tode zu arbeiten nur um
    Unmengen an Geld zu haben, sowie ich das immer wieder bei anderen mitbekomme. Sondern ohne großen Stress Geld zu verdienen, mit dem man gut leben kann.

    Sowieso ist erstmal alles nur in meinem Kopf, rein gedanklich. Doch irgendwann möchte ich das schon umsetzen.
    Chaos mag ich überhaupt nicht, bin sehr perfektionistisch veranlagt, manchmal zu sehr :oops: :]

    Das, wovor ich im Moment noch Angst habe, sind die von dir angesprochenen Kunden bzw. Auftraggeber. Wenn ich mich als Steuerfachangestellte selbständig machen
    würde, hätte ich einige Mandanten, die mit Sicherheit mit mir gehen würden.
    Aber dann ist da eben noch die Sache... das ich in dem Beruf nicht mehr aufblühe.
    In meinen Träumen sehe ich mich im Homeoffice sitzen und für andere Unternehmen Texte übersetzen. Ich spreche 2 Fremdsprachen fließend.
    Seit einiger Zeit überlege ich zudem, ein Fernstudium zu machen, um anschließend einen Nachweis über Fremdsprachen-Kenntnisse zu haben.
    Hier gibt es Unmengen an Seiten im Internet, welche Übersetzer suchen. Auch in meinem jetzigen Beruf bin ich die Ansprechpartnerin, wenn es mal um
    Sachverhalte aus dem Ausland geht. Ist zwar nicht oft der Fall, aber ich freue mich jedes Mal, wenn solche Aufträge reinkommen.

    Alles ist halt erstmal ein gedankliches Gerüst.
    Es fehlt mir Mut... Sehr viel Mut :)

  • Wenn ich mich als Steuerfachangestellte selbständig machen
    würde, hätte ich einige Mandanten, die mit Sicherheit mit mir gehen würden.
    Aber dann ist da eben noch die Sache... das ich in dem Beruf nicht mehr aufblühe.
    In meinen Träumen sehe ich mich im Homeoffice sitzen und für andere Unternehmen Texte übersetzen. Ich spreche 2 Fremdsprachen fließend.

    Wenn Du einige Mandanten hast dann gibt es dadurch kalkulierbare Einnahmen.

    Das kann eine finanzielle Grundlage sein für andere Tätigkeiten die Du gerne ausüben möchtest. Das Positive an der Selbständigkeit ist, dass man in der Lage ist seine Tätigkeitsbereiche selbst zu organisieren. Es ist nicht notwendig sich auf eine Tätigkeit zu reduzieren, ich kenne etliche Selbständige die parallel verschiedene Tätigkeiten ausüben.


    bin sehr perfektionistisch veranlagt, manchmal zu sehr

    Das ist manchmal ein Problem, denn wenn man sich etwas aufbaut, was ja der Fall ist beim Selbständig machen, dann ist es nicht perfekt. Es ist erstmal eine Baustelle.

  • Seit einiger Zeit überlege ich zudem, ein Fernstudium zu machen, um anschließend einen Nachweis über Fremdsprachen-Kenntnisse zu haben.
    Hier gibt es Unmengen an Seiten im Internet, welche Übersetzer suchen.

    Da wäre mein Tipp: erstmal Arbeitszeit reduzieren und das Fernstudium, dann Selbständigkeit. Wenn Du einmal etabliert bist, ist der Abschluß vielleicht nicht mehr nötig, aber in der Startphase sieht das anders aus. Und Du solltest das Probem der Neukundenakquise nicht unterschätzen, das war ein wesentlicher Grund dafür, dass es bei mir nicht dauerhaft lief. Am Anfang war ich auch in einer Marktlücke (so wie Du es jetzt für Übersetzer beschreibst), dann drückten da zunehmend Anwälte rein und ich war draußen und bin an der Akquise - anders gesagt: an der sozialen Inkompetenz - gescheitert.

  • Hier gibt es Unmengen an Seiten im Internet, welche Übersetzer suchen.

    Die sind häufig nicht bereit einen angemessenen Preis zu zahlen.

    Und Du solltest das Probem der Neukundenakquise nicht unterschätzen, das war ein wesentlicher Grund dafür, dass es bei mir nicht dauerhaft lief. Am Anfang war ich auch in einer Marktlücke (so wie Du es jetzt für Übersetzer beschreibst), dann drückten da zunehmend Anwälte rein und ich war draußen und bin an der Akquise - anders gesagt: an der sozialen Inkompetenz - gescheitert.

    Ja, das ist ein Problem.

    Da wäre mein Tipp: erstmal Arbeitszeit reduzieren und das Fernstudium, dann Selbständigkeit.

    Ja, denke ich auch, das ist gut.

  • Ja, ich bin mir dessen bewusst, sonst hätte ich das Projekt Selbständigkeit schon längst gestartet :)

    Neben meiner Vollzeitstelle das Fernstudium zu machen, kriege ich vom Kopf sowieso nicht hin. Es müsste sich erst grundlegend
    was an meiner wöchentlichen Arbeitszeit ändern. Aber all das sind Gedanken, die ich mir im Moment mache.
    Und trotzdem weiß ich, dass es nicht unmöglich ist.

    Von daher sind positive Erfahrungsberichte immer ein Ansporn.

  • Hallo multicolore,

    ich bin seit 18 Monaten selbstständig als Netzwerkspezialist. Ich habe seit zwei Monaten ein Auskommen, wovon ich auch leben kann - und habe mehr Zeit für mich als früher.

    Deine Einstellung "Ich sehe nicht ein, warum ich meine Zeit absitzen soll" finde ich sehr gut für Selbstständige.

    Mir fehlt allerdings das Konkrete, was dich wirklich interessiert.

    Entwickel in Ruhe eine Idee, was du in 15 Jahren machen willst - und dann erst überlegst du die einzelnen Schritte dazu. Es wird damit auch einfacher, die Schritte auch zu gehen...

    Ich hoffe, daß ich mit diesem Beitrag dir nicht die Movitation nehme.

    Freundliche Grüße

    infla

  • Ich hoffe, daß ich mit diesem Beitrag dir nicht die Movitation nehme.

    Nein, überhaupt nicht :) Freu mich über jeden Beitrag der zeigt, dass das mit der Selbständigkeit klappen kann und über sonstige Anregungen.

    Ich weiß, dass mein Vorhaben etwas schwammig rüberkommt. Allerdings versuche ich, nicht allzu viel preis über mich zugeben.
    Es ist ebenfalls nichts so, dass ich von jetzt auf gleich meinen Arbeitsplatz kündige und mich ungeplant in der Selbständigkeit versuche.
    Und wie von dir schon angesprochen, ist es wirklich ein Projekt, welches ich gut planen möchte und auch zukunftsorientiert denke.

    Danke für deinen Beitrag :)

  • Man rät mir ständig ,,Bewerb dich doch woanders, kündige, such dir einen neuen Job." Klingt zwar einfach, aber mit einer "Sozialphobie" ist das für mich
    persönlich im Moment ein Ding der Unmöglichkeit.

    Wie würde es gehen wenn die anderen Leute auf dich zugehen? Es gibt Firmen die sich darauf spezialisiert haben Jobs zu vermitteln (also nicht Leiharbeiter, sondern die wirklich stellen vermitteln und dafür dann von der Firma Provision nehmen).
    Der Ablauf ist meist so: Du gibst dieser Firma in einem ersten Telefonat (oder ab besten schriftlich, aber kurz telefonieren wollen die guten immer) eine kurze Zusammenfassung von dem was du kannst und vor allem auch was für einen Job du dir vorstellst. Die gleichen das dann mit deren offenen Jobs ab und fragen für dich beim Arbeitnehmer nach, ob das so passen würde. Erst mal anonym, d.h. der Arbeitgeber weiß nicht wer du bist.

    Vorstellungsgespräch hast du so zwar auch, aber du kannst dir von jemand drittem schon vorher Infos über die Firma holen lassen und so raus finden, ob die Firma überhaupt zu dir passt. Spezialanforderungen (bei mir "Ich will nen Hund mit bringen") sind sonst sehr mühsam bei jeder einzelnen Firma an zu fragen, und du kannst ja nicht als ersten Satz in der Bewerbungsanfrage fragen: "Geht ein Hund" bzw. in deinem Fall "Habt ihr irgendwas mit Einzelbüro, Ruhe und möglichst viel Home-Office?".

    Dass es dir im Büro zu laut ist und die Arbeitsbedingungen bei deinem aktuellen Arbeitgeber nicht so optimal sind kannst du gerne als Wechselmotivation angeben. Mittlerweile sehen viele Firmen ein dass es nicht nur auf das Gehalt ankommt.

    Eine Idee die ich mir auch noch vorstellen könnte sind Firmen, die die Buchhaltung anderer Firmen extern bearbeiten. Das geht heutzutage meist online. Frag bei so Online-Firmen mal an, wenn eh alles am PC geht und du dich schon super mit Steuern auskennst ist Homeoffice dort meist kein Problem, dank Verschlüsselung und flottem Internet ist das technisch auch kein Problem. Meist kann man die Firmen gut per E-Mail anfragen und den erstkontakt komplett per Mail machen. Online-Firmen haben da nicht so viel Angst vor und freuen sich sogar dass jemand weiß wie man online richtig kommuniziert ;)

    Ich schreibe das deshalb da ich glaube dass der Start in eine neue Branche und dann noch in die Selbständigkeit sehr schwierig ist und ein Arbeitgeber dir wenigstens die notwendige Infrastruktur stellt. Um die müsstest du dich sonst selbst kümmern - und dabei dich mit noch mehr Menschen auseinander setzen.

  • Ich hatte eine Überlegung: Im Prinzip bin ich zu krank um Vollzeit zu arbeiten und meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Die finanzielle Abhängigkeit und Willkür der Ämter macht mich richtig krank, obwohl ich auf deren Geld angewiesen bin. Ich weiß nicht wie lange ich das noch aushalten kann.

    Das Problem wäre zumindest zu einem Teil dadurch gelöst, wenn ich durch eine Selbstständigkeit so viel Geld verdienen könnte, dass ich davon gut leben kann, aber an der Arbeit trotzdem nicht kaputt gehe. Ich bin durchaus leistungsfähig und habe viel Energie, allerdings nur so lange ich nicht in den 'falschen' Bereichen arbeite.

    Habt ihr Ideen, wie ich mich selbständig machen könnte bzw mit was?

    Meine Stärken:

    • Ich verstehe komplexe Dinge aus den verschiedensten Bereichen
    • Ich interessiere mich für vielfältige Themengebiete
    • Ich lerne gerne Neues dazu
    • Ich bin handwerklich begabt
    • Ich arbeite sehr genau und ziemlich zügig
    • Ich hinterfrage viel
    • Ich kann ungewöhnliche Lösungen finden und eingetretene Pfade zumindest beim Denken verlassen
    • Ich bin hartnäckig und gebe nicht so schnell auf
    • Ich bin zuverlässig, ordentlich, ehrlich und fleißig
    • Wenn ich will und mir das Gegenüber sympathisch ist, kann ich sehr charmant sein
    • Ich kann gut Dinge erklären
    • Ich denke sehr systematisch
    • Ich kann ganz gut Texte formulieren
    • Ich finde Zahlen, Muster und Zusammenhänge, die andre langweilig finden, meist spannend
    • Ich habe ein gutes Gefühl dafür, welche Farben zudammenpassen

    Meine Schwächen:

    • Ich kann mündlich nicht gut mit mehreren Menschen kommunizieren
    • Ich kann keine Verhandlungen und Konfliktgespräche führen
    • Ich bin schnell von Dingen gelangweilt
    • Ich bin kaum kompromissfähig
    • Ich kann eigene Bedürfnisse schlecht mündlich kommunizieren
    • Ich kann Ideen und Gedanken alleine nur schleppend in die Tat umsetzen

    Fallen euch Bereiche ein, in denen ihr eine Erfolgschance für eine Selbstständigkeit für mich seht?

    Ich verkaufe momentan selbst genähte Slipeinlagen, was mir sehr viel Spaß macht, aber bis jetzt decken die Einnahmen gerade mal die Kosten. Es müsste etwas sein, das skalierbar ist oder wo man einfach mehr einnimmt.

    3 Mal editiert, zuletzt von FruchtigBunt (4. Juli 2019 um 20:47)

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