Warum ist die Autismus Diagnostik so ein Drama?

  • wie ja die meisten von uns leidvoll erfahren (mussten), ist die Autismus Diagnostik eine mehrere Stunden andauernde "Zeremonie", den monatelange Wartezeiten auf einen Termin und die schriftliche Stellungnahme vorangehen und folgen.

    Ich frage mich nur, warum das so ist?
    Also ich weiss schon, dass die Diagnose stellen überlastet sind, aber warum dauert die eigentliche Diagnostik so lange, wenn Es bei (glaube ich) allen \vielen\den meisten (?) Psychischen Störungen schneller geht.

    Wie ist das bei anderen psychischen Störungen, Krankheiten usw?

    Vor meiner Autismus Diagnose habe ich mehrere Diagnosen verschiedenster Störungen schriftlich bekommen nach einem kurzen Erstgespräch. Depression, anpassungsstörung, Zwangs Störung (nur weil ich im Arztbrief des medizinischen Dienstes offensichtliche Fehler korrigiert habe) usw. Und niemand hat sich daran gestört, weder Renten Kasse noch bei der Beantragung eines behinderten Ausweises.

    vielen hier ging das ja ähnlich.
    habt ihr zb bei schizoiden Störungen, Psychosen, bipolaren Störungen, Borderline usw auch ein Procedere durchlaufen müssen oder die Diagnose "einfach so" erhalten, ohne Fragebögen und Gespräche.

  • Es ist eben eine schwerwiegende Diagnose, die einem so manches "versauen" kann. Insofern finde ich das schon gerechtfertigt, dass da nicht so leichtfertig mit umgegangen wird. Als Jugendliche wurden mir auch mehrere Diagnosen bzgl. Depression, Anpassungsstörung, zwanghaftes Verhalten und Neurose gestellt. Und keine davon war mal eben so und denen ging teilweise monatelange Behandlung (teilweise stationär) voraus.

    Ich habe zum Beispiel mehrere Diagnosen, die sich auf auf entzündliches Rheuma beziehen. Da hat es von den ersten Untersuchungen bis zur endgültigen Diagnose gleich mehrere Monate gedauert. Wartezeiten nicht mitgerechnet.

  • Nein, bei mir gab es die eine oder andere Diagnose ziemlich flott.

    Ich denke, dass es dabei schnell ging, weil die diagnostischen Kriterien offensichtlich erfüllt waren.

    Wenn jemand körperliche Symptome hat, die sich nicht eindeutig zuordnen lassen, geht es auch nicht schnell mit der Diagnose und eventuell ist es sogar genauso ein "Drama" wie beim Autismusspektrum.


    Und bei autistischen Erscheinungsbildern ist die Zuordnung ja auch nicht immer leicht, das muss man zugestehen. Nicht umsonst heißt es ja: "Kennst du einen Autisten, dann kennst du einen Autisten." Das bedeutet doch ein großes Spektrum an möglichen Erscheinungsformen. Manchmal frage ich mich auch, was das Spezielle an uns ausmacht!

    Ich selbst habe meine Diagnose sehr zögerlich "verpasst" bekommen. Die Untersucherin sagte nach 1 1/2 Stunden zu mir, ich sei sicher "im autistischen Spektrum" und dort viel weiter drin als beispielsweise sie selbst, aber ich sei beruflich und familiär sooo erfolgreich*, dass sie mir die Diagnose Aspergersyndrom nicht geben wolle. Allenfalls hätte ich eine Form von atypischem Autismus. Aber auch diese Diagnose wollte sie mir nicht "gesichert" mitgeben.

    * :sarcasm: -von meiner Seite


    Zudem kommt noch, dass die Diagnosen sich mit der Zeit wandeln und geringfügig ändern. Es gibt sicher Mode-Diagnosen, aber Autismus ist bestimmt keine davon.
    Gerade heute hörte ich, dass die Onlinespielsucht endlich(!) als ICD 10-Diagnose möglich sei. Auch vorher gab es solche Abhängigkeiten, aber da mussten die Betroffenen für die Krankenkassenabrechnungen anders codiert werden (bei gleichem Leiden; da sieht man, wie willkürlich im Grunde solche Systeme sein können...).

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • aber warum dauert die eigentliche Diagnostik so lange, wenn Es bei (glaube ich) allen \vielen\den meisten (?) Psychischen Störungen schneller geht.

    Autismus ist keine psychische Störung. Es ist auch keine Krankheit. In der Diagnostik muss die Abgrenzung zu den verschiedensten möglichen psychischen Erkrankung erfolgen die zum Teil ähnliche Symptome aufweisen können wie diese.
    Es ist wesentlich einfacher eine Depression zu diagnostizieren als eine AS Diagnose zu machen, vor allem bei Erwachsenen.

    Die meisten Erwachsenen mit AS haben Komorbiditäten und es ist wichtig die AS Diagnose davon abzugrenzen. Indem die Diagnostik umfangreich gestaltet und von mehreren Fachkräften durchgeführt wird nehmen die Diagnosestellen ihre Verantwortung gegenüber den Patienten ernst und das finde ich gut.

    Ich finde es insgesamt gut dass die Diagnostik umfangreich ist und es war auch keine leidvolle Erfahrung für mich, ganz im Gegenteil , ich hätte gerne noch ein paar mehr Termine gehabt, dann hätte ich noch mehr über mich selbst herausfinden können unter professioneller Anleitung, das Ganze war unter dem Aspekt der Selbsterfahrung und Selbsterforschung äusserst interessant.

    vielen hier ging das ja ähnlich.

    Mir nicht, ich habe keine psychischen Störungen oder Erkrankungen und hatte auch nie welche.
    Durch die umfangreiche Diagnostik habe ich dafür die Bestätigung bekommen und auch das ist gut, denn es ist sicherlich nicht verantwortungsvoll wenn die Fachkräfte jemandem mal eben kurz eine Diagnose für irgendetwas geben und der Patient dann dadurch einen Schaden erleidet weil er falsch behandelt wird.

    5 Mal editiert, zuletzt von Kraehe (18. Juni 2018 um 17:49)

  • anpassungsstörung

    die habe ich auch "einfach so" (im stehen) verpasst bekommen weil ich auf ein bestimmtes Medikament bestanden habe eines Tages (starke Schmerzen seit Wochen).

    Es ist eben eine schwerwiegende Diagnose, die einem so manches "versauen" kann

    versauen können einem auch die Diagnosen Depression, SPS, Borderline etc...... "etwas".

    Es bleibt ja auch jedem selbst überlassen diese öffentlich zu verkünden.

    Ich finde es gut das die Diagnostik umfangreich ist und denke die anderen Diagnosen (siehe oben genannte Beispiele) sollten ebenso umfangreich getestet und besprochen werden.

    @Satureja Antares die Frage ist berechtigt wie ich finde!
    Warum dies so ist weiß ich allerdings auch nicht.

    *zu viele Menschen verwechseln Glück mit Spaß*

  • @Tauriel
    In meinem Fall war es die Berufsunfähigkeitsrente, die flöten ging. Aufgrund der Diagnose. Das hat dann mit öffentlich verkünden nicht mehr viel zu tun, da holen sich die Versicherungen auf 10 Jahre rückwirkend Informationen ein.

    Wer hat übrigens gesagt, dass ich Borderline und Co nicht für schwerwiegend halte?

  • @Tauriel
    In meinem Fall war es die Berufsunfähigkeitsrente, die flöten ging. Aufgrund der Diagnose. Das hat dann mit öffentlich verkünden nicht mehr viel zu tun, da holen sich die Versicherungen auf 10 Jahre rückwirkend Informationen ein.

    Wer hat übrigens gesagt, dass ich Borderline und Co nicht für schwerwiegend halte?

    Es war nur ein Vergleich um deutlich zu machen das alle Diagnosen grundsätzlich auch "was" versauen können.

    *zu viele Menschen verwechseln Glück mit Spaß*

  • Es war nur ein Vergleich um deutlich zu machen das alle Diagnosen grundsätzlich auch "was" versauen können.

    Aber auch das habe ich nicht bestritten und sogar im gleichen Absatz mit erwähnt. Deswegen versteh ich eben nicht, dass du mich zitierst. Aber egal, war ja anders gemeint.

  • Ich habe dich nicht zitiert um dich oder deine Äußerungen Gering zu schätzen oder zu Diskreditieren.

    Es war reine Faulheit da es sich der Satz angeboten hatte meine Meinung zu unterstreichen.

    Entschuldige, wenn du dich irgendwie persönlich angegriffen fühlst deswegen. Das war nicht meine Absicht.

    *zu viele Menschen verwechseln Glück mit Spaß*

  • Die Untersucherin sagte nach 1 1/2 Stunden zu mir, ich sei sicher "im autistischen Spektrum" und dort viel weiter drin als beispielsweise sie selbst, aber ich sei beruflich und familiär sooo erfolgreich*, dass sie mir die Diagnose Aspergersyndrom nicht geben wolle. Allenfalls hätte ich eine Form von atypischem Autismus. Aber auch diese Diagnose wollte sie mir nicht "gesichert" mitgeben.

    Ich finde, wenn sie die Diagnose nicht geben will, dann soll sie klar sagen, dass Autismus ausgeschlossen ist. Solche halbherzigen Nichtdiagnosen sind ungut.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Ich finde, wenn sie die Diagnose nicht geben will, dann soll sie klar sagen, dass Autismus ausgeschlossen ist. Solche halbherzigen Nichtdiagnosen sind ungut.

    Ja - weil man nicht wirklich was damit anfangen kann.

    Besonders, wenn keine klare Erläuterung oder eine Differentialdiagnose folgt.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Ich finde, wenn sie die Diagnose nicht geben will, dann soll sie klar sagen, dass Autismus ausgeschlossen ist. Solche halbherzigen Nichtdiagnosen sind ungut.

    Sehe ich genau so.

    „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
    (Aristoteles, griechischer Philosoph, 384 - 322 v. Chr.)

  • Ich habe dich nicht zitiert um dich oder deine Äußerungen Gering zu schätzen oder zu Diskreditieren.

    Es war reine Faulheit da es sich der Satz angeboten hatte meine Meinung zu unterstreichen.

    Entschuldige, wenn du dich irgendwie persönlich angegriffen fühlst deswegen. Das war nicht meine Absicht.

    Persönlich angegriffen? Nö. Eher verwirrt. Aber für mich ist alles gut. Deswegen hatte ich ja eben nochmal nachgefragt. Eben weil ich es nicht verstanden habe.

  • Ich finde, wenn sie die Diagnose nicht geben will, dann soll sie klar sagen, dass Autismus ausgeschlossen ist. Solche halbherzigen Nichtdiagnosen sind ungut.

    Ja, absolut. Wenn Psychiater Erfahrung auf diesem Gebiet haben, sollen sie entweder Autismus diagnostizieren oder ausschließen. Wenn sie sich unsicher sind, sollen sie den Patienten an eine Spezialambulanz überweisen.

  • hat wirklich jeder einen arztbrief über die diagnose? (ich meine so einen mit erläuterungen/ begründungen etc.)

    Hattest du mal eine E-Mail an die Spezialambulanz geschickt, z.B. an Prof. Vogeley? Da du dort bei der Diagnostik warst, hast du auch einen Anspruch auf einen Diagnosebericht.

  • Ja, absolut. Wenn Psychiater Erfahrung auf diesem Gebiet haben, sollen sie entweder Autismus diagnostizieren oder ausschließen. Wenn sie sich unsicher sind, sollen sie den Patienten an eine Spezialambulanz überweisen.

    ...da war ich ja....

    Die Dipl.-Psychologin war sich absolut nicht unsicher!

    Ich habe sie gefragt, warum sie keine Diagnose stellen wolle, obwohl die typischen Kriterien für Autismus Typ Asperger erfüllt seien.
    Sie sagte: Formal ja, aber ich sei in der Lage, einem Themenwechsel im Gespräch zu folgen und ich sei insgesamt "zu" erfolgreich im Beruf (abgeschlossenes Studium) und im Privaten (verheiratet).

    Ich sei ja lernfähig, Autisten könnten das alles eben nicht lernen.

    Dass und warum ich meine Promotion abgebrochen habe und welche Schwierigkeiten in der Familie immer wieder auftreten, hat sie gar nicht interessiert.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • habt ihr zb bei schizoiden Störungen, Psychosen, bipolaren Störungen, Borderline usw auch ein Procedere durchlaufen müssen oder die Diagnose "einfach so" erhalten, ohne Fragebögen und Gespräche.

    Ich hab keine andere psychiatrische Diagnose, aber ich vermute mal, die Autismusdiagnostik ist u.a. deshalb so aufwendig, weil es vor allem auch um die Kindheit geht. Bei anderen Diagnosen muss man nur eine Momentaufnahme machen.

    Sie sagte: Formal ja, aber ich sei in der Lage, einem Themenwechsel im Gespräch zu folgen und ich sei insgesamt "zu" erfolgreich im Beruf (abgeschlossenes Studium) und im Privaten (verheiratet).

    Was hat die denn für einen Schwachsinn verzapft? :m(: Es gibt etliche Autisten, die verheiratet sind und noch mehr, die ein Studium abgeschlossen haben...

    Ich bin, also denke ich.

  • Ich habe sie gefragt, warum sie keine Diagnose stellen wolle, obwohl die typischen Kriterien für Autismus Typ Asperger erfüllt seien.
    Sie sagte: Formal ja, aber ich sei in der Lage, einem Themenwechsel im Gespräch zu folgen und ich sei insgesamt "zu" erfolgreich im Beruf (abgeschlossenes Studium) und im Privaten (verheiratet).

    Ich sei ja lernfähig, Autisten könnten das alles eben nicht lernen.

    Dass und warum ich meine Promotion abgebrochen habe und welche Schwierigkeiten in der Familie immer wieder auftreten, hat sie gar nicht interessiert.

    Die Dinge, die ich fett markiert habe, schließen Autismus meiner Meinung nach keineswegs aus. Die Begründung finde ich daher äußerst seltsam. Warst du in der Spezialambulanz der UK Köln?

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