Hilfe, meine Diagnostik ging zu schnell!

  • Nachdem ich mich bisher auf eine Vorstellung beschränkt habe, mag ich mich einmal zu meinem Diagnostiktermin äußern. Der war zwar schon Anfang Mai, dennoch musste ich ihn erst einmal selbst verarbeiten.
    Ganz im Gegensatz zu vielen Benutzern, die sich hier über eine "zu schnelle Abweisung" aufregen, ist es bei mir nämlich andersherum...

    Ich möchte hier nichts Schlechtes über die Klinik sagen, weil ich dort die Patientin war und eben kein Profi. Deswegen lasse ich auch erst einmal offen, um welche Klinik es sich handelt, um nichts "falsch schlechtes" zu verbreiten- Vielleicht hatte es ja auch so seine Richtigkeit. Im Vorhinein habe ich dort einen AQ-Test und Zeugnisse aus meiner Grundschulzeit einreichen müssen.

    Stimmungslage davor (Zum generellen Verständnis meiner Verwunderung nicht zwingend erforderlich, aber vielleicht hilfreich)

    Spoiler anzeigen

    Ich war im Vorhinein unglaublich aufgeregt und habe alles, wirklich alles infrage gestellt. Gebe ich die Hand, wie ich es hasse, wozu ich mich aber mittlerweile gerade bei wichtigen Terminen durchringe oder lehne ich es ab und wirke vielleicht schon direkt zu Beginn wie jemand, der Autismus gerade hip findet und die Diagnose cool? Sollte ich mir alles vorher aufschreiben, um nichts zu vergessen oder ist es dann am Ende, als würde ich eine Geschichte herunterbeten? Was, wenn sie mich nach 20 Minuten mit der Aussage "Also das ist doch nichts Besonderes!" abgefertigt würde, ohne die Gewissheit, was es denn nun ist, wenn nicht Autismus?

    Mit dem Termin waren für mich knappe 2,5 Stunden Zugfahrt verbunden. Meine geplante Route konnte ich durch den kurzfristigen SEV nicht fahren und das überforderte mich ziemlich, auch, weil ich nun nur eine Viertelstunde Zeit haben würde, um vom Bahnhof zur Ambulanz zu kommen. Das schaffte ich zwar, es führte aber dazu, dass ich dort ziemlich gestresst ankam. Nach der üblichen Bürokratie saß ich eine Weile im Wartezimmer, ehe eine Frau (ich glaube, sie war Psychotherapeutin? Oder Ärztin...) in einer bunten Bluse mich aufrief und in ihr Sprechzimmer begleitete.

    Sie hatte eine angenehme Stimme und einen leichten Akzent, den ich nicht richtig zuordnen konnte. Sie streckte mir die Hand hin, merkte aber auch direkt an, dass es nur ein Angebot sei und es kein Problem darstelle, wenn ich das nicht wolle. Vor Nervosität musste ich ehrlich gesagt erst einmal lachen und zugeben, dass das sehr gut tut, so etwas zu hören, und dass es ungewohnt ist.
    Daraufhin wies sie mir einen Stuhl zu, setzte sich gegenüber und bat mich zu erzählen, woher mein Verdacht kam.

    Nach der Schilderung herrschte erst einmal Stille, dann schrieb sie nahezu durchgängig und begann, durch gezielte Fragen zur Schwangerschaft meiner Mutter, meiner (Klein)Kind- und Schulzeit und Jugend eine Art Gespräch zu moderieren, fragte nach Problemen, ob Routinen in meinem Leben eine Rolle spielen etc. Die Fragen fand ich, ohne genau sagen zu können warum, auch echt anstrengend, irgendwann kam dann auch die Marotte durch, mir die Hände anzupusten. Durch ihren lockeren Umgang damit und den "Rahmen", den sie dem Gespräch mit den Fragen gab, merkte ich aber, wie ich mich gerade zum Ende hin doch noch entspannen konnte und, gerade weil sie mir genug Zeit gab, über ihre Fragen nachzudenken, immer gezieltere Antworten geben zu können. Das einzige Problem war irgendwann, dass ich vermutlich zu sehr ausgeschweift bin.

    Am Schluss, knappe 2 Stunden später, fragte sie mich, ob ich noch Fragen oder Anliegen habe, was die Diagnostik betrifft. Ich war ein bisschen überrascht, denn obgleich sie gute sechs Seiten mitgeschrieben hatte, hatte ich nicht erwartet, dass sie bereits zu einem Urteil gekommen war. Ehrlich gesagt erwartete ich dadurch, dass das Resümee lauten würde, es sei wohl irgendwas anderes, also sagte ich ihr, dass es mir wirklich wichtig sei, meine Schwierigkeiten benennen zu können und gezielt daran zu arbeiten, und dass ich gerne eine Überweisung in einen anderen Fachbereich hätte, wenn sie Autismus als Ursache meiner Probleme ausschließen könne.

    Ihre Antwort darauf war, dass sie sich ziemlich sicher sei, dass ich das Asperger-Syndrom habe und dass ich ihrer Meinung nach auch keine Überweisung in einen anderen Bereich bräuchte. Sie redete dann noch ein bisschen darüber, dass das sicherlich erst einmal hart sei, das zu hören, es aber durchaus auch sinnvoll sei, das stärkenorientiert zu betrachten etc., dass sie mir einen Aufenthalt in einer Tagesklinik rät, um sozialkompetenztechnisch einen Grundstein zu legen und im Anschluss eine ambulante Therapie zu besuchen. Ich bekam ein paar Adressen in meiner Nähe.
    Und das war's schon... Sie gab mir ihre Durchwahl, sollte ich noch Rückfragen haben, und versprach mir, den Diagnosebrief in den nächsten Wochen zu schreiben und an meine Adresse zu senden.

    Und ich?
    Ich bin ehrlich gesagt ziemlich verunsichert. Kein Test (zumindest keiner, der mir aufgefallen wäre!) außer dem AQ, den ich dort vorher abgeben musste, kein Gespräch mit meiner Mutter oder einer anderen Bezugsperson (wäre beides zumindest telefonisch kein Problem gewesen, dass ich die Nummern hätte anbieten können, ist mir aber erst aufgefallen, als ich schon im Zug zurück saß...), innerhalb von einem Termin eine Diagnose. Die entsprechende Diagnostik ist auf der Website als speziell für Erwachsene beschrieben, jeder, der dort eine Diagnose stellt, hat wohl bereits mehrere Jahre Erfahrung mit Autismus und AS im Erwachsenenalter.
    Und trotzdem... Wenn ich mir hier die Odysseen von fünf oder mehr Terminen mit zig Tests etc. durchlese, habe ich noch immer die Angst, dass meine Diagnostik so aussagekräftig nicht sein konnte, und das, obwohl ich mir eigentlich sehr sicher bin, ihr alles mitgeteilt zu haben, was mich in der Hinsicht bewegt hat, eigentlich tatsächlich über jegliche "Ungereimtheit" und jedes wirklich relevante Problem, das meine Lebensqualität beeinflusst.


    Irgendwie würde ich mir gerade wünschen, von eurer Seite eine Einschätzung zum Folgenden lesen zu können:
    Geht eine AS-Diagnose überhaupt in einem Termin?
    Sollte ich vielleicht noch eine andere Diagnostikstelle besuchen oder bei der aktuellen auf "mehr Termine zur Diagnostik" bestehen?

    Danke, dass ihr es gelesen habt und noch ein Danke, falls ihr dazu etwas sagt.
    -Blaubeerchen

    "Ich? Gescheitert? Niemals!
    ... Ich habe nur 10.000 Wege gefunden, die nicht funktionieren." -Thomas Edison, zumindest so ähnlich

  • Geht eine AS-Diagnose überhaupt in einem Termin?

    Ich hatte zwei Termine, wobei es auch bei mir beim zweiten nur darum ging, den "Schweregrad" zu bestimmen. Allerdings dauerte der erste Termin deutlich länger als "knappe zwei" Stunden, nämlich mehr als das doppelte. Der darauffolgende war dann auch etwa zwei Stunden.

    Sollte ich vielleicht noch eine andere Diagnostikstelle besuchen oder bei der aktuellen auf "mehr Termine zur Diagnostik" bestehen?

    Das kannst du schon machen, aber du schreibst

    jeder, der dort eine Diagnose stellt, hat wohl bereits mehrere Jahre Erfahrung mit Autismus und AS im Erwachsenenalter.

    und es stellt sich die Frage, ob das dann sinnvoll ist.

  • Bei mir wurde bereits nach dem ersten von zwei Terminen (die Autismusspezialambulanz der Uniklinik Köln verwendet üblicherweise genau 2 Termine, wie ich gelesen habe) geäußert, dass die Dame, die die Interviews führte dazu tendiere den Verdacht zu bestätigen und gut eine Woche nach dem zweiten Termin (der weit kürzer war) wurde mir meine Diagnose zugestellt. Da es in meiner Umgebung keine andere Stelle gibt, die noch Diagnostik für Erwachsene anbietet und die Diagnose der Uniklinik Köln scheinbar als einzige garantiert von allen Versorgungsämtern anerkannt wird, habe ich keine größeren Bedenken dieser zu vertrauen. Das Einzige negative war die lange Wartezeit: Es hat 1,5 Jahre bis zum Ersttermin und fast 2 Jahre bis zur Diagnose gedauert.

  • Da würde ich mir jetzt keine Sorgen machen, ich denke, das war recht offensichtlich und durch gezielte Fragen kann man Autismus schon recht sicher diagnostizieren und andere in Frage kommenden Störungen aus ausschliessen.
    Bei den Test Bögen sind ja auch nur fragen und ein iq test sagt bei Autismus meiner Meinung nach gar nichts aus, es ist ja ein Spektrum und da ist alles vertreten bis zum hochbegabten.
    Du hattest ja einen Verdacht und sicher schon online Tests lässt gemacht(?) Um dann die Diagnostik in Anspruch zu nehmen.
    Wenn du dann in der tagesklinik bist und evtl ein anderer Verdacht aufkommen sollte, werden die dir das auch mit teilen.

  • ein iq test sagt bei Autismus meiner Meinung nach gar nichts aus

    Das stimmt, aber es ging auch um den AQ-Test.


    Bei mir wurde bereits nach dem ersten von zwei Terminen (die Autismusspezialambulanz der Uniklinik Köln verwendet üblicherweise genau 2 Termine, wie ich gelesen habe) geäußert, dass die Dame, die die Interviews führte dazu tendiere den Verdacht zu bestätigen

    Ich hatte zwei Termine, wobei es auch bei mir beim zweiten nur darum ging, den "Schweregrad" zu bestimmen.

    Das ist auf jeden Fall gut zu lesen, danke. Vielleicht zerdenke ich auch alles ein bisschen zu sehr oder leugne es noch.

    "Ich? Gescheitert? Niemals!
    ... Ich habe nur 10.000 Wege gefunden, die nicht funktionieren." -Thomas Edison, zumindest so ähnlich

  • Ich denke, mir würde es ähnlich gehen wie dir.
    Und das Schwanken zwischen Annehmen und Veleugnnewollen ist, meine ich, auch normal.

    Lass es ruhig noch eien Weile sacken/wirken.

  • Vielleicht zerdenke ich auch alles ein bisschen zu sehr

    Oh, das kenne ich gut.
    Der zweite Termin begann mit den Worten "Heute geht es nur noch darum nicht ob, sondern wie schwer Sie betroffen sind" und es hat mich sprichwörtlich aus den Latschen gehauen.
    Lass dir Zeit, das zu verarbeiten. Das wird lange genug dauern. Meine Diagnostik ist jetzt acht Monate her und ich bin noch lange nicht fertig damit, das zu akzeptieren und zu verstehen.

  • Ich hatte nur einen Termin. Da hat man mit mir einen Intelligenztest gemacht und gut wars. Den zweiten hatten meine Eltern, die der Psychiaterin erzählten, welche Probleme sie bei mir sehen/sahen. Dann hatte ich die Diagnose und Ende :lol:

  • Bei mir lief es auch schneller als bei vielen hier.
    Meine Ärztin hat den Verzicht auf einzelne Tests so erklärt "Wenn ich mir sicher bin, genügend Infos und Eindrücke habe, sind weitere Tests nicht notwendig meiner Erfahrung nach. Das Ergebnis würde sich nicht ändern."

    Das kann ich nachvollziehen. Was nützt ein MRT wenn schon Röntgen einen Schaden zeigt (Vergleich )

    Eltern wurden wohl nicht befragt weil die Grundschulzeugnisse aussagekräftig genug waren. Bei mir ging die Diagnostik gezwungenermaßen auch ohne Eltern oder so.

    Die meisten Kliniken dürften nach einem fixen Schema arbeiten. Tests durchführen auch wenn sie schon eine Diagnose stellen könnten. Ob das die Qualität hebt kann ich nicht sagen. Aber ich denke es ist nicht zwingend notwendig. Viele Tests dürften bei Erwachsenen nicht so zuverlässig sein. Aber damit kenne ich mich nicht aus. Kann nur wiedergeben was ich gelesen habe.

  • Ich hatte auch nur einen Termin, mit allem drum und dran, Fragebögen, ADOS etc. In vier Stunden stand die Diagnose.

    "Versuche nicht, ein erfolgreicher, sondern ein wertvoller Mensch zu werden." (Albert Einstein)

  • Nun, allein die Anreisebeschreibung lässt ja auf einen Veracht schießen.
    Dazu scheint es eine Diagnostikerin mit guten Detailblick gewesen zu sein (vllt auch eine Aspie?) oder mit sehr viel Erfahrug, worauf man achten kann, 6 Seiten in 2 Stunden ist eine Menge an Datenmaterial. Wenn das auch noch ganz gezielt abgefragt und beobachtet wurde - da zählen ja nicht nur die inhaltlichen Antworten sondern auch WIE man sie gibt, welche Gestik, Mimik dabei ist, welche unbewussten Bewegungen, welche Gefühlsschwankungen wann bei welcher Anforderung auftreten usw., dann ist die Sammlung recht schnell komplett.

    Ich war hinterher völlig verblüfft, was alles beobachtet wurde, dessen ich mir gar nicht bewusst war, das auch dazu gehört.
    Ich denke, es könnte Aspietypisch sein, dass man so gerne alles bis ins Kleinste voll durchgetestet haben möchte um gaaaanz sicher zu sein - also gefühlt sicher im Einklang mt allen "Daten".
    Dass ich eine bin, war ein Grundgefühl vor der Diagnostik. Dazu hatte ich ja nicht nur "Daten" gesammelt sonern auch festgestellt, dass mir die Kommunikation und das "Soziale" mit Aspies leichter fällt als in der "Welt da draußen".
    Dann die Angst, dass es vllt in der Diagnostik nicht gesehen werden könnte - ich überlegte sogar, eines der angeforderten Kindheitsfotos aus sozialen Situationen nicht mitzunehmen, weil das einzige ist, wo ich lächele - und genau das war es dann, bei dem sie meinte "Ich hab genug gesehen" und dann konnte ich die, die ich für "bezeichnend" hielt, wieder einpacken.

    Es war eine Zeit gemsichter Gefühle. Einerseits wie "neu geboren", eendlich sagt jemand "es stimmt, was du zu dir fühlst und beobachtet hast", das gibt es, das hat einen Namen und funktioniert eben auf diese Weise - nix mehr mit "das bildest du dir ein, du bist nur zu empfindlich, stell dich nicht so an"
    dann der Schock, wie viel stärker und in wie viel mehr Bereichen das Ganze wirkt - da musste ich viel aus der Vergangenheit nochmal neu betrachten. Freude und innere Heilung, weil sich so vieles erklärt (ich war NICHT Schuld), aber auch Trauer über das, was mir entgangen ist, weil ich so vieles nicht gesehen oder kapiert hatte.
    Dann wieder Zweifel, mal ob das wirklich so stark ist, dann wieder, ob nicht was übersehen wurde, die Verunsicherung, ob ich diese auch so kriegen würde, wenn andere "testen"....
    Mittlerweile erkenne ich in vielen Situationen, in denen ich früher auf andere irritierend (falsch, die Art), das wieder, was mir die Diagnostikerin beschrieb. Damit verletzen dann die Reaktonen anderer nicht mehr so, ich suche jetzt Wege, hier "meine innere Spache" besser "übersetzen" zu können und ziehe auch schneller Konsequenzen, wenn die andere Seite nicht kooperationsbereit ist, anstatt "um Verständnis und "sei doch bitte nett" zu "betteln".

    Geholfen hat mir dabei der regelmäßige Autausch mit anderen Aspies, wo ich vieles wiedererkannte, mal bei mir in einzelnen Bereochen stärker, in anderen weniger stark ausgeprägt.
    Und mir hilf der Gedanke, dass ich ja schon 55 Jahre damit gelebt habe, ohne davon zu wissen, also hat sich letztendlich nix geändert. Nur dass die Orientierung in dem allen jetzt leichter geworden ist.

  • Also ich wurde 6 Wochen in einer Klinik untersucht, als ich 9 Jahre alt war! Sie wollten wohl ganz sicher gehen, ich hatte damals nicht einmal gewusst warum ich da war. Wurde mir nachträglich gesagt! Ging alles von meinen Eltern aus, die mein Verhalten wohl beunruhigend fanden.

    Einmal editiert, zuletzt von Saibot (22. Mai 2018 um 13:24)

  • Bei mir war es ähnlich. Ich weiß nicht mehr genau, wie lang, aber so etwa 2-3 Stunden wird der Termin gedauert haben. Außer der Ärztin/Psychiaterin war noch eine zweite Frau dabei, die aber nur zugehört/zugeschaut hat und sich nur hin und wieder ein paar Notizen gemacht hatte. Das meiste hatte die Ärztin selbst aufgeschrieben.
    Mir wurden auch sehr viele Fragen gestellt, aber sie hatte jetzt keine Liste dabei, die sie abgefragt hätte, oder so. Es ging einmal quer durchs Leben durch; vom Kindergarten bis heute.
    Mitbringen sollte ich Zeugnisse (bevorzugt aus der Grundschulzeit) und einen Fragebogen (3 oder 4 Seiten), der mir zum ausfüllen ein paar Wochen vorher schon geschickt worden war.
    Sie hat nach dem Gespräch noch etwa 20-30 Minuten mit meiner Mutter telefoniert. Das hatte aber an ihrer Diagnose nichts mehr geändert.
    So etwa zwei Monate später hatte ich dann den Diagnose-Bericht zugeschickt bekommen.

    Es so direkt gesagt zu bekommen, oder dann auch zu lesen, war schon irgendwie hart, weil so endgültig; aber es war auch befreiend. Es war halt endlich die Antwort auf die Frage, warum ich so bin, wie ich bin; und warum ich nicht so sein kann, wie die anderen. Das harte war, und ist auch auch heute noch, dass es halt eine Diagnose ist, die nicht irgendwann verschwindet. Es ist nichts, was ich irgendwie loswerden kann. Ich kann zwar an mir arbeiten, aber es wird immer anders sein, als bei denen, die die Dinge einfach so können/verstehen.

    Ob du dich noch woanders diagnostizieren lassen sollst, kann ich dir so nicht sagen. Dort wo ich war, hatte ich den Eindruck, dass die Ärztin wusste was sie machte und dass sie die Diagnose nicht leichtfertig ausgesprochen hat. Es kommt halt darauf an, ob du dem vertrauen kannst, was dir gesagt wurde, oder ob du weiterhin Zweifel hast.

    'Who saves a man, saves the world'

  • Kein Test (zumindest keiner, der mir aufgefallen wäre!)

    Richtig, das ist der Punkt.
    Es wird einiges im Gesprächsverlauf beobachtet was du gar nicht merkst. Ich hatte zu meiner Diagnostik viel Vorarbeit geleistet und eine 32-seitige Mappe vorab eingereicht in dem alles über mich drinnen stand inkl Vorbefunde etc. Bei mir wurde das ADOS gemacht danach fing der Diagnostiker mit mir ein völlig belangloses, lockeres, unverfängliches Gespräch an und genau dieses wurde ua ausführlich im Gutachten analysiert. Es wurden zB Mikromimiken beobachet die willentlich nicht steuerbar sind, ob man sich angemessen auf den Gesprächsinhalt verhält und das wird aus einer solchen Konversation gefiltert.

    2 Mal editiert, zuletzt von WelleErdball (23. Mai 2018 um 13:02)

  • Danke für all Eure Antworten.

    Happy to be drückt es hier schon ziemlich passend aus, den Prozess, den sie beschreibt, durchlaufe ich wohl gerade auch (so ähnlich). Für den Austausch habe ich nun bei einer Selbsthilfegruppe per Mail angefragt, einmal an einem Treffen teilnehmen zu dürfen.
    Eine Zweitdiagnostik werde ich höchstwahrscheinlich nicht in Anspruch nehmen, auch in Anbetracht der Belastung, die damit einhergeht. Ich warte jetzt erst einmal auf meinen Diagnosebrief und versuche, diesen Erkenntnisprozess zu verarbeiten.

    Vielen Dank an alle Antwortenden, die ihre Gedanken und Erfahrungen beigetragen haben!

    "Ich? Gescheitert? Niemals!
    ... Ich habe nur 10.000 Wege gefunden, die nicht funktionieren." -Thomas Edison, zumindest so ähnlich

  • ein vielleicht noch hilfreicher gedanke:
    wenn die ärzte so erfahren sind, dann können sie die mündlichen (klinischen?) interviews auch "auswendig". sie müssen nicht auf einen zettel gucken, um sich an die fragen zu erinnern.

    deine beschreibung, dass du die fragen irgendwie anstrengend fandest erinnerten mich auch sehr an mein diagnosegespräch. ich fühlte mich irgendwie danach völlig "durchgerührt" und war ziemlich erschöpft. ich glaub, es lag u.a. auch daran, dass ich die ganze zeit (gewohnheitsmäßig) herausfinden wollte, was der typ überhaupt will. es war für mich nicht erkenntlich :m(:

  • Nun, allein die Anreisebeschreibung lässt ja auf einen Veracht schießen.

    Warum denn das?
    Ich zitiere:

    Mit dem Termin waren für mich knappe 2,5 Stunden Zugfahrt verbunden. Meine geplante Route konnte ich durch den kurzfristigen SEV nicht fahren und das überforderte mich ziemlich, auch, weil ich nun nur eine Viertelstunde Zeit haben würde, um vom Bahnhof zur Ambulanz zu kommen. Das schaffte ich zwar, es führte aber dazu, dass ich dort ziemlich gestresst ankam.

    Geht das nicht den meisten Menschen so, dass kurzfristige Anpassungen ihrer Pläne zu Stress führen?

  • Geht eine AS-Diagnose überhaupt in einem Termin?
    Sollte ich vielleicht noch eine andere Diagnostikstelle besuchen oder bei der aktuellen auf "mehr Termine zur Diagnostik" bestehen

    Bei mir war es auch nur ein Termin, allerdings dauerte dieser ca. fünf Stunden, umfaßte mehrere Tests und es wurden seitens des Psychiaters auch mehr Ankreuztests und Abfragen vorab eingeholt. Du könntest die Diagnosestelle anschreiben und sie darum bitten dir zu erläutern, wie sie so rasch zu einem so abgesicherten Ergebnis gekommen sind und was dafür ausschlaggebend war. Du könntest ehrlich schreiben, daß du nicht nachvollziehen kannst, wie sie mit so wenig Auswertungs- und Beobachtungsmaterial zurechtgekommen sind. Also nicht als Kritik, sondern als Bitte um Erklärung.

    Da du bei deinem Termin extrem unsicher warst und das Ergebnis nicht beeinflussen wolltest, kann es sein, daß du nicht authentisch genug im Kontakt mit dem Diagnostiker warst. Du schreibst selbst, daß du nicht absichtlich autistisch vs. angepaßt sein wolltest, um das Ergebnis nicht zu verfälschen oder einen falschen Eindruck zu erwecken, und genau das führt ja zu einer verkrampften Gesprächsführung, in der jedes Wort und jede Reaktion auf die Goldwaage (rw) gelegt werden, auch und besonders die eigenen.
    Das könntest du ja als ehrliche Begründung dafür anführen, weshalb vielleicht ein weiterer Termin (mit etwas anderer Tagesform und -Stimmung) sinnvoll sein könnte, um ganz sicher zu gehen.

    Eine andere Diagnostik würde ich nur anstrengen, wenn du langfristig einen anderen Verdacht hast, also auch noch in ein paar Monaten.

    denke, es könnte Aspietypisch sein, dass man so gerne alles bis ins Kleinste voll durchgetestet haben möchte um gaaaanz sicher zu sein - also gefühlt sicher im Einklang mt allen "Daten".

    Ja, wenn das ein Diagnosekriterium sein sollte, ist es kein Wunder, daß ich auch die Diagnose bekommen habe. Aber bei einer so persönlich wichtigen Angelegenheit würde doch eigentlich jeder sichergehen wollen, daß auch alles richtig und umfassend erhoben, analysiert und miteinander in Einklang gebracht wird.

    Zumindest, was mich angeht, fällt mir die Akzeptanz der Diagnose vor allem wegen der vorherrschenden Klischeebilder, auch in meinem Kopf, immer noch sehr schwer. Erst heute erzählte mir eine Nachbarin von Autismus, das seien Leute, die immer reizüberflutet seien und deshalb bestimmte Dinge schwerer verarbeiten könnten...so als Alternativdiagnose zum ADS bei meiner Tochter, die durch die Detailwahrnehmung so leicht ablenkbar ist...als ich sagte, daß bei Autisten die Schwierigkeiten auch im sozialen Kontakt bestünden und das bei meiner Tochter gar nicht der Fall sei, fing sie an, mir weiter zu erklären, was Autismus sei, da sie ja ein autistisches Kind kannte. Da kam ich mir richtig blöd vor. Hätte ich in dem Moment gesagt, daß ich selbst Asperger-Autismus habe, hätte sie mir glatt gesagt, daß das Blödsinn sei und die Ärzte eine Menge Fehldiagnosen stellen. Es ist also so, daß meine Diagnose oder besser gesagt das dafür als typisch Wahrgenommene mir nicht widergespiegelt wird. Meine Schwierigkeiten werden von der Umwelt einfach geleugnet oder kleingeredet. Die Schizophrenie meiner Mutter oder das Borderliner einer ehemaligen Bekannten würden die meisten Laien nicht so stark anzweifeln, eben anhand typischer Symptome und Verhaltensauffälligkeiten. Was ich damit sagen will, es ist nicht leicht, eine Diagnose als zutreffend zu akzeptieren, die außer dem Psychiater noch nie einer bemerkt hat, einschließlich Fachleuten. Und dann frage ich mich natürlich, was soll ich mit einer Diagnose, die außer mir eigentlich keiner versteht, selbst wenn ich erkläre, was meine persönlichen Schwierigkeiten sind? Das Einzige, was mir auch von Laien bescheinigt werden würde, ist komisch, speziell zu sein, aber das kann man mit so ziemlich jeder Diagnose.

  • Ihre Antwort darauf war, dass sie sich ziemlich sicher sei, dass ich das Asperger-Syndrom habe und dass ich ihrer Meinung nach auch keine Überweisung in einen anderen Bereich bräuchte. Sie redete dann noch ein bisschen darüber, dass das sicherlich erst einmal hart sei, das zu hören,

    Das klingt genau wie bei mir.
    Nur dass nach dem 2. Termin, als ich nach 3 Monaten schließlich dazu drängte, mir den Diagnosebrief auszuhändigen, die Meinung geändert wurde, indem gesagt wurde, ich müsse noch ganz viele Tests machen.
    Ich habe wohl jeden erdenklichen Standardtest durchgemacht (sehr sehr oberflächlich, wie ich sagen muss) und raus kam dann kein AS, sondern nur eine ASS und Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung.


    Ich denke, dass man sicherlich sofort autistisches Verhalten feststellen kann, eben auch nach 2,5h.
    Ich denke aber auch, dass wohl nicht sicher festgestellt werden kann, was genau dahinter steckt.
    Es ist eine Momentaufnahme und so wie ein guter Spieler am Verhältnis seiner Sieges- sowie Niederlagenquote erkennbar ist, so ist ein Autist auch an der Konsistenz seines Seins erst erkennbar.
    Das mag durch die Aufarbeitung der jeweiligen Vergangenheit versucht vermieden zu werden, aber letztlich sind Erinnerungen auch nur plastische Dinge, die als Grundlage einer wissenschaftlichen Untersuchung einfach nicht ausreichen. Die Subjektivität durch den Behandler darf man auch nicht vergessen, das ist der schwerwiegendste brüchige Stein, der den gesamten Bau zum Einsturz verurteilt.

    Ich kann nur sagen, dass ich die übliche Herangehensweise für unwissenschaftlich deklariere und sie nicht als aussagekräftig anerkenne.

    „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
    (Aristoteles, griechischer Philosoph, 384 - 322 v. Chr.)

  • Es ist eine Momentaufnahme und so wie ein guter Spieler am Verhältnis seiner Sieges- sowie Niederlagenquote erkennbar ist, so ist ein Autist auch an der Konsistenz seines Seins erst erkennbar.

    Nach dieser Logik müßte man dann zwanzig Testungen durchlaufen und die Quote an Diagnosen als Maß dafür nehmen, was nun stimmt. :-p

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