Verstehe Bahnhof

  • Guten Morgen,
    gestern Abend in der Selbsthilfegruppe war es wieder so weit.

    Jemand, wer grade an der Reihe war, erzählte gerade von sich.

    Die Details, wie Auto fahren, Gesundheitszustand etc, worüber die Persohn erzählt, muss ich in einem Zusammenhang bringen.
    Als andere Menschen, auf die Themen eingingen, merkte ich mir wiederum Diese Details, wobei ich vergass, auf was die Persohn antwortet.
    Kennt Ihr es auch.
    Wenn Ihr mich mit einem Schimpfwort, beleidigen würdet, könnte ich mir das Wort merken.
    Wenn Ihr mich beleidigen würdet, ohne direktes Schimpfwort, sondern mit gutem Satzbau, würde ich wahrscheinlich die Beleidigung verstehen, könnte sie nicht wiedergeben und vergessen, wie Ihr mich beleidigt habt,da ich mir nur höchstens Einzelteile vom Satz merke.
    Wörter wie Auto etc, kann ich mir merken.
    Wenn Ihr aber so redet, dass ich mit Details sammeln, mir kein ganzes Bild zusammenzimmern kann, habe ich ein Problem.

    Die meisten Menschen, glaube ich zumindestens,
    verstehen die Botschaft, von gesagtem und müssen sich nicht durch sammeln von Details, die Botschaft etschliessen.
    Ich merke mir eher einzelne Begriffe von dem gesagten, als das Gesamtbild wiedergeben zu können.
    Kennt Ihr es?


    Dass ich Gesprochenes oft nicht mehr kapiere, der Kopf abschalte, ich überfordert bin, wusste ich

    Bin mir nicht sicher, ob es bei Beidem die selbe Ursache ist oder nicht.
    F.G. Daniel

    Einmal editiert, zuletzt von Daniel1 (18. Mai 2018 um 02:19)

  • ich glaube, du hast sehr hohe Ansprüche an dich und willst vieles, was andere erbringen können, auch schaffen.
    was aber nicht möglich ist.
    setz dich vielleicht weniger unter druck, akzeptiere die dinge, die du (noch) nicht schaffen kannst.
    versuche zu erkennen, wohin du deine Energie leiten kannst, um Verbesserungen herbei zu führen.

    es ist mal so, dass die meisten autisten sich sehr schwer tun, umschreibungen und nicht direkt formuliertes zu verstehen.
    wenn du so etwas hörst, gerätst du in Panik und machst dicht(so wie ich es verstehe)
    Wenn man es allerdings als einen Lernprozess ansieht, es so mit etwas Abstand beobachtet:
    Wie reagieren die anderen? Was sagen sie? Warum reagieren sie so?
    und evtl nach dem Abend noch mal in Ruhe und objektiv die Situationen überdenkt, kann man etwas für das nächste mal dazu lernen.

    Wir ich schon einmal sagte, in den Selbsthilfe Gruppen sind oft die "funktionalen" autisten zu finden, die meist recht gut zurecht kommen.
    bei uns kommen immer wieder neue dazu, die nicht so gut zurecht kommen und die dann leider auch nur ein mal dabei sind, weil sie vielleicht auch nicht erkennen, wie hilfreich es sein kann wenn man nicht immer nur auf seine Defizite schaut, sondern Lösungen sucht, um weiter zu kommen.

  • Mein Sohn ist seit 3 Wochen in einem stationären Aufenthalt.

    Das, was mein Sohn erzählt, ist genau so, wie
    - Du es oben beschreibst oder in Deinem anderen Thread "Ihr schreibt brutal strukturiert"
    - Saibot in seinem Thread "Angst vor seinen Gedanken" beschreibt.

    Mein Sohn hat ein komplettes Chaos im Hirn.

    In den Vorbesprechungen (Arzt, Aufnahme Klinik etc.) tauchte immer wieder die Frage auf, ob er Drogen nahm/nimmt oder einen Medikamentenmix.
    Er nahm/nimmt weder Drogen noch Medikamente.

    Leider kann ich nicht immer im Forum sein, da mir die Sorgen und Belastungen um meinen Sohn zuviel werden. Ich bin überfordert.

  • @Daniel1

    Kann es auch sein, dass deine Konzentration/Aufmerksamkeit von dir nicht ganz genutzt wird?

    Hallo Cloudactive,

    bin nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe.
    Bei Themen, die mich entspannen, klappt es mit der Aufmerksamkeit besser, auch wenn sie da auch nicht immer gut ist.

    Da ich stark auf mich selber fixiert bin, geht viel Aufmerksamkeit, auf Themen, die im Kopf sich abspielen. (Gedankenkarusell)

    Wenn sich bei mir, Themen im Kopf abspielen, heisst es ja nicht, dass die Welt draussen mich nicht interessiert.
    Selbst wenn ich mich im Kopf nicht beschäftige, habe ich oft Probleme, die Welt draussen mitzubekommen.

    Evtl, können viele Menschen, ihre Aufmerksamkeit besser steuern, meinst Du das?

    Mir kommt es vor, dass durch die Detailwahrnehmung, die Reserven schneller aufgezerrt werden.
    Kurzzeitgedächnis wäre von Autisten übrigens nicht so gross, habe ich irgend wo gelesen, glaube ich.
    F.G. Daniel

  • Evtl, können viele Menschen, ihre Aufmerksamkeit besser steuern, meinst Du das?

    Ja, bei mir liegen die Probleme mit dem Verständnis oft daran, dass ich nicht aufmerksam genug bin.
    So kam es z.B. öfters vor, dass ich beleidigt wurde oder gar vom Lehrer vorgeführt wurde und es gar nicht mitbekam.
    Dabei saß ich da und habe auch gewissermaßen zugehört, nur haben sich die Stimmen mit meinen Gedanken vermischt und ich bekam nur das mit, woran ich selbst gedacht habe.

    Andererseits kenne ich es auch, trotz "voller" Konzentration, dass ich jemanden nicht verstehe, weil ich es nicht in meine Sprache übersetzt kriege.
    Da habe ich dann alles zwar gehört, aber die Laute werden von mir nicht schnell genug in Bedeutung umgewandelt.
    Meistens schaffe ich es aber zu verstehen, weil die Laute in meinem Kopf noch nachklingen und mein Gehirn es irgendwann doch schafft, zu übersetzen.
    Aber es dauert halt unnatürlich lange, wenn ich mich mit anderen vergleiche.

    „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
    (Aristoteles, griechischer Philosoph, 384 - 322 v. Chr.)

  • @Daniel1 Bei mir sind es auch mehrere Dinge, wo ich Probleme habe, zu folgen:

    1. Mein Mann z.B. erzählt immer sehr anschaulich, er spinnt sich Sachen aus, nur so zum Spaß und erzählt mir das (oft sehr lustig, was er sich ausdenkt :) ) Nun muss ich mir jedes Bild, welches er da im Geiste entwirft, selbst im Kopf vorstellen, sonst kann ich ihm nicht folgen. Ich nehme an, das macht jeder so, und bei mir dauert es nur viel länger. Bis ich erstmal das eine Bild (wie in deinem Beispiel ein Auto) konkret in meinem Kopf sehe, hat er schon soviel mehr beschrieben, dass ich nicht hinterkomme. Ich muss nach und nach alles sehen, was er beschreibt, aber ich bin dann erst beim zweiten oder dritten Bild, während er schon viel weiter ist mit beschreiben. Ich kriege nichts mehr mit bzw. habe große Lücken in dem, was ich mitbekommen habe. Ich denke, das liegt daran, dass ich immer so rationalisiere und eher abstrakt denke, weil das sicherer ist (ich habe nämlich Fantasie, wenn ich es zulasse. Ich träume auch jede Nacht wie wild - als ob die Bilder, die ich tagsüber durch Denken und rationalisieren fernhalten will, durchdringen).
    2. Ich kann mein Denken nicht abschalten und bekomme deshalb fast nichts mit.
    3. Ich bin überfordert von dem, was der andere sagt - weil ich es nicht verstehe. Wenn der andere dann noch Druck ausübt (z.B. Vorgesetzte, früher Lehrer), dann schalet sich mein Gehirn regelrecht aus. Ich habe dann das sprichwörtliche Brett vor'm Kopf. Es ist, als ob mein Gehirn auf stand-by geht, ein Scheiß Zustand, weil der andere nicht merkt, das er es mit seinem Druck ausgelöst hat und weil er oder sie vielleicht noch denkt, dass du dich verweigerst. Dabei kannst du einfach nicht mehr denken in dem Moment.

    Kommt das dem, was du erlebst, ein wenig nahe?

  • Andererseits kenne ich es auch, trotz "voller" Konzentration, dass ich jemanden nicht verstehe, weil ich es nicht in meine Sprache übersetzt kriege.
    Da habe ich dann alles zwar gehört, aber die Laute werden von mir nicht schnell genug in Bedeutung umgewandelt.
    Meistens schaffe ich es aber zu verstehen, weil die Laute in meinem Kopf noch nachklingen und mein Gehirn es irgendwann doch schafft, zu übersetzen.
    Aber es dauert halt unnatürlich lange, wenn ich mich mit anderen vergleiche.

    Ganz genau das kenne ich auch. Es kommt alles viel später an oder braucht länger, bis es verarbeitet ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Kleine (19. Mai 2018 um 10:19)

  • @Daniel1 Wo ich nochmal darüber nachdenke, glaube ich, dass es bei dir genau umgekehrt ist wie bei mir.

    Du brauchst die bildhafte Sprache, um zu verstehen, alles Abstrakte kommt sehr schwer oder langsam bei dir an.
    Ist es so? Du brauchst ein Bild, dann siehst du, was der andere Mensch sagt.

  • Du brauchst die bildhafte Sprache, um zu verstehen, alles Abstrakte kommt sehr schwer oder langsam bei dir an.
    Ist es so? Du brauchst ein Bild, dann siehst du, was der andere Mensch sagt.

    Ja, das meinte ich, mit "meine Sprache".
    Bei mir sind es aber nicht nur Bilder, sondern Szenen.

    „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
    (Aristoteles, griechischer Philosoph, 384 - 322 v. Chr.)

  • Ich verwirre mich gerade mal wieder selbst.
    Auf der einen Seite rationalisiere ich alles und hab Probleme, Bildern im Gesprochenen zu folgen bzw. es dauert sehr lange.

    Auf der anderen Seite kann ich etwas nur auswendig lernen, wenn ich ein Bild dazu habe. Ich denke mir für abstrakte Begriffe, die ich bei der Arbeit brauche, Assioziationen aus, Eselsbrücken - wenn mir dann wieder der abstrakte Begriff unterkommt, erinnere ich mich an meine Assoziation und dann weiß ich wieder, was der Begriff bedeutet, wofür er steht.

    Aus diesem Grund kann ich mir keine umständlichen Affirmationen merken. Es sind so leere Worte für mich.

  • @Daniel1 Wo ich nochmal darüber nachdenke, glaube ich, dass es bei dir genau umgekehrt ist wie bei mir.

    Du brauchst die bildhafte Sprache, um zu verstehen, alles Abstrakte kommt sehr schwer oder langsam bei dir an.
    Ist es so? Du brauchst ein Bild, dann siehst du, was der andere Mensch sagt.

    Hallo Kleine, genau, kann ich es nicht sagen.

    Glaube aber, in Abspielung von Bildern und in Gefühle, die ich nicht verbalisieren kann.
    Wenn ich über was nachdenke, ganz sicher nicht in Sprache, da ich brutal Probleme habe, vieles sprachlich auszudrücken.
    Wenn ich angebrüllt werde, Angst habe, etc bekomme ich gar nichts verbalisiert, oder,
    rede komplett verhakt mit lauter Wiederholungen.
    F.G. Daniel

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