Spiegelt ihr? Übernehmt ihr Mimik und andere Ausdrucksweisen eures Gegenübers oder von Figuren aus dem TV?

  • Es stimmt, wenn man z.B. eine selbstbewusste Körperhaltung einnimmt, dann wird man auch automatisch selbstbewusster. Manche machen sich das zunutze, indem sie etwa vor einem Vorstellungsgespräch oder einer Aufführung für zwei, drei Minuten eine Siegerpose einnehmen, also Arme in die Luft, sich groß machen und so, das führt fast sofort zu mehr Selbstvertrauen. Das hast du unbewusst herausgefunden

    Solche psychologischen Tricks haben bei mir nie funktioniert. Möglicherweise kann ich deshalb nicht nachvollziehen wie das funktionieren soll.

    Und bei der Manipulation anderer habe ich doch erhebliche moralische Bedenken.

    Danke für die Antworten.

    ~ Einmal entsandt, fliegt das Wort unwiderruflich dahin ~
    Quintus Horatius Flaccus

  • Wenn man selber hingegen den anderen spiegelt, also seine Körperhaltung z.B. oder eine Geste, dann wirkt man für denjenigen anscheinend vertrauenswürdiger oder so. Kann gut sein, dass der einem dann auch eher zustimmen würde. Ich weiß nicht, ob das nicht sogar die Methode ist, die @zaph anwendet;

    Das ist das Prinzip.
    Man muss allerdings darauf achten, dass es nicht zum "Nachäffen" wird.
    Wenn das Gegenüber diesen Eindruck kriegt, dann muss man zwei bis drei Minuten selbst reden, möglichst freundlich, und dabei jegliches Spiegeln vermeiden.
    Das führt dazu, dass der Gesprächspartner (unbewusst) zu dem Schluss kommt, dass er sich wohl geirrt hat und man ihn nicht "nachäfft".
    Anschliessend kann man vorsichtig wieder mit dem Spiegeln beginnen und das Gegenüber wird sich (ebenso unbewusst) damit beruhigen, dass er sich ja schonmal geirrt hat.
    Und er fühlt sich wohl, weil er eine gemeinsame Ebene vermutet. Dieses Wohlfühlen möchte er natürlich beibehalten und das ist der Moment, wo man ihn "gefangen" hat und eigene Ziele formulieren kann.

  • Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich das bewusst hinkriege ohne dass es dämlich aussieht. Unbewusst ist es aber normal, das macht wohl jeder mehr oder weniger. Mir ist irgendwann mal aufgefallen, dass ich bei einer Unterhaltung in einer Fremdsprache ein Stück weit in die landesübliche Gestik meines Gegenübers verfalle - im Italienischen rede ich dann "mit Händen und Füßen". Kann allerdings auch daran liegen, dass mein Italienisch vorsichtig gesagt ausbaufähig ist, ich mangelnde Sprachkenntnis also irgendwie versuche nonverbal auszugleichen.

  • Und er fühlt sich wohl, weil er eine gemeinsame Ebene vermutet. Dieses Wohlfühlen möchte er natürlich beibehalten und das ist der Moment, wo man ihn "gefangen" hat und eigene Ziele formulieren kann.

    Das ist irgendwie unheimlich... :d

    Ich bin, also denke ich.

  • Jegliche Kommunikation (und lt. Watzlawick "kann man nicht nicht kommunizieren") ist eine Art der Manipulation.

    Das sehe ich anders. Für mich ist Kommunikation ein Austausch. Ich bin mir aber ziemlich sicher das Du weisst was ich meinte. Aber das ganze wird jetzt auch zu sehr OT.

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    Quintus Horatius Flaccus

  • Weiss ich nicht.Ich denke aber, dass Autisten oft etwas unsicher in Gesprächen sind und man statt Manipulation über gezieltes Spiegeln diese Unsicherheit "nutzen" kann.
    Das funktioniert aber nicht nur bei Autisten, sondern bei allen unsicheren Menschen.

    Eigentlich wollte ich keinen inhaltlichen Beitrag schreiben, bevor ich nicht mein Ergebnis aus dem lfd. Diagnoseverfahren bekommen habe.

    Daher stelle ich lieber Fragen:

    a) Sind autistische Menschen durch soziale Einflüsse manipulierbar? - D.h., sind sie dafür empfänglich bzw. in dem Maße manipulierbar wie "neurotypische"?
    b) Wie könnte es funktionieren, dass statt Manipulation gezieltes Spiegeln dieser Unsicherheit "genutzt" werden kann, in dem Sinne wie Du es oben beschreibst. (= Verstehe ich nicht).

    Ich konstatiere: Viele autistische Menschen benutzen das Spiegeln der Kommunikationsweise ihres Gegenübers - etwas pathetisch ausgedrückt - als Überlebensstrategie in sozialen Situationen,
    um besser oder auch überhaupt klarzukommen, um anerkannt und akzeptiert zu werden oder wie oben schon geschrieben, um nicht aufzufallen. Alles irgendwie dasselbe.

    Vielleicht bist Du eher eine Ausnahme in der Hinsicht, dass Du das Spiegeln Deines Gegenübers so gezielt einsetzt.

    Ich glaube, dass viele Autisten über eine über dem Durchschnitt liegende Selbstreflexion verfügen. Das könnte (vielleicht nicht von jedem) jedoch als Stärke genutzt werden.

    Stolzer Papa von Autinaut (HFA) :nod: - und einander irgendwie ähnlich... und doch anders...

    3 Mal editiert, zuletzt von 70Quadrillionen (16. Mai 2018 um 17:18)

  • Jetzt bin ich etwas verwirrt, daß auch von AS Betroffene hier im Forum darüber schreiben, daß sie Mimiken anderer Menschen nachmachen können. Bei meiner Diagnostik war das wohl das entscheidende Ausschlußkriterium für eine AS Diagnose?

    Wer hat nun recht???

  • daß auch von AS Betroffene hier im Forum darüber schreiben, daß sie Mimiken anderer Menschen nachmachen können

    Bei mir war das kein Ausschlußkriterium für die Diagnose. Ich kann viele Mimiken gut nachahmen, wenn ich mich darum bemühe. Auswendig lernen und abspulen heißt aber noch nicht verstehen und noch weniger nachempfinden und schon gar nicht selbst authentisch spontan produzieren können. Ich kann aber Grimassen vor dem Spiegel schneiden und mich selbst hypnotisieren. :d

    Einmal editiert, zuletzt von Necroghoul7 (17. Mai 2018 um 00:06)

  • Bei mir war das kein Ausschlußkriterium für die Diagnose. Ich kann viele Mimiken gut nachahmen, wenn ich mich darum bemühe. Auswendig lernen und abspulen heißt aber noch nicht verstehen und noch weniger nachempfinden und schon gar nicht selbst authentisch spontan produzieren können. Ich kann aber Grimassen vor dem Spiegel schneiden und mich selbst hypnotisieren. :d

    Im Prinzip geht mir das auch so, ich kann sogar den Kasper geben mit meinen mimischen Fähigkeiten. Dabei muß die Mimik aber nicht zu meiner eigenen Stimmungslage passen. Ich kann quasi zu jeder Zeit eine gewünschte Mimik abrufen, ich muß mir nur vorstellen wie das aussehen soll. Allerdings wurde mir auch schon berichtet, daß man es mir nicht ansehen kann wie ich mich gerade fühle oder wie es mir geht.

  • In dem dicken Buch "Ein Leben mit dem Asperger-Syndrom von Tony Attwood steht: " Manche Kinder können erstaunlich scharfe Beobachter sein und Gesten, Stimmlagen und persönliche Eigenheiten sehr genau nachahmen. Sie entwickeln die Fähigkeit, wie geborene Schauspieler zu wirken."

    Auf Mimik wird hier nicht eingegangen, ich meine aber, auch dazu irgendwo etwas gelesen zu haben. Ich suche mal bei Gelegenheit.
    Es ist bei Asperger also wirklich eher ein Nachahmen als ein Spiegeln.

  • In dem dicken Buch "Ein Leben mit dem Asperger-Syndrom von Tony Attwood steht: " Manche Kinder können erstaunlich scharfe Beobachter sein und Gesten, Stimmlagen und persönliche Eigenheiten sehr genau nachahmen. Sie entwickeln die Fähigkeit, wie geborene Schauspieler zu wirken."

    Ich kann das auch sehr gut - und bin seit meiner Diagnose dabei, es mir abzugewöhnen. Bei mir resultiert dieses Nachahmen aus meiner eigenen Unsicherheit, wie ich in einer Situation sein sollte. Ich fühle mich meist recht neutral, zeige auch einen neutralen Gesichtsausdruck und bin damit sehr oft negativ aufgefallen, weil es eben nicht passte.

    Sehr ausgeprägt ist bei mir auch die Übernahme von Dialekten, in meiner Muttersprache Deutsch, aber auch in Englisch. Das hat nach einer mehrmonatigen Rundreise durch England, Wales und Schottland dazu geführt, dass man nicht mehr genau erkennen konnte, aus welcher Region ich komme (auf Deutschland kam allerdings keiner). Das finde ich aber überhaupt nicht schlimm, sondern mag es sogar.

    ~ Es ist kein Zeichen von Gesundheit, an eine von Grund auf kranke Gesellschaft gut angepasst zu sein. ~

  • Es ist bei Asperger also wirklich eher ein Nachahmen als ein Spiegeln.

    Ja, der Satz trifft es ganz gut. Nach einigen Jahrzehnten habe ich manche Reaktionen aber schon so verinnerlicht, daß sie auf andere sehr authentisch wirken und ich teilweise selbst schon nicht mehr weiß, was jetzt "echt" gewesen wäre. ;)

    Bei mir resultiert dieses Nachahmen aus meiner eigenen Unsicherheit, wie ich in einer Situation sein sollte. Ich fühle mich meist recht neutral, zeige auch einen neutralen Gesichtsausdruck und bin damit sehr oft negativ aufgefallen, weil es eben nicht passte.

    Das ging mir genauso. Bei mir fällt eher negativ auf, wenn ich grinsen muß, weiß auch nicht wieso.

  • Meine Frage steht ja schon im Betreff. Etwas genauer erklärt: ich merke immer wieder, z.B. auf Arbeit, wenn ich mit jemandem rede, wie ich seine bzw. ihre Mimik übernehme oder so lache wieder andere. Das finde ich sehr merkwürdig. Ich mache das nicht mit Absicht, es wird mir einfach bewusst, dass es gerade passiert. Wenn ich eine Fernsehserie intensiv geschaut habe, habe ich auch immer irgendwann festgestellt, dass ich im Alltag Gestiken von der Figur, welche mich fasziniert, übernommen habe oder ihre Art zu sprechen imitiere, ihre Art, Witze zu machen etc. und musste mir das dann regelrecht wieder abtrainieren.

    Kennt das sonst noch jemand hier??

    Liebe Grüße, Kleine

    Ja hier!
    Eine Freundin meinte gestern, nachdem sie einen Witz gemacht hatte, ich würde so entrüstet gucken wie Sheldon Cooper.
    Das ist mir dann auch selbst aufgefallen. Ich mag diesen entrüsteten Blick von Sheldon sehr.

  • Eine Freundin meinte gestern, nachdem sie einen Witz gemacht hatte, ich würde so entrüstet gucken wie Sheldon Cooper.
    Das ist mir dann auch selbst aufgefallen. Ich mag diesen entrüsteten Blick von Sheldon sehr.

    Sheldon Cooper nachzuahmen ist allerdings nicht unbedingt die beste Art, um unauffälliger zu erscheinen :d

    Ich bin, also denke ich.

  • Meine Frage steht ja schon im Betreff. Etwas genauer erklärt: ich merke immer wieder, z.B. auf Arbeit, wenn ich mit jemandem rede, wie ich seine bzw. ihre Mimik übernehme oder so lache wieder andere. Das finde ich sehr merkwürdig. Ich mache das nicht mit Absicht, es wird mir einfach bewusst, dass es gerade passiert. Wenn ich eine Fernsehserie intensiv geschaut habe, habe ich auch immer irgendwann festgestellt, dass ich im Alltag Gestiken von der Figur, welche mich fasziniert, übernommen habe oder ihre Art zu sprechen imitiere, ihre Art, Witze zu machen etc. und musste mir das dann regelrecht wieder abtrainieren.

    Kennt das sonst noch jemand hier??

    Liebe Grüße, Kleine

    Ich mache das ganz bewusst, dass ich mir Verhaltensweisen von Menschen anschaue, die sozial fitter sind als ich, und diese, wenn passend, übernehme.
    Beispiel, ich war beruflicherweise auf einer Veranstaltung einer Partei A, wo auch ein Gegenkandidat der Partei B anwesend war, der an dem Abend viel einstecken musste.
    Nach Abschluss der Veranstaltung haben ein Kollege und ich uns vom Gastgeber Partei A verabschiedet. Danach ist mein Kollege auch zum Gegenkandidaten der Partei B hin und hat sich ebenfalls verabschiedet. Ich habe das dann auch gemacht, weil ich es eine schöne Geste fand. Muss aber zugeben, dass ich von selbst nicht drauf gekommen wäre.
    Ich versuche in dem Sinn, von anderen zu lernen.

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