Autismus und Promovieren/Promotion

  • Es sei denn natürlich, sie haben abgebrochen, weil sie - vielleicht auch über den Job an der Uni - eine passende "Nische" gefunden haben. Wäre spannend, wenn es Publikationen über die Erfahrungen mit dem Projekt und die weiteren Wege der Teilnehmenden gäbe. Leider schauen solchen Studien meinem Eindruck nach fast immer nur danach, wie viele Leute abschließen und wie viele Absolventen dann später überhaupt Arbeit haben, was für sich allein genommen meiner Meinung nur wenig aussagekräftig ist. Auch mit Abschluss und vielleicht sogar anschließendem Job kann der Weg insgesamt eher unbefriedigend verlaufen sein, und umgekehrt.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

    Einmal editiert, zuletzt von Leonora (17. Februar 2021 um 08:11)

  • Hallo,

    ich arbeite als Redakteurin für inklusive Medien. Die Stelle wurde weder spezifisch für mich geschaffen noch habe ich sie durch meinen "Behindertenstatus" ( :? ) erlangt. Ich habe mich auf die Stelle beworben und bin aufgrund meines Forschungsprofils (nicht unbedingt eine Nische, aber dennoch ein sehr spezifisches Profil) sowie vorheriger Arbeitserfahrung im Bereich genommen worden. Ja, ich bin auch schwerbehindert, das hat aber bei der Einstellung keine Rolle gespielt hat.

    LG,

    Lea

    "Being different isn't a bad thing. It means you're brave enough to be yourself."

  • Ich meine damit, dass es meiner Erfahrung nach in der Forschung besonders um das richtige Networking auf Konferenzen und in Projekten sowie dem gekonnten Inszenieren und dem "sich-gut-verkaufen-können" seiner eigenen Person und seiner wissenschaftlichen Leistung geht, neben dem Schreiben der Qualifikationsarbeit und dem Veröffentlichen, Lehre etc. Der Konkurrenzkampf gerade beim "wissenschaftlichen Nachwuchs" war spürbar, ich habe mich wie in einem Haifischbecken unter lauter Haien, die auf Beute lauern, gefühlt. Ich habe die soziale Seite, das Networken und Beziehungen pflegen, nie hinbekommen und das hat mir auf Dauer nicht gut getan.

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  • ich arbeite als Redakteurin für inklusive Medien. Die Stelle wurde weder spezifisch für mich geschaffen noch habe ich sie durch meinen "Behindertenstatus" ( ) erlangt. Ich habe mich auf die Stelle beworben und bin aufgrund meines Forschungsprofils (nicht unbedingt eine Nische, aber dennoch ein sehr spezifisches Profil) sowie vorheriger Arbeitserfahrung im Bereich genommen worden. Ja, ich bin auch schwerbehindert, das hat aber bei der Einstellung keine Rolle gespielt hat.

    Das klingt sehr gut. Ein spannender Bereich, der Dich interessiert, wo Du Deine Perspektive einbringen kannst und sie wertvoll ist, aber wo das explizit eine Stärke ist und Du überhaupt nicht wegen Deiner Behinderung eingestellt wurdest. Eigentlich perfekt. :)

    Ich meine damit, dass es meiner Erfahrung nach in der Forschung besonders um das richtige Networking auf Konferenzen und in Projekten sowie dem gekonnten Inszenieren und dem "sich-gut-verkaufen-können" seiner eigenen Person und seiner wissenschaftlichen Leistung geht, neben dem Schreiben der Qualifikationsarbeit und dem Veröffentlichen, Lehre etc. Der Konkurrenzkampf gerade beim "wissenschaftlichen Nachwuchs" war spürbar,

    Das entspricht auch meinem Eindruck. So verlockend es einerseits ist, in der Wissenschaft zu bleiben, die Konkurrenz ist ausgesprochen groß. Im englischen Sprachraum ist bekannt, dass "mental health" bei Doktoranden ein riesiges Thema ist. In Deutschland entsteht allmählich auch ein Bewusstsein dafür. Sich da zurück zu ziehen, wenn man merkt, dass einem das nicht gut tut, ist mutig und eine gute Selbstfürsorge.

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    Einmal editiert, zuletzt von Leonora (17. Februar 2021 um 08:10)

  • Ich habe in einer Naturwissenschaft promoviert. Bei mir hat sich an die Diplom-Arbeit im Labor die Dr.-Arbeit quasi nahtlos angeschlossen. Zwar ein anderes Arbeitsgebiet (es gab methodische Überschneidungen), aber von der Arbeitsorganisation durchaus ähnlich. Die wissenschaftliche Arbeit hat mir auch viel Spaß gemacht so im Großen Ganzen, aber der Übergang danach ist mir nicht mehr gelungen. Grund war die schon hier angesprochene Problematik, dass ich keine Netzwerke knüpfen konnte, sodass ich beim nachfolgenden Karriereschritt außen vor geblieben bin, obwohl meine Dr. Arbeit durchaus erfolgreich war und ich auch fast alle Daten publizieren konnte.
    Jetzt arbeite ich, um Geld zu verdienen und mache meine Wissenschaft als Hobby / Spezialinteresse (Botanik), das ist ein für mich gangbarer und zufriedenstellender Weg (zumindest meistens).

    diagn.

  • Im englischen Sprachraum ist bekannt, dass "mental health" bei Doktoranden ein riesiges Thema ist.

    Weiß man denn schon woran das genau liegt? Ist es das lange einsame Schreiben an einem so großen Projekt, der empfundene Konkurrenzdruck, die schlechten Aussichten auf eine unbefristete Anstellung oder die mögliche Doppelbelastung aufgrund von sekundärer Erwerbstätigkeit?

  • Das klingt sehr gut. Ein spannender Bereich, der Dich interessiert, wo Du Deine Perspektive einbringen kannst und sie wertvoll ist, aber wo das explizit eine Stärke ist und Du überhaupt nicht wegen Deiner Behinderung eingestellt wurdest. Eigentlicih perfekt. :)

    Das entspricht auch meinem Eindruck. So verlockend es einerseits ist, in der Wissenschaft zu bleiben, die Konkurrenz ist ausgesprochen groß. Im englischen Sprachraum ist bekannt, dass "mental health" bei Doktoranden ein riesiges Thema ist. In Deutschland entsteht allmählich auch ein Bewusstsein dafür. Sich da zurück zu ziehen, wenn man merkt, dass einem das nicht gut tut, ist mutig und eine gute Selbstfürsorge.

    Danke :) ja, es geht mir mit der Entscheidung auch echt besser und ich bin mir auch dessen bewusst, dass ich echt Glück gehabt habe. Du hast deine Diss abgeschlossen, oder? Darf ich fragen, ob du in der Forschung geblieben bist?

    Weiß man denn schon woran das genau liegt? Ist es das lange einsame Schreiben an einem so großen Projekt, der empfundene Konkurrenzdruck, die schlechten Aussichten auf eine unbefristete Anstellung oder die mögliche Doppelbelastung aufgrund von sekundärer Erwerbstätigkeit?

    Ja, ich finde, "mental health" und insgesamt die Situation behinderter/chronisch erkrankter Promovierender sollte viel stärker ins wissenschaftliche und öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Ich denke, es ist eine Mischung aus allem (Projekt- und Umfeldbezogen), aber das erzwungene Networken und das Gefühl, sozial nicht mithalten zu können und dabei die Erfolge anderer zu sehen, hat mich echt fertig gemacht.

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  • Ist es das lange einsame Schreiben an einem so großen Projekt, der empfundene Konkurrenzdruck, die schlechten Aussichten auf eine unbefristete Anstellung oder die mögliche Doppelbelastung aufgrund von sekundärer Erwerbstätigkeit?

    Eine Mischung aus allem vermutlich, und als weiterer, in vielen Fächern kritischer Faktor: man darf den unterbezahlten Laufburschen des Profs spielen, dereinen dann auch noch unter Druck setzt, schnell fertig zu werden. Das ist ein gängiger Nachteil von Promotionsstellen - 50% bezahlt, erwartet werden mindestens 80% Arbeitszeit für den Prof, die Diss findet dann mehr oder weniger in der Freizeit statt. Nicht überall üblich,hört man aber immer wieder. Da ist eine selbstfinanzierte Diss stressfreier, da arbeitet man zwar ohne ein Stipendium auch, aber nur die Zeit, für die man auch bezahlt wird.
    Ich fand promovieren total entspannt (bis auf die letzten Wochen, das war dann der selbstgemachte Zeitdruck zum Abgabetermin). Das Netzwerken ist in der Tat das eigentliche Problem, das hat bei mir noch ein wenig funktioniert (kleines Fach, da ist das einfacher), ich bin aber trotzdem nach der Diss erst mal raus aus der Forschung - um dann nach 20 Jahren zurückzukehren. Voraussetzung dafür waren nicht zuletzt fleißige Tagungsbesuche, und zwar immer mit Vortrag, dann kennen einen die Leute auch ohne gutes Netzwerk, das muss auf jeden Fall sein. Grad fallen mir die fehlenden Netzwerke (und die fehlende Machtposition) mal wieder auf die Füße, ein eigentlich guter Antrag auf die letzte Stelle vor der Rente ist im ersten Durchgang abgelehnt worden, wohl wegen eines bösartigen Gutachtens (das erfahre ich erst in einigen Wochen). Das ist die Sache mit dem Haifischbecken: passt der Kollege oder seine Ergebnisse einem nicht, schießt man ihm den Antrag ab, falls man als Gutachter gefragt wird. Und meine Position in dem Spiel ist zu schwach, ich werde fast nie wegen Gutachten angefragt und habe deshalb nicht die Macht, mich zu revanchieren - das nutzen ein paar Kollegen dann aus.

  • das klingt wirklich nicht nach einem schönen Arbeitsumfeld.

    So pauschal habe ich das nicht gemeint. Entscheidend sind die jeweiligen Arbeitsbedingungen,und die hängen am Fach, in noch größerem Umfang aber am jeweiligen Institut und der Person des Chefs. Ich habe dadurch z.B.zwischendurch mal für ein Jahr eine halbe Stelle gehabt, die zwar thematisch,aber nicht in der genauen Aufgabenstellung mit meiner Diss zusammenhing und auch finanziell davon unabhängig war (selbst organisierte Drittmittel, wo mein Prof nur Unterstützung geboten hat) - aber das ist eben so ein Fall, wo die genauen Umstände eine Rolle spielen - heute ginge das nicht so einfach, weil der damalige Drittmittelgeber das Geld dafür nicht mehr hätte. Ich hatte ziemlich optimale Bedingungen, habe dadurch allerdings länger als nötig gebraucht, eben weil im Grunde kein echter Druck da war. Nicht vergessen darf man auch das Umfeld der Kollegen: wir waren damals ein Trüppchen von Leuten ähnlicher Fragestellung, die sich ergänzen konnten ohne zwingend in Konkurrenz zu geraten. Das sind alles Dinge, die nicht vorhersehbar sind, die sich aber normalerweise bald erkennen lassen sollten. Wenn man merkt, dass die Bedingungen nicht stimmen, kann man ja immer noch wie @Lea_ einen Job suchen und dann die Diss abbrechen.

    Ich würde auf jeden Fall wieder promovieren, es eröffnet nun mal den Weg in die Forschung, und bei allen Nachteilen sollte man sich keine Illusionen machen, dass eine Position für Akademiker in der Wirtschaft generell besser sei. Einzig die dauernde Ungewissheit, weil die Chancen auf feste Stellen schlecht sind, ist ein Spezifikum.

  • So pauschal habe ich das nicht gemeint. Entscheidend sind die jeweiligen Arbeitsbedingungen,und die hängen am Fach, in noch größerem Umfang aber am jeweiligen Institut und der Person des Chefs. Ich habe dadurch z.B.zwischendurch mal für ein Jahr eine halbe Stelle gehabt, die zwar thematisch,aber nicht in der genauen Aufgabenstellung mit meiner Diss zusammenhing und auch finanziell davon unabhängig war (selbst organisierte Drittmittel, wo mein Prof nur Unterstützung geboten hat) - aber das ist eben so ein Fall, wo die genauen Umstände eine Rolle spielen - heute ginge das nicht so einfach, weil der damalige Drittmittelgeber das Geld dafür nicht mehr hätte. Ich hatte ziemlich optimale Bedingungen, habe dadurch allerdings länger als nötig gebraucht, eben weil im Grunde kein echter Druck da war. Nicht vergessen darf man auch das Umfeld der Kollegen: wir waren damals ein Trüppchen von Leuten ähnlicher Fragestellung, die sich ergänzen konnten ohne zwingend in Konkurrenz zu geraten. Das sind alles Dinge, die nicht vorhersehbar sind, die sich aber normalerweise bald erkennen lassen sollten. Wenn man merkt, dass die Bedingungen nicht stimmen, kann man ja immer noch wie @Lea_ einen Job suchen und dann die Diss abbrechen.
    Ich würde auf jeden Fall wieder promovieren, es eröffnet nun mal den Weg in die Forschung, und bei allen Nachteilen sollte man sich keine Illusionen machen, dass eine Position für Akademiker in der Wirtschaft generell besser sei. Einzig die dauernde Ungewissheit, weil die Chancen auf feste Stellen schlecht sind, ist ein Spezifikum.

    Die Befristungen sind definitiv ein Nachteil. Über die Wirtschaft kann ich nichts sagen, aber mir geht es an der Universität in einer nicht-forschenden Tätigkeit besser, auch weil ich mit einer unbefristeten Stelle besser und mehr planen kann, von der finanziellen Absicherung mal ganz zu schweigen. Das hat auch einen hohen Wert, gerade für autistische Menschen. Es gibt ja auch noch mehr als Wirtschaft und wiss. Tätigkeit. An der Uni im administrativen Bereich zum Beispiel, dort sind einige aus meinem ehemaligen Institut hingewechselt.

    Edit: Und es hängt natürlich am individuellen Lebensentwurf, ob man bereit ist, für die wiss. Karriere mehrere Befristungen und ggf. den damit verbundenen Wechsel von Uni, Wohnort und sozialem Umfeld in Kauf zu nehmen.

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    2 Mal editiert, zuletzt von Lea_ (16. Februar 2021 um 15:46)

  • Danke, aber danach ging es dann nicht weiter. Magister, Master, Promotion geschafft, aber arbeiten im Unibetrieb kann ich trotzdem nicht. Von daher haben diese Abschlüsse keinen großen Wert.

    Die wissenschaftliche Arbeit hat mir auch viel Spaß gemacht so im Großen Ganzen, aber der Übergang danach ist mir nicht mehr gelungen. Grund war die schon hier angesprochene Problematik, dass ich keine Netzwerke knüpfen konnte, sodass ich beim nachfolgenden Karriereschritt außen vor geblieben bin, obwohl meine Dr. Arbeit durchaus erfolgreich war

    Ich glaube, solche Erfahrungen sind gerade für autistische Menschen sehr typisch. Aber auch anderen kann es so gehen. Ob es gelingt, sich dauerhaft in der Wissenschaft zu etablieren, ist nicht zuletzt auch Glückssache. Natürlich ist Leistung wichtig, aber es gibt schlicht und einfach wesentlich mehr qualifizierte Leute als entsprechende Stellen. Selbst von denen, die gut vernetzt sind und sich und ihre Arbeit gut in Szene setzen können, schaffen es die meisten nicht. Für Autisten stellt sich die Problematik aber wohl oft "verschärft", weil die "alternativen" Berufe dazu oft erst recht nicht passen.

    Danke ja, es geht mir mit der Entscheidung auch echt besser und ich bin mir auch dessen bewusst, dass ich echt Glück gehabt habe. Du hast deine Diss abgeschlossen, oder? Darf ich fragen, ob du in der Forschung geblieben bist?

    Ich habe meine Diss abgeschlossen, mich aber in dem Bereich leider auch nicht dauerhaft etablieren können. Lange wollte ich das nicht wahrhaben, ich kann recht "störrisch" und hartnäckig sein. Zugleich war mir die Situation aber dennoch bewusst, was mich auch in meiner Arbeit weiter verunsicherte und blockierte. Eine Lösung im System, in meinem Bereich, habe ich nicht gefunden. Aktuell bin ich jedoch im kleinen Rahmen anderweitig tätig und hoffe, das noch weiter zu verstetigen und auszubauen.

    Weiß man denn schon woran das genau liegt? Ist es das lange einsame Schreiben an einem so großen Projekt, der empfundene Konkurrenzdruck, die schlechten Aussichten auf eine unbefristete Anstellung oder die mögliche Doppelbelastung aufgrund von sekundärer Erwerbstätigkeit?

    Systematisch habe ich das nicht verfolgt, aber diese Faktoren werden alle erwähnt. Daneben spielt das klassische "Doppeldenken" eine Rolle, dass man gewissermaßen sein eigener Kritiker sein und seine Arbeit hinterfragen muss. Auch der große Zeit- und Leistungsdruck kommen dazu. Ein Dozent hat auch mal ein Problem erwähnt, das vielleicht unter "Gifted Kid Syndrome" fällt. Doktoranden sind oft Menschen, die in ihrem Bereich immer gut waren und zu den Fähigsten gehörten. In der Schule, aber auch im Studium noch. Und plötzlich sind sie im Verhältnis zur Vergleichsgruppe nur noch Durchschnitt. Das kann das Selbstbewusstsein auch stark untergraben. Hier ein sehr lesenswerter älterer Artikel. Das Thema hat definitiv wesentlich mehr Beachtung verdient.

    So pauschal habe ich das nicht gemeint. Entscheidend sind die jeweiligen Arbeitsbedingungen,und die hängen am Fach, in noch größerem Umfang aber am jeweiligen Institut und der Person des Chefs.

    Das stimmt. Es gibt diese allgemeine Unsicherheit und den entsprechenden Druck. Aber auf individueller Ebene kann die Situation abhängig von den konkreten Strukturen und Menschen, mit denen man zu tun hat, völlig anders sein.

    Nicht vergessen darf man auch das Umfeld der Kollegen: wir waren damals ein Trüppchen von Leuten ähnlicher Fragestellung, die sich ergänzen konnten ohne zwingend in Konkurrenz zu geraten. Das sind alles Dinge, die nicht vorhersehbar sind, die sich aber normalerweise bald erkennen lassen sollten.

    Ja, genau.

    Ich würde auf jeden Fall wieder promovieren, es eröffnet nun mal den Weg in die Forschung, und bei allen Nachteilen sollte man sich keine Illusionen machen, dass eine Position für Akademiker in der Wirtschaft generell besser sei. Einzig die dauernde Ungewissheit, weil die Chancen auf feste Stellen schlecht sind, ist ein Spezifikum.

    Da kann ich mich anschließen. Ich bin froh, diese Chance wahrgenommen zu haben. Man darf auch nicht vergessen, dass es in anderen "interessanten" Bereichen ähnlich viel Konkurrenzdruck gibt.

    Es gibt ja auch noch mehr als Wirtschaft und wiss. Tätigkeit. An der Uni im administrativen Bereich zum Beispiel, dort sind einige aus meinem ehemaligen Institut hingewechselt.

    Ein wichtiger Punkt. Ich stimme auch hier zum Thema Wissenschaftsmanagement zu:

    Ich würde den Bereich nicht grundsätzlich ausschließen, je nach Umfeld und Arbeitskollegen. Das kann sich ja wie Tag und Nacht unterscheiden. Und dann die kommunikativen Ansprüche und Anforderungen, das stelle ich mir auch auf Dauer wirklich schwierig vor bzw. meckern da schon die nicht-autistischen Kollegen nur. Aber ich glaube, wenn die Tätigkeit passt und man einen verständnisvollen Vorgesetzten hat, könnte es auch klappen.

    Meiner Ansicht nach oft noch geeigneter gerade für Menschen mit "Spezialprobemen" sind Tätigkeiten im wissenschaftsnahen Bereich, die nicht primär mit Management zu tun haben. Etwa in der universitären Weiterbildung, Beratung oder auch der Verwaltung. Auch angewandte Forschung, etwa an Fachhochschulen, oder auch andere Bereiche im öffentlichen Dienst können, denke ich, gute "Nischen" sein.

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    2 Mal editiert, zuletzt von Leonora (17. Februar 2021 um 08:23)

  • Danke für Deine Ausführungen. Den verlinkten Artikel finde ich interessant. Über das Thema sollte es definitiv mehr Aufklärung an Unis geben.

    Gern geschehen. :) Sehe ich auch so, das Thema ist noch immer relativ tabuisiert und sollte viel stärker an die Öffentlichkeit gebracht werden.

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  • Ich denke, es ist eine Mischung aus allem (Projekt- und Umfeldbezogen), aber das erzwungene Networken und das Gefühl, sozial nicht mithalten zu können und dabei die Erfolge anderer zu sehen, hat mich echt fertig gemacht.

    Das kann ich gut verstehen. Veranstaltungen, wo es explizit um Vernetzung ging, man sogar direkt dazu aufgefordert wurde, fand ich auch schon immer schrecklich. Für mich muss sich das gewissermaßen natürlich aus thematischem Austausch ergeben, dann kann es funktionieren. Und ja, die Erfolge anderer zu sehen und dann zu vergleichen, kann auch mürbe und depressiv machen. Das ist definitiv ein wichtiger Faktor.

    Eine Mischung aus allem vermutlich, und als weiterer, in vielen Fächern kritischer Faktor: man darf den unterbezahlten Laufburschen des Profs spielen, dereinen dann auch noch unter Druck setzt, schnell fertig zu werden. Das ist ein gängiger Nachteil von Promotionsstellen - 50% bezahlt, erwartet werden mindestens 80% Arbeitszeit für den Prof, die Diss findet dann mehr oder weniger in der Freizeit statt. Nicht überall üblich,hört man aber immer wieder.

    Absolut. Mir fallen spontan mehrere Leute ein, die ihre Diss aus dem Grund nicht abgeschlossen haben. Sie waren auf ihren Qualifikationsstellen so eingespannt, dass die Arbeit jeweils einfach noch nicht weit genug war, als die Stelle auslief. Dann fanden sie Jobs außerhalb der Wissenschaft, so dass die Diss "im Sande verlief". Einerseits spielt dabei natürlich eine wesentliche Rolle, wie der Doktorvater oder auch die Doktormutter "drauf" ist. Da ist viel Glück und manchmal auch Willkür dabei. Zugleich ist das aber ein strukturelles Thema. Doktoranden sind als Arbeitskraft halt günstig und werden sich meistens nicht beschweren, das wird vom "System" mit eingeplant und oft ausgenutzt.

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  • Dann drücke ich die Daumen, dass eine positive Erfahrung wird. Wenn Du magst, berichte mal. :)

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