"Brain Zaps" bei emotionalen Erinnerungen

  • Einige male hab ich jedoch eine sehr eigenartige Erfahrung gemacht, so war ich zum Beispiel letztens in der Malerwerkstatt von meinem Opa. Besonders früher (Als Kind) war mein Opa für mich eine der wichtigsten Bezugspersonen und ich war mit ihm oft an diesem Ort, daher ist davon auszugehen, dass ich zu dieser Malerwerkstatt eine sehr starke Emotionale Bindung habe/hatte. Als ich nun hinein ging, den gleichgebliebenen Geruch von Farbe und Holz in der Nase spürte und sah, dass alles noch genau so wie früher war bekam ich plötzlich eine Art Schwindel und mein von meinem Kopf ausgehend breitete sich ein Kribbeln, wie ein Stromschlag der durch meinen ganzem Körper hin aus. Zu gleich kam dieses eigenartige Gefühl, was ich als Geborgenheit und sehr starke Bindung zu diesem Ort und und meinem Opa (So als wieder in der Damaligen Zeit) beschreiben würde sehr stark zu Geltung, so dass alle anderen Gefühle oder Gedanken dich ich kurz vorher hatte verdrängt wurden.

    Ich hatte neulich ein ähnliches Erlebnis: Mein Vater hatte eine Modellbahn im Keller. Er verbrachte dort viel Zeit und ich war oft dabei. Mein Platz war meistens unter der Anlage, denn ich war klein und gelenkiger als er. Anfang des Jahres ist er verstorben und die Modellbahn zieht nun zu einem Freund von mir um. Dieser Freund ist etwa so alt wie mein Vater war, als ich noch klein war.
    Eigentlich bin ich sehr ungern in meinem Elternhaus, es ist mir dort fremd geworden: Es sieht falsch aus (leere Räume), es riecht falsch (kein Hund mehr) und es klingt auch falsch.
    Wenn aber dieser Freund da ist und wir im Keller die Modellbahn zerlegen, dann verliere ich immer wieder jedes Zeitgefühl und vergesse, dass inzwischen 30 Jahre vergangen sind. Wenn gerade nichts zu tun ist, sitze ich oft einfach unter der Anlage und schaue den anderen zu, ganz wie früher. Ich vergesse dann sogar alles, was gerade wichtig wäre (Arbeit, Sorgen, Uhrzeit).
    Es ist aber ein angenehmes Gefühl, auch wenn ich zuerst sehr iritiert war.

    Und es muss mit dem Geruch zusammen hängen, denn die Geräusche stimmen nicht mehr. Dort fährt kein Zug mehr. Auch das Aussehen hat sich stark verändert, es wird nach und nach leerer, überall liegen Kabelrollen oder Kisten. Aber es riecht wie immer: Holz, Staub, etwas Metall und muffig, es ist eben ein Keller.

  • Da es im Rahmen der AS-Diagnostik war, gehe ich davon aus, dass dies wohl etwas ist, wo viele Autisten auffällig sind.


    oder es war zu differenzialdiagnostischen zwecken. weil ich das hier grad lese, fällt mir nämlich was ein:
    ich betreue ja psychisch kranke und da sind nicht wenig persönlichkeitsgestörte dabei. und jetzt erinnere ich mich eben an ein gespräch mit zwei kolleginnen und die eine faste dies so zusammen, dass die oben erwähnten persönlichkeitsgestörten (ich sag das jetzt der einfachheit halber so, nicht um irgendwas oder irgendwen abzuwerten oder so, es ging genauer um eine gruppe frauen, die wir speziell betreuen, aber da ist schon irgendwie ein gewisses muster zu erkennen) im grunde nicht im hier und jetzt leben, sondern immer wieder in die vergangenheit switchen, bei eigentlich jeder "gelegenheit", sofort wieder emotional in einer situation aus der vergangenheit stecken und diese eben nicht wirklich (also die ganze vergangenheit) verarbeiten und quasi abhaken können. ich hab mich zwar sehr schwergetan, das jetzt nachzuempfinden, aber ich glaube, da ist was dran.
    heißt aber gleichzeitig auch, dass normalerweise man nicht ständig emotional in der vergangenheit hängt, also ists vielleicht eh normal, dass man sich an vergangene dinge nicht mehr so emotional zurückversetzen kann. vielleicht kann man das normalerweise aber auch steuern oder es ist mal so mal so? ich weiß es nicht. bei mir (na) ists jedenfalls auch so, dass ich mich emotional nicht zurückversetzen kann. wäre mir zumindest noch nicht so bewusst geworden.

    echt jetzt?

  • Ich würde das zu Synästhesie einstufen; Bild und Geruch leiten Gefühl an Haptik ->Output Körperreaktionen. Vielleicht war es auch eine One-Shot-Synästhesie. Die sollen "schlagartiger" auftreten. Mein "Output empfinde ich generell als Bilder/Filme und mit einem "komischen" Gefühl, wie das was ich in Träumen, bei Dejavues und in Momenten habe, wo man das Gefühl hat, die Zeit würde still stehen, weil man so klar im Moment drin ist.

    Und dieses Gefühle erinnern ist bei mir Standard (bin jede freie Gedankensekunde irgendwo in der Vergangenheit oder in einer Vision). Wobei ich erst seit kurzem für mich begriffen habe, dass sich Gefühle bei mir vorwiegend in Bildern / inneren Filmen zeigen. Das körperliche Gefühl zu diesen Blitzartigen Momenten bei mir kann ich anders schwer beschreiben, als wie im vorherigen Absatz. Wenn sie nicht One-Shot-artig auftreten, dann sanft, zauberartig, langsam prickelnd. So ähnlich, wie wenn einem ein Schauer über den Rücken läuft (RW) oder so.

    Habe eben Threads nach Gedächtnis gegoogelt und in einem anderen etwas über Personen mit einem überragenden autobiografischen Gedächtnis gefunden, das dann gegoogelt und manche beschreiben da auch, dass sie sich ständig in Erinnerungen bewegen. (Ich weiß aber nicht, was ich an jedem einzelnen Tag meiner Vergangenheit gemacht habe). Und das lese ich selten sonst. Eigentlich habe ich das noch gar nicht von jemand anderem gehört, dass der sich so viel und ständig erinnert. "Mit den Gedanken woanders" sein müsste das doch eigentlich sein, wobei man sich ja auch überwiegend mit Zukunftsvorstellungen beschäftigen kann. Ich bin doch recht viel in Erinnerungen. Diese am Verarbeiten usw. Kenne das auch (wie hier irgendwo jemand auch), dass plötzlich mir ein Traum einfällt von vor 20 Jahren und das Gefühl dann dabei wieder aufkommt. Wobei ich, je länger etwas her ist, ohne, dass dazu mal wieder was assoziatives auftrat, oder wenn ich einen Gegenstand dazu nun öfters in einem neuen Kontext sah, merke, wie die Bilder langsam "ferner" wirken, als würden sie sich langsam und allmählich weit weg verabschieden und dann will ich das aufhalten und versuche mich ganz angestrengt darein zurück zu versetzen, um es zu halten in meinem Gedächtnis.
    Vielleicht werde ich auch einfach alt. Manche Erinenrungen, wo ich vor ein paar Jahren noch 100% sagte, dass ich die zu 100% richtig erinnere, kann ich nach und nach nicht meh reinschätzen, ob ich die tatsächlich so erinnerte oder z. B. eine Vision darüber, als mir das jemand erzählte oder ob eine Erinnerung an eine Erinnerung durch neue Wahrnehmungsverfassung unbewusst verändert sein kann usw. Aber auch habe ich in den letzten Jahren einige mir wichtige Gegenstände verloren oder zu oft im gestressten Kontext beobachtet, so dass da die Verbindung zu abgebrochen ist. Wobe ich mich auch kurz vorm Burnout befinde gerade. Vielleicht kommt das wieder. Das bedeutet mir sehr viel, ich finde das total schön und spannend.

  • @Four danke dir, dass du so einen alten Thread wieder an die Oberfläche gezaubert hast ...
    jetzt hab ich auch nach jahrelangem erklären der Symptome die ich hatte, den dazugehörigen Begriff gefunden —> brain zaps
    Hatte das ziemlich krass beim und nach dem ausschleichen von Citalopram, ein SSRI Antidepressivum, hab das teilweise noch über 15 Jahre danach, Missemfindungen, wie kleine Stromschläge in den Unterarmen und auch wie Millisekunden Aussetzer im Kopf, meistens wenn sich eine Erkältung, oder Krankheit anbahnt.
    Auch das ständig sich bewegen in Erinnerungen, was du beschrieben, gerade gegoogelt hast Four, ist total spannend. Kommt mir irgendwie bekannt vor, wenn ich dein geschriebenes richtig verstanden habe. Das Leben wie ich es kenne und mich auch zu erinnern vermöge ist so authentisch, dass dort kein Platz ist für Ausschmückungen und Geschichten. Deshalb fällt es mir auch so schwer die Unwahrheit zu sagen, klar gibt es Notlügen, aber die nehmen gefühlt 1% Platz in meinem Kopf ein. Argh, verliere den Faden ...

    „we must never stop watching the sky with our hands in our pockets“
    (the weakerthans)

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