Gefühle spüren

  • Ich glaube auch, dass man manchmal beim Ausfüllen eine gewisse Erwartungshaltung hat und die Antworten dann so gibt, dass das erwartete Ergebnis herauskommt (ohne dass man das selber merkt, es sei denn, man achtet darauf und überlegt genau, was man antwortet).

    Und was willst du damit jetzt aussagen? Dass du glaubst die Leute haben nicht wahrheitsentsprechend geantwortet und es stimmt nicht was rauskam?

    Schwankungen mag es sicherlich geben, aber dass das Ergebnis total irreführend wird durch sowas, kann ich mir nicht vorstellen. Es gibt ja auch sehr viele Fragen, da fällt es ja kaum ins Gewicht wenn bei ein paar wenige davon man sich selbst falsch einschätzt.
    Ewig überlegen soll man auch nicht, es heißt man soll die Antworten spontan geben.

  • Und was willst du damit jetzt aussagen? Dass du glaubst die Leute haben nicht wahrheitsentsprechend geantwortet und es stimmt nicht was rauskam?

    Nun, das klingt vielleicht etwas harsch, aber ich denke es geht in die Richtung.
    Nur, dass es nicht absichtlich geschieht, die Leute lügen nicht, es ist in dem Moment tatsächlich ihre "Wahrheit".

    Zumindest fällt mir auf, dass ich bei solchen Fragen sicherlich nicht immer gleich antworte, sondern es sehr von Laune etc. abhängig ist, besonders aber natürlich auch von naheliegenden Erlebnissen.

    Bsp: Jemand sagt "du bist aber unhöflich" und am nächsten Tag füllt man einen Test aus, wo die Frage kommt "ich werde oft für unhöflich gehalten" - selbst wenn es vielleicht das erste Mal war, dass einem sowas gesagt wurde, man wird wohl viel eher mit "stimme zu" ankreuzen, als wenn dieses Erlebnis schon 2 Jahre her ist und sich seitdem nicht mehr wiederholt hat.

    In hiesigem Falle bedeutet das: wenn ich mich gerade aktiv mit Alexithymie beschäftige und feststelle, dass ja Person xy mal zu mir dies und jenes gesagt hat (ich suche also aktiv nach Punkten, die dahin deuten könnten) und ich ja wirklich Probleme mit irgendwelchen emotionalen Entscheidungen habe etc., dann werde ich auch eine höhere Punktzahl erreichen, als wenn ich mich vorher nicht explizit damit auseinandergesetzt und solche Erlebnisse (wie z.B. Person xy sagt, man wirke "kühl") ins Gedächtnis gerufen habe.

    Daher versuche ich mittlerweile bei solchen Tests immer beide Ausgänge als gleich wahrscheinlich und stimmig zu empfinden, so dass ich mich selbst nicht so stark beeinflusse.
    Beim Test kam jetzt bei mir 124 raus, allerdings muss ich sagen, dass ich diese Vokabularproblematik (Wörter finden für die entsprechenden Emotionen) nie als einen Teil einer Alexithymie gehalten habe, sondern einfach als Folge dessen, dass ich einfach Schwierigkeiten habe, die richtigen Vokabeln zu finden.
    Also nicht nur bei Gefühlen, sondern auch bei vielen anderen Themen ist mein Wortschatz oft arg eingeschränkt (nicht so sehr, wenn ich schreibe, da kann ich meine Gefühle aber auch deutlich besser formulieren als in einem 1-zu-1-Gespräch).

  • Und was willst du damit jetzt aussagen?

    Das was ich schrieb.
    Das gilt für alle, egal ob man vorher erwartet hat, Alexithymie zu haben oder ob man erwartet hat, keine Alexithymie zu haben. Unbewusst steuert die Erwartung das Ergebnis, ganz unemotional festgestellt.

    Das ist ja die Problematik aller Selbsteinschätzungstests - sie sind immer subjektiv und geben wieder, was die Person von sich glaubt. Was fehlt, ist dass das auch von außen objektiviert/geprüft wird. Deshalb sind sämtliche Ankreuztests nie wirklich aussagekräftig. Sie können bestenfalls unterhaltsam sein, oder zum Nachdenken anregen, evtl. zur weiteren Abklärung anregen.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Wie schon gesagt: kleine Schwankungen halte ich auch für normal (Tagesform). Für Tendenzen sollten solche Tests aber reichen.
    Ich sehe auch keine Anhaltspunkte dafür, das Urteilsvermögen der Leute betreffs der eigenen Person in Frage zu stellen. (Der Test sagt Alexithymie liegt vor, aber die Person ist in Wirklichkeit nicht alexithym; oder aber der Test sagt, Alexithymie liegt nicht vor, aber in Wirklichkeit ist die Person alexithym).

    Das ist ja die Problematik aller Selbsteinschätzungstests - sie sind immer subjektiv und geben wieder, was die Person von sich glaubt.

    Es mag Leute geben die dies tatsächlich schon von anderen gesagt bekamen mit der Gefühlsblindheit, auch von Leuten die es wissen müssen, jetzt und auch in der Vergangenheit... wenn sich das Ergebnis also deckt mit der Fremdeinschätzung. (Aber natürlich, man könnte sagen, auch die Fremdeinschätzung ist subjektiv und entspricht nicht der objektiven Realität...)

    Also zeigt der Test doch nicht primär das an was derjenige erwartet, sondern die Realität. Dass sich Realität und Erwartung in vielen Fällen decken mögen, ist finde ich auch nicht besonders verwunderlich, und für mich kein Indiz dafür dass die Realität vom Ergebnis stark abweichen könnte. Schließlich leben die Menschen ein Leben lang damit und werden genug Erfahrungen in die eine oder andere Richtung gemacht haben, dass diese Summe an Fragen halbwegs realitätsnah beantwortet werden kann und das Ergebnis dann die korrekte Richtung anzeigt.

  • Hier ist noch einmal der direkte Link zu den Gefühlslisten

    Danke Dir.

    Also davon abgesehen, dass die GfK ja auch echte Risiken für den (vor allem unbedarften) Teilnehmer bergen kann, kann ich mit den meisten Gefühlen in den Listen durchaus was anfangen.
    Aber auch eher auf rationaler Ebene, mit Bildern von Mitmenschen und Situationen, bei denen ich das schon wahrgenommen hab, oder in der Verbindung mit gelesenen / gesehenen Medien. Es werden quasi automatisch Querverbindungen und Bilder aktiviert, wenn ich die Wörter lese.

    Wenn ich mich aber selbst beschreiben muss, beschränke ich mich eigentlich nur auf "ich fühle mich wohl, oder eben nicht". Schriftlich, wenn ich die Zeit und Ruhe hab, kann ich da dann schon ausführlicher werden, wenn ich die beteiligten Ebenen miteinbeziehe (also alles rational).
    Aber im persönlichen Gespräch ist das eigentlich unmöglich, ohne wie gesagt selbst zu verschwinden und den Gegenüber miteinzubeziehen.


    Bei dem Alexithymie-Test hatte ich 128 Punkte.

  • ich habe auch eine recht hohe Punktzahl erreicht 132, dabei habe ich öfters auch das Mittelfeld gewählt, dass ich die Antwort nicht weiß, ist das dann schon eine Wertung in Richtung Gefühlsblindheit oder wird die Antwort einfach neutralisiert und dafür der Rest des Testes mehr gewichtet?

  • Mit GFK habe ich mich mal kurz beschäftigt, weil mein Therapeut mir davon erzählt hat.
    Ich glaube, ich könnte diese Methode nicht anwenden. Man muss dafür sehr nah bei seinen Gefühlen sein und auch die Perspektive des anderen übernehmen können um zu verstehen, warum er wie reagiert. Beides kann ich nicht besonders gut.

    Perspektivenübernahmen, Theory of mind. Ich versuche das gerade zu ergründen. Was genau ist das und wie verhält es sich bei mir. Bei Kindern kann man das vielleicht noch eher sehen. Bei Erwachsenen ist vieles schon durch lernen überdeckt.
    Ich kann oft kognitiv nicht verstehen, warum ein NT macht, was er macht. Warum mag jemand Konzerte? Klar, ich bin lange genug auf dieser Welt um eine Erklärung dafür zu finden. Aber die Erklärung kommt sozusagen von außen. Sie ist wie gesagt erlernt. Tatsächlich kann ich es nicht verstehen und ich habe auch kein Gefühl dazu, außer mein eigenes. Ich mag Konzerte nicht weil zu laut, zu viele Leute etc.

    Es ist mir in der Arbeit oft passiert, dass ich arglos meinen Chefs eine Email geschrieben habe um sie auf etwas aufmerksam zu machen. Ich habe nicht vorhergesehen, was für eine Reaktion ich hervorrufen könnte. Es war selten eine Positive :oops:

    Wenn mir jemand etwas erzählt und dabei erklärt, was er fühlt und warum und diese Gefühle dann auch sichtbar werden, kann ich es verstehen und auch mit fühlen.

  • Zitat

    ... meine eigenen Gefühle ausdrücken. Ich kann sie benennen, analysieren, beschreiben, was in mir vorgeht, aber ich kann sie anderen nicht spiegeln. Ich kann sie auch nicht durch geschriebene Worte vermitteln. Meine Reaktion auf Gefühle ist immer rational.

    Bei dem Test habe ich 122.
    Ich finde das Bemerken schon schwer, mit Übung geht das aber. Das Benennen geht nur seit einer zufällig passenden Weiterbildung. "Spiegeln" tut man doch die Gefühle der Anderen, da müsste es sich um deren Gefühle handeln.
    Wenn ich z.B. das Gefühl habe, dass ein Raum zu voll ist, handle ich eigentlich irrational, indem ich den Raum verlasse. Denn objektiv ist er ja nicht zu voll.

  • wenn man davon ausgehen würde, dass einem niemand sagt, dass man nicht fühlt (/auf gefühle reagiert) wie andere menschen (oder ähnliches), würde man mit diesen problemen selbst bemerken, dass man sie hat? oder kann es auch sein, dass man es sehr lange garnicht wahrnimmt, obwohl die umwelt es eigentlich schon irgendwie bemerkt?

    oder ist es letztendlich eine kognitive leistung, den unterschied zwischen sich und anderen zu bemerken (was den aktiven vergleich, also auch den bewussten blick auf die umwelt vorraussetzt)?

  • Ich bekomme bei dem Test 129 Punkte. Das kommt für mich ein bisshen überraschend da ich meistens schon in der Lage bin grundsätzliche Gefühle wie Angst, Wut oder Freude zu benennen wenn sie auftreten. Es gibt zwar Situationen in denen mir das Erkennen schwer fällt aber als emotionsblind würde ich mich deshalb nicht beschreiben. Verwirrt hat mich besonders die Frage ob ich wüsste welches Gefühl es auslöst wenn ich wütend werde. Aber wütend zu sein ist doch schon das Gefühl, welches in der Regel einen logischen Auslöser hat. Wie z.B. ein gebrochenes Versprechen, ein verschobener Termin oder ähnliches. Da verstehe ich die Fragestellung nicht so wirklich.

    Problematisch wird es für mich vor allem dann wenn ich zum Beispiel bei einem Termin bei meiner Sachbearbeiterin gefragt werde wie es mir zurzeit geht. Das verwirrt mich immer sehr stark und ich weiss dann nicht was ich sagen soll. Auch scheint es mir als wären meine Gefühle zwar sehr intensiv, aber deutlich weniger nuanciert als andere Menschen ihre Gefühle beschreiben...

    Peace
    TK

    Excuse me but I was wrong... :(

    Einmal editiert, zuletzt von Emkay (9. August 2016 um 22:41)

  • Aber wütend zu sein ist doch schon das Gefühl, welches in der Regel einen logischen Auslöser hat. Wie z.B. ein gebrochenes Versprechen, ein verschobener Termin oder ähnliches. Da verstehe ich die Fragestellung nicht so wirklich.


    Wut oder Aggression muss nicht zwangsläufig einen so offensichtlichen Grund haben. Der Grund (für zum Beispiel eine allgemein große Frustration) kann auch weiter in die Tiefe gehen und daher schwerer zu erkennen und zu benennen sein. Da habe ich zum Beispiel oft Schwierigkeiten.

    Mit freundlichen Grüßen
    Chris

    Sollte es Misstände geben, die sie verzweifeln lassen; beseitigen Sie nicht die Misstände, sondern ihre Zweifel! :prof:

  • Gut, das ist richtig. Dennoch ist der Auslöser doch kein Gefühl sondern etwas physisches. Etwas das passiert, die Situation in der man sich befindet oder z.B. die generellen Lebensumstände. Mal vereinfacht gesagt - "Ich bin wütend weil ich traurig bin" ergibt für mich absolut keinen Sinn...

    Bloß sone Idee: Nehme ich die Frage grade vielleicht einfach zu wörtlich?

    Peace
    TK

    Excuse me but I was wrong... :(

    2 Mal editiert, zuletzt von Emkay (9. August 2016 um 22:52)

  • wenn man davon ausgehen würde, dass einem niemand sagt, dass man nicht fühlt (/auf gefühle reagiert) wie andere menschen (oder ähnliches), würde man mit diesen problemen selbst bemerken, dass man sie hat? oder kann es auch sein, dass man es sehr lange garnicht wahrnimmt, obwohl die umwelt es eigentlich schon irgendwie bemerkt?

    oder ist es letztendlich eine kognitive leistung, den unterschied zwischen sich und anderen zu bemerken (was den aktiven vergleich, also auch den bewussten blick auf die umwelt vorraussetzt)?

    Habs nicht selbst gemerkt. Bin (mit ca 20) wegen ominösen, diffusen köperlichen Beschwerden zum Hausarzt gegangen. Ein Psychiater hat später schwere Depression und Panikattacken diagnostiziert.

  • Also mir wurde da auch immer viel von meiner Umwelt mitgeteilt, indem man mich fragte, warum ich denn nicht mehr aus mir herauskomme oder immer so böse schaue, so Sprüche halt, die wohl einige hier im Forum auch kennen. Dann fragt man sich doch schon was bei einem selbst anders ist.

  • "Also mir wurde da auch immer viel von meiner Umwelt mitgeteilt, indem man mich fragte, warum ich denn nicht mehr aus mir herauskomme oder immer so böse schaue, so Sprüche halt, die wohl einige hier im Forum auch kennen. Dann fragt man sich doch schon was bei einem selbst anders ist."

    Das frage ich mich ganz oft. So wirklich raus finden werden wir es wohl nie.
    Ich werde auch nie wissen, wie es wäre Chinesin zu sein :d

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