• Ich hab eine Frage zum Zeitgefühl im weiteren Sinne. Es beschäftigt mich, dass ich am Wochenende kein Gefühl dafür habe, dass es nach dem Sonntag weiter geht. Ich weiß es in der Theorie, aber, eventuell wegen des üblichen Kalenderaufbaus, wo eine (Doppel-)seite mit dem Sonntag endet, habe ich immer das Gefühl, dass der Sonntag eine Art Ende bedeutet und zwischen dem Sonntag und dem Montag ist eine Mauer. Versteht ihr das? Dasselbe hab ich mit dem Jahr. Ich versuche jetzt, mir das Jahr als Kreis vorzustellen, früher hatte ich immer das Gefühl, nach Silvester würde das Jahr im Nichts verschwinden oder so ähnlich. Als wäre dann Schluss. Das sind alles nicht die richtigen Worte, ich versuche halt, es irgendwie auszudrücken.

    Wie empfindet ihr das mit dem Übergang vom Sonntag zum Montag? Ich hätte gern ein festes Gefühl dafür, dass es nach dem Wochenende weitergeht. Was ich schon probiert habe, ist, die Wochentage hintereinander aufzuschreiben, ohne, dass Samstag und Sonntag so abgetrennt stehen und dann hab ich die Tage mit Unterpfeilen miteinander verbunden. Vor allem, mehrere Tage hintereinander in einer Reihe zu sehen mit einem Montag auf den Sonntag folgend (also ohne diesen Buch durch die mit dem Sonntag endende Seite eines typischen Kalenders) hilft mir, das zu begreifen, dass Sonntag kein "Dead End" bedeutet.

    Am Sonntag Abend, wenn ich mich dann auf die Arbeit am nächsten Tag vorbereite, dann stellt sich bei mir Entspannung ein und mir wird bewusst, dass der nächste Tag wieder ein Arbeitstag sein wird und ich wieder "drin" sein werde. Aber am Samstag Abend und am Sonntag bis zum frühen Abend hab ich dieses Gefühl, gefangen zu sein in diesem seltsamen Zeitfenster - liegt auch daran, dass ich am Wochenende meist nicht rausgehe und so nicht viel mitbekomme von der Welt da draußen (was ich auch brauche zur Erholung).

    Hat jemand eine Idee, was ich tun könnte, um dieses seltsame Empfinden zu verändern?

    2 Mal editiert, zuletzt von Lefty (14. Dezember 2019 um 19:45)

  • Ich empfinde den Sonntag eigentlich als Abgrund. Sprich Sonntag Abend ist das Wochenende vorbei, ich falle die Klippe herunter und finde mich Montag früh in einer anderen Welt - bzw. Woche.
    Entspannung stellt sich bei mir also überhaupt nicht ein, eher das Gegenteil.
    Garfield hat eben traditionell kein gutes Verhältnis zum Montag.

    _,.-o~^°´`°^~o-.,_Ich ess Blumen...,.-o~^°´`°^~o-.,_

  • Ich habe in meinem Kalender auf der Doppelseite eine kleine Vorschau auf die nächste Woche. Denke, das hilft mir dabei. Ich visualisiere Zeitabläufe auch oft ähnlich wie du es beschrieben hast, und empfinde da keinen fließenden Übergang. Die Vorschau hilft mir aber, genauso häufiger umblättern und die neue Woche betrachten.

  • Bin mal wieder erleichtert, etwas gefunden zu haben, was zu diesem speziellen Problem passt, siehe das Fettgedruckte. In der Arbeitswoche hab ich eher ein Gefühl für morgen, weil die Tage immer sehr ähnlich ablaufen und ich (fast) jeden Abend meine Vorbereitungen für den nächsten Arbeitstag treffe. Vielleicht wäre es eine Lösung, wenn ich immer schon am Samstag eine Sache tue, die mich auf Montag vorbereitet und am Sonntag auch schon vorher als am Abend eine weitere Sache. Müsste ich mir was überlegen, denn das Essen für die Arbeit am Montag vorbereiten kann ich ja z.B. nicht früher als am Sonntag Abend.
    Also ich denke, ich brauche da Rituale, die mich schon am Samstag und am Sonntag auch schon vor dem Abend mit dem Montag verbinden :)

    "Then there are the study findings you mention – that many people on the spectrum have difficulty gauging and tracking time. I certainly see this in my practice. I work with many people on the spectrum who have difficulty gauging and tracking time.
    This can produce a range of challenges, from difficulty understanding concepts such as “tomorrow” or “last week” to greatly underestimating how much time it will take to complete a task. For some people, difficulty gauging the passage of time can even involve problems with following sequences and make sense of life events."

    Ausschnitt von:
    https://www.autismspeaks.org/expert-opinion…ommon-challenge

  • Ja, damit habe ich auch immer Probleme. Wenn ein Projektmanager mich fragt, wie lange ich für eine bestimmte Arbeit brauchen werde, dann weiß ich das einfach nicht. Das weiß ich frühestens, wenn ich damit angefangen habe und sehe, welche Probleme da auf mich lauern.
    Und wir müssen auch monatlich die Zeiten aufschreiben, die wir für die einzelnen Projekte gebraucht haben - das weiß ich ebenfalls nicht. Ich überlege jeden Abend, was ich den Tag über gemacht habe, aber trotzdem ist das dann noch ein ziemliches raten, basierend auf den Emails, die ich geschrieben habe. Am nächsten Tag weiß ich das schon nicht mehr. Theoretisch müsste ich den Beginn und das Ende einer Aufgabe konsequent aufschreiben.

    _,.-o~^°´`°^~o-.,_Ich ess Blumen...,.-o~^°´`°^~o-.,_

  • Mein Zeitgefühl ist praktisch nicht vorhanden, ähnlich auch wie geografisch, fehlt mir jede Orientierung im Zeitkontinuum. Wenn mich jemand fragt, wie lange ich für etwas brauche, kann ich keine Antwort geben, weil ich Zeit nicht abschätzen kann. Zeit ist für mich abstrakt und nicht erfassbar. Ich fühle mich oft gestresst deshalb, habe teilweise Ängste Termine zu verpassen, zu spät zu kommen, Projekte zu vermasseln, Fristen zu versäumen. Über die Jahre habe ich daher Zwänge entwickelt, um halbwegs funktionieren und meine Arbeit erledigen zu können.
    Seit kurzem nutze ich Sanduhren und eine Wetterap, um mir Zeit zu visualisieren, dadurch gibt es etwas Erleichterung.

    Jedes isolierte Bewusstsein macht sich auf den Weg - wie die Kraft des Wassers V_V

  • Ich finde es sogar recht angenehm, kein Zeitgefühl zu haben. Das bedeutet für mich auch, dass ich im Moment lebe ohne an vergangenes oder zukünftiges zu denken, was mich oft stresst.
    Und wenn ich Zeitgefühl brauche, dann gucke ich entsprechend oft auf die Uhr.

    Der Wechsel von Sonntag zu Montag bedeutet für mich immer Anspannung, als ob ich jedesmal was Neues anfange, obwohl es immer der gleiche Job ist.

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    Glaub nicht alles, was du denkst.
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    Einmal editiert, zuletzt von kim (16. Dezember 2019 um 07:34)

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