Wie denkt ihr über Therapien für autistische Menschen (insbesondere Erwachsene)?

  • Ich erinnere mich. Deine Diagnose war auch recht frisch. Ich bin auch noch am verarbeiten. Wie heisst die Therapierichtung? Mir wurde eine empfohlen...den link schick ich Dir gleich.

  • Meine Diagnose ist schon älter (2010), aber ich habe immer noch Momente, wo ich ungläubig bin, dass ich wirklich AS haben soll, und Momente, wo ich es sehr negativ finde, AS zu haben.
    Die Therapeutin hat eine Approbation als kognitive Verhaltenstherapeutin.
    Was die Therapie autismusspezifisch macht, ist, dass die Therapeutin in einem Autismuskompetenzzentrum arbeitet und sich deshalb gut auskennt. Sie kann z.B. ihre Gesprächstechniken und sonstige Methoden an Autisten anpassen.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Eine Therapie ist ja idealerweise auf ein Ziel gerichtet. Blöd ist, wenn man eine Therapie wegen Depressionen und Selbstwertstörung macht und dabei eigentlich bloß Asperger ist....

    Für die Nebenkriegsschauplätze Depression und Angstzustände fand ich die Therapie (ohne bekannte Diagnose) gar nicht so verkehrt. Das Problem war halt, dass die ursächlichen Dinge mangels Bekanntheit nicht angegangen werden konnten.

    Jetzt, wo ich eine Diagnose habe, werde ich eine neue Therapeutin suchen, die sich auch mit AS auskennt, allerdings nicht, um "normalisiert" zu werden, sondern um zu lernen, wie ich die drohende Reizüberflutung erkenne und vermeide oder wie ich mich davon erholen kann. Auch vor Überforderung muss ich mich schützen, teilweise vor mir selbst....

    Ansonsten habe ich sehr lange Zeit gehabt, zu lernen, wie man in der NT Welt zurecht kommt. Ich beherrsche das fast perfekt, nur geübte Beobachter (und die habe ich anscheinend tatsächlich bis vor kurzem nie getroffen) merken etwas. Es ist aber unheimlich anstrengend (und führte letztlich zum Burnout und Depressionen), immer die Normale zu geben, und deswegen möchte ich das reduzieren. Da das zwangsläufig dazu führen wird, dass ich öfter anecke oder unangenehm auffalle, muss ich lernen, auch damit zurecht zu kommen.

    Ich glaube, wenn man es schafft, einen guten Therapeuten zu finden, macht eine Therapie immer Sinn. Mir ist noch nie jemand begegnet (ich kenne noch keine Aspies außer mir), die Psycho-Fachkräfte eingeschlossen!, der 100% psychisch gesund war. Irgendwas ist ja immer, nur die meisten kommen halt klar.

    Ich finde, dass unsere Art zu denken uns helfen kann, eine Therapie sinnvoll und zielführend durchzuziehen. Ich analysiere mich meistens selber und die Therapeutin unterstützt mich dabei und macht Lösungsvorschläge. :)

    Schematherapie hab ich kürzlich in der Klinik kennengelernt, das finde ich mal eine sinnvolle Sache. Anfangs gewöhnungsbedürftig, aber man kommt relativ schnell an den Punkt, dass man sich selbst analysieren und helfen kann. Kognitive Verhaltenstherapie ist auch nicht schlecht, ich mag es, wenn etwas pragmatisch ist und nicht ewig drumherum geredet wird.

    Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein.
    (Albert Einstein)

  • Jetzt, wo ich eine Diagnose habe, werde ich eine neue Therapeutin suchen, die sich auch mit AS auskennt, allerdings nicht, um "normalisiert" zu werden, sondern um zu lernen, wie ich die drohende Reizüberflutung erkenne und vermeide oder wie ich mich davon erholen kann. Auch vor Überforderung muss ich mich schützen, teilweise vor mir selbst....

    Genau diese Dinge habe ich bei meiner Therapeutin gelernt. Ich drücke dir die Daumen, dass du jemanden passendes findest.

    ~ Es ist kein Zeichen von Gesundheit, an eine von Grund auf kranke Gesellschaft gut angepasst zu sein. ~

  • Nun ja, theoretisch kann man eine Art Besserung erreichen mit einer Therapie, allerdings war ich schon ca. 9 Jahre in Therapie ohne Autismus- Diagnose und ich weiß auch nicht, was das bringen soll, ich habe ja "keinen Zugang zu meinen Gefühlen" und so´n Zeugs. Was da eine Psychotherapie bringen soll, weiß ich da auch nicht.. Der Autismus selbst ist ja nicht heilbar.

  • Nun ja, theoretisch kann man eine Art Besserung erreichen mit einer Therapie, allerdings war ich schon ca. 9 Jahre in Therapie ohne Autismus- Diagnose und ich weiß auch nicht, was das bringen soll, ich habe ja "keinen Zugang zu meinen Gefühlen" und so´n Zeugs. Was da eine Psychotherapie bringen soll, weiß ich da auch nicht.. Der Autismus selbst ist ja nicht heilbar.

    Der Autismus ist auch nicht heilbar.
    Zu den Gefühlen hatte ich jetzt schon von 4 Psychologen, 2 unterschiedliche Meinungen gehört.
    2 mal das geht nicht und 2 Mal man könne das lernen zu erkennen und zuzulassen.
    Wie das gehen soll wenn einem ein Zugang nahezu fehlt, weiß ich allerdings auch nicht.
    Ich mache das weil ich definitiv verhaltenstechnisch in sozialen Regeln fitter werden muss.
    Muss ich jetzt danke sagen, oder muss ich das in dem Fall nicht? Eine Person hat etwas freundliches gesagt, ist das richtig wenn ich je nach Situation jetzt auch was nettes sage, oder ist das ja nach Situation gar nicht angemessen?
    Eine Person hat bietet mir freundlich etwas an und ich denke mir manchmal es wäre unhöflich das anzunehmen, meine es gut und sage - nein danke, die Person fühlt sich dann aber angegriffen.
    Das hat mich schon in viele unangenehme Situationen gebracht.

    Wenn man natürlich keinen Bedarf nach Therapie hat, wüsste ich auch nicht warum.
    Also jetzt rein auf den Autismus bezogen im Sinne von Autismustherapie.
    Bedarf nach anderer Therapie kann man ja immer noch haben.
    Ich sehe es wie du.
    Ob jetzt wirklich eine reine Autismustherapie Sinn macht.

  • 2 mal das geht nicht und 2 Mal man könne das lernen zu erkennen und zuzulassen.
    Wie das gehen soll wenn einem ein Zugang nahezu fehlt, weiß ich allerdings auch nicht.

    Eben. Wie soll das überhaupt gehen, wenn ich das nie geschafft habe!? kA, das gehört wohl in die Kategorie "Eggschperten für so ziemlich alles". (ich meine die Psychologen damit) Mit fast totalem ToM - Defekt kann eine "Therapie" gar nix bringen. Falls man dann doch Therapie macht, dann wird einem selbst die Schuld dafür zugeschoben, dass es nicht funktioniert, so von wegen ich "glaube nicht an die Therapie", dann muss es auch genauso passieren.


    Wenn man natürlich keinen Bedarf nach Therapie hat, wüsste ich auch nicht warum.

    Bedarf nach Therapie ist was anderes als Bedarf nach Besserung und gegen angeborene Defizite kann man keine Therapie machen. Mir hat es da viel mehr geholfen, mehr auf Leute zuzugehen. Allerdings schaffe ich das jetzt auch nicht mehr gut, quasi verlernt oder so..

  • (ich meine die Psychologen damit) Mit fast totalem ToM - Defekt kann eine "Therapie" gar nix bringen. Falls man dann doch Therapie macht, dann wird einem selbst die Schuld dafür zugeschoben, dass es nicht funktioniert, so von wegen ich "glaube nicht an die Therapie", dann muss es auch genauso passieren.

    Jo.
    Ich wurde auch bisher überall abgelehnt bei gängigen Psychologen da ich unhöflich wirkte/war, weil ich zu oft meine Sicht auf die Dinge geäußert hatte und die empathisch nicht an mich ran kamen.
    Allgemein die Kommunikation war beidseitig schwierig und haben auch gesagt dass die nicht wissen wie sie das machen sollen.
    Ich müsse im Autismusbereich schauen und mir jemanden suchen.

    Wobei ich sagen muss mir ging es auch nicht gut.
    Deshalb wollte ich auch mal das ein oder andere rauslassen, wenn ich schon mal da sitzen durfte.
    Das gepaart mit Verständnisproblemen meinerseits und dem teilnahmslosen Wirken, hat das nicht erleichtert.
    Bei der letzten ging es und sie hat mich dann nochmal zu einem Zweitgespräch kommen lassen, um mir Informationen zu geben welche Stellen für mich in Frage kommen würden (ein ATZ) und hat eine Maßnahmenempfehlung für Rehabilitation geschrieben.


    Bedarf nach Therapie ist was anderes als Bedarf nach Besserung und gegen angeborene Defizite kann man keine Therapie machen. Mir hat es da viel mehr geholfen, mehr auf Leute zuzugehen. Allerdings schaffe ich das jetzt auch nicht mehr gut, quasi verlernt oder so..

    Jawohl.
    Seit ich jetzt einige Zeit zurückgezogen bin, merke ich auch dass manches irgendwie nicht mehr so einfach geht in der Richtung.
    Bin letztens jemanden über den Weg gelaufen den ich lange nicht gesehen hatte.
    Ich glaube der hat wirklich gedacht- Was ist denn mit dem passiert über die Jahre.

    Ich habe keinen vernünftigen Satz raus bekommen, teilweise etwas gestottert, Hänger gehabt und auf den Boden geguckt.
    Aber da weiß ich dass ich das selbst wieder hinbekomme.
    Mit dem ATZ bin ich mal gespannt.

  • Ich halte Therapie für autistische Menschen für wichtig (so wie im übrigen auch für nichtautistische). Das Ziel sollte dabei aus meiner Sicht nicht sein, den Autismus "wegzukriegen", sondern sich selber besser kennen zu lernen, wie man ist, was einen als einzigartige Person ausmacht, welche Stärken man hat (damit man auch das Gute schätzen kann, das man ohne Autismus vllt gar nicht hätte, wie z.B. ein extremes Focusing, Ausdauer beim Verfolgen von Aufgaben, die einen interessieren, Hartnäckigkeit uns Effizienz in gewissen Belangen) und auch welche Probleme sich z.B. durch den Autismus im Leben ergeben (z.B. Reizüberflutung, Ausgegrenztwerden, nicht wissen, wie man es anstellen soll, in ein angenehmes soziales Miteinander zu treten, Kontakte zu knüpfen/ zu halten etc.).
    Und dass einem die Möglichkeit gegeben wird, unter Anleitung diese Probleme genauer unter die Lupe zu nehmen (RW) und herauszufinden, wann und wo genau die auftreten und was daran man selber beeinflussen kann, damit diese Probleme weniger stark ins Gewicht fallen. Vielleicht nicht verschwinden, aber dass man weniger darunter leidet. Bzw. dass einem vllt auch geholfen wird, manche dieser Probleme als eher oder vllt auch nur vorübergehend unveränderlich zu akzeptieren und sich eher auf die veränderlichen zu konzentrieren.

  • Jaja, die heilige Therapie als Lösung für so ziemlich alles. Ist halt blöd, wenn man mit dem ganzen Gefühlsblabla - Quark und dem ganzen Persönlichkeitsblödsinn nix anfangen kann..

    Einmal editiert, zuletzt von roterhund (23. Mai 2023 um 21:15)

  • @roterhund: Ich weiß nicht, ich finde selbst dann! Oder sogar grade dann. Ich kann mir das gerade nicht vorstellen, wie das so gar nicht hilfreich sein kann.
    Hast du Beispiele, wo du sagen würdest: das bringt mir aber jetzt genau gar nichts.?

    Immer kommt es natürlich auf den/die TherapeutIn an. Man muss menschlich mit der Person gut können und sich angenommen/verstanden fühlen. Wenn das als Grundbasis nicht gegeben ist, wird alles andere m.M.n. schwierig.

  • In einer Therapie wird nicht nur über Gefühle gesprochen. Wenn man keinen Leidensdruck empfindet, braucht man doch keine Therapie zu machen.


    Tja, aber trotzdem läuft die Kommunikation großteils über die Beziehungsebene und es geht meiner Erfahrung nach eigentlich eher um Gefühle als um Fakten. Wenn man bloß "diskutiert" zwecks Faktenfeststellung und die Beziehungsebene komplett weglässt, bleibt ja kaum mehr was übrig.

  • Jaja, die heilige Therapie als Lösung für so ziemlich alles. Ist halt blöd, wenn man mit dem ganzen Gefühlsblabla - Quark nix anfangen kann..

    Das heißt du gehst davon aus, dass sich bei Therapie alles um Gefühle gefühlsblabla "dreht", bzw. bei dir war es so?

    Meine Erfahrung ist, das viel kognitive Arbeit und manchmal auch emotionale Arbeit dabei ist...

  • Und noch was anderes @roterhund: du bist immerhin hier im Forum aktiv und hier geht es ganz viel um Dinge, die auch in einer Therapie so thematisiert werden könnten. Also wenn du jetzt im Forum nicht den Eindruck hast, mit diesem ganzen Blabla nichts anfangen zu können, warum sollte das in einer Therapie so sein?
    Oder geht es eher um die Schwierigkeit, das in einer Therapie zum Ausdruck zu bringen, dass dich das jetzt nicht interessiert/du damit nichts anfangen kannst und weiter zu etwas anderem zu gehen?

  • Hast du Beispiele, wo du sagen würdest: das bringt mir aber jetzt genau gar nichts.?

    Ja, bei mir gab es sehr viel "Schweigesituationen", ich muss dazu sagen, dass ich die Therapien im Zwangskontext mitgemacht habe. Deswegen war ich teilweise auch nur zum "Zeit absitzen" dort oder manchmal haben die Therapeutin und ich nur über irgendwelche unsinnigen Corona - "Maßnahmen" diskutiert und was so schlimm daran ist, den blöden Unterwürfigkeitsfetzen (Maske) im Gesicht zu haben.. Ich weiß ja gar nicht, worüber ich mit solchen Leuten überhaupt reden soll..

  • Da könnt ich mir vorstellen, erst gar nichts anfangen zu wollen, weil insgeheim dem Therapeuten gegenüber ein Vorwurf da ist, überhaupt vor ihm sitzen zu müssen.

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