Warum ist man eigentlich immer so einsam

  • Man muss sich wohl entscheiden: Will man zu den NTs gehören, muss man ihren ganzen Mist mitmachen. Da gehöre ich lieber nicht dazu und habe meine Ruhe. Seid zufrieden, wer ihr seid, als Autist hat man auch viele Vorteile, ist in vielen Bereichen NTs sogar überlegen...


    Also, ich bin in erster Linie Mensch und nicht Autist und andere sind also meine Mitmenschen und nicht NTs oder sonst was. Und da ich kein Misanthrop bin, habe ich das Bedürfnis nach Miteinander und Gesellschaft, auch wenn es anstrengend ist und die Initialisierung von Kontakten für mich manchmal eine unlösbare Aufgabe ist. Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich mich sehr einsam fühlen. Das wäre für mich schon mehr als ein selbstgewähltes Alleinsein. Aber wenn es dir gut dabei geht, dann wird es schon richtig für dich sein.

    Heute in mich gegangen - auch nichts los (Karl Valentin)

  • Gerade habe ich an das Thema Einsamkeit gedacht, und wollte einen Thread dazu eröffenen. Aber, da gibts ja aschon diesen..
    Ich stelle auch immer wieder fest, wie einsam ich bin. Wobei sich die Situation hier inder Großstadt für mich schon verändert hat. In meiner vorherigen Kleinstadt, hatte ich zum Schluss null soziale Kontakte.
    Obwohl ich einige Freunde und Gruppierungen habe, mit denen ich regelmäßig etwas unternehme, spüre ich meine Einsamkeit trotzdem sehr.
    Heute morgen, fühlte ich mich sehr elend, da habe ich meine Ma angerufen. Nach dem Telenieren, ging es mir sowas von besser..
    Jetzt hab ich wieder Mut und Kraft raus zu gehen, Ordnung in meiner Wohnung zu schaffen und-, wie meine Ma mir riet, nicht über Monate, Jahre voraus zu denken, sondern nur für heute.

    Deshalb mache ich mir auch große Sorgen darüber, was wird, wenn sie mal nicht mehr da ist..
    Sie ist mein wichtigster Mensch. Das hat mir neulich auch eine Verwandte vor Augen gehalten, die sowas immer gut auf den Punkt bringen kann.

    Aber für heute, bin ich irgendwie "gerettet", auch wenn alles schwer ist.
    Jetzt gehe ich erstmal raus und werde spazieren gehen, was einkaufen- die Kraft habe ich wieder.

  • Als ich noch versuchte, ein Standardmensch zu sein, hat mich an "Freunden" und Bekannten vor allem gestört, dass sie "ständig" anriefen, oder sogar unangemeldet zu Besuch kamen. Ja, du liebe Güte, was haben die denn gedacht? Dass ich zu Hause herumsitze und nichts zu tun habe? Wenn ich tatsächlich mal nichts getan habe (in Bezug auf meine Sammlungen und Hobbies), dann habe ich aber über dieses und jenes nachgedacht und ich mag es gar nicht, in meinen Gedankengängen gestört zu werden.

    Seitdem ich nur noch Brieffreunde habe, fühle ich mich wesentlich wohler :)

    Man muss sich wohl entscheiden: Will man zu den NTs gehören, muss man ihren ganzen Mist mitmachen. Da gehöre ich lieber nicht dazu und habe meine Ruhe.

    Das sehe ich auch so!

    Seid zufrieden, wer ihr seid, als Autist hat man auch viele Vorteile, ist in vielen Bereichen NTs sogar überlegen...

    Das sehe ich nicht so! Wie kann ich damit zufrieden sein, behindert zu sein? (Denn so empfinde ich es) Und ich habe als Autist keine Vorteile und bin schon gar niemandem überlegen. Also, das bezieht sich jetzt rein auf mich, vielleicht, oder sogar vermutlich, ist es bei anderen anders.

  • Niemand ist irgendjemanden überlegen. Wir sind alle individuelle Menschen, mit persönlichen Stärken und Schwächen. Nur weil jemand in bestimmten Dingen besser ist, als ein Anderer, ist man deshalb anderen Menschen noch lange nicht überlegen.
    Was bringen mir Kreativität, Fantasy und die Fähigkeit Dinge spielend leicht visualisieren zu können? Wenn ich im Gegenzug schon damit Probleme habe, und allen Mut aufwenden muss, um mir allein ein Eis zu kaufen?
    Oder ich Hilfe suchenden Menschen keine klare Antwort geben kann, weil ich in Schockstarre verfalle, und ihnen gegenüber so wirke als hätte ich Angst davor, sie könnten mich umbringen wollen?

    Überlegenheit ist ein dummes Wort, für Egomanen, und nicht skalierbar.

  • Niemand ist irgendjemanden überlegen. Wir sind alle individuelle Menschen, mit persönlichen Stärken und Schwächen. Nur weil jemand in bestimmten Dingen besser ist, als ein Anderer, ist man deshalb anderen Menschen noch lange nicht überlegen.
    Was bringen mir Kreativität, Fantasy und die Fähigkeit Dinge spielend leicht visualisieren zu können? Wenn ich im Gegenzug schon damit Probleme habe, und allen Mut aufwenden muss, um mir allein ein Eis zu kaufen?
    Oder ich Hilfe suchenden Menschen keine klare Antwort geben kann, weil ich in Schockstarre verfalle, und ihnen gegenüber so wirke als hätte ich Angst davor, sie könnten mich umbringen wollen?

    Überlegenheit ist ein dummes Wort, für Egomanen, und nicht skalierbar.

    Einmal editiert, zuletzt von lady sasha (19. Juli 2015 um 13:43)

  • Ich hatte mir schon hier und da deine Beiträge durchgelesen, und ich war sehr fasziniert davon.

    Das du aber natürlich, obwohl du so überragende Fähigkeiten hast,
    Probleme im Alltag hast, war mir nicht bewusst bzw.. war ich so in
    Illusion, dass ich es übersah.


    Du hast schon recht, wir haben alle unsere stärken und schwächen, kein
    Mensch ist mehr wert als der andere nur weil Fähigkeiten oder besserer
    stand in der Gesellschaft vorhanden sind, leider aber versucht genau
    dass unsere Gesellschaft uns einzutrichtern und das finde ich sehr
    traurig.


    Und zu mir selbst, ich sehne mich auch nach sozialen Kontakten, liegt
    daran dass ich die Hälfte meines Lebens vor den sicheren 4 Wänden
    verbracht habe, anstatt mal öfters rauszugehen. Allerdings möchte ich in
    erster Linie mit gleichgesinnten Kontakt haben, andere verstehen mich
    leider nicht, und ich schaffe es einfach nicht, eine Konversation
    aufrecht zuhalten, egal wie ich mich bemühe. Am ende ärger ich mich
    immer über mich selbst, weil ich es doch hätte besser machen können. Bei
    gleichgesinnten ist das Problem glücklicherweise nicht vorhanden, da
    komm ich sogar richtig aus mir heraus:)

    Komme wohl mit der Zitier Funktion noch nicht zurecht, jetzt sind leider 2 Posts draus geworden.

  • Autismus sehe ich nicht als Behinderung, sondern als eine andere Form zu denken, die viele Vorteile (Konzentrationsfähigkeit, teils fotografisches Gedächtnis, bemerkenswerte Begabungen), aber auch Nachteile (soziale Probleme) bringt. Ich für meinen Teil kann damit gut leben...

  • Also, ich bin in erster Linie Mensch und nicht Autist und andere sind also meine Mitmenschen und nicht NTs oder sonst was. Und da ich kein Misanthrop bin, habe ich das Bedürfnis nach Miteinander und Gesellschaft, auch wenn es anstrengend ist und die Initialisierung von Kontakten für mich manchmal eine unlösbare Aufgabe ist.

    Unterschreibe ich so. :nod:

    Niemand ist irgendjemanden überlegen. Wir sind alle individuelle Menschen, mit persönlichen Stärken und Schwächen. Nur weil jemand in bestimmten Dingen besser ist, als ein Anderer, ist man deshalb anderen Menschen noch lange nicht überlegen.
    Was bringen mir Kreativität, Fantasy und die Fähigkeit Dinge spielend leicht visualisieren zu können? Wenn ich im Gegenzug schon damit Probleme habe, und allen Mut aufwenden muss, um mir allein ein Eis zu kaufen?[...]

    Überlegenheit ist ein dummes Wort, für Egomanen, und nicht skalierbar.

    Und auch hier moechte ich einmal unterschreiben!

    Ich finde das sind jeweils sehr wichtige Gedanken.
    Jeder Mensch ist erstmal ein Mensch mit seinen individuellen Staerken und Schwaechen. Ob mit oder ohne Diagnose.

    Ob man Autismus fuer sich als Behinderung oder "nur" als andere Denkform ansieht liegt vermutlich auch einfach in der individuellen Auspraegung und in wiefern man sich dadurch beeintraechtigt fuehlt.
    In sofern kann man immer nur fuer sich sprechen und keine Pauschalaussagen treffen.

  • Was bringen mir Kreativität, Fantasy und die Fähigkeit Dinge spielend leicht visualisieren zu können? Wenn ich im Gegenzug schon damit Probleme habe, und allen Mut aufwenden muss, um mir allein ein Eis zu kaufen?[...]

    hier muß ich unterschreiben

  • Macht doch eine Unterschriftenliste :-p :o :d

    「人上人不造」 All Men Are Created Equal

    It's simple. There are no guarantees. I have to trust in luck. That is all.

  • Autismus sehe ich nicht als Behinderung, sondern als eine andere Form zu denken, die viele Vorteile (Konzentrationsfähigkeit, teils fotografisches Gedächtnis, bemerkenswerte Begabungen), aber auch Nachteile (soziale Probleme) bringt. Ich für meinen Teil kann damit gut leben...


    Das ist so richtig..
    Nur diese Gesellschaft und eine Definition der WHO, sieht am Autismus nur Unheilbarkeit, Gestörtheit. Man sieht die Nach-, nicht die Vorteile.
    Hab doch neulich irgendwo gelesen, das ca 60% aller Autisten in WfbM's untergebracht sind. Ich finde das so heftig. Welches Potential man da einfach wegschmeißt.
    Man stelle sich vor, ein Einstein, ein B. Gates und ein Mr. Bean hätte man einfach in eine Werkstatt verfrachtet..


  • Das ist so richtig..
    Nur diese Gesellschaft und eine Definition der WHO, sieht am Autismus nur Unheilbarkeit, Gestörtheit. Man sieht die Nach-, nicht die Vorteile.
    Hab doch neulich irgendwo gelesen, das ca 60% aller Autisten in WfbM's untergebracht sind. Ich finde das so heftig. Welches Potential man da einfach wegschmeißt.
    Man stelle sich vor, ein Einstein, ein B. Gates und ein Mr. Bean hätte man einfach in eine Werkstatt verfrachtet..

    Und das sind/waren vermutlich nur einige der Genies, die (vermutlich) Autisten sind/waren. Wo wären wir ohne diese Leute? Da unterschreibe ich ;)

  • Möchte euch nicht die Illusion nehmen, aber ich halte nichts von solchen Ferndiagnosen, schon gar nicht bei Leuten, die schon tot sind. Es ist sehr gut möglich, dass das einfach nur sehr intelligente Leute waren/sind, aber eben keine Autisten. Es gibt nämlich auch jede Menge spleeniger Leute, die sonst ganz normal sind und nicht die Kriterien einer klinischen Diagnose erfüllen.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Mich nervt das immer, wenn es wieder heißt, Autismus wäre keine Behinderung und Einstein, Mozart und jeder andere, der irgendwie genial war, wird auch noch in den Club geholt, egal wie unwahrscheinlich das auch sein mag. Das hat so was von "Lifestyle-Autismus" und wird der Realität nicht wirklich gerecht. Auf jeden Fall meiner nicht und, was ich hier in diesem Forum so lese, vieler anderer auch nicht.
    Ich frage mich wirklich, wozu man diesen ganzen Diagnosestress und womöglich noch eine Anerkennung einer Schwerbehinderung auf sich nimmt, wenn es doch einfach nur so eine tolle andere Art zu sein ist?
    Es ist gut und wichtig, nicht nur seine Defizite zu sehen, sondern sich auch über die eigenen Stärken zu identifizieren, aber dieses Lifestyle-Getue ist für alle diejenigen, die wirklich Schwierigkeiten haben, schon ein ziemliche Affront!

    Heute in mich gegangen - auch nichts los (Karl Valentin)

  • Ich weiß nicht, was "toll" und "Lifestyle" damit zu tun haben sollen, es ist lediglich ein Ansatz, Asperger über seine Stärken zu definieren, siehe auch:

    Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom: Von Kindheit bis Erwachsensein - alles was weiterhilft Broschiert – 20. Februar 2008
    von Tony Tony Attwood (Autor)

    Ich fand das Buch ziemlich gut und kann es nur empfehlen...

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