Asperger und AD(H)S

  • Das hier ist noch immer einer meiner Lieblingsartikel zum Thema Asperger, der Asperger wie ich finde weit treffender und genauer erklärt als die meisten Artikel. Da kann man auch noch was Neues lernen eventuell. Und dieser Artikel ist auch mit Grund wieso ich es fatal finde, dass in der neuen Diagnostik Asperger mit anderen Autismusströrungen in einen Topf geworfen wird.

    Das Asperger-Syndrom im Spektrum zwischen Autismus und AD(H)S

    Momentan beschäftigen mich besonders die Abschnitte, bei denen es um Aufmerksamkeitsdefizite geht, denn da diese bei mir sehr stark vorhanden sind, frage ich mich manchmal, ob das wirklich durch die Asperger-Diagnose abgedeckt wird oder doch eine Kombination mit AD(H)S vermuten ließe. Zum Beispiel wenn ich etwas erledigen will/soll, vergesse ich ständig kurz darauf, was es war, oder tue versehentlich nur die Hälfte von dem was ich vorhatte und muss dann nochmal laufen. Was man nicht im Kopf hat, hat man in den Beinen. Zudem wurde auch bei Messungen einst ein sehr hohes Aufmerksamkeitsdefizit festgestellt und ich erfülle bei Fragebögen auch die meisten der typischen AD(H)S-Symptome. Auch werde ich häufig durch meine eigenen Gedanken oder durch Umweltreize massiv abgelenkt, wenn ich versuche mich auf etwas oder jemanden zu konzentrieren. Und Dyskalkulie (Rechenschwäche) habe ich auch. Für Matheaufgaben reicht meine Konzentration selten.


    PS: Hier noch ein Kommentar aus einem DHS-Forum zu besagtem Thema:

    Zitat

    Sowohl Aspies als auch ADS'ler zeigen Probleme in der sozialen Interaktion.
    Der eine, weil er die nonverbalen Kommunikationssignale nicht versteht, der andere weil er sie zwar versteht, aber nicht wahrnimmt.
    Es macht also keinen Sinn, den einen darin zu schulen, diese Signale wahrzunehmen, denn er kann sie sehen, weiß aber um deren Bedeutung nichts, sie sind für ihn eine Femdsprache, die er nicht versteht.
    Genausowenig wird es helfen, dem anderen die Regeln der nonverbalen Kommunikation beizubringen, denn die kennt er (intuitiv), er sieht nur nicht richtig hin, weil seine Aufmerksamkeit nicht dort liegt.

    Bei Beiden würde nur noch mehr Frust entstehen und das Selbstwertgefühl noch weiter in den Keller gehen, weil sie sich wieder nur scheitern sehen.
    Umgekehrt dagegen lässt sich vieles zumindest verbessern und dort, wo das nicht geht, weiß man wenigstens um seine Beeinträchtigungen und kann das kommunizieren oder anders damit umgehen.


    Ich weiß nicht, ob das so stimmt...

    PPS: Hier noch ein anderer Ausschnitt aus einem ADHS-Forenkommentar:

    Zitat

    Und ausserdem sagte sie mir, dass die ADS den Autismus in manchen Sachen auch etwas erträglicher macht, z.b von Vorteil wäre da, die Spontanität, sowie Impulsivität, vielfälltige Neugier und ganz wichtig betonte Sie die Sensibilität, das Einfühlungsvermögen, und die Kreativität.
    Was ich allerdins auch noch feststelle ist, dass zum beispiel das Chaos und feste Ordnung sich sehr oft im Wege stehen, und somit auch, das Strukturieren dadurch noch umständlicher wird.


    So habe ich das noch gar nicht betrachtet! Und weiß auch nicht, ob das so stimmt. Allerdings finde ich diese Beschreibung trifft recht gut auf mich zu (abgesehen von der Spontanität, die eher selten ist), daher habe ich vielleicht wirklich die Kombi.

    PPPS: Hier noch ein Ausschnitt aus einem leider nicht mehr abrufbaren Artikel:

    PPPPS: Okay, DSM5 ist wohl doch nicht so schlecht in der Hinsicht. Hier nochmal aus besagtem Forum:

    I could work hard to be normal, but I prefer to hold myself a higher standard. Ego lex sum.

    5 Mal editiert, zuletzt von Lex (26. Mai 2015 um 04:09)

  • Schön zusammen gefasst, vielen Dank.
    Die Schnittmenge von Asperger und AD(H)S ist mir bereits länger bewusst. Gut dass die Forschung auf Zusammenhänge hinweist, dass waren früher 2 ganz unterschiedliche Felder. Das habe ich auch schon mit erwachsenen Aspergern und AD(H)Slern besprochen und es fand allgemein Zustimmung.

  • Ich denke es ist vor allem auch deshalb wichtig, weil fatalerweise gerade durch die Kombination von ADS und Asperger ein Symptommischmasch entstehen kann, der bei Old School Medizinern die nach Schema X gehen leicht dafür sorgen kann, dass letztlich keine der beiden Krankheiten diagnostiziert werden, da sich für beide jeweils scheinbare "Gegenbeweise" in den Eigenschaften des Patienten finden lassen.

    I could work hard to be normal, but I prefer to hold myself a higher standard. Ego lex sum.

  • Hallo!

    Ich bin wahrscheinlich betroffen. Vor 9 Jahren wurde bei mit ADHS diagnostiziert. Eine Medikation mit Methylphenidat, niedrig dosiert, brachte ganz leichte Verbesserungen bei der Konzentration und beim "Dranbleiben" an komplexen Aufgaben. Die Wirkungsdauer war aber nur kurz, ca. 2 1/2 Stunden pro Dosis. Über die beschriebene Wirkung hinaus brachte das Medikament keine Verbesserungen. Nach zwei Jahren hatte ich es dann abgesetzt.
    Damals hatte ich schon den Verdacht, dass ADHS bei mir nicht alles sein konnte. Ich finde mich eher im Bereich Asperger wieder, komme bei Fragebögen und Tests stets auf hohe bis sehr hohe Punktzahlen (siehe Signatur), obwohl ich zurückhaltend antworte um mir nichts einzureden.
    Nächste Woche ist meine AS-Diagnostik in Neumünster, danach weiß ich mehr.

    Diagnosen: ADHS 2006, Asperger 4.6.2015, frühkindl./HFA 11.1.2016
    Aspie-Quiz: Aspie-Wert: 154 von 200, NT-Wert: 70 von 200
    AS-Test von Carl Irjala: 127 Punkte

  • Das hier ist noch immer einer meiner Lieblingsartikel zum Thema Asperger, der Asperger wie ich finde weit treffender und genauer erklärt als die meisten Artikel.

    Erstens geht es auch da wieder hauptsächlich um Kinder

    Zitat

    Hat mein Kind nun Asperger oder AD(H)S?


    und zweitens:

    Zitat

    Je früher und intensiver die Störung beginnt, umso gravierender sind seine Symptome

    :m(:

  • Ergänzung zu meinem obigen Beitrag (Nr. 4):

    Nun ist es amtlich, ich habe tatsächlich ADHS und Asperger.

    Diagnosen: ADHS 2006, Asperger 4.6.2015, frühkindl./HFA 11.1.2016
    Aspie-Quiz: Aspie-Wert: 154 von 200, NT-Wert: 70 von 200
    AS-Test von Carl Irjala: 127 Punkte

  • Das stimmt nicht! Laut den neueren Diagnosebestimmungen ist es durchaus möglich und erlaubt ADS und ASS in Kombination miteinander zu diagnostizieren! Das fand hier auch bereits Erwähnung und wäre dir sicher aufgefallen, wenn du den Thread aufmerksamer gelesen hättest!

    Zitat

    nach den erweiterten kriterien des DSM-5 bzgl. AD(H)S ist eine komorbidität mit einer autismusspektrumsstörung möglich.

    I could work hard to be normal, but I prefer to hold myself a higher standard. Ego lex sum.

    Einmal editiert, zuletzt von Lex (7. Juni 2015 um 23:39)

  • Das Thema ADHS und Asperger wurde bei der Diagnostik ausführlich besprochen. Es galt früher mal, dass das eine das andere ausschließt. Hergeleitet wurde dies aus den DSM IV-Kriterien, Punkt F:
    "Die Kriterien stimmen nicht mit denen
    einer weiteren spezifischen tiefgreifenden Entwicklungsstörung oder der
    Schizophrenie überein."
    Das ist aber nach der heutigen Lehrmeinung nicht der Fall, Asperger und ADHS kommen sehr wohl auch gemeinsam vor.
    Die Asperger-typischen Probleme überwiegen bei mir.

    Diagnosen: ADHS 2006, Asperger 4.6.2015, frühkindl./HFA 11.1.2016
    Aspie-Quiz: Aspie-Wert: 154 von 200, NT-Wert: 70 von 200
    AS-Test von Carl Irjala: 127 Punkte

  • Asperger und ADHS kommen sehr wohl auch gemeinsam vor.

    Das kann ich so bestätigen, AS und ADHS sind auch bei mir zusammen diagnostiziert worden. Aber ob es so stimmt stelle ich inzwischen in Frage.

    Bin gerade dabei mir noch eine Zweitmeinung einzuholen. Zunächst hatte ich die Diagnosen ja beide angenommen, weil ich mich in Vielem wiederfinden konnte.
    Aber inzwischen (habe hier im Forum viel gelesen und auch anderweitig recherchiert) bin ich mir mit dem Asperger nicht mehr sicher.
    Die erste Psychiaterin hatte gesagt ich hätte autistische Züge mit ADHS. Ich finde das trifft es besser.

    Ich möchte keinen Asperger haben. Und ja, ist schon klar ... das ist hier kein Wunschkonzert (RW). Aber ich möchte es wirklich nicht haben.

  • Ich möchte keinen Asperger haben. Und ja, ist schon klar ... das ist hier kein Wunschkonzert (RW). Aber ich möchte es wirklich nicht haben.

    Selbst wenn jemand sagen würde, dass es nicht so ist - was würde das ändern? Du wärst ja nicht auf einmal ein anderer Mensch.

    「人上人不造」 All Men Are Created Equal

    It's simple. There are no guarantees. I have to trust in luck. That is all.

  • Selbst wenn jemand sagen würde, dass es nicht so ist - was würde das ändern? Du wärst ja nicht auf einmal ein anderer Mensch.

    Nein, natürlich nicht. Ob mit Diagnose X, Y oder Z oder ohne Diagnose Asperger: ich bin ich. Ohne Diagnose Asperger würde ich mich zur Zeit einfach nur besser fühlen. Aber das ist jetzt deutlich OT.

  • Das stimmt nicht! Laut den neueren Diagnosebestimmungen ist es durchaus möglich und erlaubt ADS und ASS in Kombination miteinander zu diagnostizieren! Das fand hier auch bereits Erwähnung und wäre dir sicher aufgefallen, wenn du den Thread aufmerksamer gelesen hättest!

    Das ist mir bekannt.Trotzdem gibt es kaum etwas absurderes als die Vorstellung eines gleichzeitigen Auftretens von AS und "ADHS" in einer Person.



  • Das ist mir bekannt.Trotzdem gibt es kaum etwas absurderes als die Vorstellung eines gleichzeitigen Auftretens von AS und "ADHS" in einer Person.

    ADHS ist eine neuro-biologische Erkrankung. Weshalb sollte ein Asperger nicht genauso von ADHS betroffen sein können wie ein NT?
    Meines Wissens nach unterscheiden sich Asperger-Gehirne doch nicht von NT-Gehirnen. Wenn dem so wäre, wäre dieses für mich absurd.

    In diesem Film wird die neuro-biologische Störung "ADHS" recht verständlich dargestellt.

  • Ich bin ein wenig erschrocken darüber, wie kategorisch hier ADHS und Autismus als Doppeldiagnose ausgeschlossen werden.

    Zitat

    Generell muss man ganz klar sagen, dass die
    biologische Realität der psychiatrischen Erkrankungen stark fließend
    verläuft und es selten zu 100% exakt abgegrenzten Phänomenen kommt, da
    wir mit AD(H)S, Schizophrenie und Autismus allesamt Krankheitsbilder
    haben, die sich im Hinblick auf die betroffenen Hirnstrukturen stark überschneiden. Dadurch kommt es auch zu einem fließenden Übergang und Kombinationen dieser Krankheiten.

    Quelle: http://aspies.de/forum/index.ph…6169#msg_716991

    Überschneidungen gibt es z.B. bei einem dünneren Neocortex und bei Schwierigkeiten mit Exekutivfunktionen (Routinen, Planbarkeit, Umgang mit Veränderungen), aber auch was sensorische Filter betrifft.
    Hier die Begründung für die Änderung vom DSM-IV zum DSM-V:

    Zitat

    "DSM-5 includes no exclusion criteria for people with autism spectrum disorder, since symptoms of both disorders co-occur. However, ADHD symptoms must not occur exclusively during the course of schizophrenia or another psychotic disorder and must not be better explained by another mental disorder, such as a depressive or bipolar disorder, anxiety disorder, dissociative disorder, personality disorder, or substance intoxication or withdrawal."

    Quelle: http://www.dsm5.org/documents/adhd%20fact%20sheet.pdf

    Hier ein kritischer Artikel zur Ausschluss-Richtlinie im DSM-IV:

    Unter dem DSM-IV mussten ADHS-Symptome bei Autismus noch
    ADHS-ähnlich (ADHD-like) und umgekehrt Autismus-Symptome als
    autistic-like beschrieben werden, weil die Richtlinie eine
    Doppeldiagnose nicht zuließ.

    https://sfari.org/news-and-opini…tention-deficit

    Zitat


    “Many kids with autism do have attention issues,” he says. However, the
    nature of the problem is different than in ADHD. It’s difficult to get
    the attention of children with ADHD or to keep them on task. In
    contrast, children with autism have trouble shifting attention away from
    their narrow range of interests.

    und weiter:

    Kinder mit Erstdiagnose ADHS könnten von Strategien profitieren, die für Autismus entwickelt wurden, z.B. Sprach und Ergotherapie. Ähnlich könnten autistische Kinder von Behandlungen profitieren, die auf ADHS zugeschnitten sind, z.B. Symptome der Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit oder Impulsivität betreffen.

    Meine Rede schon seit längerer Zeit: Statt krampfhafter Schwarzweißsicht (Autismus ist sooooo weit entfernt von ADHS, das ist was komplett verschiedenes!) kommt es allen Betroffenen mit beiderlei Symptomen entgegen, wenn sie von beiden Behandlungsstrategien profitieren können.

    Nebenbei erwähnt: Das Zappelphilippsyndrom ADHS tritt nur bei 10 % der ADHSler auf, der kombinierte Hyperaktivitäts-Impulsivitäts-Typ bei 60 % und der Rest sind die stillen Typen, die leider in 99 % der Medienberichte vernachlässigt werden.

  • Meine Rede schon seit längerer Zeit: Statt krampfhafter Schwarzweißsicht (Autismus ist sooooo weit entfernt von ADHS, das ist was komplett verschiedenes!) kommt es allen Betroffenen mit beiderlei Symptomen entgegen, wenn sie von beiden Behandlungsstrategien profitieren können.

    Ich profitiere von dem ADHS-Medikament Medikinet (Wirkstoff Methylphenidat - MPH) nicht nur bei den ADHS-spezifischen Symptomen, sondern auch bei meinen sog. „autistischen Anteilen“.
    Habe durch MPH nicht mehr so enorme Probleme mit bestimmten Reizen, kann gelassener mit anderen sprechen, und ich werde derzeit etwas flexibler mit meinen Tagesabläufen und Routinen.
    Flippe auch nicht mehr gleich aus, wenn eine Änderung eintritt. MPH beruhigt mich insgesamt, und hilft mir, mich ausgeglichener zu fühlen.

  • Meines Wissens nach unterscheiden sich Asperger-Gehirne doch nicht von NT-Gehirnen. Wenn dem so wäre, wäre dieses für mich absurd.

    Doch! Gehirne von Autisten unterscheiden sich von den Gehirnen der Nichtautisten. Natürlich ist es nicht so, dass einfach irgendein Teil wie z.B. das Kleinhirn bei Autisten fehlt, aber es gibt Unterschiede in den neuronalen Verbindungen. Daher arbeiten dann bestimmte Gehirnareale nicht so gut zusammen (vor allem die langstreckigen Verbindungen, die für soziale Interaktion notwendig sind, sind beeinträchtigt). Die kurzstreckigen Verbindungen sind besonders gut ausgeprägt, woher auch die Fokussierung auf Details kommt.

    Was denkst du eigentlich wo sich der Autismus "befindet"? Im Darm?

  • [quote='FrauGrün','index.php?page=Thread&postID=87451#post87451']Was denkst du eigentlich wo sich der Autismus "befindet"? Im Darm?

    Gut, dass wir darüber gesprochen haben. Bei manchen Absonderungen könnte man schon auf Gedanken kommen ;)

    Aber vllt. hilfst Du mir ja zum Thema freundlicher Weise noch einmal weiter: ist bei einem Asperger-Hirn eine Dopaminstoffwechselstörung genauso möglich wie bei Nicht-Asperger-Gehirn?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!