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Hallo Trinity, Rainer, Kandidat 3 und Kandidat 4,
es gibt zur ABA Methodik Alternativen in der Förderung von autistischen Kindern.
Die Veröffentlichung zu 'Basale Förderung' aus dem 'Handlexikon Autismus-Spektrum' beschreibt es folgendermaßen
Zitat
Der Begriff der Förderung lässt sich unter zwei Aspekten betrachten (Theunissen 2011): zum einen im Sinne der traditionellen Heilpädagogik, indem etwas aus einem behinderten Menschen gemacht wird, und zum anderen, indem im Sinne von → Empowerment eine behinderte Person in die Lage versetzt bzw. angeregt wird, aus sich selbst etwas zu machen. Darauf kommt es uns im Folgenden an, wenn wir über Konzept und unsere mehrjährigen Erfahrungen in Bezug auf eine basale Förderung autistischer Kinder berichten.
Innerhalb der pädagogisch-therapeutischen Konzepte lösen Begriffe wie »Basale Kommunikation« und »Basale Stimulation« bestimmte Vorstellungen aus. Der begriffliche Bestandteil »basal« macht deutlich, dass es sich dabei vor allem um elementare, grundlegende Angebote und methodische Aspekte handelt (vgl. ebd.). Im Zusammenhang mit der Förderung autistischer Kinder kommt diesem Begriff »basal« eine etwas andere Bedeutung zu. Es geht hier ganz besonders um einen möglichst frühen Förderansatz, der durch nichts besser zu kennzeichnen wäre als durch den Begriff des »Strukturierten Lehren und Lernens«. Während »Basale Kommunikation« und »Basale Stimulation« einen deutlichen Bezug zu gravierender geistiger Behinderung besitzen, erweist sich das »Strukturierte Lehren und Lernen« als eine erfolgreiche Methode im Umgang mit autistischen Kindern – und zwar auf jeder Intelligenzstufe. Allerdings ist zu bemerken, dass das Erkennen der Einzelteile einer komplexen Ganzheit umso schwerer fällt, je größer die intellektuelle Beeinträchtigung ist. Heute wissen wir aber, dass jene Werte, in denen die Intelligenz autistischer Kinder gemessen werden, massiv anzuzweifeln sind. Als Schopler in seinen → TEACCH-Programmen zeigte, dass und wie autistische Kinder zu fördern sind, eröffnete er erst den Eltern neue Wege, und mit der Zeit übernahmen dann auch professionelle PädagogInnen Ansätze daraus. Die basale Förderung, hier ist die grundlegende gemeint, sollte möglichst früh erfolgen, kann sie doch ganz auf die Individualität des autistischen Kindes abgestuft werden und die Förderer müssen sich nicht nach schulischen Vorgaben richten. Wenngleich Autisten Selbstlerner sein können, gibt es möglicherweise nicht wenige, die von sich aus wenig Motivation zeigen, sich Wissen jenseits ihrer Interessen anzueignen. Um diesbezüglich eine Lernmotivation zu schaffen, ist eine tragfähige Beziehung zwischen Förderern, seien es nun TherapeutInnen, KindergärtnerInnen, LehrerInnen oder die Eltern die unumgängliche Basis. Je liebevoller die Beziehung, desto eher lassen sich dann – so unsere Erfahrungen – die betroffenen Kinder zum Lernen motivieren, ja »verführen«. Förderung hat nicht den schalen Beigeschmack des schulischen Lernens; Förderung kann lustbetont, erlebnisreich und ganz individuell gestaltet werden. Heute wissen wir, dass Autismus vor allem mit einer anderen Art der → Wahrnehmung zusammenhängt. Aus heilpädagogischer Sicht versucht man daher, Inhalte über möglichst viele Sinne im Gehirn »zu verankern«. Auch das ist einer der vielen Aspekte, die die basale Förderung in sich trägt: Akustik, Optik, Motorik ansprechen und verknüpfen, am besten auch das Gefühl.
Desweiteren sollen wesentliche zusätzliche Aspekte von Beginn berücksichtigt und ins pädagogische System gebracht werden: Nicht wenige Autisten haben Schwierigkeiten, Anfang und Ende zu finden, sie fürchten Neues. Daher immer den Umfang der zu erwartenden Einheit im Vorhinein bekannt geben, nie mit Neuem eine Einheit beginnen und nie mit Neuem enden. Lob ist das wirkungsvollste Erziehungsmittel. Es ist überschwänglich einzusetzen. Ganz besonders zu beachten ist der Faktor Zeit: Zeit geben, Zeit lassen und sich selbst Zeit nehmen. Viele Autisten brauchen länger Zeit, um Anweisungen verstehen und umsetzen zu können. Oft widersetzen sich autistische Kinder daher Aufforderungen. Klar und verständlich sollen daher die Anleitungen erfolgen. Warten können kann im pädagogischen Umfeld eine echte »Nervenprobe« auch für die Profis darstellen, es muss geradezu trainiert werden. Die Sprache der PädagogInnen muss klar sein, abstrakte Begriffe sind zu vermeiden. Ironische Bemerkungen werden häufig von Autisten nicht verstanden. Nur wer den Perspektivenwechsel vollziehen kann und die Welt aus Sicht eines Autisten nachzuvollziehen versucht, erkennt das Wesen autistischer Menschen und kann so wirkungsvoll fördern (...)." - Anton Diestelberger & Therese Zöttl
Quelle
Auszug aus: Georg Theunissen. „Handlexikon Autismus-Spektrum - Schlüsselbegriffe aus Forschung, Theorie, Praxis und Betroffenen-Sicht (German Edition).“
Wie steht Ihr persönlich als Vorstandskandidaten zur basalen Förderung von autistischen Kindern?
Gruß,
Descartes