Autistischer nach Burnout?

  • Guten Morgen und schönen Sonntag,
    ja habe ich, glücklicherweise.
    Eine kleine Gruppe von Menschen mit denen ich sogar sehr gut reden kann. Diese bezweifeln meine Diagnose bemerkenswerterweise überhaupt nicht. Ich schätze dieses " nicht aufhören können zu denken" gehört einfach dazu ,, nicht? Und auch das unverhältnismäßig intensive Sammeln von Informationen.
    Liebe Grüße

  • Ich finde es gut, dass du solche Menschen gefunden hast.
    Ja das gehört einfach dazu, wobei ich auch schon die erfahrung gemacht habe, dass unverhältnismäßig intensives sammeln an informationen im sozialen Miteinander sehr nach hinten losgehen kann(RW).

  • Ich hatte schon bekanntschaften (auch meine Ex Partnerschaft inbegriffen), die es bemängelt haben, dass ich mich zu intensiv mit Themen auseinandersetze.
    Sie haben mich dann Fanatisch oder exzentrisch genannt.

    Das war mit ein Trennungsgrund aus meiner letzten Partnerschaft

  • Ich würde sagen, dass das nicht nur ein autistisches Problem ist. Ein Burnout verringert die allgemeine Belastbarkeit und die wenigsten, die einen Burnout hatten, erlangen die volle Belastbarkeit zurück.

    Ich für meinen Teil kann sagen, dass sich das besonders auf die sozialen Situationen und die Reizempfindlichkeit auswirkt. Ich kann noch schlechter als vor dem Burnout unter Menschen, meine Geräuschempfindlichkeit ist gerade unter Stress noch höher als vorher. Dadurch ist der Punkt der absoluten Überforderung/Überlastung viel eher erreicht, als noch davor.
    Das ist aber wie gesagt, auch unter NTs eine häufige Nachwirkung bei einem Burnout. Logischerweise wirkt sich das im Bereich der ASS auf die sowieso vorhandenen Stressfaktoren aus.

  • Ich kann mich dem nur anschließen.
    Und ich ich habe auch den Eindruck, dass ich eine Rückwärtsrolle mache, seitdem ich mir offen klar bin, dass ich ND bin. Alte, trainierte Mechanismen funktionieren nicht mehr und alles verstärkt sich. Fatigue kickt. Schlafstörung. Tinnitus. Aber irgendwie habe ich die Hoffnung, dass ich das Abschälen von Maskierungen wieder zu Kraft und vor allem Ruhe kommen werde. Das wünsche ich euch auch …..

  • Kann es sein dass man nach einem Burnout autistischer ist als davor?.

    Also nicht „ich bin autistischer“ sondern eher: Meine Reizempfindlichkeit ist extremer als sonst. Ich kann nicht mehr so gut maskieren, da ich keine Energie habe, daher fällt es anderen eher auf, dass ich Autist bin (bzw. dass „irgendwas mit mir nicht stimmt“ oder ich „schlecht gelaunt“ bin, je nach Interpretation).

    Aus meiner Sicht ist das gut erklärt.
    Das gleiche Empfinden habe ich nämlich auch.

    Ergänzung zum Zitat von Xnor: .....dass ich nicht mehr "so gut funktioniere". Stimmt, nach außen hin, denn ich achte mehr als früher auf meine eigenen Grenzen.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • hallo zusammen,
    vielleicht weiß jemand eine Antwort auf meine Frage....
    Kann es sein dass man nach einem Burnout autistischer ist als davor?.
    Meiner liegt nun zwei Jahre zurück. Ich habe das Gefühl ich bin viel empfindlicher als vorher. Gerate schneller in einen Meltdown usw.
    Als wenn seitdem irgendwas bei mir kaputt gegangen ist. Nach zuviel sozialer Interaktion habe ich am nächsten Tag immer Schwierigkeiten mit Depressionen.

    Geht mir auch so. Ähnlich wie bei anderen, die bereits geschrieben haben, ist die Geräuschempfindlichkeit das, was sich am meisten verschlechtert hat. Auch in Gruppensituationen Gespräche führen, funktioniert gefühlt sehr viel schlechter als vorher, oder ist mir das früher bloß nie aufgefallen? :roll:

    Außerdem kommt noch erhöhte Reizbarkeit bei mir dazu (bin mir nicht sicher, ob du das mit "herabgesetzte Frustrationstoleranz" meinst.

  • Ich würde sagen, dass das nicht nur ein autistisches Problem ist. Ein Burnout verringert die allgemeine Belastbarkeit und die wenigsten, die einen Burnout hatten, erlangen die volle Belastbarkeit zurück.

    Das ist interessant und auch irgendwie sehr erschreckend. An alle, die schon einen Burnout hatten: wie geht ihr mit dieser Problematik im Job um?

  • Das ist interessant und auch irgendwie sehr erschreckend. An alle, die schon einen Burnout hatten: wie geht ihr mit dieser Problematik im Job um?

    Ich war 1,5 Jahre arbeitsunfähig geschrieben, habe dann eine stufenweise Wiedereingliederung gemacht in Begleitung eines Jobcoaches und durfte / konnte / wollte seitdem nur maximal 6 Stunden am Tag und insgesamt 24 Stunden pro Woche (also 4 Tage) arbeiten. Davon meist nur 1-2 Tage im Büro und den Rest von Zuhause.
    Habe dort Schwerbehindertenstatus und auch meine Autismusdiagnose kommuniziert.

    Und ich hab fest vereinbarte, regelmäßige kurze Pausen, damit ich nicht im Hyperfokus stundenlang durcharbeite. Und ja, das nervt aber ist wichtig.

    Einmal editiert, zuletzt von Xnor (23. August 2022 um 20:42)

  • Danke für die Antwort : ) Dann gab es für dich ja noch ein "Happy End".

    Ich glaube, im Büro arbeiten wäre für mich vom Lärmpegel unmöglich, vor allem, wenn ich vorher noch eine längere Anfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hätte.

  • Ich würde sagen, dass das nicht nur ein autistisches Problem ist. Ein Burnout verringert die allgemeine Belastbarkeit und die wenigsten, die einen Burnout hatten, erlangen die volle Belastbarkeit zurück.

    Ok, das macht irgendwie Sinn. Hatte so einen Zustand jetzt in langen Abständen etwa 2-3 mal. War danach nie mehr wie früher. Habe zwar gelernt, und bin auch daran gewachsen, aber irgenwas fehlt - gefühlt für immer. Konnte mich nie vollständig regenerieren. :(


    Ich kann mich dem nur anschließen.Und ich ich habe auch den Eindruck, dass ich eine Rückwärtsrolle mache, seitdem ich mir offen klar bin, dass ich ND bin. Alte, trainierte Mechanismen funktionieren nicht mehr und alles verstärkt sich. Fatigue kickt. Schlafstörung. Tinnitus. Aber irgendwie habe ich die Hoffnung, dass ich das Abschälen von Maskierungen wieder zu Kraft und vor allem Ruhe kommen werde. Das wünsche ich euch auch …..

    Danke, das wünsche ich dir ebenfalls! Die Thematik Autismus in Bezug auf mich ist noch relativ frisch, die Symptomatik im eigentlichen Sinn nicht. Ich glaube auch gewisse Mechanismen im Laufe der Jahre entwickelt zu haben, auch weil meine Mutter immer diesen "werd endlich normal / erwachsen" Zwang ausgeübt hat (Terror). Mein letzter und bisher massivster Ausbrenner war eigentlich längst überfällig, aber habe versucht mit Alkohol das ganze noch am "Leben" zu halten. Dadurch konnte ich mir vieles aufladen, was ich längst nicht mehr verkraftet habe. Das war so 2019. Bis heute hab ich starke Nachwirkungen und ich merke, dass es mir sehr schwer fällt in meinen alten Modus zurück zu kehren. Was teilweise frustrierend ist. Soziale Distanz hilft mir viel, doch ich versuche immer in einer vernünftigen Dosis mich auch draussen mal mit Menschen zu treffen / unterhalten damit ich nicht in diesem weggeschlossenen Modus verhafte. Corona war da wie ein Segen für mich. Eine Wohltat, da allen sowieso eine gewissen Kontaktarmut vorgeschrieben wurde :)
    Momentan finde ich es interessant, wie klar (manches war mir früher nicht so bewusst) meine Auffälligkeiten auftreten. Wie gesagt, zum einen sind es allgemeine Problematiken im Sozialen (je mehr Menschen umso schwieriger), aber auch extreme Dysfunktionalität in der Exekutive (die kleinsten Aufgaben fallen mir sehr schwer). Nur wenn von aussen Impulse eine gewisse Dringlichkeit aufweisen, kann ich einigermaßen das dann ausführen. Und das mehr schlecht als recht - im Vergleich zu vorher. Finde ich gut das mit dem "Abschälen von Maskierungen", bin ich auch grad dabei. Muss mir aber erst vollständig bewusst werden, bevor ich das vernünftig an mein Umfeld kommunizieren kann. Wenn das überhaupt in dem Maß möglich ist, wie ich es mir vorstelle.

    Wie machst du das? Also bist du dir all deiner Mechanismen vollständig bewusst und wie gehst du das Abschälen an, hast du (ihr) da praktikable Ansätze?

  • Ok, das macht irgendwie Sinn. Hatte so einen Zustand jetzt in langen Abständen etwa 2-3 mal. War danach nie mehr wie früher. Habe zwar gelernt, und bin auch daran gewachsen, aber irgenwas fehlt - gefühlt für immer. Konnte mich nie vollständig regenerieren. :(

    Danke, das wünsche ich dir ebenfalls! Die Thematik Autismus in Bezug auf mich ist noch relativ frisch, die Symptomatik im eigentlichen Sinn nicht. Ich glaube auch gewisse Mechanismen im Laufe der Jahre entwickelt zu haben, auch weil meine Mutter immer diesen "werd endlich normal / erwachsen" Zwang ausgeübt hat (Terror). Mein letzter und bisher massivster Ausbrenner war eigentlich längst überfällig, aber habe versucht mit Alkohol das ganze noch am "Leben" zu halten. Dadurch konnte ich mir vieles aufladen, was ich längst nicht mehr verkraftet habe. Das war so 2019. Bis heute hab ich starke Nachwirkungen und ich merke, dass es mir sehr schwer fällt in meinen alten Modus zurück zu kehren. Was teilweise frustrierend ist. Soziale Distanz hilft mir viel, doch ich versuche immer in einer vernünftigen Dosis mich auch draussen mal mit Menschen zu treffen / unterhalten damit ich nicht in diesem weggeschlossenen Modus verhafte. Corona war da wie ein Segen für mich. Eine Wohltat, da allen sowieso eine gewissen Kontaktarmut vorgeschrieben wurde :) Momentan finde ich es interessant, wie klar (manches war mir früher nicht so bewusst) meine Auffälligkeiten auftreten. Wie gesagt, zum einen sind es allgemeine Problematiken im Sozialen (je mehr Menschen umso schwieriger), aber auch extreme Dysfunktionalität in der Exekutive (die kleinsten Aufgaben fallen mir sehr schwer). Nur wenn von aussen Impulse eine gewisse Dringlichkeit aufweisen, kann ich einigermaßen das dann ausführen. Und das mehr schlecht als recht - im Vergleich zu vorher. Finde ich gut das mit dem "Abschälen von Maskierungen", bin ich auch grad dabei. Muss mir aber erst vollständig bewusst werden, bevor ich das vernünftig an mein Umfeld kommunizieren kann. Wenn das überhaupt in dem Maß möglich ist, wie ich es mir vorstelle.

    Wie machst du das? Also bist du dir all deiner Mechanismen vollständig bewusst und wie gehst du das Abschälen an, hast du (ihr) da praktikable Ansätze?

    Ja, das geht mir auch. Die Symptomatik ist mir an vielen Stellen vertraut, an anderen überlagert. Dinge, die mich früher gestört haben, machen mir nichts mehr aus, andere haben sich verstärkt. Früher habe ich oft über meine Kräfte gelebt und habe eine fatale Neigung, die Bedürfnisse anderer wichtiger zu nehmen und auch meine körperlichen Grenzen zu ignorieren. Ich hatte wenig Gespür und „Selbstfürsorge“, auch weil ich nichts gefühlt habe. Mein Körper fühlt sich getrennt von meine Gedanken und Gefühlen an. Meine Erkrankung hat mir dabei geholfen und mich in den Rückzug geschmissen, was gut war. Mit Fatigue muss ich weiterhin leben, aber ich habe durch beides gelernt, meine Grenzen zu spüren.

    Corona war auch für mich ein Segen, auf gewisse Weise, auch wenn ich echt Angst hatte am Anfang. Den sozialen Rückzug habe ich schon vor ein paar Jahren begonnen, ich habe aufgehört, auf Feiern zu gehen und auch so schon immer echt zurückgezogen gelebt. Hier in der Nachbarschaft ist es ok. Da kenne ich alle schon lange, vertraute Umgebung, kann kurz Hallo sagen und wieder gehen, wenn ich will. Mit meinen wenigen Freund*innen ist das alles kein Problem, allerdings bin ich auch froh, wenn ich dann wieder allein sein kann. Ich glaube, für NDs ist es extrem wichtig, die richtige Gesellschaft zu haben. Ich werde jedenfalls keine Zeit mehr mit Höflichkeitsbesuchen verbringen und mein Partner versucht, das zu akzeptieren.

    Auch mir fallen die kleinsten Aufgaben schwer, ich brauche gefühlt sehr lange für alles (und Druck) und mein Hirn ist in einem Tornado, es kommt gar nicht zur Ruhe. Yoga etc, das ich lange gemacht habe, geht gerade gar nicht. Auch Malen, Gartenarbeit. Das einzige, was mich gut zentrieren lässt, ist tatsächlich Schreiben und ich höre sehr viel Podcasts, während ich Sachen mache, die mein Denken nicht brauchen.

    Tatsächlich weiß ich noch nicht genau, wie es weitergeht. Zur Zeit bin ich noch in der Informationsphase und sauge alles auf. Begleitet wird es von sehr widersprüchlichen Gefühlen. Freude, Wut, Angst. Viele alte Ängste kommen hoch. Ich bin zum Glück schon psychotherapeutischer Behandlung und am Freitag habe ich endlich einen Termin, bei dem ich mich öffnen werde. Mal sehen, was passiert. Ich habe gelernt, dass das alles bei mir sehr viel Zeit braucht und dass auch in vertrauensvoller Umgebung meine Schloss- und Fluchtmechanismen schneller als ich sein können.

    Vieler Mechanismen bin ich mir noch nicht bewusst, ich habe ja auch Jahrzehnte mit der absoluten Kontrolle und Anpassung verbracht. Immer, wenn mir was einfällt, versuche ich es zu notieren. Und ich bin hier. Bei Twitter gibt es auch einige tolle Leute, die oft Sachen auf den Punkt bringen, ebenso wie hier. Das hätte ich so gar nicht aus mir heraus formulieren können. Wenn ich das lese, denke ich:OMG, genau so! Bin! Ich! Und freue mich, oft. Oder heule. Oder finde eine passende Erinnerung, das geschieht sehr viel in letzter Zeit.

    Ich weiß nicht, ob dir hilft, was ich geschrieben habe. Wir beide befinden uns ja auf ziemlich (vertrautem) Neuland. Wenn du irgendetwas wissen oder dich mit mir weiter austauschen möchtest, melde dich gerne. Ich würde mich freuen! Marion

  • Schwierig zu sagen ob es mir hilft. Ich habe oft das Gefühl, dass ich mir nur selber helfen kann. War halt meistens so, dass die Hilfe von aussen nichts gebracht, sondern überwiegend nur verschlimmert hat. Hier im Forum ist das irgendwie anders, ähnlich wie du es beschreibst mit "genau so! Bin! Ich!" Oft kommt die Freude, oft aber auch Traurigkeit und nicht selten auch Wut. Viele Erinnerungen verstärken sich und einige kommen sogar wieder zurück. Ich würde sagen mir hilft es insofern, dass ich mich besser selbst analysieren kann und das mit dem Wissen: Endlich Menschen die meine Welt mal nachvollziehen können, auch wenn manches nicht exakt gleich ist. Ich war mir die meiste Zeit meines Lebens sicher, dass ich nicht verrückt bin oder was mir sonst noch alles nachgesagt wurde. Gab dazwischen auch Zeiten extremen Selbstzweifels, aber das liegt inzwischen schon länger zurück - und ich bin froh. War viel harte und bewusste Arbeit. Habe mich oft dazu in Konfrontationsmomente, auch im real sozialen Bereich "geschmissen" um meine eigenen und die Reaktionen anderer besser nachvollziehen zu können. Aber aus eigenem Antrieb heraus, weniger weil mir gesagt worden ist "werd endlich normal". Inzwischen kann ich normales Verhalten meiner Einschätzung nach recht gut analysieren und Nachvollziehen. Also bis zu einem gewissen Grad. Konnte z.b. oft Leuten Ratschläge für ihre Beziehungsprobleme geben zu einer Zeit in der ich selbst noch in keiner Beziehung war. Auch älteren Leuten. Musste zwangsläufig das lernen, da meine Eltern immer auf mich zurück gegriffen haben bei ihren Beziehungsproblemen. Anderes Thema... vielleicht mache ich mal einen extra Thread dafür auf.

    Danke für deinen Hinweis, werd mich per PM mal melden.

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