Autismustherapie als Zeichen für Autismus

  • Bald geht meine Therapie mit einer ASS-Spezialistin zu Ende, nach 60 Terminen. Eine Frage die ich mir stelle ist folgende:

    Kann man wenn man fast 60 Psychotherapie-Termine mit einer ASS-Spezialistin gehabt hat davon ausgehen das man auch tatsächlich eine ASS hat? Ich meine, wenn die Psychotherapeutin immer noch nach fast 60 Terminen fest davon überzeugt ist dass man eine ASS hat? Was ich oft denke ist dass falls ich keine ASS gehabt hätte diese Tatsache hätte auffallen müssen. Manchmal denke ich aber dass, weil ich in meinem Leben dieses und jenes hingekriegt habe, ich keine ASS haben kann. Ich kenne viele Menschen die erheblich weniger erreicht haben als ich was ins Ausland auswandern betrifft und sogar einen der mit 70 noch nicht aus seinem Elternhaus ausgezogen ist weil er das nicht hingekriegt hat.

    Nach meiner Diagnostik habe ich gedacht dass ich eventuell eine falsch-positive Diagnose bekommen hätte und dass ich vielleicht nur "komisch" sei auf einer etwas autistischen Art aber dass diese Art keinen Autismus im eigentlichen Sinne darstellt (wie bei einer Vogelscheuche die wie ein Mensch aussieht aber nur eine Figur aus Holz und alten Klamotten ist, mit einem Hut darauf). Deswegen hat bei mir meine Psychotherapie mehr "Gewicht" gehabt als die ursprüngliche Diagnostik, eben weil die 60 Termine ziemlich viel sind, die anderen Patienten meiner Therapeutin alle Autismus haben und sie mich immer als "Mensch auf dem Autismus-Spektrum" bezeichnet, betrachtet und behandelt. Wenn ich nicht "autistisch" wäre hätte sie (die Therapeutin) merken müssen dass die Diagnose nicht stimme, was sie nicht getan hat, was mir zu denken gibt dass die Diagnose eigentlich stimmen muss, das heißt, dass ich nicht nur mir irgendwann eingeredet habe dass ich eine ASS hätte sondern dass ich tatsächlich eine ASS habe.

    Sollte ich eventuell diese Psychotherapie als sozusagen eine zweite, für mich überzeugendere als die erste, Diagnostik betrachten oder wäre das falsch?

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    6 Mal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (9. August 2022 um 22:49)

  • Hey, leider kann ich dir darauf keine ja/nein Antwort geben. Tatsächlich möchte ich dir nur sagen, dass ich deine Gedankengänge gut nachvollziehen kann, da ich in einer ähnlichen Lage bin.
    Nur bei mir ist es keine Therapie sondern das autismusspezifische BeWo, wo ich nun auch schon zahlreiche Stunden mit Personen verbracht habe, die sich mit Autismus auskennen. Ich habe auch Zweifel an meiner Diagnose. mal mehr, mal weniger. Und ich frage mich, ob es mir der BeWo-Assistent wohl mitteilen würde, wenn er der Ansicht sei, dass diese Diagnose nicht auf mich zutreffe. Vielleicht ja, da die Plätze dort sehr begrenzt sind und die Nachfrage hoch. Andererseits vielleicht auch nicht, da durch mich als Klient_in ja "Geld rein kommt". Und letztendlich kann denen egal sein, woher das Geld kommt. Da spielt dann eine zutreffende Diagnose vielleicht keine (große) Rolle. Ich denke manchmal darüber nach, den Assistenten direkt darauf anzusprechen und ihn um seine fachliche Einschätzung zu meiner Diagnose zu bitten. Aber irgendwie habe ich Angst vor seiner Antwort. Und außerdem kann ich nicht sicher sein, ob er seine ehrliche Meinung mitteilen wird. Nicht aus Boshaftigkeit, sondern eventuell auch nur, um "nett" zu sein und mich zu beruhigen. Tja, keine Ahnung, was tun.

  • Ich denke manchmal darüber nach, den Assistenten direkt darauf anzusprechen und ihn um seine fachliche Einschätzung zu meiner Diagnose zu bitten.

    Meine Therapeutin habe ich mehrmals direkt gefragt ob die Diagnose tatsächlich stimme und sie hat jedes Mal "ja" gesagt und dass es "die richtige Diagnose" sei, wobei ich denke dass es auch sein könnte dass eine ASS Diagnose zwar die treffendste Diagnose für mich sei wenn ich unbedingt mit etwas diagnostiziert werden muss aber dass man mich nicht mit etwas hätte diagnostizieren müssen wenn ich mich nicht aus eigenem Antrieb in Behandlung gegeben hätte und ich nicht die ASS Diagnose schon mitgebracht hätte.

    Hat deiner Assistent die nötige Kompetenz dir deine Diagnose zu bestätigen oder abzusprechen? Hat meine Therapeutin das (das ist eigentlich meine Frage)? Die allererste Person die ich fragte wegen mir und einer möglichen ASS und die sie (die ASS) "bestätigte" war Mitarbeiter in einem ATZ und jemand anderes erzählte mir dass er als einfacher Mitarbeiter doch meinen Verdacht nicht hätte bestätigen dürfen weil er nicht die nötige Kompetenz dazu hätte. Meine zweite "unechte" "Diagnose" war mit einer Psychotherapeutin die ich aufgesucht hatte um eine Einschätzung zu bekommen ob ich eine ASS hätte. Sie bestätigte die ASS aber sagte dass sie keine Spezialistin sei und hat nur die ICD Diagnosekriterien abgeklappert. Inzwischen habe längst eine Diagnose von einer Uniklinik, die ich aber immer bezweifle.

    Bei meiner jetzigen Therapeutin ist es anders weil sie in der Autismus-Forschung wissenschaftlich tätig ist und deswegen bin ich geneigter zu glauben dass sie kein falsches Urteil treffen würde wenn sie jemanden (mich) seit fast zwei Jahren fast wöchentlich sieht und sich mit seinem Leben und seinen Problemen auseinandersetzt. Ich denke sie würde merken falls das Leben und die Probleme nicht zu einer ASS passen würden.

    Nur bei mir ist es keine Therapie sondern das autismusspezifische BeWo, wo ich nun auch schon zahlreiche Stunden mit Personen verbracht habe, die sich mit Autismus auskennen. Ich habe auch Zweifel an meiner Diagnose. mal mehr, mal weniger.

    Wenn jemand dich als Autist eingestuft hat und du deswegen einen Platz in einer autismusspezifischen BeWo wohnst denke ich dass sie glauben dass du Autismus hast. Ich bin mir aber nicht sicher was ein "Assistent" tut und inwieweit er sich mit Diagnosen wirklich auskennen muss. Vielleicht aber kann er dir sagen ob du wie die anderen Autisten bist oder anders als sie.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    Einmal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (10. August 2022 um 10:55)

  • Bald geht meine Therapie mit einer ASS-Spezialistin zu Ende, nach 60 Terminen.

    Könntest du nicht nochmals verlängern, oder willst du das nicht? Es sind mehr Termine als 60 möglich, 80 gehen auf jeden Fall, und man kann auch vor Ablauf von zwei Jahren eine neue Therapie beantragen, wenn das notwendig ist. Das wird dann von einem Gutachter der Krankenkasse geprüft.

    Kann man wenn man fast 60 Psychotherapie-Termine mit einer ASS-Spezialistin gehabt hat davon ausgehen das man auch tatsächlich eine ASS haben müsse? Ich meine, wenn die Psychotherapeutin immer noch nach fast 60 Terminen fest davon überzeugt ist dass man eine ASS hat?

    Ich würde sagen, ja, da es eine Spezialistin ist. Ein nicht spezialisierter Therapeut könnte sich täuschen, aber der Spezialistin wäre sicher aufgefallen, wenn die Diagnose nicht gepasst hätte.

    Sollte ich eventuell diese Psychotherapie als sozusagen eine zweite, für mich überzeugendere als die erste, Diagnostik betrachten oder wäre das falsch?

    Ich denke, da gibt es kein richtig oder falsch, das hängt davon ab, wie man es selbst empfindet.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Zitat von Shenya

    Ich würde sagen, ja, da es eine Spezialistin ist. Ein nicht spezialisierter Therapeut könnte sich täuschen, aber der Spezialistin wäre sicher aufgefallen, wenn die Diagnose nicht gepasst hätte.

    Nicht unbedingt. Das hängt von der Einstellung des Therapeuten ab. Ich habe neulich einen Vortrag bei Brit Wilczek gehört und die findet es absolut unmöglich eine einmal gestellte Diagnose in Frage zu stellen, egal von wem man sie hat etc. Ihre blind vertrauende Einstellung fand ich wiederum auch fragwürdig.
    Sie würde also keine Zweifel äußern, sondern alles mit Autismus erklären.

  • Könntest du nicht nochmals verlängern, oder willst du das nicht? Es sind mehr Termine als 60 möglich, 80 gehen auf jeden Fall,


    Ich hatte 20 Termine mit einer anderen und nicht auf Autismus spezialisierten Therapeutin mit der es ständige Missverständnisse gab. Die Therapie lief desaströs und ich hatte einen Therapeutenwechsel beantragt, worauf die Leitung des Therapieinstituts mir diese jetzige Therapeutin gefunden hatte weil sie ASS Expertin ist und jetzt habe ich die 56 Termine mit ihr gehabt (es bleiben noch vier). Ich werde dementsprechend die vollen 80 Termine gehabt haben. Meine Umstände haben sich nicht großartig geändert als Ergebnis der Therapie aber ich denke ich brauche eher eine Art permanente Betreuung als eine Therapie im konventionellen Sinne, mehr wie sie Christine Preismann mit ihrer Therapeutin hat, was die Krankenkasse nie bezahlen würde und für mich privat zu bezahlen viel zu teuer wäre.

    Zur Zeit machen wir Übungen zur Verbesserung meines Selbstbildes als ASS-Betroffener, aus dem Buch von Dziobek und Stoll. Ich hatte auch eine Übung mit dem Bild mit der "Aspie Insel" und dem Boot und ich dachte ich sollte meine Insel für mich allein mit meinen Sprachstudien und mit viel "Ruhe" und "ruhigen Aktivitäten" einrichten und Leute nur besuchen mit dem Boot und irgendwohin zu "Aktivitäten" und "Tätigkeiten segeln. Sie hat gesagt dass so zu machen typisch sei für Leute mit ASS weil ich keine Menschen auf meiner Insel gestellt hatte aber ich hatte gedacht dass das der Sinn der Aufgabe wäre, nämlich eine Aspie Insel einzurichten, eben weil es eine einsame Insel war mit einem Boot und sie "Aspie Insel" hieß und nicht "Party Insel für NTs". Eigentlich wollte ich ursprünglich (bis vor vier Jahren) mit meiner ehemaligen Partnerin zusammenwohnen, dachte ich zumindest, was nicht wie Sehnsucht nach einer "Aspie Insel" klingt aber vielleicht täuschte ich mich damals. Jetzt wo ich keine Partnerin mehr habe machte es keinen Sinn (bei der Übung) eine auf der Insel zu stellen (die Insel war auch etwas klein für zwei Personen).

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

  • Ich hatte 20 Termine mit einer anderen und nicht auf Autismus spezialisierten Therapeutin mit der es ständige Missverständnisse gab. Die Therapie lief desaströs und ich hatte einen Therapeutenwechsel beantragt, worauf die Leitung des Therapieinstituts mir diese jetzige Therapeutin gefunden hatte weil sie ASS Expertin ist und jetzt habe ich die 56 Termine mit ihr gehabt (es bleiben noch vier). Ich werde dementsprechend die vollen 80 Termine gehabt haben.


    Ich hatte ebenfalls den Therapeuten gewechselt, weil der erste weggezogen ist, und bei mir galt die Therapie bei der neuen Therapeutin als neue Therapie. Ich hätte dort also die volle Stundenzahl machen können, habe allerdings nach 45 Stunden beendet.

    Du solltest, obwohl es bei dir anders ist, nochmal mit deiner Therapeutin reden, ob es eine Möglichkeit gibt, weitere Stunden zu bekommen oder schon bald eine neue Therapie zu beantragen, weil deine Probleme noch weiterhin da sind. Natürlich kann sie deine Lebenssituation nicht ändern, das war von Anfang an klar, aber es ging ja auch darum, deine Einstellung oder Sichtweise zu manchen Dingen zu verbessern oder Perspektiven zu schaffen, Ängste verringern o.ä. Dieses Ziel ist noch nicht vollständig erreicht, so hattest du in einem anderen Thema geschrieben. Außerdem fandest du die Stunden mit ihr ja hilfreich.


    Das hängt von der Einstellung des Therapeuten ab. Ich habe neulich einen Vortrag bei Brit Wilczek gehört und die findet es absolut unmöglich eine einmal gestellte Diagnose in Frage zu stellen, egal von wem man sie hat etc. Ihre blind vertrauende Einstellung fand ich wiederum auch fragwürdig.
    Sie würde also keine Zweifel äußern, sondern alles mit Autismus erklären.

    Es ist sicher immer schwierig, eine gestellte Diagnose in Frage zu stellen, aber doch auch notwendig, wenn man als Therapeut (als Spezialist) relativ sicher ist, dass sie falsch ist, denn man möchte dem Klienten ja helfen und das tut man nicht mit einer falschen Diagnose. Daher sollte man, wenn man sicher ist, auf jeden Fall etwas sagen, auch wenn es heikel ist. Das braucht natürlich die richtige Art und Weise und den richtigen Zeitpunkt. Zurückhaltender kann man sein, wenn man nicht sicher ist, weil man sonst eventuell auch den Klienten in Zweifel stürzt, und er in einer Therapie nicht unnötig Zeit mit Zweifeln verbringen sollte. Eventuell ist es dann besser, abzuwarten und zu sehen, ob der Klient selbst auch Zweifel hat, und diese dann genauer anschauen und sehen, wie es sich entwickelt.

    Wenn Diagnosen nie in Frage gestellt werden würden, blieben ja falsche Diagnosen auf ewig bestehen, und gerade darüber beschweren sich ja auch viele, die mal eine andere Diagnose als AS bekommen haben. Auf ewig Borderline, weil es mal ein Arzt so festgestellt hat? Würden sicher viele nicht gut finden.

    Nach meiner Diagnostik habe ich gedacht dass ich eventuell eine falsch-positive Diagnose bekommen hätte und dass ich vielleicht nur "komisch" sei auf einer etwas autistischen Art aber dass diese Art keinen Autismus im eigentlichen Sinne darstellt

    Ich habe es bestimmt schon mal geschrieben, aber gerade bei dir hatte ich nie Zweifel, weil bei dir alles, was du schreibst, so typisch ist, und du hast mindestens 5 mal (willkürliche Zahl) mehr/deutlichere autistische Eigenschaften als ich.
    Deine Zweifel verstehe ich aber. Meine Vermutung ist, es liegt auch daran, weil du sehr lange ohne Diagnose gelebt hast, und deine Wahrheit also ungefähr 55 (?) Jahre lang lautete, dass du keine Diagnose hast und kein Autist bist. Da ist es schwierig, zu glauben, dass etwas 55 Jahre lang falsch gewesen sein könnte. Du hattest ja in dem Alter eine abgeschlossene Identität. Die neue Wahrheit, dass du AS hast, ist im Vergleich viel jünger und wird daher eher in Frage gestellt. Zum Beispiel wenn du dein Bild von Autismus mit deinem eigenen Verhalten vergleichst und es nicht völlig übereinstimmt, oder immer wenn etwas zu der alten Wahrheit passt, also wenn du z.B. denkst, dass du doch eigentlich im Sozialen doch ganz viel erreicht hast. Statt dass du dann denkst, wow, das habe ich aber trotz AS sehr gut hinbekommen, denkst du, vielleicht stimmt ja die Diagnose nicht.

    Da du speziell an dem Bereich Soziales/Sozialverhalten Zweifel hast, könntest du vielleicht die Therapeutin nochmal ganz explizit fragen, was sie in diesem Bereich an dir als autistisch wahrnimmt.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Was ist das für eine Therapie? Ich habe Fördereinheiten 2 Std. die Woche und 2-3 Std. Unterstützung (weiß nicht genau wie die heißen). Das läuft über Eingliederungshilfe.

  • Deine Zweifel verstehe ich aber. Meine Vermutung ist, es liegt auch daran, weil du sehr lange ohne Diagnose gelebt hast, und deine Wahrheit also ungefähr 55 (?) Jahre lang lautete, dass du keine Diagnose hast und kein Autist bist. Da ist es schwierig, zu glauben, dass etwas 55 Jahre lang falsch gewesen sein könnte. Du hattest ja in dem Alter eine abgeschlossene Identität. Die neue Wahrheit, dass du AS hast, ist im Vergleich viel jünger und wird daher eher in Frage gestellt. Zum Beispiel wenn du dein Bild von Autismus mit deinem eigenen Verhalten vergleichst und es nicht völlig übereinstimmt, oder immer wenn etwas zu der alten Wahrheit passt, also wenn du z.B. denkst, dass du doch eigentlich im Sozialen doch ganz viel erreicht hast. Statt dass du dann denkst, wow, das habe ich aber trotz AS sehr gut hinbekommen, denkst du, vielleicht stimmt ja die Diagnose nicht.

    Ja, ich denke dass das der Grund sein könnte. Den ganzen Begriff AS oder ASS gab es nicht als ich jung oder im mittleren Alter war und es war nicht bis 2009 dass ich zum ersten Mal von AS oder HFA oder von "milden Formen von Autismus" hörte. Dass bei mir irgendetwas "anders" war wusste ich schon immer, nicht "anders" im allgemeinen Sinne oder im Sinne von "etwas besonders" sondern auf einer ganz spezifischen Art "anders" oder nicht-typisch die ich hätte beschreiben können hätte es Begriffe dafür gegeben und hätte es auch Spezialisten gegeben die so etwas "auf dem Radar" gehabt hätten.

    Ich habe mich damals als zwar schwach im sozialen Bereich aber nicht als ganz und gar unfähig oder regelrecht behindert betrachtet sondern nur als irgendwie erfolgloser und viel mehr allein als der Durchschnitt. Mit 17 las ich einige Bücher aus der Bibliothek über psychisch kranke Menschen (Depressive, Schizoide, Schizophrene, Manisch Depressive usw), und dachte ich muss selber irgendwie psychisch krank sein weil ich "anders" war und ratlos wie ich überhaupt aus der Sackgasse des "in-meiner-eigenen-Welt-Seins" in der ich mich befand rauskommen sollte und habe mir einen Psychiater in der Jugendpsychiatrie gesucht, was damals eine sehr ungewöhnliche Sache war zu tun. Ich dachte dass weil, wie ich las, "schizoide" Menschen "komisch" sein sollten und "in ihrer eigenen Welt" leben, ich schizoid sein müsste, auch wegen meiner Stereotypien und fehlender Integration in die mich umgebenden Strukturen wie Schule zum Beispiel, weil ich "komisch" war und "in meiner eigenen Welt" lebte. Die Selbstdiagnose "schizoid" habe ich aber dem Psychiater nicht kommuniziert und auch nichts über die Sachen die bei mir "komisch" schienen (die Stereotypien) weil ich mich geschämt habe. Ich sprach nur von der Ratlosigkeit und von dem desolaten Zustand meines Lebens.

    Ich bekam eine Depression diagnostiziert obwohl ich nicht deprimiert war und bekam auch Medikamente die mich sehr schläfrig machten. Keine Schizoidie wurde diagnostiziert obwohl ich gesagt hatte dass ich "in meiner eigenen Welt" lebte. Ich hatte jeden Monat einen Termin in der Jugendpsychiatrie oder etwas öfter und mir wurde gesagt ich sei "beschädigt", wegen der Tatsache dass ich so war wie ich war. Dann, zwei Jahre später, weil ich "normal" sein wollte und der Psychiater mir einen Platz im betreuten Wohnen organisieren wollte habe ich einfach aufgehört Kontakt zu haben zu ihm und zur Psychiatrie und bin ins Elternhaus wieder eingezogen. Ich hatte mich entschieden erfolgreich zu studieren und eine akademische Karriere zu unternehmen und nicht jemand zu sein der im betreuten Wohnen wohnt und kaputt ist und "beschädigt" (wobei ich nicht sagen will dass Leute die in betreutem Wohnen leben kaputt und beschädigt seien sondern nur dass das meine damalige Auffassung war).

    Was mich am meisten gefiel damals in der ambulanten Psychiatrie (außer der sehr netten Rezeptionistin und der Gespräche mit dem Psychiater) war das Gefühl dass jemand sich endlich um mich kümmerte und mich helfen wollte aber es hat mich tatsächlich deprimiert zu denken dass ich "in der Psychiatrie" gelandet sei und deswegen kaputt sein müsste, weil das mit 18 oder 19 nicht so gut für das Selbstbild war.

    Was ist das für eine Therapie? Ich habe Fördereinheiten 2 Std. die Woche und 2-3 Std. Unterstützung (weiß nicht genau wie die heißen). Das läuft über Eingliederungshilfe.

    Das ist eine normale Psychotherapie wo man "psychisch krank" sein muss um sie bewilligt zu bekommen. Ich habe eine "Anpassungsstörung" und eine AS Diagnose und bin offiziell wegen Ratlosigkeit (Anpassungsstörung) in Zusammenhang mit gesteigerter Vulnerabilität (AS) in Therapie, nehme ich an.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    3 Mal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (10. August 2022 um 18:59)

  • Dafür habe ich einen anderen Psychologen und eine extra Psychiaterin (Depressionen).

    Ich war bei einem Psychiater weil während des zweiten (dritten?) großen Lockdowns meine Therapeutin mir gesagt hatte dass ich deprimiert sei und mir einen Psychiater anschaffen sollte, aber der Psychiater hat gesagt dass ich keine Depression hätte, was meiner eigenen Einschätzung entsprach. Ich hatte nur den Lockdown satt.

    Das läuft über Eingliederungshilfe.

    Ich denke ich bin zu alt um als Eingliederungskandidat in Betracht gezogen zu werden. Wo sollte ich eingegliedert werden?

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

  • Hat deiner Assistent die nötige Kompetenz dir deine Diagnose zu bestätigen oder abzusprechen? Hat meine Therapeutin das (das ist eigentlich meine Frage)?
    ......
    Wenn jemand dich als Autist eingestuft hat und du deswegen einen Platz in einer autismusspezifischen BeWo wohnst denke ich dass sie glauben dass du Autismus hast. Ich bin mir aber nicht sicher was ein "Assistent" tut und inwieweit er sich mit Diagnosen wirklich auskennen muss. Vielleicht aber kann er dir sagen ob du wie die anderen Autisten bist oder anders als sie.

    Ob er die nötige Kompetenz dazu hat, weiss ich nicht. Er hat keine Befugnis eine Diagnose zu stellen, da er Sozialpädagoge ist und kein Psychiater/Psychotherapeut. Er hat allerdings, wenn ich das richtig verstanden habe, über 10 Jahre Erfahrung in der Arbeit mit Autist_innen, in
    unterschiedlichen Arbeitsfeldern.
    Deine eigentliche Frage kann ich dir leider ebensowenig beantworten. Aber das dachtest du dir vermutlich bereits. ;)

    Um es näher zu erklären; ich wohne nicht "im" BeWo, sondern in meiner eigenen Wohnung. Es ist ein ambulantes BeWo. Ja, manchmal denke ich auch, dass die Mitarbeiter glauben müssten, dass ich autistisch bin. Dann denke ich wieder, dass es dort nur um Geld geht und die Diagnose egal ist letztendlich. Mein Assistent meine letztens zu mir, ich solle nicht so viel über die Diagnose nachdenken, als ich bei ihm meine Zweifel ansprach. Wir würden hier einfach das machen, was für mich passend sei. Vielleicht wollte er mich damit einfach empowern? Mich dazu ermutigen, mich nicht auf eine Störung zu reduzieren? Meine Stärken mehr wahrzunehmen? Oder wollte er damit nur dem Thema ausweichen um mir nicht mitteilen zu müssen, dass er meine Zweifel teilt? Tja.
    Ihn nach Vergleichen zu fragen, finde ich eine gute Idee, das versuche ich mal. Danke.
    Mein Assistent hilft mir jede Woche 2 bis 4 Stunden mit allem, was im Alltag gerade wichtig ist. Die Treffen finden bei mir zu Hause, in seinem Büro oder woanders statt, wenn ich irgendwo was erledigen muss, was ich allein nicht (gut) schaffe.

  • Ich denke ich bin zu alt um als Eingliederungskandidat in Betracht gezogen zu werden. Wo sollte ich eingegliedert werden?

    Es geht darum die Nachteile, welche sich aus der ASS ergeben, in einer individuell angepassten Weise zu kompensieren, damit die Teilhabe am Leben unter NT für das jeweilige Individuum möglich ist. Das hat nichts mit dem Alter zu tun. Ich bin auch keine 30 mehr.

  • Es geht darum die Nachteile, welche sich aus der ASS ergeben, in einer individuell angepassten Weise zu kompensieren, damit die Teilhabe am Leben unter NT für das jeweilige Individuum möglich ist. D

    Ich weiß nicht mehr genau aber ich glaube ich habe mich irgendwann erkundigt ob so was möglich wäre und es stellte sich heraus dass ich zu viel "Vermögen" habe und selber bezahlen müsste. Zur Zeit scheinen ärmere Menschen, zu welchen ich bald zählen werde, sowohl in GB (meiner früheren Heimat) sowie hier vor großen wirtschaftlichen Problemen zu stehen. Ich stelle mich gegenwärtig eher darauf ein mich ab Oktober bis nächstem Frühling aus dem gesellschaftlichen Leben zu ziehen, nur ein Zimmer zu heizen und mein Duschverhalten von duschen einmal am Tag auf nur einmal in der Woche herunterzuschrauben, was möglich ist wenn man nur mit Pullover und multiplen Decken zuhause sitzt, nichts tut und niemanden trifft. Die Gesellschaft "da draußen" scheint in diesem Sommer, nach den ganzen Lockdowns, wieder halbwegs bewohnbar geworden zu sein aber mittel bis langfristig sehe ich schwarz (RW) und die nötige Strategie für mich persönlich eher in Aus- als Eingliederung zu liegen, wie bei einer Schildkröte (zu welcher ich werden werde).

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

  • Warum zweifel(n)..................................................................... viele an der Autismus-Diagnose? Weil die Diagnosekriterien so "hart" formuliert sind, dass man sich schwer wiederfindet?

    Ja, in meinem Fall zumindest.

    Man denkt: "Aber irgendwann saß ich zusammen mit meinen Eltern oder einem Freund oder meiner ex-Partnerin und wir haben gelacht und Spaß gehabt. Ich war nicht wie ein Roboter oder ein Zombie und wir haben miteinander geredet, deswegen stimmt es nicht dass ein vollkommenes Fehlen der wechselseitigen Kommunikation besteht. Ich kann kein Autist sein."

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

  • Man denkt: "Aber irgendwann saß ich zusammen mit meinen Eltern oder einem Freund oder meiner ex-Partnerin und wir haben gelacht und Spaß gehabt. Ich war nicht wie ein Roboter oder ein Zombie und wir haben miteinander geredet, deswegen stimmt es nicht dass ein vollkommenes Fehlen der wechselseitigen Kommunikation besteht. Ich kann kein Autist sein."

    Bei mir ist es ja noch viel extremer mit Freundeskreis und so. Man weiß, dass man die Einschränkungen hat, aber gleichzeitig sind sie in den ICD-Kriterien so formuliert, dass man sich kaum wiederfindet. Das ist bei ADHS ganz anders. Viele im Forum scheinen ja auch kein Problem gehabt zu haben, eine ADHS-Diagnose zu erhalten, und sie zweifeln auch nicht dran.

    Zudem scheint es keinem im Forum wichtig zu sein, dass nur "echte" ADHSler die Diagnose erhalten. Wenn jemand sagt, er/sie kann sich schlecht konzentrieren und ist impulsiv, wird keiner hier tausend mal nachfragen, ob die Diagnose denn auch 10 mal bestätigt wurde von einem "echten" ADHS-Experten und ob man sich denn ganz sicher ist, dass es nicht an was anderem liegt.

    Bei Autismus ist ja auch vielen wichtig, dass nur relativ schwer betroffene Leute die Diagnose erhalten. Jemand, der Freunde hat, eine Beziehung oder auch Kinder oder erfolgreich ist im Job, der soll sich halt nicht so anstellen, eine Autismus-Diagnose hat die Person dann jedenfalls nicht verdient, auch wenn er/sie kurz vor dem Burnout ist :sarcasm:

    Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die ADHS-Diagnose so normal ist in der Gesellschaft. Kenne es von meinem Bruder, dass bei den kleinen Jungs immer mehrere in einer Klasse eine Diagnose hatten.

  • Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die ADHS-Diagnose so normal ist in der Gesellschaft. K

    Ich kenne mich mit ADHS nicht aus aber ist es nicht irgendwie "antrainiert" oder eine Art "Zivilisationskrankheit" die immer mehr bekommen weil wir überreizt werden? Zu viele Reize in der Kindheit und Jugend oder so was? Autismus soll mehr eine genetisch bedingte Sache sein, meinem Eindruck nach. Ich stelle mir schwer vor dass irgendjemand in meiner Grundschule um 1962 herum eine ADHS Diagnose bekommen hätte, auch wenn es damals so was gegeben hätte, einfach weil die Kinder weniger verrückt waren als jetzt und still sitzen konnten.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    Einmal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (11. August 2022 um 11:55)

  • @Unbewohnte Insel Ich schreib mal kurz was zu meinen Zweifeln an meiner Diagnose...denn ich war auch schon verilebt, ich war tanzen, in Cafes, ich habe Gesellschaft genossen....aber, mir wurde erst kürzlich bewusst, auf seltsame Weise. Mehr in der Draufsicht. In der Reflexion. Es war selten so schön, wie erfüllende Momente allein. Lange habe ich mich auch gefragt, ob vielleicht mein verkorkstes Elternhaus daran Schuld ist, dass ich mich seltsam benehme.

    Aber, das wurde mir neulich bewusst:
    Bei mir ist es immer so gewesen, dass ich den Wert zwischenmenschlicher Beziehungen insbesondere über ihr Fehlen bemerke oder über ihre Bedrohtheit. In der Kindheit habe ich andere Menschen nicht wahrgenommen. Sie waren halt da. Zu Gegenständen hatte ich hingegen ein inniges Verhältnis.
    Heute ist das bei mir nicht mehr so, aber nur, weil ich einmal ganz ohne zwischenmenschliche Kontakte dastand, mich unfassbar einsam gefühlt habe, nicht wusste, wie ich da raus komme und nun darauf achtgebe.

    Ich weiss nicht, ob es vielleicht bei vielen Autisten so ist, dass sie erst bemerken, wie wichtig andere Menschen sind, wenn sie sich einmal einsam gefühlt haben? Vielleicht ist das bei Dir auch so?

    Bis zum Alter von ungefähr 20 dachte ich, ich brauche keine anderen Menschen sondern könnte erfüllt und glücklich auch ganz alleine irgendwo leben. Hat nicht funktioniert :) War mir aber vorher nicht klar.

    Dennoch dachte ich immer, leicht betroffen zu sein. Ich hatte Beziehungen, bin verheiratet, habe studiert.
    Aber direkten emotionalen Kontakt zu anderen Menschen fühle ich nur sehr, sehr selten. Nur das Fehlen dieses Kontakts bemerke ich.

    Vielleicht kommt Dir etwas davon bekannt vor?

    Nachdem mir das neulich nochmal ganz bewusst wurde, habe ich für mich ausgeschlossen, dass eine Fehldiagnose vorliegt.

  • Ich kenne mich mit ADHS nicht aus aber ist es nicht irgendwie "antrainiert" oder eine Art "Zivilisationskrankheit" die immer mehr bekommen weil wir überreizt werden? Zu viele Reize in der Kindheit und Jugend oder so was? Autismus soll mehr eine genetisch bedingte Sache sein, meinem Eindruck nach. Ich stelle mir schwer vor dass irgendjemand in meiner Grundschule um 1962 herum eine ADHS Diagnose bekommen hätte, auch wenn es damals so was gegeben hätte, einfach weil die Kinder weniger verrückt waren als jetzt und still sitzen konnten.

    Nö, ADHS ist genauso angeboren wie Autismus. Tritt ja auch sehr häufig zusammen auf, was man auch hier im Forum sieht. Selbst diejenigen ohne Diagnose haben oft viele ADHS-Merkmale.

    Dass es das 1962 nicht gab, glaube ich nicht. Meine Mutter konnte damals z.B. auch schon nicht still sitzen und war auffällig ;)

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