OT: Diskussion um ADOS

  • Klasse Argumentation! :thumbup:

    Mir ist gerade eingefallen dass wenn jemand eine unheilbare Neuralgie hat und ein effektives Schmerzmittel bekommt dann leidet er nicht mehr ohne dass die Neuralgie geheilt worden wäre, eben weil die Schmerzen zurückkommen sobald man das Schmerzmittel absetzt. Der Patient, solange er die Schmerzbehandlung bekommt, hat sozusagen eine unheilbare Neuralgie ohne Schmerzen, oder "unheilbar schmerzlos-schmerzende Nerven", was ein Widerspruch ist, eine contradictio in adjecto. Vielleicht bei ASS ohne Leidensdruck sollte man sich etwas ähnliches vorstellen. Das Schmerzmittel wäre zum Beispiel in seinem Zimmer zu bleiben oder eine gute Psychotherapie zu bekommen die auf Akzeptanz zielen würde oder beides.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    6 Mal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (12. August 2022 um 09:13)

  • Es steht ja nicht explizit Leidensdruck da, sondern

    Zitat von https://de.m.wikipedia.org/wiki/Asperger-Syndrom

    Die Störung verursacht eine klinisch signifikante Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Bereichen.

    Für mich impliziert das nicht zwingend Leidensdruck. Bsp: Ein Autist kann aufgrund Problemen mit Smalltalk, Reizüberflutung, Multitasking, Gesichtsblindheit nur schlecht am Empfang arbeiten. Wenn er dann aber ins Backoffice wechselt, hat er dort diese Probleme nicht, da dort eine andere Umgebung ist. Dennoch sind die Probleme in dem Setting am Empfang ja weiterhin da (also eine Beeinträchtigung im Vergleich zum Großteil der anderen Menschen). Genauso wie beim Rollstuhlfahrer. Mit Lift und Rampe kann er selbstständig sich bewegen, ohne aber nicht. Dennoch sind besteht seine Behinderung ja weiterhin, auch wenn Rampe und Lift vorhanden sind.
    Ich würde halt signifikante Beeinträchtigen nicht mit Leidensdruck gleichsetzen. Und dann passt ja auch alles. Keine Ahnung warum hier wieder der Begriff "Leidensdruck" herumgeistert (RW), wenn doch in den Diagnosekriterien etwas anderes steht.

  • Vielleicht bei ASS ohne Leidensdruck.....

    In der Medizinerausbildung heißt es immer, man sei auch für das verantwortlich, was einem der/die Patientin nicht sage.

    Die insgesamt 7 diagnostischen Prozesse, die ich live mitbekommen habe, haben sich nicht durch konkretes Nachfragen ausgezeichnet....!

    Gerade bei den mir bekannten Aspies ist es aber regelmäßig so, dass sie sich nur aktv äußern zu Angelegenheiten, die ihnen selber wichtig erscheinen. Da fallen die üblichen Klagen meistens "unter den Tisch" (Rw).
    Was angesichts oft auftretender Situationen wie Mobbing, Ausgrenzung, Vereinsamung usw. kein Wunder ist, sind sie doch geradezu "Kummer gewöhnt" und jammern darüber höchstens dann, wenn das Ausmaß ungewöhnlich groß ist.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Für mich impliziert das nicht zwingend Leidensdruck.

    Du hast Recht; abgefragt wird aber oft auf uneindeutige Art, die besonders bei Aspies zu verfälschend (falsch negativen) Aussagen führt. Führen kann.

    Ich erlebe es just aktuell: Da wird ein Aspergerautist bei Aufnahme auf die psychiatrische Fachstation gefragt: "Hören Sie Stimmen?"
    Ja, auch ich höre Stimmen, wenn jemand was sagt. :twisted:

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Keine Ahnung warum hier wieder der Begriff "Leidensdruck" herumgeistert (RW), wenn doch in den Diagnosekriterien etwas anderes steht.

    Vielleicht wegen mir, weil ich geschrieben hatte dass meine Diagnostiker mir sagten (damals) dass solange mein Leben zwar eingeschränkt aber für mich in Ordnung war ich keine Diagnose brauchte aber dass ich, wenn ich nicht mehr zurechtkommen sollte, die Diagnose von ihnen bekäme und dass wenn es so weit wäre ich mich melden sollte, was ich kurz darauf tat und sie tatsächlich bekam. Obwohl auch in diesem Fall das wichtige Kriterium nicht Leidensdruck sondern "Zurechtkommen" war, wobei ich mich frage wo ich hätte merken sollen ob ich zurechtkäme oder nicht wenn nicht an dem psychischen Schmerzempfinden beim nachträglichen Schiefgehen meines Lebens im Vergleich zu seinem stabilen Zustand zur Zeit der Diagnostik.

    Leidensdruck ist ein Kriterium für die Bewilligung einer Psychotherapie aber eine ASS Diagnose ist nicht an sich genug um eine Psychotherapie zu bekommen, was bedeutet logischerweise dass eine ASS Diagnose keinen Leidensdruck beinhaltet. Mein Diagnosebrief sagt nicht dass ich leide und deswegen musste ich "Leid" anderswoher holen um eine Therapie bewilligt zu bekommen.

    In dem Fall meines Bekannten (siehe meinen früheren Beitrag) der meinem Eindruck nach eine ASS hatte (wegen seiner Einschränkungen) aber der scheinbar glücklich und zufrieden mit seinem Leben und seinen Umständen war könnte ich mir vorstellen dass nach seinen vierzig Jahren Arbeitslosigkeit (oder im Idealfall etwas früher) das Arbeitsamt auf die Idee hätte kommen können ihn psychiatrisch "untersuchen" zu lassen um herauszufinden was mit ihm los ist und ob sie ihn eventuell aufmuntern könnten etwas wirtschaftlich Nützlicheres zu tun als in seinem Zimmer zu sitzen und Bücher zu lesen. Bei einer psychiatrischen Untersuchung hätte herauskommen können dass er eine ASS hat, wobei seine Einschränkungen anerkannt worden wären ohne dass er sich selber um eine Diagnose gekümmert hätte oder von Leidensdruck berichtet hätte. In unseren Gesprächen (zwischen ihm und mir) hatte ich zumindest am Anfang unserer Bekanntschaft betont dass ich sein Leben als ungewöhnlich eingeschränkt ansah und dass er auch außerhalb des Elternhauses etwas hätte unternehmen können aber er hat sich immer geweigert meinen "Aufforderungen" nachzugeben etwas "unzufriedener" mit seinem Leben zu werden (Leidensdruck zu empfinden), was ihn aber motiviert hätte etwas zu tun. Er hatte einfach keine Motivation sein Zimmer zu verlassen sondern war zufrieden dort, wegen seiner autistischen Konstitution denke ich.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    7 Mal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (12. August 2022 um 10:41)

  • Ich erlebe es just aktuell: Da wird ein Aspergerautist bei Aufnahme auf die psychiatrische Fachstation gefragt: "Hören Sie Stimmen?"

    Was ist daran falsch?
    Vermutlich gehört das zum Standardprozedere zum Abchecken von psychotischen Symptomen.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Was ist daran falsch?Vermutlich gehört das zum Standardprozedere zum Abchecken von psychotischen Symptomen.


    Ich hab mal einen psychologischen Vortest gemacht: Glauben sie an Eingebungen. Ich hab ja angekreut, weil ich damit sagen wollte, dass ich an meine Einfälle und Ideen glaube, als Zeichen des Selbstbewusstseins. Später wurde mir dann klar, dass eher gemeint war - denke ich - ob ich irgendwie psychotisch bin und glaube, dass irgendwelche höheren Wesen mir etwas einflüstern (was nicht der Fall ist).
    Ebenso: Ich hab eine Migräne mit Aura, da flimmert das immer so, bevor die Migräne kommt. Auf die Frage, ob ich manchmal etwas sehe, dass nicht da ist, hab ich ebenfalls ja gesagt. Hat nen super Eindruck gemacht :sarcasm:

  • Würde antworten: "Ja, Ihre (Stimme) habe ich gerade gehört!"

    Ich war übrigens in ner recht esoterischen Phase, als ich solche Psychosefragen beantworten sollte. Ungünstig.

    I could work hard to be normal, but I prefer to hold myself a higher standard. Ego lex sum.

  • @Shenya
    Mit @Abendrots und @Lexs Beiträgen dürfte deine Frage beantwortet sein.
    Die Frage ist nicht falsch, aber ungünstig gestellt aus Sicht /Gehör eines Autistenmenschen.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Mit @Abendrots und @Lexs Beiträgen dürfte deine Frage beantwortet sein.

    Nein, nicht wirklich.
    Wenn mich jemand fragt, ob ich Stimmen höre, würde ich nicht vermuten, dass ich gefragt werde, ob mein Gehör funktioniert. Im Kontext einer psychiatrischen Untersuchung würde das wohl wenig Sinn machen.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Das liegt an deiner Erfahrung - außerdem gehst du von dir und deinem Erfahrungshorizont aus.
    Andere Menschen sind halt anders.

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  • Für mich impliziert das nicht zwingend Leidensdruck. Bsp: Ein Autist kann aufgrund Problemen mit Smalltalk, Reizüberflutung, Multitasking, Gesichtsblindheit nur schlecht am Empfang arbeiten. Wenn er dann aber ins Backoffice wechselt, hat er dort diese Probleme nicht, da dort eine andere Umgebung ist. Dennoch sind die Probleme in dem Setting am Empfang ja weiterhin da (also eine Beeinträchtigung im Vergleich zum Großteil der anderen Menschen). Genauso wie beim Rollstuhlfahrer. Mit Lift und Rampe kann er selbstständig sich bewegen, ohne aber nicht. Dennoch sind besteht seine Behinderung ja weiterhin, auch wenn Rampe und Lift vorhanden sind.
    Ich würde halt signifikante Beeinträchtigen nicht mit Leidensdruck gleichsetzen. Und dann passt ja auch alles. Keine Ahnung warum hier wieder der Begriff "Leidensdruck" herumgeistert (RW), wenn doch in den Diagnosekriterien etwas anderes steht.

    Das sehe ich genauso. Abgesehen davon sollte man nicht vergessen, dass viele autistische Menschen keinen guten Zugang zu ihren Gefühlen haben. Eventuell spüren sie Leidensdruck gar nicht so, oder sie verdrängen ihn. Manche klammern sich vielleicht lange an die Hoffnung, in ihrem Leben doch noch irgendwann "die Kurve zu kriegen" (beruflich und/oder privat) und geraten erst dann in eine tiefe Depression, wenn sich abzeichnet, dass das nicht gelingen wird. Und letztlich: wie stark ein Mensch Leidensdruck spürt, hängt auch ganz wesentlich von seinen Ressourcen ab. Und wie die sind, hängt ja nicht nur von der Ausprägung des Autismus ab, sondern von vielen unterschiedlichen Faktoren.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

    Einmal editiert, zuletzt von Leonora (15. August 2022 um 17:23)

  • Und letztlich: wie stark ein Mensch Leidensdruck spürt, hängt auch ganz wesentlich von seinen Ressourcen ab. Und wie die, hängt ja nicht nur von der Ausprägung des Autismus ab, sondern von vielen unterschiedlichen Faktoren.

    :thumbup:

    Menschen sind unterschiedlich stark belastbar. Das hört sich trivial an, wird aber oft vergessen....zum Beispiel, wenn man Belastungen mit einander vergleicht. Bei unterschiedlichen Personen können die gan z unterschiedlich wirken.

    Noch ein Grund mehr, weshalb man sich mit (Vor-)Urteilen zurückhalten sollte.

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    Einmal editiert, zuletzt von Capricorn (15. August 2022 um 17:56)

  • Ich stelle mir jemand vor, zum Beispiel mich selber, der eine sehr "komische" Biographie gehabt hat wo vieles schiefgelaufen ist und wo Autismus im Spiel gewesen zu sein scheint. Man, ob man der Diagnostiker ist oder man selber, sieht das an und fragt sich inwieweit die schiefgelaufenen Dinge tatsächlich mit dem Autismus etwas zu tun gehabt haben und wie schlimm die schiefgelaufenen Dinge eigentlich gewesen sind, von außen betrachtet. Auch wenn man zur Zeit der Diagnostik in einer stabilen Periode seines Lebens ist könnte man denken "Oh, wie schrecklich, ich habe so vieles durch den Autismus verpasst und vermasselt" und entweder (a) im psychischen Leid darüber steckenbleiben oder (b) Akzeptanz entwickeln und denken "Ok, es ist wie es ist und jetzt zumindest ist mein Leben einigermaßen Ok, besonders im Vergleich zu jemandem der in einem Gefängnis der Taliban sitzt."

    Das halte ich auch noch für einen sehr wichtigen Aspekt. Für viele Menschen verläuft das Leben anders als geplant. In einem Lebensbereich, aber oft auch in mehreren. Manchen gelingt es dann, sich Alternativen zu suchen, die sie als gleichwertig empfinden. Anderen nicht. Ob man aber überhaupt offen ist für Alternativen und ob man fähig ist, auch einen von außen nicht so befriedigenden Weg für sich anzunehmen und zufrieden zu sein - das ist meiner Einschätzung nach nicht abhängig davon, ob man Autist ist. So etwas ist eine Frage von Temperament und Persönlichkeit, ebenso bei autistischen wie nichtautistischen Menschen.

    Wichtig finde ich auch noch die Tatsache, dass es ja sehr unterschiedliche Ziele und Erwartungen gibt. Manche werden eher von außen an einen herangetragen, sind vielleicht auch gesellschaftlich allgemein üblich. Bei anderen handelt es sich um eigene Ziele und Vorstellungen. Klar voneinander abgrenzen lässt sich das vielleicht nicht immer (beispielsweise haben vielleicht manche autistische Menschen kein Verlangen nach einer "typischen" Partnerschaft, dauerhaft allein sind sie aber auch nicht gerne). Dennoch ist es auch noch einmal ein Unterschied, ob man sich "nur" von äußeren Erwartungen lösen muss oder eigene Lebensziele nicht erreicht hat. In beiden Bereichen ist aber auch wiederum unterschiedlich, wie gut ein Mensch es schafft, sich von äußeren Erwartungen zu lösen und eigene Themen "abzuhaken". Auch das Bedürfnis nach Kontakt und Austausch ist bei autistischen Menschen sehr individuell (und nicht nur bei ihnen). Es gibt Menschen, die zufrieden sehr zurückgezogen und ohne Status leben können, für andere ist das dagegen sehr problematisch. Zwei Menschen in ähnlichen Lebenssituationen können, auch wenn beide Autisten sind, sehr unterschiedlichen Leidensdruck verspüren.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
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  • Es gibt Menschen, die zufrieden sehr zurückgezogen und ohne Status leben können, für andere ist das dagegen sehr problematisch.

    Manchmal ist es auch schwer zu wissen, wenn man zurückgezogen und ohne Status lebt, ob man zufrieden ist oder nicht. Ich nehme an dass ich nicht zufrieden bin, weil ich (meiner subjektiv erlebten Empfindung nach) unglücklich bin. Wenn ich zufrieden wäre würde ich Glück empfinden und nicht Einsamkeit und Angst, welche gegen Zufriedenheit sprechen, aber vielleicht passt diese Art zu leben gut zu meiner "autistischen" Verfassung, von der Gestaltung des Alltags her, weil wenn das nicht der Fall wäre würde ich mehr unternehmen um sie zu ändern, was ich nicht tue weil mir Sozialkontakte mit Fremden Stress verursachen. Zumindest hat man aber nichts zu tun und keine Pflichten, was viele stressige Faktoren weghält. Die Frau vom Sozialpsychiatrischen Dienst sagte dass ich zurückgezogen lebe aber als sie das sagte habe ich gedacht dass das nicht stimmt und dass sie mich als Menschen missinterpretiert weil ich mich nicht zurückgezogen habe sondern alles um mich herum ist kollabiert und "in den Sand gelaufen". Ich denke dass, um wahrheitsgemäß sagen zu dürfen dass jemand "zurückgezogen" lebt, man konstatieren muss dass er das will und absichtlich zustande gebracht hat, was bei mir nicht der Fall war.

    Was Status betrifft verstehe ich nicht wie Menschen so darauf erpicht sind etwas Tolles zu sein in den Augen Anderer, alles (auch sehr stressige Sachen) tun um das zu erreichen und leiden wenn sie es nicht schaffen. Gleichzeitig merkt man als "Underachiever" wie ich dass man im Laufe des Lebens ziemlich viel gelernt hat aber leider nichts davon nutzen kann um "Anerkennung" zu bekommen, was sich wie eine Art unfreiwilliger Askese anfühlt. Sogar buddhistische Mönche haben oft Status als Gelehrte, was man als isolierter Autist allein in seinem Zimmer nicht hat.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    2 Mal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (15. August 2022 um 19:46)

  • Wenn man z. B. chronische Schmerzen hat, kann man konkret sein Leiden benennen mit dem Schmerz als Ursache. Bei Autismus ist das wesentlich komplizierter, den Moment oder Status des "Leidens" einzufangen und mit dem Autismus in Verbindung zu bringen. Man hat ja auch viele andere teils passendere Wörter situativ und generell. Wie Wut, Frustration, Kummer usw.

    I could work hard to be normal, but I prefer to hold myself a higher standard. Ego lex sum.

  • Man hat ja auch viele andere teils passendere Wörter situativ und generell. Wie Wut, Frustration, Kummer usw.

    "Einschränkungen" oder "Leid" sind ziemlich abstrakte Begriffe während Emotionen wesentlich konkreter sind, weil direkt spürbar und nicht leicht abzustreiten (Leid kann abgestritten beziehungsweise heruntergespielt werden denke ich: "Dein Leid ist gar kein echtes Leid, du hast es doch gut").

    Wenn man nur allein in seinem Zimmer sitzt hat man zumindest den Eindruck dass man selber beurteilen kann ob man sich einsam fühle oder ängstlich sei oder nicht. Ob es eine Einschränkung darstellt allein in seinem Zimmer zu sitzen ist schwerer zu beantworten falls das alles ist was man hinkriegt und wenn man kaputtgehen würde wenn man nicht allein in seinem Zimmer sitzen würde. Wenn (was bei mir überhaupt nicht der Fall ist) man sich gar nicht vorstellen kann wie man außerhalb seines Zimmers zurechtkommen würde und die ganze Idee das tun zu müssen eine Horrorvorstellung ist dann ist man aus der eigenen Perspektive nicht wirklich eingeschränkt wenn man das nicht tun muss sondern ungestört und allein in seinem Zimmer sitzen darf. Von der Außenperspektive her sieht es aber ziemlich eingeschränkt aus wenn man so lebt.

    Das Leben eines Rockstars oder Filmstars oder anderen "Celebritys" mit den ganzen damit verbundenen sozialen Anforderungen wäre der pure Horror für mich (und auch kompetenzmäßig nicht machbar) obwohl solche Menschen offensichtlich mehr "Optionen" und "Wohlstand" und "Anerkennung" haben als ich der im Vergleich dazu bestimmt als "eingeschränkt" gilt. Meiner Einschätzung nach ist auch das Leben eines "normalen berufstätigen Familienvaters" etwas das mir (wegen der damit verbundenen sozialen Überforderung) erhebliche Schwierigkeiten gebracht hätte und im Vergleich zu Leuten die das locker hinkriegen bin ich eingeschränkt. Dann stellt sich für einen Diagnostiker die Frage ob das etwas mit Autismus zu tun hat oder ob man nicht einfach so gestrickt ist dass man es nicht schafft.

    Man erlebt es nicht als Einschränkung wenn man froh ist etwas nicht versuchen zu müssen das man sowieso nicht schafft, obwohl man in dem Fall vollig eingeschränkt ist weil man es nicht einmal schafft es als Handlungsmöglichkeit (für sich) wahrzunehmen sondern schreibt sich von vornherein ab. Die Verbindung zum Leid wird wiederhergestellt wenn der der etwas nicht schafft und es nicht versuchen muss den Wünsch doch nachträglich verspürt die Wahl gehabt zu haben es schaffen zu können.

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    Einmal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (16. August 2022 um 13:48)

  • Im Übrigen sind Begriffe wie Leid und daraus resultierendes Mitleid in unserer Gesellschaft negativ konotiert. Niemand sieht sich gerne in der Opferrolle und stellt sich als den Schwachen, Leidenden dar.

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  • .....und stellt sich als den Schwachen, Leidenden dar.

    Wenn es doch jemand tut, scheint es nur zu funktionieren, wenn man sich extrem leidend darstellt. Das ist eigentlich bekloppt, oder?!
    Genau wie bei Schmerzen, die meistens ebenfalls nicht sichtbar sind.

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  • Bei Autismus ist das wesentlich komplizierter, den Moment oder Status des "Leidens" einzufangen und mit dem Autismus in Verbindung zu bringen. Man hat ja auch viele andere teils passendere Wörter situativ und generell. Wie Wut, Frustration, Kummer usw.

    Ein wichtiger Aspekt. "Leid" oder "Leiden" wird, denke ich, von vielen als "großes Wort" wahrgenommen, das man nicht so schnell auf die eigene Lebenssituation anwendet. Vielleicht auch aus Selbstschutz nicht anwenden möchte, weil es sehr "disempowernd" ist, einen gewissermaßen in eine Opferrolle" drängt.

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