OT: Diskussion um ADOS

  • Warum ist alles auf Englisch in dem Bericht?

    Ich habe einen Kurzbericht bekommen, in dem nur die Überschriften (in deutscher Sprache) und die erzielten Punktzahlen drinstehen.
    Da ich bei der Erstdiagnostik aber auch die ausführlichen Umschreibungen bekommen hatte, habe ich die zugehörigen Umschreibungen jetzt selbst ergänzt.
    Ich konnte aber leider nur die englischen Originalformulierungen recherchieren und nicht die offiziellen deutschen Übersetzungen.

    Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll. (Georg Christoph Lichtenberg)
    Veränderungen führen deutlich öfter zu Einsichten, als dass Einsichten zu Veränderungen führen. (Milton H. Erickson)
    Morgen werde ich mich ändern, gestern wollte ich es heute schon. (Christine Busta)

  • Strenggenommen führt das zu einer weiteren Betrachtungsweise, aber es sei mir die Bemerkung erlaubt, dass bei über 82 Mio EinwohnerInnen in Deutschland und der (noch!) einzigen Amtssprache Deutsch eine rein englische Form für ein wichtiges Dokument eine Frechheit ist.

    Es gibt ja wenigstens Bestrebungen, hier und da einfache Sprache zu benutzen, um Zugänge zu Leistungen im öffentlichen Dienst einfacher zugänglich zu machen.
    Stichwort Barrierefreiheit.

    Alles "nur in Englisch" konterkariert solche Bestrebungen.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Meine Therapeutin hat mir gesagt dass sie oft an wissenschaftlichen Autismus-Konferenzen teilnimmt hier in Deutschland und dass alles auf Englisch abläuft.

    Auf den rein wissenschaftlichen Konferenzen ist das in vielen Bereichen so. Wobei es ja beispielsweise auch die WTAS gibt, die ist - größtenteils - deutschsprachig. Für partizipative Forschung ist es natürlich schwierig, wenn nur Menschen dabei können, die fließend Englisch verstehen. Da sind von vornherein sehr viele ausgeschlossen und von wirklicher Partizipation kann keine Rede sein.

    Alles "nur in Englisch" konterkariert solche Bestrebungen.

    Stimmt.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

  • Alles "nur in Englisch" konterkariert solche Bestrebungen.

    Ich habe gehört dass es an manchen deutschen Universitäten auch englischsprachige Kurse gibt und dass es auch Firmen gibt wo die Geschäftssprache Englisch ist. Stimmt das tatsächlich? In Saudi Arabien war die Umgangssprache auf Arbeit immer Englisch weil die ganzen ausländischen Gastarbeiter (wir) kein oder wenig Arabisch konnten und es wurde nicht von uns erwartet dass wir es lernen sollten (auch weil man nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Land wieder zu verlassen hatte).

    Ich hätte gern zu der Zeit gelebt als Latein die "Weltsprache" war und man als Gelehrter von Land zu Land ziehen konnte ohne die Sprache zu wechseln (Oxford, Paris, Padua, Rom, Köln) inmitten eines Meeres von Dialekten in denen niemand abstrakt denken konnte und die nur von Analphabeten gesprochen wurden. Allerdings nur falls ich einer der Latinisten gewesen wäre und nicht einer der Bauern.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    Einmal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (4. August 2022 um 14:19)

  • Ich hätte gern zu der Zeit gelebt als Latein die "Weltsprache" war und man als Gelehrter von Land zu Land ziehen konnte ohne die Sprache zu wechseln (Oxford, Paris, Padua, Rom, Köln) inmitten eines Meeres von Dialekten in denen niemand abstrakt denken konnte und die nur von Analphabeten gesprochen wurden. Allerdings nur falls ich einer der Latinisten gewesen wäre und nicht einer der Bauern.

    Stimmt, ist eine spannende Vorstellung. Ich finde frühe Universitäten als Thema auch sehr interessant und habe mich schon manchmal gefragt, wie da konkret der Lehrbetrieb aussah.

    Man könnte aber ja sagen, dass Englisch heute die Rolle hat, die damals Latein hatte. Ich habe Zweifel, ob beispielsweise Chinesisch in absehbarer Zeit jemals diese Rolle haben wird. Ähnlich wie Arabisch ist es einfach für Nicht-Muttersprachler, auch noch aus einer anderen Sprachfamilie, sehr viel schwerer zugänglich. Und das ist nicht nur Gewohnheitssache, schon allein das Schriftsystem ist unvergleichbar schwerer zu lernen, zugleich aber, da es sich um eine tonale Sprache handelt, auch nicht einfach durch etwa durch lateinische Buchstaben ersetzbar.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

  • ....dass es auch Firmen gibt wo die Geschäftssprache Englisch ist.

    Ist bei meinem Ehemann so - deutsches Unternehmen, Englisch als offizielle Unternehmenssprache.
    Das heißt z. B. Fortbildungen für "einheimische" Ingenieure usw. in Deutschland auf Englisch!!


    Zudem besteht in seinem Betrieb die schizophrene Neigung, alles zu digitalisieren, was nicht bei drei auf'm Baum ist (Rw), was deswegen seltsam ist, weil es sich um ein Unternehmen der Papierbranche handelt :roll:

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

    2 Mal editiert, zuletzt von Capricorn (4. August 2022 um 15:39)

  • Zudem besteht in seinem Betrieb die schizophrene Neigung, alles zu digitalisieren, was nicht bei drei auf'm Baum ist (Rw),

    Ich war Sprachlehrer bis die Schule sich bis zu dem Grad digitalisierte dass wir nur dem Computer folgen sollte und das unterrichten was auf dem Bildschirm stand, was noch halbwegs erträglich war bis Corona. Dann musste man permanent zu Hause sitzen und den digitalisierten Schülern auf dem Bildschirm das beibringen über Zoom was der Computer uns vorgab. Ab dem Punkt hatte ich keine Lust mehr und ging in Ruhestand, obwohl mein Ruhestand eher unruhig ist wegen des bevorstehenden wirtschaftlichen Desasters hier und auf der Welt.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

  • Als Mutter einer Tochter die mit 10 Jahren ihre Diagnose bekommen hat, würde ich gerne unsere Erfahrungen wegen der Diagnostik schildern.
    Uns wurde seitens der Weiterführenden Schule gesagt das wir unsere Tochter mal zur Diagnostik bringen sollten, Verdacht Autismus.
    Wir hatten anscheinend Glück und haben eine Erfahrene KJP im Bereich Autismus gefunden und ohne Wartezeit konnte die Diagnose los gehen.

    Zum Zeitpunkt der Diagnose hatte unsere Tochter absolut keinen Leidensdruck, sie war halt etwas anders als andere Kinder.
    Nach vielen Terminen und Tests (einschließlich ADOS) sagte uns die Diagnostikerin, das sie eindeutig im Spektrum ist.
    Hat auf alle Auffälligkeiten hingewiesen etc...

    Sie hat uns mit den Worten verabschiedet das wir zunächst einmal nichts unternehmen sollten, das Kind wäre in Moment für ihre Verhältnisse Glücklich und gut entwickelt, wir sollten sie nicht überfordern, wir sollten ihr Rahmenbedingungen schaffen die es ihr ermöglichen gesund aufzuwachsen.

    Sie meinte das sie die Diagnose stellen wird und wir es schriftlich bekommen, das wäre sehr wichtig.
    Sie meinte nämlich das unsere Tochter mit Sicherheit mit beginn der Pubertät und auch beim Übergang zum Erwachsenwerden viele Probleme bekommen wird und sie die Diagnose sicher brauchen wird.

    Ich denke wenn jemand wirklich Autist ist und das auch dem Diagnostiker klar ist, wäre es unverantwortlich die Diagnose nicht zu stellen.
    Nur anhand der Diagnose bekommt man einige Hilfen die man so nicht bekommt.

    Wir haben die Diagnose lange Zeit in der Schublade ruhen lassen, aber als es dann soweit war hatten wir sie sofort Griffbereit.
    So sind wir schnell an Schulbegleitung, Nachteilsausgleiche gekommen und haben jetzt bald einen Platz bei der ATZ.

  • Ich denke wenn jemand wirklich Autist ist und das auch dem Diagnostiker klar ist, wäre es unverantwortlich die Diagnose nicht zu stellen.
    Nur anhand der Diagnose bekommt man einige Hilfen die man so nicht bekommt.

    Bei einem Kind ist das sicher so, weil es noch viele Entwicklungsschritte zu machen hat während des Aufwachsens, auch wenn in der Gegenwart alles noch gut läuft (wegen der schützenden Umgebung). Bei einem Erwachsenen der in fortgeschrittenem Alter zur Diagnostik geht (besonders wenn man schon fast im Rentenalter ist) ist sozusagen das Kind schon längst "in den Brunnen gefallen" und die Hilfen die vor fünfzig Jahren ausgeblieben sind sind nicht mehr nachträglich zu leisten ohne Zeit-Maschine. Der Mensch mit nicht-diagnostiziertem Autismus hat sein Leben irgendwie gelebt und möchte hauptsächlich wissen ob er tatsächlich immer als nicht-diagnostizierter Autist gelebt hat oder ob er sich das nur einbildet. Im allgemeinen sind Interventionen (alle Interventionen würde ich etwas plakativ sagen) wichtiger wenn es sich um Kinder handelt als wenn es sich um (chronologisch) reife Personen geht.

    Meine Diagnosestelle war in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, obwohl ich damals 59 Jahre alt war. Wenn ich mit 4 oder 5 meine Diagnose bekommen hätte wäre es viel besser gewesen. Jetzt mit 68 würde ich auch ohne Diagnose zurecht kommen, falls ich auch mit Diagnose tatsächlich zurecht kommen würde, was nicht der Fall ist oder nur teilweise. Trotzdem hilft die Diagnose weil mit Diagnose gilt man als vulnerabel und bekommt psychosoziale Unterstützung. Ursprünglich (2013) hat die Diagnosestelle gesagt dass man schwächer wird im Alter und dass das die richtige Zeit wäre mir die Diagnose zu geben (eben weil man keine Zeit-Maschine hat und weil mein Leben zur Zeit der Diagnostik in Ordnung war). Die ATZs und die Diagnosestellen sind hauptsachlich für Kinder und Jugendliche da und das ist gut so weil man in dem Alter einen großen Unterschied machen kann.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    3 Mal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (4. August 2022 um 17:54)

  • Ich denke wenn jemand wirklich Autist ist und das auch dem Diagnostiker klar ist, wäre es unverantwortlich die Diagnose nicht zu stellen.

    Ich denke das auch.

    Jemand, der üblicherweise überzogene Ansprüche an seine Umgebung richtet, tut es mit oder ohne Diagnose, also sowieso.

    Andere mit gerechtfertigter Diagnose ohne erkennbaren Leidensdruck kann es morgen oder übermorgen geschehen, dass durch plötzliche Schwierigkeiten alles "ins Rutschen gerät", sprich die stabilisierenden Umstände wegbrechen und ein starker Leidensdruck entsteht, der vielleicht auch therapiebedürftig ist.

    Passende Therapie sieht bei Autisten aber oft anders aus als bei Nichtautisten. Und deswegen sollte ein Rat- und Hilfesuchender bei vorliegender Diagnose diese auch eindeutig gestellt bekommen. Nur so gelingt der Nachweis über die vorliegende neurologische Verarbeitungsbesonderheit(en). Die müssen für eine gelingende Therapie berücksichtigt werden.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Andere mit gerechtfertigter Diagnose ohne erkennbaren Leidensdruck kann es morgen oder übermorgen geschehen, dass durch plötzliche Schwierigkeiten alles "ins Rutschen gerät", sprich die stabilisierenden Umstände wegbrechen und ein starker Leidensdruck entsteht, der vielleicht auch therapiebedürftig ist.

    Passende Therapie sieht bei Autisten aber oft anders aus als bei Nichtautisten. Und deswegen sollte ein Rat- und Hilfesuchender bei vorliegender Diagnose diese auch eindeutig gestellt bekommen. Nur so gelingt der Nachweis über die vorliegende neurologische Verarbeitungsbesonderheit(en). Die müssen für eine gelingende Therapie berücksichtigt werden.

    Das wäre halt auch meine Überlegung.
    Vielleicht ist der oder diejenige zum Zeitpunkt der Diagnostik glücklich verheiratet oder hat einen passenden Job...
    Aber was passiert wenn der Partner sich scheiden lässt oder ein Jobwechsel nötig ist und die Person mit den Veränderungen überhaupt nicht klarkommt?!

  • Andere mit gerechtfertigter Diagnose ohne erkennbaren Leidensdruck kann es morgen oder übermorgen geschehen, dass durch plötzliche Schwierigkeiten alles "ins Rutschen gerät", sprich die stabilisierenden Umstände wegbrechen und ein starker Leidensdruck entsteht, der vielleicht auch therapiebedürftig ist.

    Passende Therapie sieht bei Autisten aber oft anders aus als bei Nichtautisten. Und deswegen sollte ein Rat- und Hilfesuchender bei vorliegender Diagnose diese auch eindeutig gestellt bekommen. Nur so gelingt der Nachweis über die vorliegende neurologische Verarbeitungsbesonderheit(en). Die müssen für eine gelingende Therapie berücksichtigt werden.

    Das sehe ich genauso und halte es daher auch für falsch, die Diagnose an einen Leidensdruck zu binden.

    Die ATZs und die Diagnosestellen sind hauptsachlich für Kinder und Jugendliche da und das ist gut so weil man in dem Alter einen großen Unterschied machen kann.

    Klar, aber auch im Erwachsenenalter ist noch Hilfe möglich. Ich fände es falsch, sie dann zu verweigern, nur, weil der Mensch früher auch keine Hilfe hatte.

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  • ...und halte es daher auch für falsch, die Diagnose an einen Leidensdruck zu binden.

    Das sind wir uns offenbar einig :thumbup:

    Was ich aber historisch gesehen nachvollziehen kann, da es ja insgesamt und sowieso und überhaupt noch keinen einzigen allgemein anerkannten Test für oder gegen Autismus gibt:
    Bis vor einiger Zeit war die Feststellung eines gewissen Leidensdrucks ein diagnostischer Hinweis darauf, dass z.B. nicht einfach "nur" autistische Verhaltensweisen vorlagen (BAP).

    Jede/r Diagnostiker/in hat da so ihre, seine Spezialitäten. Und manche halten einfach an dem fest, was sie kennen.
    Da gehört(e) z.B. der deutliche Leidensdruck dazu.
    Deswegen sollte die Diskussion unter Fachleuten und Betroffenen (auch Betroffene können Fachleute sein) meines Erachtens ruhig weitergeführt werden.
    Ein ständiges Umstellen der empfohlenen Maßnahmen innerhalb der aktualisierten Leitlinien ist damit nicht gemeint.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Bis vor einiger Zeit war die Feststellung eines gewissen Leidensdrucks ein diagnostischer Hinweis darauf, dass z.B. nicht einfach "nur" autistische Verhaltensweisen vorlagen (BAP).

    Ich stelle mir jemand vor, zum Beispiel mich selber, der eine sehr "komische" Biographie gehabt hat wo vieles schiefgelaufen ist und wo Autismus im Spiel gewesen zu sein scheint. Man, ob man der Diagnostiker ist oder man selber, sieht das an und fragt sich inwieweit die schiefgelaufenen Dinge tatsächlich mit dem Autismus etwas zu tun gehabt haben und wie schlimm die schiefgelaufenen Dinge eigentlich gewesen sind, von außen betrachtet. Auch wenn man zur Zeit der Diagnostik in einer stabilen Periode seines Lebens ist könnte man denken "Oh, wie schrecklich, ich habe so vieles durch den Autismus verpasst und vermasselt" und entweder (a) im psychischen Leid darüber steckenbleiben oder (b) Akzeptanz entwickeln und denken "Ok, es ist wie es ist und jetzt zumindest ist mein Leben einigermaßen Ok, besonders im Vergleich zu jemandem der in einem Gefängnis der Taliban sitzt." Später könnte, wie bei mir, alles wieder kollabieren und man fängt wieder an zu leiden, wobei das jetzige Leid an das vergangene Leid während der "komischen" Biographie wieder anknüpft oder anzuknüpfen scheint.

    Was will ich damit sagen? Vielleicht nur dass es nicht so leicht ist zu bestimmen ob Leidensdruck besteht und ob in der Vergangenheit der Leidensdruck der bestanden hat eindeutig dem Autismus zuzuschreiben ist. Auch wenn man zum Beispiel in der Jugend und dem jungen Erwachsenenalter keine Freundin hatte und darunter gelitten hat und auch wenn das tatsächlich dem Autismus teilweise oder ganz zuzuschreiben wäre weiß man es nicht genau und der Leidensdruck von der Erinnerung an dieses vergangene Leid kann man eventuell sogar verhaltenstherapeutisch loswerden und dann ist dieser Leidensdruck nicht mehr da.

    Psychotherapie zielt im Idealfall darauf an dass man nicht mehr an seinen Gedanken leidet. Dann wäre für jede erfolgreich therapierte Person keinen Leidensdruck mehr da und die Diagnose sollte entzogen werden, wenn Leidensdruck unabdingbar ist für die Diagnose. Oder wenn man buddhistischer Mönch werden würde und aufhören würde psychisch zu leiden dann würde die Diagnose nicht mehr gerechtfertigt sein und man hätte keine ASS mehr.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    4 Mal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (11. August 2022 um 16:17)

  • Psychotherapie zielt im Idealfall darauf an dass man nicht mehr an seinen Gedanken mehr leidet. Dann wäre für jede erfolgreich therapierte Person keinen Leidensdruck mehr da und die Diagnose sollte entzogen werden, wenn Leidensdruck unabdingbar ist für die Diagnose. Oder wenn man buddhistischer Mönch werden würde und aufhören würde psychisch zu leiden dann würde man die Diagnose nicht mehr gerechtfertigt sein und man hätte keine ASS mehr.

    :thumbup:
    Diese umgekehrte Argumentation hat was! :d

    So kann man deutlich sehen, dass nur den Leidensdruck nicht zu bemerken nicht bedeuten muss, dass keiner vorhanden ist und zweitens sollte Leidensdruck nicht das einzige und entscheidende diagnostische Kriterium sein.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • So kann man deutlich sehen, dass nur den Leidensdruck nicht zu bemerken nicht bedeuten muss, dass keiner vorhanden ist

    Vielleicht sollte man von zumindest potenziellen Einschränkungen reden, wobei die Einschränkungen nicht nur subjektiv sondern auch von außen zu bestimmen wären. Ich kannte tatsächlich jemand den ich als ASS-Betroffener einschätzen würde und der mindestens vierzig Jahre (!) allein in seinem Zimmer im Elternhaus gesessen hatte und Bücher über Buddhismus gelesen. Er schien nicht zu leiden und hatte sich immer gewundert dass Menschen (zum Beispiel ich) etwas Identifizierbares sein wollten oder sogar etwas "von außen Erkennbares" erreichen oder zumindest irgendetwas tun außerhalb des eigenen Zimmers. Er sah sich nicht einmal als Experten für den Buddhismus an obwohl Bücher darüber zu lesen die einzige Sache war die er überhaupt gemacht hatte, und es hat ihn nicht gestört dass er sozusagen keine "Identität" hatte. Als ich ihn das letzte Mal sah hatte das (britische) Arbeitsamt ihm eine Stelle als Nachtkassierer in einem Parkhaus gefunden und er hatte kein Problem damit jeden Abend dorthin mit dem Bus zu fahren, die Nacht als Kassierer allein mit seinen Büchern zu verbringen und dann zurück nach Hause zu fahren. Dass das Arbeitsamt sogar ihm einen Job gefunden hatte war ein kleines Wunder aber solche Jobs gibt es wahrscheinlich nicht mehr. Von außen gesehen würde man sagen dass er zwar keinen Leidensdruck hatte aber dass der Verlauf seines Lebens sehr merkwürdig war, nicht sehr profitabel für die Gesellschaft und auf eine Entwicklungsstörung hindeutete. Er machte auch keinen Augenkontakt, was bei Autisten der Fall sein soll.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    Einmal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (11. August 2022 um 17:37)

  • Vielleicht sollte man von zumindest potenziellen Einschränkungen reden, wobei die Einschränkungen nicht nur subjektiv sondern auch von außen zu bestimmen wären. Ich kannte tatsächlich jemand den ich als ASS-Betroffener einschätzen würde und der mindestens vierzig Jahre (!) allein in seinem Zimmer im Elternhaus gesessen hatte und Bücher über Buddhismus gelesen. Er schien nicht zu leiden und hatte sich immer gewundert dass Menschen (zum Beispiel ich) etwas Identifizierbares sein wollten oder sogar etwas "von außen Erkennbares" erreichen oder zumindest irgendetwas tun außerhalb des eigenen Zimmers. Er sah sich nicht einmal als Experten für den Buddhismus an obwohl Bücher darüber zu lesen die einzige Sache war die er überhaupt gemacht hatte, und es hat ihn nicht gestört dass er sozusagen keine "Identität" hatte. Als ich ihn das letzte Mal sah hatte das (britische) Arbeitsamt ihm eine Stelle als Nachtkassierer in einem Parkhaus gefunden und er hatte kein Problem damit jeden Abend dorthin mit dem Bus zu fahren, die Nacht als Kassierer allein mit seinen Büchern zu verbringen und dann zurück nach Hause zu fahren. Dass das Arbeitsamt sogar ihm einen Job gefunden hatte war ein kleines Wunder aber solche Jobs gibt es wahrscheinlich nicht mehr. Von außen gesehen würde man sagen dass er zwar keinen Leidensdruck hatte aber dass der Verlauf seines Lebens sehr merkwürdig war, nicht sehr profitabel für die Gesellschaft und auf eine Entwicklungsstörung hindeutete. Er machte auch keinen Augenkontakt, was bei Autisten der Fall sein soll.

    Die Geschichte hört sich sehr charmant an. Wenn er so glücklich war, ist das toll. Kurze Zwischenfrage: Was meinst Du mit Identität?
    Leidensdruck ist wirklich ein blödes Kriterium. Steht das bei AS auch dabei? In meinem Arztbrief steht nämlich, dass AS nicht heilbar ist. Aber Leid ist heilbar, zum Beispiel, überspitzt formuliert, durch Medikamente. Damit wäre aber AS heilbar, was Quatsch wäre.

  • Zwischenfrage: Was meinst Du mit Identität?

    Dass man etwas ist das andere Menschen bezeichnen können. Zum Beispiel eine Tanne oder ein Eimer hat eine Identität weil sie/er bezeichnet werden kann, nämlich mit dem Wort "Tanne" oder mit dem Wort "Eimer", abhängig davon ob es sich um eine Tanne oder einen Eimer handelt, obwohl die Tanne oder der Eimer, im Gegensatz zum Menschen der das subjektive Bewusstsein hat dass er dieses oder jenes ist, das subjektive Bewusstsein nicht hat dass sie/er eine Tanne oder ein Eimer ist, aber zumindest für die Menschen handelt es sich um eine Tanne oder einen Eimer. Wenn man keine gesellschaftliche Rolle als irgendetwas Nennbares hat dann weiß man im eigenen Fall nicht um was es sich handelt bei einem selber für die Menschen. Man ist mehr wie eine Menge sich bewegender Moleküle und hat keine Identität. Zum Beispiel jetzt habe ich keine Identität (mehr), außer wenn ich sage dass ich "Rentner" bin, was mich allerdings nicht stört aber früher einfach "da" zu sein als irgendetwas Halb-unbestimmtes und letztendlich Irrelevantes wie "Rentner" hätte mich gestört. Bei meinem Bekannten der sein Zimmer vierzig Jahre lang nicht verließ (nicht buchstäblich, selbstverständlich, sonst hätte ich ihn nie getroffen) gab es keine Identität. Es gab keine Bezeichnung für ihn außer dass er jemand war der noch immer bei seinen Eltern wohnte und keinen Job hatte.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    4 Mal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (11. August 2022 um 18:51)

  • @Unbewohnte Insel Ich glaube, ich verstehe was Du meinst. Ich stelle es mir ganz erstrebenswert vor, selbstgenügsam einfach nur ich zu sein. Man kann halt nur bedingt etwas für sein Leben. Da wäre es schön, mit dem zufrieden zu sein, was einem möglich ist, aber ich übernehme auch zu oft die Außenperspektive als Korrektiv.

  • Leidensdruck ist wirklich ein blödes Kriterium. Steht das bei AS auch dabei? In meinem Arztbrief steht nämlich, dass AS nicht heilbar ist. Aber Leid ist heilbar, zum Beispiel, überspitzt formuliert, durch Medikamente. Damit wäre aber AS heilbar, was Quatsch wäre.

    Klasse Argumentation! :thumbup:

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

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