Trauer - Umgang mit Tod und Verlust

  • Ich persönlich verstehe auch nicht, warum manche Leute auf den Friedhof gehen müssen, um sich an eine verstorbene Person zu erinnern. Die Erinnerungen trägt man doch im Herzen und Kopf, in dem Grab liegt ein toter Körper, es ist ja nicht so, als würde der Mensch jetzt dort wohnen. Aber gut, vermutlich ist auch das einfach eine Form der Trauer.

    In meinem Fall ist es definitiv so, dass ich zu Tieren, vor allem eben Katzen, eine viel engere Bindung eingehe, wie zu Menschen, von meiner direkten Familie mal abgesehen. Tiere sind ehrlich, sie mögen dich, oder sie mögen dich nicht, und das zeigen sie dir. Tiere würden nie so tun, als wären sie deine Freunde, nur um hinter deinem Rücken über dich herzuziehen. Das habe ich mit Menschen leider schon zu oft erlebt.

    Ich kenne aber jemanden, deren Sohn vor einigen Jahren schwer krank wurde und gestorben ist, sie sagt, sie spürt dass er manchmal da ist.

  • Was meinen Vater angeht ist die Trauer bei mir noch nicht richtig angekommen. Ich fühle eine gewisse Leere. Aber auch Erleichterung, dass er erlöst ist.

    Als ich das obige Zitat schrieb, war es gerade einmal 2 Stunden her, dass ich vom Tod meines Vaters erfahren habe.

    Da war ich tatsächlich noch ziemlich leer im Kopf und die Erleichterung, dass er von seinem Leiden erlöst ist, war mein vordringlichister Gedanke.

    Erst heute ist mir so richtig bewusst geworden, dass ich an seinem Bett im Krankenhaus, als er dort so friedlich lag, ganz bitterlich geweint habe.

    Zurzeit hüte ich mein Elternhaus ganz alleine. Das fühlt sich etwas unwirklich an. Es ist alles so unglaublich still und der Verlust fast wie zum Anfassen. Ab und zu überkommt mich die Trauer sehr heftig. Das kommt bei mir immer so in Schüben... genau wie bei meiner Mutter.

  • @Input
    Das ist bestimmt sehr intensiv, jetzt alleine im Elternhaus zu sein.

    Dass der Schmerz, die Trauer in Wellen kommt, kenne ich so auch.
    Gut, wenn du jetzt Raum für dich hast, das zuzulassen.

    Weiterhin viel Kraft dir.

    Doch begann auch er in Menschengestalt, und er tappte im Dunkeln, und seine Taten waren zufällig, bis ihm offenbart wurde, wer er sei und was er solle.
    – Peter Høeg, Fräulein Smillas Gespür für Schnee

  • Der Tod eines Freundes in den 90er Jahren hatte mich damals ziemlich erschüttert, das war das erste mal, dass mich der Tod eines Menschen persönlich berührte.

    Ich habe schon vor längerer Zeit den Kontakt zu meiner Familie abgebrochen, als ich vor einigen Jahren vom Tod meines Bruders erfuhr, kamen mir trotzdem einige Tränen, aber nach einigen Stunden war ich wieder trauerlos, desgleichen beim Tod meines Vaters vor einigen Jahren. Gestern nun erfuhr ich vom Tod meiner Mutter und es geschah - nichts! Keinerlei Traurigkeit, eigentlich nur ein schulterzuckendes zur Kenntnis nehmen, das war alles. So etwas passiert vermutlich, wenn Eltern ihre Kinder physisch und psychisch misshandeln. Wobei ich durchaus einsehe, dass meine Eltern es vor allem mit mir nicht leicht hatten, weil ich völlig anders war als Standardkinder, ein kleiner Aspie eben, aber das wusste ja damals niemand. Mein Vater verprügelte mich, wenn ich "etwas angestellt hatte", aber nur, wenn er von meiner Mutter dazu aufgehetzt wurde und später hat er zwar versucht, vieles wieder gut zu machen, aber da war es zu spät. Man muss sich nur den Vorgang als solchen mal vorstellen: Da kommt jemand, der doppelt so groß ist wie du und entsprechend stärker und der packt dich, versetzt dich also in einen Zustand völliger Hilflosigkeit und schlägt dann mit einem Riemen auf deinen Hintern und du schreist vor Schmerz und Angst. Vielleicht gibt es Kinder, die das vegessen, ich habe das nie vergessen. Meine Mutter "bevorzugte" sogenannte 'Backpfeifen', also Schläge mit der flachen großen Erwachsenenhand in das kleine Kindergesicht. Auch das habe ich nie vergessen. Na ja, jetzt ist das Kapitel endlich abgeschlossen.

    Als ich vor einigen Monaten vom Tod einer Freundin in "meinem" Seniorenforum erfuhr, kamen mir auch einige Tränen, weil sie ein besonders liebenswerter Mensch war und wir eine gemeinsame Musikliebe hatten.

    Den Tod eines wirklich geliebten Menschen musste ich noch nie verkraften, vielleicht bleibt mir das ja erspart.

    Seltsam, im Nebel zu wandern . . .

  • @Micha
    Ein Beileid zum Tod deiner Mutter erwartest du hier wahrscheinlich nicht, ich sag es trotzdem, vielleicht weil es 'sich so gehört'.
    Trauer um sie kommt vielleicht später, wie es bei Autisten üblich ist, zu einem Moment wo du es am wenigsten erwartest, veilleicht aber auch gar nicht.

  • @Geisterfahrerin

    Ich kann noch nicht einmal 'Danke' sagen :m(: , obwohl 'es sich so gehört', sorry, aber ich sage Dir 'Danke' für die gute Absicht, die dahinter steht. :)

    Da kommt keine Trauer mehr :shake: , ich leide nicht am Stockholm-Syndrom. :shake:

    Aber wie gesagt, 'Danke'. :)

    Seltsam, im Nebel zu wandern . . .

  • Hallo @Micha, schlimm was du erlebt hast.
    Da kann ich das Ausbleiben von Trauer verstehen.
    Alles Gute dir.

    Doch begann auch er in Menschengestalt, und er tappte im Dunkeln, und seine Taten waren zufällig, bis ihm offenbart wurde, wer er sei und was er solle.
    – Peter Høeg, Fräulein Smillas Gespür für Schnee

  • Wenn man eher negative Erfahrungen mit der eigenen Familie verbindet, dann ist es verständlich, dass der Tod dieser Personen keine echte Trauer bringt.
    Mein Vater hatte mir zwar nie was getan, aber meine Bindung zu ihm war nicht stark, sodass ich als Kind/Jugendliche irgendwann den Kontakt abbrach,
    weil ich viel zu sehr mit meinem eigenen Problemen beschäftigt war. Ich hatte halt nie das Gefühl, dass ich echte Hilfe zu erwarten hätte von meinem Vater.
    Erst sehr viele Jahre später, als es mir wesentlich besser ging, hatte ich das Bedürfnis den Kontakt wieder herzustellen. Ich kam allerdings drei Wochen zu spät,
    mein Vater war bereits verstorben. Da mich nicht so viel mit ihm verband, kam auch keine Trauer auf.

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    Glaub nicht alles, was du denkst.
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  • Mir fiel grade noch was ein, was ein Bekannter letztens erzählt hat. Da war es so, dass sein Opa schwer krank war und im Krankenhaus lag. Seine Mutter rief ihn an und sagte, dass sein Opa wohl bald sterben wird, und ob er nicht ins Krankenhaus fahren möchte, seinen Opa nochmal besuchen. Er hatte allerdings schon vor Jahren den Kontakt zu seinem Opa abgebrochen, weil er seinen Opa als Rassisten und übergriffig einschätzte und eben nichts mit ihm zu tun haben wollte. Seine erste Reaktion war, dass er ihn nicht besuchen wollte, dass es ihm egal war, ob der Opa sterben würde, oder nicht, weil er für ihn eben schon lange tot war. Naja, seine Mutter gab aber wohl die Hoffnung nicht auf und berichtete ihm immer wieder, dass der Opa weiter abbaute, am Schluss dann auch nicht mehr bei Bewusstsein war. Es war dann seine Schwester, die ihn dazu überreden konnte, mit ihr den Opa besuchen zu fahren. Und er sagte, als er den Mann, den er als Tyrannen kennengelernt hatte, da so hilflos liegen sah, da tat es ihm plötzlich doch leid, es tat ihm leid um den Opa, den er sich gewünscht hätte, aber nie hatte, es tat ihm leid, dass sein Opa es nie gepackt hatte, sich zu ändern, oder ihn zu akzeptieren, wie er ist.

  • @Input
    Das ist bestimmt sehr intensiv, jetzt alleine im Elternhaus zu sein.

    Dass der Schmerz, die Trauer in Wellen kommt, kenne ich so auch.
    Gut, wenn du jetzt Raum für dich hast, das zuzulassen.

    Weiterhin viel Kraft dir.

    Danke Dir!

    Wenn ich hier im Forum und auch sonst im Freundes- und Bekanntenkeis höre und lese, dass deren Verhältnisse zu ihren verstorbenen Verwandten alles andere als gut war, wird mir um so mehr bewusst, wie groß der Verlust meiner lieben Eltern, die beide erst kürzlich (vor 7 Monate bzw. vor wenigen Tagen) verstorben sind, für mich persönlich ist.

    Ich hatte zeitlebens ein sehr gutes Verhältnis zu Mama und Papa, und mir kommen gerade während ich dies schreibe, mal wieder heftig die Tränen.
    Ich bin aber auch froh, dass ich offenbar die Fähigkeiten besitze, die Trauer rauszuzulassen, wenn es mich überkommt. Ich bin froh, dass ich merke, dass es mir gut tut, diese rauslassen zu können.

  • Mein herzliches Beileid @Input

    Ich wünsche dir viel Kraft, um die kommende Zeit gut durchzukommen.

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    Glaub nicht alles, was du denkst.
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  • Zurzeit hüte ich mein Elternhaus ganz alleine. Das fühlt sich etwas unwirklich an. Es ist alles so unglaublich still und der Verlust fast wie zum Anfassen. Ab und zu überkommt mich die Trauer sehr heftig. Das kommt bei mir immer so in Schüben... genau wie bei meiner Mutter.

    Das ist ja auch unwirklich.
    Das, was du erinnerst, was du fühlen kannst, das ist /für dich! / die Wirklichkeit.

    Dass der Schmerz, die Trauer in Wellen kommt, kenne ich so auch.

    Ja, genau.

    Als ich vor einigen Monaten vom Tod einer Freundin in "meinem" Seniorenforum erfuhr, kamen mir auch einige Tränen, weil sie ein besonders liebenswerter Mensch war und wir eine gemeinsame Musikliebe hatten.

    Wenn man jemanden gut genug kennt, und auch noch mag, findet man diesen Menschen wahrscheinlich auch einzigartiger und "unverzichtbarer" als andere Menschen.

    In der Jetztzeit muss alles immer schnell gehen und am besten niemals eine standardisierte Zeit überschreiten.

    Trauerarbeit braucht aber Raum und Zeit. Nicht umsonst spricht man vom "Trauerjahr".
    Im ersten 3/4 Jahr nach dem Tod meines Vaters war mir beständig übel. Ich war sehr traurig!
    -Ich hatte aber ein Kleinkind, was mich brauchte, so dass ich abgelenkt war.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Ich bin jetzt 51 Jahre alt und meine Mutter ist verstorben als ich 17 Jahre alt war. Sie hatte seit 3 Jahren einen Gehirntumor und unser Verhältnis war alles andere als herzlich. Aus heutiger Sicher vermute ich, dass sie depressiv war. Mein Vater war Alkoholiker und oftmals total mit der Situation überfordert. Wenn sie im KH war, gehörte es zu meinen Aufgaben, mich Zuhause um alles zu kümmern und sie jeden Tag im KH oder später im Pflegeheim zu besuchen, das ging etwa 2 Jahre so. Ganz ehrlich ? Ich war froh, als sie tot war, weil ich alles nur noch als Belastung wahr genommen habe und ich gemerkt habe, dass ich mich nicht den Erwartungen der Leute entsprechend verhalten habe. Bei der Beerdigung habe ich nicht geweint und wurde angesehen, wie ein Alien, aber da war nur Trauer über eine verlorene Kindheit und das ich alleine war und ich wissen wollte, warum ich so, bzw. so wenig empfinde. Mir war schon klar, das dieses Empfinden nicht normal ist, aber ich konnte natürlich auch nichts daran ändern. Mein Vater verstarb 1996 und da war ich einfach froh, eine Last, die mich maßregelt, kontrolliert, kritisiert und belastet, los zu sein. Es gibt auch schöne Erinnerungen an meine Kindheit, aber die meisten Erinnerungen sind negativ. Vielleicht bin ich ja auch eine Meisterin im Verdrängen, aber ich bin durchaus in der Lage, tiefe Gefühle zu entwickeln und zu zeigen. Der Vater meiner Kinder ist 2008 verstorben, da waren wir allerdings schon geschieden, aber ich habe mit den Kindern mitgelitten.

  • Mein Großvater ist mit 90 an Krebs gestorben, es war ein Abschied auf Raten. Irgendwann wollte der Körper einfach nicht mehr.
    Meine Familie ist nur nicht gut darin, Hiobsbotschaften schonend beizubringen. Man schaut in den Raum wo er liegt, die Tür ist geöffnet und er liegt da, die Augen geschlossen.
    "Opa schläft, dann gehe ich nachher wenn er wach ist, kurz zu ihm" Antwort meines Vaters "Opa schläft für immer!". Das schockt und man ist sich bewusst, dass man ihn tot gesehen hat.
    Genauso schlimm war der Anruf meines im Nachbarort lebenden Onkels beim Tod meiner Großmutter väterlicherseits "Du kannst deiner Mamm sahen, dat de Oma gestorben ist!!
    (du kannst deiner Mutter ausrichten, dass die Oma gestorben ist). Er hat mich quasi übergangen.

    Bei der Beerdigung meines Großvaters stand ich stocksteif da und war zu keiner Emotion fähig. Keine Tränen, nichts. Und dann defilieren die Trauergäste, wie im Dorf üblich an dir vorbei, schütteln Hände,
    murmeln etwas von "mein Beileid". Dann kommt das nächste Spießrutenlaufen, der unumgängliche Trauerkaffee. Du hockst da, isst irgendwie zwei Stück Kuchen und lässt alles über dich ergehen.

    Ich konnte erst zwei Jahre nach dem Tod meines Opas die ganze Trauer im besoffenen Kopf bei einem guten Freund rauslassen.

    Meine Oma wird dieses Jahr 91 und mir graut vor dem Tag Ihres Ablebens. Er wird kommen. Plötzlich. Keiner weiß wann. Das kann einen schon verzweifeln lassen.

  • Ich habe momentan ein sehr großes Problem. Die Mutter eines meiner besten Freunde ist an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt. Die Überlebenschancen sind eher gering, da der Krebs auch schon Metastasen in der Leber gebildet hat. Da kommt man aus einem schönen Urlaub aus dem Allgäu und wird von seiner Mutter mit dieser Hiobsbotschaft empfangen.

    Leider weiß ich überhaupt nicht, wie ich damit umgehen soll. Angeblich weiß es der Freund noch nicht, da selbst im Urlaub. Braucht er Ruhe um die Situation zu verkraften?
    Braucht er eine Schulter an der er sich ausweinen kann? Soll ich auf ihn zugehen - oder wie meine Mutter sagt, einfach abwarten?

    Mir geht es wirklich beschissen - dabei wollte ich doch heute unbeschwert den 60. eines anderen Freundes feiern.

    "Das Leben ist ein fieses Miststück" (RW).

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