Hallo zusammen,
auf die Gefahr hin, dass es schon passendere Threads mit diesem Thema gibt (dann gerne darauf aufmerksam machen), möchte ich heute beschreiben, wie es mir in meiner derzeitigen Arbeitssituation geht und bin dankbar für eure Erfahrungen gegebenenfalls mit Tipps oder einfach eure Gedanken hierzu:
derzeit arbeite ich im schulischen Kontext in einem sozialen Projekt, habe aber auch Bürozeiten für Dokumentation, Organisation, E-Mail-Verkehr, Teamsitzungen etc.
Das Büro teile ich mit zwei NT-Kolleginnen, die seit kurzem auch über meine Asperger-Diagnose Bescheid wissen und erfreulich offen und interessiert darauf reagiert haben.
Mit beiden verstehe ich mich an sich gut, man kann auch gelegentlich einige persönliche Worte wechseln, ohne dass mich das zu sehr stresst oder überfordert, wenngleich ich dafür ein gutes halbes Jahr gebraucht habe.
Die beiden Kolleginnen sind gemeinsam in einem anderen Projekt tätig, in dem sowohl aufsuchende Arbeit, als auch Termine mit Klienten in unserem gemeinsamen Büro anfallen. Außerdem werden die meisten Sachverhalte, die Klienten betreffend, telefonisch mit verschiedenen Behörden geklärt.
Was für mich hierbei sehr schwierig ist:
In der Vergangenheit, wie auch heute, erscheinen Klienten teilweise mit ihren kleinen Kindern im Büro. Heute war es besonders heftig, da das mitgebrachte Kleinkind völlig ungehindert von der Mutter im Büro hin-und herrannte, laut quietschte und schrie und den Bürostuhl der anderen im Urlaub befindlichen Kollegin durch den Raum schob.
Weil ich einige Unterlagen kopieren musste, war ich bereits beim Eintreffen der beiden im Nebenbüro am Kopierer. Trotzdem geriet ich durch den anhaltenden Lärm, das Nichteingreifen der Mutter und die Unruhe in Stress und habe dann einfach so lange abgewartet wieder in unser Büro zurückzukehren, bis die Klientin mit ihrem Kind gegangen war. Meiner Kollegin ist nicht entgangen, dass ich äußerst gestresst war, ich verlor auch ein zwei Sätze darüber. Sie schien aber im Gegensatz zu mir nicht annähernd so gestresst zu sein und wirkte auch irgendwie ein wenig belustigt über meine Reaktion.
Direkt im Anschluss musste meine Kollegin wieder viele Telefonate mit Behörden erledigen, natürlich ist da grundsätzlich keine gute Erreichbarkeit gegeben, was bedeutet, dass sie teilweise minutenlang in Warteschleifen hängt und sich von Bot-Ansage zu Bot-Ansage durchwählen muss. Damit sie währenddessen die Hände frei hat, stellt sie ( und auch die andere Kollegin) bei solchen Telefonaten auf Lautsprecher. Das heißt, es erklingen diverse nervtötende Jingles, Bot-Ansagen etc. in unangenehmer Frequenz.
Trotz meiner In-Ear Stöpsel, die den Lärm etwas filtern, fühle ich mich oftmals davon gestört, ebenso von lauten Gesprächen und Telefonaten. Beide Kolleginnen haben zusätzlich zu ihren Festnetz-Diensttelefonen, Diensthandys und Privathandys auf laut gestellt, das heißt, irgendetwas piepst oder klingelt eigentlich immer. Auch Sprachnachrichten von Klienten werden laut abgespielt.
Einerseits irritiert mich das aus datenschutzrechtlichen Überlegungen und andererseits ärgert mich diese Rücksichtslosigkeit permanent so laut zu sein.
Vielleicht bin ich da auch anders aufgewachsen ( Rücksichtnahme auf andere, leise sein etc.) und natürlich kommt da ganz klar meine Reizfilterschwäche zum Tragen. Dennoch würden mich dahingehend eure Einschätzungen und Gedanken interessieren.
Es ist vorgekommen, dass ich mich dann kurzzeitig auf den Flur, auf die Toilette oder in die Teeküche zurückgezogen habe, um kurz runterzufahren und natürlich der Lärmquelle zu entfliehen. Leider gelingt mir das "Runterfahren" meist nicht. Oft bin ich einfach auch wütend, dass soviele Menschen offensichtlich völlig rücksichtslos agieren und keinerlei Feingefühl dafür zu haben scheinen, dass man auf der Arbeit grundsätzlich ja Konzentration für die Aufgaben aufbringen muss und es dementsprechend einigermaßen ruhig dafür sein sollte. Ich denke, darauf können sich doch bestimmt die meisten Menschen einigen? Leider bin ich grundsätzlich sehr schlecht darin, andere um etwas zu bitten oder jetzt, nachdem ich mich überwunden habe und beiden von meiner Diagnose und Besonderheiten (z.B. empfindliches Gehör, mein einziger Krankheitstag bisher war einem erneuten Hörsturz geschuldet, wovon beide auch wussten) berichtet habe, nochmal herzugehen und um etwas Mäßigung des Lärmpegels im Büro zu bitten.
Kann das jemand von euch verstehen? Kennt ihr ähnliche Situationen? Wie geht ihr mit solchen Situationen um? Was lösen solche Situationen in euch aus? Fühlt ihr auch gelegentlich Wut über Rücksichtslosigkeit?
Was kann man tun?
Klientenbesuche finden natürlich immer statt, das lässt sich nicht vermeiden, auch dass es Menschen gibt, die ihre Kinder in jedweder Situation "toben lassen". Aber diese Lautsprecher-Telefonate "stehen vielleicht auf einem anderen Blatt", das könnte man ja doch anders lösen, oder? Auch hier die Fragen: kennt jemand solche Situationen, wie geht es euch dabei? Wie entzieht ihr euch oder sprecht ihr Personen auf solche Störungen an?