Wie würdet ihr euch wünschen, dass Autismus in Romanen und Filmen (nicht-dokumentarisch) dargestellt wird?

  • Weil ich selbst gerne schreibe, habe ich mir die Frage gestellt, inwiefern sich in meinen Geschichten/ Schreibversuchen schädliche Vorurteile über Autismus und auch andere Minderheiten wiederfinden, natürlich ungewollt, aber nichts desto trotz. Man kann natürlich nie alle Menschen zufrieden stellen und es wird immer Personen geben, die sich falsch dargestellt finden, mir geht es eher darum, grobe Fehler zu vermeiden und verschiedenen Meinungen zu hören bzw. zu lesen.

    Deswegen: welche Darstellungen/ Vorurteile in Medien findet ihr ärgerlich bis schädlich und wie würdet ihr euch wünschen, dass Menschen im Spektrum abgebildet werden? Gerne mit positiven Beispielen aus Büchern und Filmen (bezogen auf den fiktiven und nicht auf den dokumentarischen Bereich).

  • Deswegen: welche Darstellungen/ Vorurteile in Medien findet ihr ärgerlich bis schädlich und wie würdet ihr euch wünschen, dass Menschen im Spektrum abgebildet werden?

    Ich würde mir wünschen, dass Menschen wie ich dort abgebildet werden. :fun:

    Ernsthaft: Ich würde mir wünschen, dass Autisten nicht so hölzern/"roboterhaft" und/oder als superbegabte Genies dargestellt werden. Andererseits denke ich, dass Filme und Serien ja eigentlich kein authentisches Bild wiedergeben müssen, denn dafür sind ja eher die Dokumentationen gedacht.

  • Ernsthaft: Ich würde mir wünschen, dass Autisten nicht so hölzern/"roboterhaft" und/oder als superbegabte Genies dargestellt werden. Andererseits denke ich, dass Filme und Serien ja eigentlich kein authentisches Bild wiedergeben müssen, denn dafür sind ja eher die Dokumentationen gedacht.

    Authentisch ist immer ein schwieriges Wort. Natürlich sollen Filme und Serien nicht 100 % die Realität abbilden, aber wenn ich bestimmte Filme sehe, ärgere ich mich schon manchmal, jetzt nicht im Bezug auf Autismus, weil ich ja keine Diagnose habe, aber z.B. auf queere Menschen. Vor allem lesbische Frauen sind entweder "Kampflesben", also mit kurzen Haaren, Männerklamotten, sehr energischer Art oder die typischen hyperfemininen Lipstick-Model-Lesben. Dazwischen scheint es nichts zu geben und das ärgert mich oft, weil letzten Endes immer dieselben Klischees in Endlosschleifen abgespielt werden.

    Deswegen frage ich in Bezug auf Autismus, weil hier meiner Meinung nach ähnlich rigide Tropen dargestellt werden.

    na vielleicht einfach über eine person aus dem autismus-spektrum schreiben, ohne diese als person aus dem autismus-spektrum zu labeln?

    Das wäre eine Möglichkeit, danke. Eine Frage noch: wenn du aus deiner Sicht über dein Leben schreiben/ einen Film drehen würdest, würdest du dann nicht irgendwann erzählen, dass du Autist/ Autistin bist, bzw. gehört das nicht auch irgendwie zu deiner "Identität" dazu?

    Ich weiß, dass es das Selbstbild, das ich von mir habe, über den Haufen werden würde, wenn ich eine positive Diagnose bekommen würde.


    Ich würde mir wünschen, dass Menschen wie ich dort abgebildet werden. :fun:

    Dann musst/ solltest du dein eigenes Buch/ Drehbuch schreiben! ;) 8-)

    • Dass die Person es selbst bemerkt, dass sie soziale Fehler macht, dass es die Person stört, dass sie diese Fehler macht, dass die Person gemocht werden möchte. Und dass die Person selbstkritisch ist. Damit könnten sich dann sicher auch NTs identifizieren.
    • Nicht alle Klischees auf einmal und es müssen auch nicht alle Einschränkungen gleichermaßen vorhanden sein. Vielleicht ein ungewöhnliches SI, das auch durchaus laut sein darf oder mit Menschen zu tun haben darf.
    • Die Person sollte nicht zwanghaft ordentlich sein, ja, vielleicht sollte sie auch mal unordentlich sein, denn viele Autisten haben ja auch Probleme mit der Ordnung. Auch nicht Spock-mäßig alles präzise wiedergeben, die Person könnte auch ein weniger exaktes Gedächtnis haben oder z.B. eine schlechte Rechtschreibung oder generell sehr verpeilt sein.
  • Am besten gar nicht...

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe.
    Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

    • Dass die Person es selbst bemerkt, dass sie soziale Fehler macht, dass es die Person stört, dass sie diese Fehler macht, dass die Person gemocht werden möchte. Und dass die Person selbstkritisch ist. Damit könnten sich dann sicher auch NTs identifizieren.
    • Nicht alle Klischees auf einmal und es müssen auch nicht alle Einschränkungen gleichermaßen vorhanden sein. Vielleicht ein ungewöhnliches SI, das auch durchaus laut sein darf oder mit Menschen zu tun haben darf.
    • Die Person sollte nicht zwanghaft ordentlich sein, ja, vielleicht sollte sie auch mal unordentlich sein, denn viele Autisten haben ja auch Probleme mit der Ordnung. Auch nicht Spock-mäßig alles präzise wiedergeben, die Person könnte auch ein weniger exaktes Gedächtnis haben oder z.B. eine schlechte Rechtschreibung oder generell sehr verpeilt sein.

    Das sind interessante Punkte, danke : )

    Vor allem der erste, weil die meisten autistischen Menschen in den Medien scheinbar keinen oder kaum Kontakt zu anderen Menschen wollen, siehe Ella Schön oder auch Sam in Atypical.

  • Das sind interessante Punkte, danke : )
    Vor allem der erste, weil die meisten autistischen Menschen in den Medien scheinbar keinen oder kaum Kontakt zu anderen Menschen wollen, siehe Ella Schön oder auch Sam in Atypical.

    Ich fände es in diesem Zusammenhang gut wenn darauf hingewiesen würde, dass ein Autie möglicherweise Probleme mit einem "zu viel" an Menschen hat, sich aber bei einem "zu wenig" oder "gar nicht" trotzdem einsam fühlen kann.

  • Glaube aber, dass meist die unabsichtlich autistischen Charaktere, also solche, die von Zuschauern als autistisch gelesen werden, aber nicht mit dem Gedanken im Hinterkopf geschrieben wurden, authentischer sind, weil sie eher echten Menschen nachempfunden sind. Wenn man stattdessen bewusst einen autistischen Charakter schreibt, kann es arg konstruiert wirken.

    Ein positives Beispiel ist für mich Reg Barclay aus Star Trek, allerdings meinen ja wohl einige, er hätte "nur" eine Angststörung, also keine Ahnung, ob das zählt... :roll: Wenn ich online so lese, meinen die meisten, der sei nicht autistisch. Tja, vielleicht bin ICH auch nicht autistisch. Aber ängstlich, nervös, gleichzeitig teilweise sehr obsessiv, damit konnte ich mich identifizieren.

    Einmal editiert, zuletzt von seven_of_nine (29. Juni 2022 um 20:20)

  • Gute Frage! Ob das, was ich habe, Autismus ist, weiß ich ja nicht, aber ich habe angesichts meiner Tochter (Hydrocephalus nach Hirnblutung, daher auch eine Hemiparese, eine Halbseitenlähmung also) mal über das Thema "Darstellung von Anders-Sein / Behinderungen in den Medien" nachgedacht. Ich war völlig hingerissen von einer Figur in der Serie Fargo, die auch ein Hemi hatte, wo das aber nicht das Hauptthema war. Soll heißen: Die Einschränkung war da und gehörte untrennbar zu der Figur dazu, hat sie aber nicht definiert. Diese Figur wollte Respekt vom Vater, hat sich verliebt, hatte ihren eigenen, auch widersprüchlichen Charakter - und die Behinderung hat bei all dem mal deutlich eine Rolle gespielt, mal fast gar nicht. Das fand ich ideal. Ich fand auch schon die bloße Sichtbarkeit schön und wichtig.
    Bei Autismus ist das sicher nochmal anders gelagert als bei einer körperlichen Behinderung, aber nach allem, was ich weiß und fühle, gilt ja dasselbe: Fast alle Menschen wollen Kontakt, Respekt, Wirksamkeit. Man könnte die Person z.B. in verschiedenen Situationen zeigen - einmal ganz im Flow bei irgendeiner Tätigkeit, wo alles passt, und dann eben mal in einer sozialen Situation, wo die Kontaktaufnahme einfach scheitert. In dem Fall wäre vielleicht auch eine Gegenüberstellung von Innen- und Außenperspektive interessant.

  • Ich fühle mich von Autisten, die sehr kontaktfreudig sind, einen mindestens durchschnittlich großen Freundeskreis haben bzw. ein unauffälliges Sozialleben, nicht repräsentiert. Aber das ist es ja gerade, wir sind alle sehr verschieden und es kann nicht den Autisten geben.

    Und wenn man einen Autisten darstellt ohne seinen Autismus zu nennen, dann kommen einige Autisten daher und labeln ihn (Sheldon Cooper).

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    Glaub nicht alles, was du denkst.
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  • Warum nicht?

    Weil es in jedem Fall Vorurteile schürt. Es wird keinem Autisten gerecht. Dafür gibt es zu unterschiedliche Schweregrade.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe.
    Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Ich würde mich freuen, wenn mal aus der Innenperspektive geschildert würde, und da nicht nur die Reizüberflutung usw., sondern auch die Sehnsüchte und Träume, also das, was einen als Menschen halt so ausmacht. Die Seele, sozusagen ;) Man fühlt und denkt und fühlt ja, und das alles fließt ja zusammen, wie bei jedem anderen auch zu etwas, was man 'ich' nennt. Und das dann aus der Innenperspektive.
    Aber vielleicht gibt's das auch schon :nerved:

  • Ich fühle mich von Autisten, die sehr kontaktfreudig sind, einen mindestens durchschnittlich großen Freundeskreis haben bzw. ein unauffälliges Sozialleben, nicht repräsentiert. Aber das ist es ja gerade, wir sind alle sehr verschieden und es kann nicht den Autisten geben.

    Das geht mir auch so. Ich finde, man sollte Autisten nicht so klischeehaft darstellen, wie es in den meisten Filmen geschieht. Jedoch würde ich mir schon jemanden wünschen, der in einem Autismuszentrum eindeutig als Autist erkannt werden könnte und nicht vielleicht ein BAP ist. Dazu gehören für mich Kontaktschwierigkeiten. Einerseits möchten die meisten Autisten Kontakte, andererseits ist es für viele schwierig, engere Kontakte eibzugehen bzw. zu halten.
    Natürlich gibt es zwischen Autisten große Unterschiede, doch wenn die Darstellung zu nah an der "Normalität" der meisten Menschen ist, führt dies ja dazu, dass andere sich fragen, wozu es überhaupt eine Autismusdiagnose gibt.
    Bisher habe ich nur eine Darstellung in Medien gefunden, die ich wirklich gut fand, nämlich im Jugedbuch "the cusious incident oft the dog in nighttime" (oder so ähnlich). Zwar war es auch ein wenig klischeehaft, jedoch konnte ich mich mit vielen Gedanken identifizieren.

  • Ich fühle mich von Autisten, die sehr kontaktfreudig sind, einen mindestens durchschnittlich großen Freundeskreis haben bzw. ein unauffälliges Sozialleben, nicht repräsentiert. Aber das ist es ja gerade, wir sind alle sehr verschieden und es kann nicht den Autisten geben.

    Ich fände es auf jeden Fall mal gut, wenn jemand selbstreflektiert bis selbstunsicher, ggf. auch sozial ängstlich wäre. Der ewige innere Dialog, ob man jetzt was falsches gesagt hat, was andere von einem denken, ob man sich wieder unmöglich verhalten hat, ob man zu viel oder zu wenig gesagt hat, das mal aus der Innenperspektive zu zeigen. Anstatt darüber zu lachen, dass die autistische Person andere vor den Kopf stößt. Den Zuschauer dabei mitnehmen, wie es sich anfühlt, ohne Verständnis für die sozialen Situationen durch den Alltag zu navigieren.

    Freundschaften und Autismus sind definitiv ein Thema, was man mehr ansprechen könnte, gibt es ja mit Mary & Max sogar schon :) Da gibt es ja viele Möglichkeiten, z.B. zu zeigen, wie die Suche nach Freundschaft mal misslingt, mal aber auch gelingt; wie Freundschaften zwischen Autisten und NTs ablaufen und welche Probleme sich da stellen, wie Freundschaften zwischen Autisten und anderen Autisten oder neurodiversen Personen ablaufen (DAS fehlt mir wirklich, das ist ja auch realistischer IMO als Freundschaften mit NTs), wie da gegenseitiges Verständnis gelingt, aber auch misslingt. Das könnte man ja sogar komödiantisch ausschlachten, wenn verschiedene Ängste, Phobien, Zwänge, Routinen etc. aufeinanderprallen.

  • Ich fände es auf jeden Fall mal gut, wenn jemand selbstreflektiert bis selbstunsicher, ggf. auch sozial ängstlich wäre. Der ewige innere Dialog, ob man jetzt was falsches gesagt hat, was andere von einem denken, ob man sich wieder unmöglich verhalten hat, ob man zu viel oder zu wenig gesagt hat, das mal aus der Innenperspektive zu zeigen. Anstatt darüber zu lachen, dass die autistische Person andere vor den Kopf stößt. Den Zuschauer dabei mitnehmen, wie es sich anfühlt, ohne Verständnis für die sozialen Situationen durch den Alltag zu navigieren.

    Und auch mal zu zeigen, dass man innen ganz 'normal' ist. Also auch Gefühle hat usw, eben keine Maschine ist. Wenn das dann eingebettet wäre in eine Erzählung, bei der klar ist, dass der Protagonist ein Autist ist, aber man dann sieht, dass er innen genauso ist, wie vielleicht ein NT, fände ich das gut. Zumindest sensible Menschen hätten dann vielleicht mehr Verständnis.

  • Wenn das dann eingebettet wäre in eine Erzählung, bei der klar ist, dass der Protagonist ein Autist ist, aber man dann sieht, dass er innen genauso ist, wie vielleicht ein NT, fände ich das gut. Zumindest sensible Menschen hätten dann vielleicht mehr Verständnis.

    Ich glaub, es wäre mehr Verständnis da, wenn man sieht, dass der Wunsch da ist, sich einzufügen, akzeptiert zu werden, normal zu sein, für andere da zu sein, Kontakte zu knüpfen usw. Auch verbunden mit Selbstzweifeln, Selbsthass, Frust, Enttäuschung, Scham, Überforderung, aber auch Stolz, Dankbarkeit, Zuneigung, (kindliche) Freude, Lachen, das man kaum unterdrücken kann...

    Es wäre mehr Verständnis da, wenn man mitbekommt, dass der Protagonist die Situation einfach falsch versteht und auf Grund dessen falsch handelt. Denn das ist ja was, was jeder kennt, der z.B. im Urlaub ist und die dortigen Sitten nicht kennt.

  • Es wird keinem Autisten gerecht. Dafür gibt es zu unterschiedliche Schweregrade.

    Sehe ich ähnlich, es kann aus meiner Sicht nicht gelingen Autismus darzustellen, es können nur einzelne Charaktere in das Romangeschehen eingebunden werden. .
    Hilfreich könnte es höchstens sein mal rauszuarbeiten, was genau das autistische ist in der Wahrnehmung des Charakters.

  • Ich glaub, es wäre mehr Verständnis da, wenn man sieht, dass der Wunsch da ist, sich einzufügen, akzeptiert zu werden, normal zu sein, für andere da zu sein, Kontakte zu knüpfen usw. Auch verbunden mit Selbstzweifeln, Selbsthass, Frust, Enttäuschung, Scham, Überforderung, aber auch Stolz, Dankbarkeit, Zuneigung, (kindliche) Freude, Lachen, das man kaum unterdrücken kann...
    Es wäre mehr Verständnis da, wenn man mitbekommt, dass der Protagonist die Situation einfach falsch versteht und auf Grund dessen falsch handelt. Denn das ist ja was, was jeder kennt, der z.B. im Urlaub ist und die dortigen Sitten nicht kennt.

    Das sehe ich auch so. Aber am Besten nicht nur mit rationalen Erklärungen, sondern so, dass der andere mitfühlen kann, also grad so, wie es im Alltag nicht möglich ist. Vielleicht durch passende künstlerische Mittel zugänglich gemacht. Zum Beispiel wie "American Beauty" mit Autisten :)
    Und vielleicht nicht nur, was sich bei Interaktionen mit anderen abspielt, sondern wie man so ist, wenn man mit sich allein ist. Und da bin ich zum Beispiel ein Wesen wie jedes andere - und ich bemerke die Input-Output-Störung kaum sondern nur Träume, Sehsüchte, Glück, Trauer, Melancholie usw.

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