Wie schaffen NTs so viel?

  • Dieser letztere Gedanke könnte eine Fehleinschätzung sein.

    Ich bin mir ziemlich sicher, dass es so ist. Ich hab es oft beobachtet, dass Menschen sagen, dass ihnen das wichtig ist, aber nicht danach handeln.

    Mir hat sich die Eingangsfrage auch oft gestellt und zwei Sachen sind mir zwei Sachen aufgefallen:
    1. Viele Menschen erzählen, dass sie z.B. x verschiedene Sportarten ausüben. Ich wundere mich, dass sie dafür so viel Zeit haben, tatsächlich machen sie insgesamt aber gar nicht so viel Sport. z.B. einmal die Woche und da dann immer was Unterschiedliches.
    2. Es gibt nicht nur einen Unterschied hinsichtlich der Energie-Löffel (nach Löffeltheorie), die man pro Tag hat, sondern Aktivitäten kosten auch unterschiedlich viel oder geben sogar welche zurück, je nach Person. Da können 4 Stunden Arbeit dann mehr Energie fressen als 8. Für mich macht es z.B. einen großen Unterschied, ob ich alleine arbeiten kann, oder ob da noch andere Menschen sind, mit denen ich mich befassen muss.

    Moderatorenbeiträge sind an der grünen und fetten Schrift erkennbar! Alles andere stellt meine persönliche Meinung als Forennutzerin dar.

  • Ich glaube, dass es, wie es hier auch schon erwähnt wurde, etwas mit Zeitmanagement zu tun hat.

    Mein Pensum ist tatsächlich sehr hoch und ich weiß, dass das viele NTs auch nicht schaffen würden. Der einzige Grund, aus dem das funktioniert, ist, dass ich ein sehr gutes Zeitmanagement habe. Ich musste von klein auf immer sehr gut planen, damit ich damals noch die Schule neben meinen ganzen Hobbys schaffen konnte, heute Jobs, Studium Sport. Das ist auch nicht für jeden das Richtige, klappt für mich aber, weil es tatsächlich in sehr klaren Strukturen ist (ich habe sogar meine Sozialkontakte fest in meinen "Stundenplan" eingebaut). Mir wurde schon vor Jahren mal gesagt, dass ich erstaunlich gut einschätzen kann, wie lange man für welche Dinge braucht (ich habe bei meinem Trainerschein die Prüfungsstunde in 2 bis 3 Minuten-Schritten zum Teil geplant, da es inhaltlich nicht anders ging und das hat genau gepasst), das kommt mir sehr entgegen.

    Ich denke, wenn man damit ein Problem hat, egal ob NT oder Aspie, wird es schwierig.

    Das Problem mit dem Schlafen habe ich leider auch. Zumindest mit dem Einschlafen, das Aufstehen ist kein Problem, wenn der Wecker klingelt stehe ich auf, schließlich gerät sonst mein ganzer Plan durcheinander und das ist der Horror schlechthin.

    Eine Sache, die mir bei NTs schon häufiger aufgefallen ist: Sie sagen oft, wie lange sie schon an etwas arbeiten, lernen etc., im Endeffekt lassen sie sich aber sehr viel durch das Handy ablenken und scrollen durch diverese Social Media. Das verbuchen sie im Kopf dann als gearbeitet oder gelernt, auch wenn sie im Endeffekt, vielleicht nur die Hälfte der Zeit tatsächlich das getan haben, was sie sagen. Und ich glaube, dass es ihnen nicht einmal bewusst ist, dass sie sich damit selbst hinters Licht führen (RW).

  • Oder es liegt daran, dass ich zu viele Regeln versuche zu beachten, z.B. alles gebraucht, regional, saisonal, fairtrade, bio, aber dabei auch sehr günstig zu kaufen? Aber das tun meine Kollegen doch auch, denke ich.

    Viele Menschen behaupten zwar, daß es ihnen wichtig sei und sie darauf achten, aber sie handeln nicht (oder zumindest nicht konsequent) entsprechend. Ansonsten müßten regionale, saisonale, Fair-Trade- und Bio-Produkte inzwischen wohl den Großteil des Warenangebots ausmachen, weil ja angeblich kaum noch etwas anderes gekauft wird. Tatsächlich sieht es bei den Meisten wohl so aus, daß sie eher zufällig mal zu solchen Produkten greifen bzw. sie sich allenfalls dann dafür entscheiden, wenn die Artikel in dem Laden erhältlich sind, in dem sie sowieso einkaufen. Selbst wenn das am Ende nur einen kleinen Teil der Einkäufe ausmacht, versuchen viele Menschen dann andere (und evtl. sogar sich selbst) davon zu überzeugen, daß sie eine gute Entscheidung getroffen haben und sie folglich immer darauf achten. (Oder so ähnlich… ich weiß auch nicht, wie man zu solchen Aussagen kommt.)

    Ich ertappe mich auch oft dabei, daß ich mich frage, wie andere Leute all das schaffen. Wahrscheinlich liegt es daran, daß ich höhere Ansprüche (an mich selbst) stelle, bevor ich behaupte auf etwas zu achten oder etwas zu können, als der Durchschnitt. Das „Problem“ sind nicht diejenigen, die etwas noch besser können, sondern diejenigen, die etwas so gerade noch gut genug können (und damit durchkommen und zufrieden sind).

  • Ich habe zB 6 Haustiere (statt Kindern).


    Ich finde, dass das genau so Arbeit ist. Ich mag die scheinbar selbstverständliche Unterstellung nicht, das nur weil man zu Hause wäre man nicht/nichts arbeiten würde. Man hat keine bezahlte Arbeit, aber Tiere zu versorgen, den Haushalt zu machen, manche haben noch Kinder um die sie sich kümmern, das ist genau so Arbeit. Und während ein kinderloser Büroangestellter um 16 Uhr Feierabend hat, und Urlaub und freie Wochenenden, muss man sich um Tiere und Kinder jeden Tag kümmern. Weshalb ich persönlich es nicht berechtigt finde, wenn man jemand anderem unterstellt man würde nichts arbeiten weil man nur zu Hause ist. Tagesmutter, Reinigungskraft, Tierpfleger, sind auch Berufe in denen man quasi dieselben Tätigkeiten macht.

    LG IceQuenn.

  • Ich finde, dass das genau so Arbeit ist. Ich mag die scheinbar selbstverständliche Unterstellung nicht, das nur weil man zu Hause wäre man nicht/nichts arbeiten würde. Man hat keine bezahlte Arbeit, aber Tiere zu versorgen, den Haushalt zu machen, manche haben noch Kinder um die sie sich kümmern, das ist genau so Arbeit. Und während ein kinderloser Büroangestellter um 16 Uhr Feierabend hat, und Urlaub und freie Wochenenden, muss man sich um Tiere und Kinder jeden Tag kümmern. Weshalb ich persönlich es nicht berechtigt finde, wenn man jemand anderem unterstellt man würde nichts arbeiten weil man nur zu Hause ist. Tagesmutter, Reinigungskraft, Tierpfleger, sind auch Berufe in denen man quasi dieselben Tätigkeiten macht.

    Natürlich ist das so. Wenn man keine Kinder und Haustiere zu versorgen hat (und nicht gerade jeden Tag X Überstunden macht), hat man trotz Vollzeitstelle noch viel Zeit. Schon, weil man sich gedanklich nur mit sich selbst beschäftigen muss.
    Ich kümmere mich übrigens auch nicht um meine eigenen Tiere, sondern mache in dem Bereich auch ehrenamtliche Sachen.

    Es ist gesellschaftlich so, dass halt bestimmte Tätigkeiten als Arbeit angesehen werden oder als anstregend, andere als Hobby. Solange ich schreibe, ohne damit Geld zu verdienen, ist es mein Hobby. Wenn ich damit meinen Lebensunterhalt bestreiten würde (oder einen Teil), wäre es plötzlich mein Beruf, obwohl sich defacto nichts daran ändert.

    Zur Eingangsfrage will ich auch noch anmerken, dass viele Leute ihr Leben auch beschönigen. Statt zu sagen, ich habe das ganze Wochenende am Computer verspielt, haben sie halt eifrig programmiert. Es ist schließlich so, dass niemand mehr als 24 Stunden pro Tag hat. Nur Personen, die mit sehr wenig Schlaf auskommen, haben einen Vorteil. Die meisten schlafen jedoch im Schnitt 7 (oder 8) Stunden. Das heißt, wenn sie davon mit Fahrtweg und Pause 10 Stunden auf der Arbeit sind, bleiben noch 6 Stunden übrig. (Für einen durchschnittlichen Arbeitstag). Davon gehen - zumindest bei Frauen und alleinstehenden Männern - noch soundso viele Stunden für Kochen oder Essen besorgen und Haushalt drauf. Außerdem Körperpflege etc.
    So, und wie viel bleibt dann noch? In der wenigen Zeit wollen sie dann noch programmieren, sich um die Kinder kümmern, Sport machen, sich mit dem Partner beschäftigen und Freunde treffen. Wie in diesen Zeitrafferfilmen oder was? :d

  • Ich habe einen Vollzeitjob (allerdings mit Gleitzeit - je nachdem aber auch mal Überstunden), habe keine Kinder, keine Freundin und auch keine Haustiere und was Haushalt und Einkaufen angeht unterstützen mich meine Eltern etwas - und trotzdem frage ich mich manchmal wie andere Menschen das alles schaffen. 7-9 Stunden am Stück schlafen ist für mich purer Luxus - so lange habe ich schon lange nicht mehr geschlaffen. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass der Tag trotzdem länger als 24 Stunden hätte. Selbst was meine ganzen Interessen angeht bekomme ich die gar nicht alle immer unter über den Tag hinweg. Ein anderer Kumpel erlebt so viel und hat für so viele Dinge Zeit und wenn ich 2 Mal in der Woche etwas mit Freunden unternehme ist das schon extrem viel für mich - ich weiß nicht wie er es schafft mit noch viel mehr Menschen in Kontakt zu bleiben. Sein Zeitmanagment ist einfach unglaublich.

  • Letztlich ist es ja schnuppe, was andere schaffen. Ich bin auch manches Mal überrascht, was andere Menschen außer ihrer Arbeit noch alles so machen. Andererseits werden auch die irgendwo Abstriche machen, z.B. Zeit mit den Kindern (irgendwann sind sie aus dem Haus, dann kannst Du nix mehr nachholen), Zeit mit PartnerIn oder anderes. Nicht ohne Grund nimmt das Burnout als Erkrankung immer mehr zu.
    Ich würde auch oft gerne mehr schaffen, aber mein ganzer Körper zeigt mir klar meine Grenzen auf.
    Und ob NTs wirklich mehr schaffen oder es nur so aussieht, ist vermutlich schwer zu beantworten. Was hinter den Kulissen abläuft, kriegt doch keiner mit. Ich denke, viele merken gar nicht, dass sie im Alltag ein Tempo draufhaben, dass sich irgendwann rächen wird (kenne aktuell einige Fälle mit Burnout, Depressionen, usw. Weil über die persönlichen Grenzen gegangen wurde).

  • Selbst wenn das am Ende nur einen kleinen Teil der Einkäufe ausmacht, versuchen viele Menschen dann andere (und evtl. sogar sich selbst) davon zu überzeugen, daß sie eine gute Entscheidung getroffen haben und sie folglich immer darauf achten. (Oder so ähnlich… ich weiß auch nicht, wie man zu solchen Aussagen kommt.)

    Da dürfte was dran sein.

    (siehe Gedächtnisforschung, siehe Forschungen zu Entscheidungsfindungen)

    Wenn ich auf eigentlich wichtige Punkte beim Konsum achte, wie oben von @seven_of_nine beschrieben, komme ich z.B. beim Einkaufen fast nicht vom Fleck; immerfort lese ich das Kleingedruckte, vergleiche, bücke mich, um die Preise "ganz unten" pro 100 g /1 kg zu vergleichen usw.

    Ein wichtiger Punkt (meiner Meinung nach) für das häufige Vorkommen starker Erschöpfungszustände bei Aspies - im Vergleich zu NTs -ist der ständige Stress, dem man mehr oder weniger freiwillig ausgesetzt ist.

    Stress ist ja nicht "viel Arbeit" :prof:
    Stress ist das Missverhältnis von Aufgaben/Zumutungen/ Notwendigkeiten einerseits und realer Möglichkeiten zur Erfüllung dieser Ziele andererseits

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

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