Komorbidität ASS + ADHS

  • denn hinsichtlich der sozialen Kompetenzen passen sie definitiv nicht zusammen.

    Soziale Kompetenz ist aber für die AD(H)S Diagnose irrelevant. Das hat damit NICHTS zu tun. Taucht in den Diagnosekriterien nicht auf. Ist egal ob vorhanden oder nicht.
    Deshalb schließt es sich eben nicht mit ASS aus, weil da die Kommunikationsfähigkeiten für die Diagnose relevant sind.

    Man hat halt Leute die haben eine Schnittmenge an Problemen, und solche die sind an den Rändern des jeweiligen Spektrums. Die Hybris derjenigen die nur im Autismusspektrum stecken ist immer wieder faszinierend. Es geht hier nunmal nicht um eigene Meinungen, sondern darum wie das in den jeweiligen Diagnostikinstrumenten definiert ist. Die bilden ja auch nicht die Realität komplett ab sondern bieten nur Schubladen mit groben Sortierkriterien an. Natürlich kann sich das jederzeit auch wieder ändern, dann hat man halt andere Schubladen. Stand jetzt in unserem Land ist eben, es schließt sich per Definition NICHT aus.
    Es gibt Leute die haben eben nur AD(H)S die sind dann oft sozial kompetent, aber genau wie man nur EINEN Autisten kennt wenn man einen Autisten kennt, kennt man eben nur einen AD(H)S ler wenn man einen kennt der nicht auch noch Autismus hat.
    Zusätzlich haben nur AD(H)S ganz oft so starke Selbstwertprobleme und Verlustängste, so dass sie auch keine Freundschaften oder innige Beziehungen eingehen (dann aber aus anderen Gründen als Autisten).

    Una est catena quae nos alligatos tenet, amor vitae

    3 Mal editiert, zuletzt von Zebra (5. Juli 2022 um 07:31)

  • Zusätzlich haben nur AD(H)S ganz oft so starke Selbstwertprobleme und Verlustängste, so dass sie auch keine Freundschaften oder innige Beziehungen eingehen

    Das ist mir ganz neu. Könnse das mal erläutern? :)

    Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit. Erasmus von Rotterdam (1465/1469 - 1536)

  • Zitat

    Stand jetzt in unserem Land ist eben, es schließt sich per Definition NICHT aus.

    Doch tut es. Noch haben wir nämlich den ICD-10 und nach dem darf nicht beides zeitgleich vergeben werden. Das ändert sich erst mit dem ICD-11.
    Dennoch wird schon länger beides vergeben. In dem Punkt wird der ICD-10 einfach ignoriert.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe.
    Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Danke für den Link. Er belegt ja die These, dass es sich ausschließende Unterschiede gibt. Ich würde sagen, wenn bei jemandem ein Teil der ASS-Kriterien und ein Teil der ADHS-Kriterien zutreffen, hat er nicht beides, sondern keins von beidem, aber autistische und ADHS-Züge.
    Schlussendlich ist das ja alles keine unwiderlegbare Wissenschaft, sondern bestimmte Personen bestimmten: So und so ist es jetzt und ein paar Jahre später kann es schon ganz anders aussehen.

  • Er belegt ja die These, dass es sich ausschließende Unterschiede gibt.

    Hast du den Einleitungsteil nicht gelesen? Da steht explizit drin, dass es auch beides gleichzeitig gibt, diese Fälle in der anschließenden Gegenüberstellung aber außen vorgelassen sind und nur dargestellt wird, was bei ausschließlich ADS und ausschließlich ASS gegeben sein müsste. Hat man beides, macht man bei allen (!) Kriterien auf beiden Seiten Häkchen (und ja, das geht, auch wenn das für jemanden, der eben nicht ständig diese Widersprüchlichkeit innerlich erlebt, schwer vorstellbar ist).

    Einmal editiert, zuletzt von Aldana (6. Juli 2022 um 14:18)

  • Doch tut es. Noch haben wir nämlich den ICD-10 und nach dem darf nicht beides zeitgleich vergeben werden. Das ändert sich erst mit dem ICD-11.
    Dennoch wird schon länger beides vergeben. In dem Punkt wird der ICD-10 einfach ignoriert.

    Das wurde mir auch so gesagt.

    Nein. Du verwechselst da was mit dem DSM.

    Hat vielleicht irgendwer mal Lust, nach seriösen Belegen für die diversen Ansichten/Auffassungen zu suchen?

    Surprised by the joy of life.

  • Hat vielleicht irgendwer mal Lust, nach seriösen Belegen für die diversen Ansichten/Auffassungen zu suchen?

    Hier, aus einem Abstract zu dem Thema von 2010 als noch das DSM-IV und die ICD-10 gültig waren:

    The potential for the coexistence of the developmental disorders autism and attention-deficit/hyperactivity disorder (ADHD) in any one individual has for a long time been a contentious issue. While from a neurobiological perspective it is possible, and even highly likely, that ADHD and autism might clinically co-exist, our major diagnostic classification systems (DSM-IV-TR and ICD-10) currently preclude such a dual-diagnosis.

    "Auf der Metaebene lässt sich Abstand gewinnen zum Geschehen. [...] Und dabei zeigt sich, dass es andere Perspektiven, andere Erlebensweisen und viel mehr Möglichkeiten für Lösungen gibt, als sich der Mensch in seiner alten kleinen Welt hatte träumen lassen." (Brit Wilczek)

  • Ein schöner Vergleich zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten:

    http://adhs-deutschland.de/Portaldata…n-20171028_FangmeierT.pdf

    Interessant!

    Hat vielleicht irgendwer mal Lust, nach seriösen Belegen für die diversen Ansichten/Auffassungen zu suchen?

    Ist bzw. wird das nicht mittlerweile etwas kleinkariert?
    Vllt. lesense mal dies: https://tinyurl.com/5n9769np :)

    Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit. Erasmus von Rotterdam (1465/1469 - 1536)

  • Ich hab ja die Theorie, dass ASS einige Züge beinhalten, die mit ADHS verwechselt werden können, und dass deshalb oft überflüssigerweise Doppeldiagnosen gestellt werden, obwohl die ASS alleine auch schon alles erklären könnte.
    Damit meine ich vor allem die Schwierigkeiten bei der Handlungsplanung, ein gewisses Verpeiltsein, Dinge nicht anfangen können, sich leicht ablenken lassen. Wenn eine Aufgabe aus vielen Handlungen besteht, mache ich oft alles durcheinander und nicht in einer logischen Reihenfolge.

    Ich habe im Unterricht auch ständig gemalt, und in Besprechungen mache ich das heute immer noch. Ich habe große Schwierigkeiten, länger sitzen zu bleiben, während ich jemandem zuhören soll. Eine Online-Fortbildung, die länger als zwei Stunden geht, könnte ich nicht machen. Ich brauche immer die Möglichkeit, zwischendrin aufzustehen, mal was anderes zu machen, mich auszuruhen. Bei selbstgewählten Beschäftigungen (allein) kann ich aber stundenlang sitzen bleiben.

    Für mich gehört das, obwohl es sich ähnlich wie ADHS anhört, trotzdem zur ASS dazu.

    Mich würde interessieren: diejenigen, die beide Diagnosen haben, welche von euren Eigenschaften denkt ihr, gehören nur zu ADHS, nicht zu AS?

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Die "Autismus-Spektrums-Störung" beruht auch nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen sondern darauf daß die "Fachkräfte" jeden Überblick und jede Kontrolle verloren haben.

    Das hätte ich dann doch gerne mal näher erläutert.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Soziale Kompetenz ist aber für die AD(H)S Diagnose irrelevant. Das hat damit NICHTS zu tun. Taucht in den Diagnosekriterien nicht auf. Ist egal ob vorhanden oder nicht.
    Deshalb schließt es sich eben nicht mit ASS aus, weil da die Kommunikationsfähigkeiten für die Diagnose relevant sind.

    :thumbup:

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Bei ADHS gibt es schon auch Einschränkungen der sozialen Kompetenz.
    https://www.adhs-studien.info/Training_sozia…r_mit_ADHS.html

    "Zu den häufigsten Begleiterscheinungen einer ADHS gehören mangelnde soziale Kompetenzen."

    Kann man auch noch weiter googeln, da der Link sonst nicht viel hergibt.

    Folglich könnte es auch sein, dass jemand nur ADHS hat und kein AS, wenn er ADHS-Symptome plus Einschränkungen der sozialen Kompetenz hat. Kommt aber sicher darauf an, welcher Art die Einschränkungen der sozialen Kompetenz sind. Das wäre die Aufgabe der Diagnostiker, diese Details zu unterscheiden. Ich habe die Befürchtung, dass das oft schief geht und die Diagnosen in alle Richtungen sehr freigiebig verteilt werden.
    Wahrscheinlich würde ich auch jemanden finden, der mir ADHS diagnostiziert, wenn ich es darauf anlegen würde (aber ich glaube nicht, dass ich ADHS habe, deshalb würde ich das nicht versuchen).

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Mir geht es ähnlich.Mit diagnostischen Schreiben von Diagnosestellen,Kliniken,Gutachtern für den SbA Fachkräften etc. kann ich mir mittlerweile die Wände tapezieren.Das ist wirklich keine Übertreibung.Und dann tauchen hier Leute im Forum auf die (angeblich) eine AS oder "ASS"-Diagnose haben in denen ich mich einfach nicht wieder erkenne.

    Du hast jedenfalls das fehlende-Leerzeichen-Syndrom, ob du dafür eine offizielle Diagnose hast, weiß ich allerdings nicht ;)

    Bei den Selbsttests zu ADHS hab ich sehr hohe Werte, höher als bei AS, weil ich halt ein recht "sozialer" Mensch in dem Sinne bin, dass ich gerne mit anderen Zeit verbringe (heißt nicht, dass ich sozial kompetent bin, das bin ich NICHT). Hab aber nur die Asperger-Diagnose aus der Kindheit.

    Aber ich hatte halt nie Konzentrationsschwierigkeiten in der Schule oder an der Arbeit, wenn ich muss, kann ich mich auf alles konzentrieren. Habe eher Schwierigkeiten, meine Aufmerksamkeit NICHT zu fokussieren, vergesse z.B. alles um mich herum, wenn ich mit einer Person spreche. Also ich bin zu oft und zu schnell im Hyperfokus.

    Ich sage daher meistens einfach, dass ich eine starke exekutive Dysfunktion habe, weil das auf mich definitiv zutrifft. Ich habe große Schwierigkeiten Aufgaben zu planen und Dinge zu organisieren und zu priorisieren, Entscheidungen zu treffen, Tätigkeiten zu unterbrechen, anzufangen, zu beenden, Ordnung zu halten, Probleme mit Impulskontrolle, Selbstregulation, Einalten von Routinen (ehrlich gesagt, ich habe keine, ich schaff es nicht...), Aufmerksamkeit vom Hyperfokus auf die Umgebung zurücklenken usw. Auch die Regulation des müde und wach werdens funktioniert überhaupt nicht.

    4 Mal editiert, zuletzt von seven_of_nine (10. Juli 2022 um 00:45)

  • Mich würde interessieren: diejenigen, die beide Diagnosen haben, welche von euren Eigenschaften denkt ihr, gehören nur zu ADHS, nicht zu AS?

    Exekutive Dysfunktion wird ja auch Autismus zugerechnet. Wie schon öfters geschrieben glaube ich nicht, dass diese beiden Schubladen unbedingt so sinnvoll sind. Bei ADHS geht es letztlich primär um Defizite in den Exekutivfunktionen (die wiederum aus verschiedenen Teildimensionen bestehen) und bei AS primär um Wahrnehmung und soziale Interaktion sowie obsessives Verhalten. Schließt sich auch beides absolut nicht aus.

    Man sollte eher die einzelnen Dimensionen betrachten als die beiden Schubladen AS und ADHS. Ansonsten hat halt jeder Autist mit exekutiver Dysfunktion in irgendeinem Bereich (sei es Impulsivität, Unaufmerksamkeit, Unordentlichkeit) "ein bisschen ADHS".

    Und wie schon geschrieben:
    https://www.spectrumnews.org/news/risk-gene…ention-deficit/

  • Also, ich sehe die beiden Diagnosen nicht gegensätzlich ,verstehe jedoch, dass du es seltsam findest, dass beide vergeben werden, denn hinsichtlich der sozialen Kompetenzen passen sie definitiv nicht zusammen. Das ist ja ein Unterscheidungsmerkmal, somit ist es unlogisch, dass man beides haben kann.

    Versteh ich nicht. ADHS ist durch Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität definiert. Das alles kann ein Mensch mit sehr hoher sozialer Kompetenz sein (solche ADHSler kenne ich einige), aber eben auch ein Mensch mit sehr niedriger oder mittlerer sozialer Kompetenz.

  • Mich würde interessieren: diejenigen, die beide Diagnosen haben, welche von euren Eigenschaften denkt ihr, gehören nur zu ADHS, nicht zu AS?

    Warum sollte ich mir dazu Gedanken machen? Ich denke, wenn ich weiß um was es geht, dann ist es mir im grunde total schnurz ob es jetzt zu ADHS oder ASS gehört. Wichtig ist, dass man es weiß und auch weiß, wie man damit umgehen sollte. Eher ist es doch andersherum, so wie ich das erfahren habe, nämlich dass man einige Eigenschaften festgestellt hat und anhand dessen kuckt man, wo die meisten Eigenschaften reinpassen, in Schublade ASS oder ADHS. Und wenn ein kleiner Teil bei ADHS rein passt aber der größere und vllt. auch schwerwiegendere Teil wahrscheinlich bei ASS rein passt, dann kann man sagen, dass ADHS eine Rolle spielt aber wohl nicht die Hauptrolle weil eben der schwerwiegendere Teil eher zu ASS gehört und noch ein paar andere Dinge, die aber nicht untersucht wurden. Dann kann man die Diagnose bzw. Untersuchung in Richtung ASS lenken und da das Ergebnis abwarten. Letztlich kommt dann ein Spektrum an Eigenschaften heraus und was worunter fällt ist mir komplett egal und auch eig. unwichtig. Ich will auch nicht anfangen, meine "Dinger" in irgendwelchen Schubladen zu packen die womöglich in ein paar Jahren wieder umgeworfen werden.

    Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit. Erasmus von Rotterdam (1465/1469 - 1536)

  • denn hinsichtlich der sozialen Kompetenzen passen sie definitiv nicht zusammen.

    Das würde ich gerne verstehen.

    Soweit ich weiß, ecken ADHSler in ihrer Kindheit in Gruppen an, generell bei anderen Kindern. (Sie können schwer zuhören, reden wie ein Wasserfall möglichst über ihre Interessen, haben bestenfalls noch Tics und sind laut und evtl. aggressiv...). Weshalb sie eben keine gesunde soziale Kompetenz entwickeln können. Der Unterschied zu ASS ist hier, dass ADHSler grds. dazu in der Lage wären, ASSler jedoch intrinsisch entwicklungsbedingt eine sehr geringe soziale Kompetenz besitzen (von Ausnahmen in beiden Fällen abgesehen).

    Es stimmt schon, dass ADHS + ASS sehr widersprüchliche Charaktere sind, allerdings ist das - wenn man mal genauer darüber nachdenkt - doch eigentlich jeder Mensch. ;)

    Man braucht mehr als ein Wort, um einen Menschen zu beschreiben.

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