Verwechslung Autismus/Hochbegabung/Hochsensibilität

  • Vielleicht hättest du eher geschrieben "ich habe hochbegabte Bekannte, die kommen ganz normal klar bzw. noch besser (durch ihre hohe Intelligenz)" Dann wäre es, aus meiner Sicht, nicht so verallgemeinert gewesen.

    Es ist ja ein Gesamtbild, welches sich für mich - vielleicht aus zu wenigen Infos? - ergeben hat. Ich finde den Austausch aber sehr interessant, z.B. die Anmerkung mit fehlender Förderung, anderem sozialen Umfeld etc. :thumbup: :)

    Ich sehe allgemein IMMER die Gefahr, dass Menschen dazu tendieren, sich Schwierigkeiten mit HSP oder Hochbegabung zu erklären, die auch durch Autismus und ADHS erklärbar wären. Auf diese Gefahr möchte ich hinweisen.

  • Viele hatten eher negative Erfahrungen damit gemacht, mit ihrer Hochbegabung offen umzugehen.

    Völlig logisch, denn die Mehrheit der Menschen ist meiner Beobachtung nach leistungsneidisch.
    Allerdings habe ich bei ebenfalls hochbegabten Freunden und Bekannten, die meine autismusbedingten sozialen Schwierigkeiten eben nicht haben, beobachten können, dass sie es durchaus hinkriegen, ihr Potential voll auszuschöpfen, ohne dass die Wenigerbegabten dabei ihre eigne Unfähigkeit realisieren und somit auch nicht leistungsneidsch werden.

    Ich gehe auch davon aus, dass die häufig berichteten Probleme von Hochbegabten eigentlich auf andere Sachen -wie eben auch Autismus- zurückzuführen sind.

  • Hab mir gerade das Y-Kollektiv-Video angesehen.

    Da gibt es eine Parallele zwischen Hochbegabten und Autisten:

    Die "Verteilung" des Phänomens zwischen den Geschlechtern ist gleich, aber bei betroffenen Jungs fallen diese eher auf; Mädchen "machen es lieber mit sich selber aus" - ich denke, vor allem, wenn Probleme auftauchen.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Verwechslung Autismus/Hochbegabung/Hochsensibilität
    Die Grenzen sind vermutlich schon sehr schwammig.


    Ich möchte dazu jetzt doch mal genauer nachfragen, geht es da nur um Verwechslung wenn jemand entweder das eine oder das andere hat? Oder geht es (auch) darum, das man nur entweder das eine oder das andere haben kann?

    LG IceQueen.

  • Es geht darum, dass, wenn jemand eins davon hat, nämlich Hochbegabung oder Hochsensibilität, ob das im Einzelfall auch aussehen kann wie Asperger (bei ungünstiger Ausgangslage), obwohl es kein Asperger ist.
    Hochbegabung und Asperger geht öfter zusammen, es kann aber auch nur eins von beidem sein. Hochsensibilität geht wahrscheinlich auch zusammen oder allein.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Anstatt etwas über andere zu behaupten was du mitbekommen hast, würde ich es "begrüßen" (Redewendung) sich eher bei betreffenden zu erkundigen wie es wirklich ist. Für mich ließt sich das genau so wie die typischen Vorurteile über Autisten, die man irgendwo mal mitbekommen hat und das einfach nur widergibt ohne es selbst wirklich genauer zu wissen.

    Mir scheint Hochbegabung eine Fähigkeit zu sein, mit der man lernen muss umzugehen.

    Wer mit Kindern arbeitet, mit geistig Behinderten oder mit Leuten von geringer Bildung, der kommt ja auch nur gut klar im Job wenn er sich seinen "Kunden" anpasst und mit ihnen so umgeht, dass sie ihn verstehen und ihn nicht als Unsympathen wahrnehmen, mit dem sie lieber nichts zu tun haben wollen.

    Das gilt sinngemäß auch für den Hochbegabten. Ihm muss klar sein, dass Normalbürger seinen geistigen Möglichkeiten oft nicht folgen können. Gut für ihn, wenn er sich auf die kommunikative Ebene von durchschnittlich intelligenten Menschen "runterrechnen" kann. Probleme gibt es für ihn, wenn er das nicht kann oder die Notwendigkeit dazu nicht einsieht.

    Ich hatte einen hochbegabten Klassenkameraden, der war ein Musterbeispiel wie es zwischen so einem und Normalo-Kids laufen sollte.

    Er war klein, schmächtig und schlecht im Sport. Seinen geistigen Höhenflügen konnte keiner folgen und sein Spitzname war "Professor". Er hatte kaum Interessen die ihn zu gemeinsamen Aktivitäten mit uns anderen befähigt hätten, aber er war so freundlich und hilfsbereit und wenig arrogant dass alle ihn mochten und wenn sich mal ein Raudi von außerhalb an ihm vergreifen wollte, stellte sich die ganze Klasse vor ihn.

    Ich war ein Bisschen neidisch auf ihn. Nicht auf seine Intelligenz, sondern auf seine Fähigkeit trotz seiner zum Außenseitertum prädestinierenden Eigenschaften besser akzeptiert zu werden als beispielsweise ich.

  • Allerdings habe ich bei ebenfalls hochbegabten Freunden und Bekannten, die meine autismusbedingten sozialen Schwierigkeiten eben nicht haben, beobachten können, dass sie es durchaus hinkriegen, ihr Potential voll auszuschöpfen, ohne dass die Wenigerbegabten dabei ihre eigne Unfähigkeit realisieren und somit auch nicht leistungsneidsch werden.

    Sehe ich genauso wie du :thumbup:

  • Völlig logisch, denn die Mehrheit der Menschen ist meiner Beobachtung nach leistungsneidisch.Allerdings habe ich bei ebenfalls hochbegabten Freunden und Bekannten, die meine autismusbedingten sozialen Schwierigkeiten eben nicht haben, beobachten können, dass sie es durchaus hinkriegen, ihr Potential voll auszuschöpfen, ohne dass die Wenigerbegabten dabei ihre eigne Unfähigkeit realisieren und somit auch nicht leistungsneidsch werden.

    Ich gehe auch davon aus, dass die häufig berichteten Probleme von Hochbegabten eigentlich auf andere Sachen -wie eben auch Autismus- zurückzuführen sind.

    Endlich jemand, der mir zustimmt :d :oops: :o

  • die häufig berichteten Probleme von Hochbegabten eigentlich auf andere Sachen -wie eben auch Autismus- zurückzuführen sind


    Ich meine das es auch anders herum gehen kann, also das z.B. eine zusätzliche Hochbegabung und/oder Hochsensibilität zum Beispiel autistische Defizite reduzieren kann. Wenn es einem zum Beispiel leichter fällt zu lernen und zu verstehen, wie NTs "ticken" (Redewendung) oder wie die NT Welt funktioniert. Oder wenn man spürt wie sich der Gegenüber fühlt, und man dessen Mimik nicht braucht. Vielleicht davon abhängig, was wie stark ausgeprägt ist.

    LG IceQueen.

  • Ich meine das es auch anders herum gehen kann, also das z.B. eine zusätzliche Hochbegabung und/oder Hochsensibilität zum Beispiel autistische Defizite reduzieren kann. Wenn es einem zum Beispiel leichter fällt zu lernen und zu verstehen, wie NTs "ticken" (Redewendung) oder wie die NT Welt funktioniert. Oder wenn man spürt wie sich der Gegenüber fühlt, und man dessen Mimik nicht braucht. Vielleicht davon abhängig, was wie stark ausgeprägt ist.

    Zu einem gewissen Grad stimmt das wohl, es mag dazu führen, dass ein autistischer Mensch erst einmal unauffälliger wirkt. Auf lange Sicht nützt das meiner Vermutung aber nur begrenzt. Unter Stress funktioniert die bewusste Kompensation oft nicht mehr. Und wenn die intuitive Kommunikation eingeschränkt ist, lässt sich das kognitiv ohnehin nicht voll auffangen. Im schlimmsten Fall kann es sogar dazu führen, dass es noch weniger Verständnis für die Schwierigkeiten gibt.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

  • Im schlimmsten Fall kann es sogar dazu führen, dass es noch weniger Verständnis für die Schwierigkeiten gibt.


    Du meinst so im Sinne von "du bist doch (zusätzlich) hochbegabt/hochsensibel/etc. und müsstes das doch können" bzw. "...müsste es für dich doch kein Problem sein" und ähnliches?

    LG IceQueen.

  • Du meinst so im Sinne von "du bist doch (zusätzlich) hochbegabt/hochsensibel/etc. und müsstes das doch können" bzw. "...müsste es für dich doch kein Problem sein" und ähnliches?

    Hier meinte ich eher, dass es bei Menschen, die auf den ersten Blick gut kompensieren und weitgehend unauffällig wirken, weniger Verständnis gibt, wenn das mal nicht klappt. Bei einem Menschen, der von Anfang an merkwürdig wirkt, passen andere ihre Erwartungen vielleicht gleich entsprechend an ("besser" ist das auch nicht unbedingt, vielleicht wird demjenigen dann gar nichts mehr zugetraut). Aber stimmt, so Sprüche wie "du bist doch sonst so schlau" oder zumindest ähnliche Gedanken kann es natürlich auch geben.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

  • Interessante Ausführungen!

    Ich möchte anhand meiner Familie mal ein Beispiel herauspicken:

    Meine Schwester ist eine LFA mit "geistiger Behinderung".
    Ich bin ein HFA mit überdurchschnittlicher Intelligenz.

    Meine Schwester ging auf einer Förderschule und war damit unzufrieden weil unterfordert.
    Ich ging nach einen IQ-Test doch auf eine Gesamtschule und war mit dem Schulstoff unter-, aber sozial hoffnungslos überfordert (mit entsprechenden Mobbing-Erfahrungen).

    In meiner Freizeit habe ich ihr Deutsch, Englisch, Mathe beigebracht - Schulstoff Mathe ging auf Anhieb (hier powert sie den Stoff 10x schneller durch als der Durchschnitt), der sprachliche Teil war für sie normal zu erlernen.

    Kann es sein, daß man angeblich "geistig behinderte" Autisten wirklich nullkommanichts zutraut und den hochfunktionalen Autisten alles als "machbar, wenn nur der Wille da ist" unterstellt? Ich fände es gut, wenn sich die NT-Gesellschaft einmal vom hohen Roß (RW) herunterkommt und schaut, was in jedem Individuum steckt...

    Im beruflichen Teil geht es übrigens genauso weiter: Meine Schwester war in den Behindertenwerkstätten weiterhin unterfordert und ich als Angestellter erfolglos. Sie ist jetzt in Frührente und ich konnte die Negativspirale nur durch eine berufliche Selbstständigkeit in meiner Nische entkommen.

    Freundliche Grüße

    infla

  • Ich fände es gut, wenn sich die NT-Gesellschaft einmal vom hohen Roß (RW) herunterkommt und schaut, was in jedem Individuum steckt...

    Auf jeden Fall richtig. Sowohl Hochbegabung als auch Autismus sind Charakterisierungen, für die individuell Lösungen gefunden werden müssen. Man muss sich um diese Kinder kümmern und schauen, was ihnen hilft.


    Ich habe mich gefragt, ob diese Verwechslungsgefahr auch bei Erwachsenen noch bestehen könnte, oder ob die Persönlichkeit da schon so weit entwickelt ist oder sich Probleme so klar manifestiert haben, dass ein Diagnostiker das (Autismuskenntnisse vorausgesetzt) auseinanderhalten kann.
    Was denkt ihr?

    Ein/e gute/r Diagnstiker/in sollte das meiner Meinung nach auseinanderdröseln können. Die Verbindung ist das "Trauma" ( ich schreibe hier Trauma, nicht weil ich es mit einer körperlichen Verletzung gleichsetze, sondern weil ich den Begriff als Charakterisierung so lese).

    Also, es gibt ein Verhalten, wie wenn die Person traumatisiert wäre. Die Ursache könnte die (ziemlich zuverlässig gemessene) Hochbegabung sein, da sie die Person ja seit früher Kindheit von den anderen abgetrennt hat. Hochsensibel kann man glaube ich relativ schnell erkennen, wie schon geschrieben wurde ist die Person ja dann linear in allen Bereichen hoch empfindlich. Autismus setzt aber glaube ich vor der Hochbegabung ein: ab kurz nach der Geburt reagiert die autistische Person nicht, wie es die Eltern erwarten. Sie ist nicht nur hochsensibel, sondern reagiert auf einige Reize unsensibel. Darauf kann man sich "keinen Reim machen". Daraus entsteht fehlende Spiegelung. Daraus dann Trauma.

    Wenn die Person nun zusätzlich aber hochbegabt ist, kann sie von sich aus die Brücke der nicht funktionierenden Kommunikation wieder aufbauen. Dann wird es für alle schwierig. Denn die hochbegabte Person selbst muss sich ja erst mal bewusst werden, dass trotz der verhältnismäßig großen Anstrengung keine Verständigung gelingt. Wenn sie dann aber zur Diagnose kommt, kann man die sensorischen Besonderheiten erfragen, die nicht durch die Hochbegabung begründet sind.

    Wenn die hochbegabte Person also um ihre Hochbegabung weiß und trotzdem nicht mit ihrem Leben zurechtkommt, kann man den Autismus erkennen. Hochbegabung erkennen viele Menschen, z.B. Lehrer:innen.

  • Kann es sein, daß man angeblich "geistig behinderte" Autisten wirklich nullkommanichts zutraut und den hochfunktionalen Autisten alles als "machbar, wenn nur der Wille da ist" unterstellt? Ich fände es gut, wenn sich die NT-Gesellschaft einmal vom hohen Roß (RW) herunterkommt und schaut, was in jedem Individuum steckt...

    Hurra, das ist mal 'n Wort!

    Vor wenigen Jahren hat eine andere Autismus-Seite mal geschrieben, dass es eben auch nicht-sprechende Autisten gibt, die sich irgendwann mal entscheiden, doch zu sprechen.
    Genauso gäbe es hochintelligente so genannte frühkindliche Autisten, die sich erst spät als intelligente Wesen outen.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • und den hochfunktionalen Autisten alles als "machbar, wenn nur der Wille da ist" unterstellt?


    Da fehlt es eben an Empathie von NTs gegenüber Autisten. Kann sein das NTs gegenüber NTs gut in Empathie sind, aber gegenüber Autisten haben sie dieselben Schwierigkeiten wie Autisten gegenüber NTs mit Empathie.

    Will vermutlich nur keiner zugeben, weil NTs ja als diejenigen ohne Schwierigkeiten gelten. :sarcasm:

    Wofür ich kein Verständnis habe ist das unterstellen. Man kann nahezu jeden Mensch der irgendwie kommunizieren kann selbst fragen. Gerade wenn man Autisten unterstellt das alles machbar wäre, dann wäre es auch machbar "für sich selbst zu sprechen" (Redewendung) Das kann man anders herum drehen, wenn den NT die individuellen Einschränkungen eines Autisten interessieren würde, würde er nachfragen können.

    In der Psychologie gibt es so genannte Spiegelgesetze, finde ich ganz interessant. Übertragen auf das Unterstellen würde es heißen, was man dem Gegenüber unterstellt betrifft in Wirklichkeit einen selbst. Das können auch irgendwelche Sachen aus der Kindheit, Erziehung von der NT Person sein. Vielleicht früher selbst übergangen worden und nicht für sich sprechen dürfen, nicht als Individuum respektiert worden. Weshalb ich denke, das Menschen die so was unterstellen es selbst nicht anders erlebt und gelernt haben.

    LG IceQueen.

  • Wofür ich kein Verständnis habe ist das unterstellen. Man kann nahezu jeden Mensch der irgendwie kommunizieren kann selbst fragen.

    Zwar zuvörderst in einem anderen Kontext, jedoch inhaltlich zu 100%, stimme ich da zu. :nod:

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

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