Soziale Kontakte machen depressiv

  • Hallo,

    ich denke ja immer, dass es gut wäre, wenn ich wenigstens einen näheren sozialen Kontakt im real life hätte, mit dem ich mich richtig austauschen kann. Doch heute musste ich mal wieder feststellen, dass das für mich nichts ist. Vielleicht bin ich schon so sehr ans Einsiedlertum gewöhnt,
    dass ich mit Menschen außerhalb der klar umrissenen Grenzen des Berufs nichts anfangen kann.
    Ich habe mich ca 2 Stunden mit einem Bekannten auf einen Kaffee getroffen. Bis zum Treffen ging es mir die letzten Tage psychisch ganz gut, aber seit dem Treffen bin ich depressiv. Und das liegt ganz sicherlich nicht an der Person! Aber ich habe anderen Menschen einfach nichts mehr
    zu erzählen. Durch meine ganzen Beschwerden habe ich im vergangenen Jahr immer weniger gemacht. Wenn ich nicht arbeite, bin ich ja meistens in der Wohnung, mit meinen Tieren beschäftigt, liege krank rum oder schreibe ein bisschen. Selten gehe ich mal zu Spieletreffs.
    Meine wenige Energie und Stunden, in denen ich nicht krank bin, muss ich mir sehr gut einteilen und gut überlegen, was ich überhaupt machen kann.
    Beim Abschied hat der Bekannte gesagt, dass wir uns nächstes Wochenende ja wieder sehen können. Davon abgesehen, dass man nie weiß, ob so etwas ernst gemeint ist, weiß ich auch nicht, ob ich es machen soll/will. Jedes Wochenende ist mir sowieso zu viel.
    Und wie gesagt, wenn es mir hinterher schlechter geht, bringt es ja nichts.
    Vielleicht ist es besser, wenn ich weiterhin ab und an zu Spieletreffs gehe, wo man keinen näheren Kontakt hat und darauf hoffe, dass sich auch keiner ergibt. So bin ich mal unter Leuten, aber nicht zu nahe und muss nichts erzählen, was ich nicht kann.

    Geht es hier noch jemandem so oder sind für euch Treffen mit anderen Menschen etwas Schönes?

  • Kannst du genauer sagen, was dich so depressiv macht? Vergleichst du dich zu sehr mit dem anderen (er hat viel zu erzählen, du deiner Meinung nach nicht)? Redet er über Themen, die für dich schmerzlich sind?


    Ich habe auch Probleme mit Treffen. Mir sind Treffen zu anstrengend. Eine Stunde Kaffee trinken ist ok, aber alles darüber hinaus (noch irgendwas unternehmen, Film gucken) ist anstrengend und ich hätte viel lieber wieder meine Ruhe. Aber aus Höflichkeit sage ich natürlich nicht nach einer Stunde Tschüss. Vor allem nicht, wenn der andere eine längere Anfahrt hatte. Bin nach Treffen meist auch schlecht gelaunt und genervt und frage mich, warum ich das eigentlich mache, obwohl es mich so stresst.

    Ich habe seit Jahren nur zwei Kontakte, mit denen ich mich gerne treffe. Sie sind total auf meiner Wellenlänge. Mit allen anderen Bekannten ist es anstrengend.


    Vielleicht bist du durch die Spieletreffs persönlichen Zweier-Kontakt einfach nicht mehr so gewohnt, könntest dich aber wieder daran gewöhnen? Eigentlich muss man nicht viel unternehmen, um Gesprächsthemen zu haben. Man kann ja auch über Meinungen, Wünsche/Ziele, was man gerade liest oder gelesen hat etc. sprechen.

  • Hast du die Möglichkeit Autisten zu treffen z.B. in einer sgh? Ggf. etwas außerhalb?

    Treffen mit Menschen, die gewöhnlichen Smalltalk und sich im Rahmen des normalen bewegen kann, tun mir auch nichtsso wirklich gut.
    Kurz hinterher ist die Abwechslung angenehm, wenn es geklappt hat sich anzupassen, aber das Anpassen bin nicht ich.
    Ich mache denen da vor, ich zu sein und die kennen mich nicht im geringsten und ich habe Schwierigkeiten mich auf ihre einfachen Erzählungen zu konzentrieren. Ab und zu kann es witzig werden.
    Und egal wie gut dann etwas klappte, nicht großartig negativ aufzufallen, so anstrengend war es auch.
    Ab und zu würde ich es aber empfehlen bei Laune, falls man sonst auch depressiv ist. Ansonsten Brauch man das guten Gewissens nicht tun.

    Ich hab auch schon wieder Angst bald vielleicht wieder zum Reiten, bzw zu den Leute da gehen zu können. Jedes Mal zuvor fühle ich mich leicht depressiv und habe große Müh mich aufzuraffen. Dann ist es manchmal zwischendrin ganz nett und dann bin ich aber auch wieder froh zu Hause zu sein und mir graut es direkt vorm nächsten Mal.
    Da die dort sich teilweise schon von Fragen wie alt man ist beschämt fühlen und eine wollte das nicht sagen.

    Es klappt bei mir nur mit ähnlichen Leuten schön-gut. Da ist auch eine bei beim Reiten, die wird von den anderen nicht gemocht und sie und ich verstehen uns. Sie sagt immer geradeaus was sie denkt.

    Ich hab viele nette Gruppen gefunden die Jahre. Auch eine war sehr tolerant. Aber mir fehlt da immer was. Das was ich nur bei meinen wenigen unkonventionelleren Kontakten finde.

    Vielleicht versteckt sich der ein oder andere unkonventionelle auch unter Gruppentreffen.

    Vielleicht gibt es auch flexible Vereine oder ähnliches. Ehrenämter.

  • @Fidoline: Ich denke, dass man soziale Interaktion auch trainieren muss, wie ganz vieles andere auch. Du könntest vielleicht erstmal die Zeit begrenzen und dann allmählich versuchen, die zu steigern. Du könntest dich ja vielleicht auch zu bestimmten Aktivitäten verabreden. Wenn man beispielweise zusammen einen Film guckt, muss man ja nicht viel reden.

  • Hallo,

    Geht es hier noch jemandem so oder sind für euch Treffen mit anderen Menschen etwas Schönes?


    Ich hab mal angefangen zu versuchen rauszufinden was mich Depressiv an Treffen mit Bekannten/Menschen macht, für mich hab ich festgestellt das es nicht die Treffen ansiech sind sondern die Unsicherheit/Angst davor, die aber vollkommen unbegründet ist und natürlich das Kopfkino danach (Fehler/Unsicherheiten zerdenken) der Stress beim Treffen kommt noch dazu, die Treffen sind für mich mittlerweile meist sehr Positiv bekomme auch sehr viel gutes Feedback (War auch schon mal anders) versuche mittlerweile mich Trotzdem dazu zu bewegen frühr hab ich ehr vermieden, meine Erfahrung ist das es besser wird um so mehr ich mich damit Konfrontiere, merke das gerade wieder sehr stark da ich in letzter zeit ehr für mich war und momentan versuche wieder pahr Kontakte zu bekommen.

    Beim mir ist das Problem allerdings nicht nur ASS sondern auch eine Ängstlich/vermeidende PS da gibt es noch eine menge anderer Einschränkungen diesbezüglich.

    2 Mal editiert, zuletzt von Hyres (16. Januar 2022 um 06:06)

  • Kannst du genauer sagen, was dich so depressiv macht? Vergleichst du dich zu sehr mit dem anderen (er hat viel zu erzählen, du deiner Meinung nach nicht)? Redet er über Themen, die für dich schmerzlich sind?

    1. Ich bin ja krank und habe leider nicht so viel Zeit, wie andere. Weshalb ich meine Zeit gut einteilen muss und eigentlich auch nichts planen kann, weil ich nie weiß, wie es mir geht. Also, das ist zusätzlicher Stress.
    2. Ich möchte noch gewisse Dinge erreichen im Leben, aber wenn ich zusätzlichen Stress durch Kontakte habe, kann ich das nicht. Bisher bin ich damit ziemlich unzufrieden.
    3. Jemanden jede Woche zu sehen, ist mir zu viel (außer ich verliebe mich, aber diese Zeiten sind lange vorbei).
    4. Mir ist unklar, wozu man sich trifft. Mit Männern habe ich zB fast immer die Erfahrung gemacht, dass sie denken, man hätte Dates. Langfristig bringt das dann nichts.

    Ich habe seit Jahren nur zwei Kontakte, mit denen ich mich gerne treffe. Sie sind total auf meiner Wellenlänge. Mit allen anderen Bekannten ist es anstrengend.

    Und triffst du beide wöchentlich?

    Hast du die Möglichkeit Autisten zu treffen z.B. in einer sgh? Ggf. etwas außerhalb?

    Leider nein. Die SHG hier ist an einem Tag, wo ich arbeite und eine andere, die außerhalb ist, ist Freitagabends. Aber da ich immer so erschöpft bin, schaffe ich es nicht, freitagabends noch länger durch die Gegen zu fahren.

    Gestern wäre abends auch ein Spieleabend gewesen. Aber da hatte ich halt auch Bedenken, dass der wegen dem Wochenende ewig lange geht. Klar kann man auch früher gehen, doch das ist auch nicht immer so einfach.

  • Der eine Kontakt wohnt weiter weg, den treffe ich nur alle paar Monate, haben aber viel Chat-Kontakt.
    Den anderen treffe ich 2-3x/Woche. Er wohnt direkt in meiner Nähe, deshalb sind Treffen sehr unkompliziert.

    Beide sind mir sehr vertraut und empfinden die meisten Kontakte, Gruppensituationen, Feiern usw. auch als anstrengend. Deshalb komme ich sehr gut mit ihnen klar. Mit allen anderen Kontakten ist es aber eine Qual. Es fühlt sich wie ein zusätzlicher Arbeitstag oder Überstunden an, wenn ich sie treffen „muss“. Ich habe den Leuten sonst immer zugesagt, sobald sie mich nach Treffen gefragt haben. Jetzt fange ich langsam an zu sagen, dass ich nicht möchte oder mir nicht danach ist. Es ist nämlich wirklich nur kraftraubend.

    So eine unklare Situation, bei der es sein kann, dass der Mann was von einem will, mag ich auch nicht. Ich bin auch sehr schlecht darin das richtig einzuschätzen und denke lange noch, es ginge nur um Freundschaft, während außenstehende Leute schon längst wissen, dass der Mann was von mir will.
    Gibt es denn Anzeichen dafür in deinem Fall, dass es um mehr als nur Freundschaft/Bekanntschaft gehen könnte?
    Wenn du krank und dadurch eingeschränkt bist, hast du ja einen nachvollziehbaren Grund, Treffen erst mal abzulehnen oder auf unbestimmte Zeit zu verschieben.

    Einmal editiert, zuletzt von Elena (16. Januar 2022 um 12:12)

  • Für mich sind Treffen mit einer Person oft anstrengend. Ich treffe mich lieber im Rahmen einer Gruppe. Da kann ich mich auch mal zurücknehmen und nichts sagen. Gruppentreffen mag ich sogar recht gerne. Also mit autistischen Menschen. Sonst, mit NT, fühle ich mich oft wie das 5. Rad am Wagen (RW). Was auch nicht unbedingt schlimm ist. Es gilt dann aber eben zu akzeptieren, dass ich anders und nicht so integriert bin wie die Anderen.

    Surprised by the joy of life.

  • Es fühlt sich wie ein zusätzlicher Arbeitstag oder Überstunden an, wenn ich sie treffen „muss“.

    Gute Beschreibung :thumbup:

    @Fidoline Vielleicht findest du ja einen stimmigen Weg für dich mit der Spielegruppe spontan, wann du willst, und so lange wie du willst hinzugehen. Du musst dich dabei nicht rechtfertigen, aber könntest zb sagen, dass du einfach schnell müde wirst generell. Immer Mal n Nickerchen brauchst.

    Ansonsten empfehle ich Autisten die Augen online in Autismus Communitys gelegentlich offen zu halten, für Kontakte mit anderen Autisten zb erstmal schriftlich, auch ohne Druck antworten zu müssen. Also zb bekommt ein Kumpel-Autist nach dem 2. Treffen nur Körbe bei Frauen aus Single-Börsen, obwohl er hübsch ist. Auf mich wirkt seine Art auch angenehm. Aber vielen Frauen wird er zu lieb sein. Aber ich kenne auch einen NT Mann dem es genauso in single Börsen geht. Der ist aber auch sehr lieb.
    Oder ziemliche NT Frauen als Freundinnen klappte bei mir auch nie. Die so viel reden, viel fest bewerten, dann wieder Umspringen (RW), lästern und viel knuddeln etc.

    Wenn Kontakte im Real Life passten spürte ich das irgendwie immer schnell. Diejenigen wirken sehr friedlich, oft auch lustig drauf (RW), aber dabei mit ziemlicher Ruhe weg (RW). Weniger Reden. Wenn dann Mal schwallartig. Aber vorwiegend technisch / sachlich.
    Solange man kann, kann man anpassen ab und zu machen. Ansonsten muss man sich nicht schlecht fühlen. Aber ich kenne das, als ich noch keine Kinder hatte und mich ganz allein fühlte, dass das schlimmer für mich war und ich bin, wenn ich niemanden habe, immer am Ausschau halten, weil mir das fehlt.
    Ich habe mich auch mit asexuellen sehr gut verstanden. Da hatte ich auch Mal Gruppentreffen. Oder mit Leuten aus hochsensibilitätsforen. Und dem sozial Phobie Forum. Aber die hatten auch mehr soziale Energie als ich. Ansonsten aber sehr entspannt. Schauen, wo man ruhige und entspannte Menschen finden kann, die sehr tolerant sind. Ist natürlich nicht leicht.
    Ich wünsche dir viel Kraft.

  • Geht es hier noch jemandem so oder sind für euch Treffen mit anderen Menschen etwas Schönes?

    Gestern hätte ich zu meinem ersten gesellschaftlichen Event (eine Wanderung) seit über einem Monat gehen müssen und bin einfach nicht gegangen, auch weil ich aus damit verbundener Unruhe nicht schlafen konnte in der Nacht zu gestern. Obwohl ich mich nach Gesprächen sehne konnte ich mich nicht dazu zwingen mitten in einer Gruppe von laut durcheinanderredenden Menschen zu laufen und dabei Gespräche zu führen. Vielleicht sollte ich mich daran gewöhnen, allein zu Hause zu sein. Ein Treffen mit einem Einzelperson würde mir aber weniger Stress bereiten, glaube ich, nur dass ich leider keine Einzelpersonen kenne mit denen ich mich treffen könnte.

    Dass meine Beiträge so oft editiert werden hat meistens aber nicht immer damit zu tun dass ich sowohl grammatikalische oder syntaktische wie auch stilistische oder einfache Schreibfehler nicht immer sofort sehe und sie deswegen nachträglich korrigieren muss.

    Einmal editiert, zuletzt von Unbewohnte Insel (16. Januar 2022 um 13:37)

  • Was mir zu dem Thema einfällt.
    Ich entfremde Menschen um mich herum sehr schnell, d.h. ich brauche eine gewisse Übung, um im Kontakt zu bleiben, bleiben zu können. Gerade jetzt durch Corona fallen z.B. meine Arbeitskontakte bis auf Zoom-Meetings und gelegentliche Telefonate vollständig aus. Diese Kontakte fehlen mir, obgleich es sich nur um Arbeitskontakte und keine Freundschaften oder so handelt.
    Wenn ich einmal in dieser Phase bin, wo ich lange mit mir beschäftigtbin (und auch mehr oder weniger zufrieden bin, mir reicht dann der Kontakt innerhalb meiner Beziehung, das ist sicherlich der Hauptunterschied zu vielen hier, die keine feste Beziehung haben), strengen mich soziale Kontakte auch sehr an. Mit der Folge, dass ich nach so einem Kontakt in eine Erschöpfungsphase eintrete, die sich wie eine Depression anfühlt, die ich aber mittlerweise als depressive Reaktion auf eine überfordernde Situation einordnen kann. Diese Reaktion habe ich auch, wenn ich Kontakte übertreibe. Also, wenn ich dann nach einer längeren Abstinenzphase (in den letzten zwei Jahren 2-3) auf Arbeit war, habe ich dort überkompensiert, war ansprechbar, bin zwischen zig Leuten hin und her gelaufen, das sieht erstmal ziemlich normal aus, aber die Quittung folgt dann relativ schnell mit einer depressiven Überforderungsreaktion.
    Was mich nicht anstrengt sind Kontakte im Zusmamenhang mit meinem Spezialinteresse Pflanzen. Auf Exkursionen sind oft viele Menschen zusammen, die sich aber irgendwie verlaufen, außerdem beschäftigt man sich ja. Diese gemeinsamen Exkursionen kann ich genießen. Aber mit diesen Menschen dann in ein Restaurant zu gehen, finde ich dann auch wieder anstrengend.
    Genauso finde ich es anstrengend, mich mit jemanden in einer Wohnung zu treffen (abgesehen davon herrscht in meiner Wohnung Chaos, da muss ich vorher immer aufräumen, was auch stresst). In einer Wohnung ist man ganz an die andere Person gebunden.
    Viel angenehmer finde ich es, mich mit einer anderen Person draußen zu treffen, möglichst in Verbindung mt Pflanzen, aber auch so in einer ruhigen Umgebung, kein Straßenlärm, da höre ich nichts mehr und keine Menschanaufläufe. Durch die Umgebung gibt es immer ein Gesoprächsthema, das Treffen ist entspannter und man ist sich nicht so nah, nicht so in einer sozialen Situation gefangen.
    Vielleicht wäre das eine Möglichkeit für dich @Fidoline ein Treffen in einer entspannteren Situation, Botanischer Garten, weiß der Kukuck was ...

    diagn.

  • Den anderen treffe ich 2-3x/Woche. Er wohnt direkt in meiner Nähe, deshalb sind Treffen sehr unkompliziert.

    Krass! 8o
    Ich hätte für so viele Sozialkontakte keine Energie.

    Wenn du krank und dadurch eingeschränkt bist, hast du ja einen nachvollziehbaren Grund, Treffen erst mal abzulehnen oder auf unbestimmte Zeit zu verschieben.

    Ja, aber ich will nicht darüber reden, zumal ich keine Diagnose habe und es ist ziemlich privat.

    Gibt es denn Anzeichen dafür in deinem Fall, dass es um mehr als nur Freundschaft/Bekanntschaft gehen könnte?

    Da fragst du die Richtige. Für mich gab es bisher nie Anzeichen, bis es ganz deutlich wurde. Oder der Mann von einem Date redete und ich so dachte "Aha, okay, wusste gar nicht, dass ich gerade auf einem Date bin". :m(:

    Ein Treffen mit einem Einzelperson würde mir aber weniger Stress bereiten, glaube ich, nur dass ich leider keine Einzelpersonen kenne mit denen ich mich treffen könnte.

    Dazu muss man meistens erst mal Gruppen treffen. Zu habe ich diese Person auch kennengelernt. Außer du findest zufällig hier über das Forum wen, den du treffen kannst.

  • Während des letzten großen Lockdowns von Winter bis Frühjahr als ich auch mehrere Monate nicht arbeiten durfte, habe ich den einen meiner besten Freunde, der auch in meiner Stadt wohnt und der mein (fast) einziger Coronakontakt war, auch zwei oder drei Wochenende hintereinander gesehen. Da war mir das nicht zu viel, weil ich ja sonst auch immer alleine in meiner Wohnung war und er hat mich auch immer bei mir zu Hause besucht, was mir am angenehmsten war (und ihm wohl auch, weil er mal rausgekommen ist). Jetzt, wo ich wieder arbeite, wäre mir das aber zu viel. Sehr selten sehe ich mal jemanden unter der Woche, lieber vermeide ich das aber. Grundsätzlich mag ich es ganz gern ein Wochenende komplett für mich zu haben und am anderen Wochenende jemanden zu treffen. Seit Ende Oktober bin ich aber die meisten Wochenenden allein gewesen. Damit ging es mir auch gut.

    Bekannte sehe ich schon lange kaum noch. Als ich noch mit meinem Exfreund zusammen war, da wurde ich auch häufiger eingeladen, aber das änderte sich dann nachdem wir nicht mehr zusammen waren. Das war aber auch okay für mich, weil ich schon vorher merkte, dass ich mit den meisten Menschen, auch wenn ich einige von ihnen mag/mochte einfach unfähig war, näheren Kontakt aufzubauen oder zu erhalten und von anderen merkte ich, dass sie falsch sind. Sich nur vordergründig allen ganz friendly geben und wenn einer aber nicht dabei ist, abwertend über die Person gesprochen wird. Solche Bekannte brauche ich nicht. Aber auch die eine z. B., die ich eigentlich mag, konnte ich mal zum Tee oder Kaffee trinken treffen, aber nach spätestens 30 Minuten merkte ich, dass uns nichts Substanzielles verbindet und ich wusste auch nicht mehr, worüber ich noch sprechen soll. Habe dann versucht mir erzählen zu lassen und ein paar Fragen zu stellen. Weil ich nun alleine wohne und weil Corona auch Tanzveranstaltungen etc. unmöglich gemacht, sind diese "Bekannten-Kontakte" fast ganz weg. Deren Fehlen fehlt mir aber nicht. In Gruppensituationen habe ich mal hin und wieder ein gutes Gespräch gehabt, meistens, wenn ich konkret auf etwas angesprochen wurde. Meist habe ich mich aber als Beobachterin gefühlt und nicht als Teil. Die Verbindung kam nicht zustande. Mein Exfreund sagte mal (und das tat mir schon weh), dass wenn er mit anderen in einem Raum wäre, dann würden alle auf der gleichen Wellenlänge liegen, aber wenn ich dann dazukäme, würde ich quasi diese Frequenz stören. Das merke er direkt. Früher, in meiner Jugend, da habe ich die nicht vorhandene Verbindung durch Alkohol zu kompensieren versucht. Als ich anfing (fast) keinen Alkohol mehr zu trinken, merkte ich, wie krass die Diskrepanz eigentlich ist und wie wenig ich doch mit den meisten Menschen anzufangen weiß. Selbst, wenn ich mit Einzelnen auch immer mal wieder einen kurzen guten Kontakt hatte.

    Ich kann dieses "Bekannten-Ding" auch nicht gut, vermutlich hängt das damit zusammen, dass ich keinen wirklichen Smalltalk kann. Das fühlt sich dann alles so schwierig und kompliziert an und ich habe auch keine Ahnung wie da die Regeln so richtig funktionieren. Ich kann, wie in so Vielem, nur ganz oder gar nicht (halbe RW). Ich will authentische Kontakte, ich will Kernkontakte: Offenheit und Direktheit. Ich kann mich nur innerlich wirklich wohl fühlen, wenn ich genauso sein kann, wie ich nun mal bin. Das klappt aber nur mit ganz wenigen Menschen. Ich hoffe, dass mich diese so lange wie möglich in meinem Leben begleiten werden, denn ich merke auch immer mehr, dass die Hürde, überhaupt mich noch auf Kennenlernprozesse einzulassen, größer werden.

    "Auf der Metaebene lässt sich Abstand gewinnen zum Geschehen. [...] Und dabei zeigt sich, dass es andere Perspektiven, andere Erlebensweisen und viel mehr Möglichkeiten für Lösungen gibt, als sich der Mensch in seiner alten kleinen Welt hatte träumen lassen." (Brit Wilczek)

    Einmal editiert, zuletzt von Kayt (16. Januar 2022 um 15:02)

  • Deine Situation kenne ich zu gut. Ich treffe mich ab und zu mit einigen Freunden, um eine nette Zeit mit ihnen zu haben. Meistens treffe ich meine Freunde entweder bei mir zuhause oder bei einem von ihnen, da die meisten von meinen Freunden auch lieber ruhigere Orte haben und mit zu viel Trubel nichts anfangen können. Manchmal treffe ich meine Freunde auch per Videochat, so kann ich sie auch an gesundheitlich schlechteren Tagen sehen und ich fühle mich damit etwas wohler. Wenn ich mich mit meinen Schulfreunden oder meinen Verwandten treffen will, funktioniert die Videochmethode für mich am besten, da meine Schulfreunde in anderen Städten wohnen und meine Verwandten überwiegend nicht in Deutschland wohnen. Weil ich auch wegen meiner ganzen Einschränkungen Schwierigkeiten mit dem Reisen habe, treffe ich meine Schulfreunde und Verwandten selten persönlich. Zum Glück nimmt mir das keiner übel.
    Wären Videochats vielleicht eine Idee für dich, dich mit anderen virtuell zu treffen?

    Dein Ansatz mit den Spieletreffs scheint mir eine gute Idee zu sein, da du dort potentielle Bekannte und vielleicht auch Freunde finden kannst. Es ist aber auch sehr wichtig, dass du dein Limit für soziales kennst und weißt ob es sich für dich auch "gut" oder "richtig" anfühlt. Wenn du dir in dem Punkt nicht sicher bist, kannst du gerne einige andere Arten bekannte zu treffen ausprobieren bis du eine für dich passende Lösung findest.

    2 Mal editiert, zuletzt von Asesina (16. Januar 2022 um 15:35)

  • Für mich sind Treffen mit einer Person oft anstrengend. Ich treffe mich lieber im Rahmen einer Gruppe. Da kann ich mich auch mal zurücknehmen und nichts sagen. Gruppentreffen mag ich sogar recht gerne. Also mit autistischen Menschen. Sonst, mit NT, fühle ich mich oft wie das 5. Rad am Wagen (RW). Was auch nicht unbedingt schlimm ist. Es gilt dann aber eben zu akzeptieren, dass ich anders und nicht so integriert bin wie die Anderen.

    Das ist bei mir ähnlich. Ich kann Gruppensituationen zwar auch unter NTs als Beobachter genießen, es kostet aber umso mehr Energie, je stärker sich die Aufmerksamkeit auf mich richtet (was bei Treffen mit nur einer Person zwangsläufig permanent der Fall ist). Die Anstrengung wird geringer, je länger ich die anwesenden Personen kenne (d.h. je besser ich sie einschätzen kann), aber selbst im engsten Familienkreis kosten Treffen noch Energie.

    Ob das in autistischer Gesellschaft grundsätzlich anders ist, kann ich aus Mangel an Erfahrungen noch nicht sagen. Bei den wenigen bisherigen Gelegenheiten habe ich zwar weniger Stress empfunden, mein Verhalten hat sich aber nicht wesentlich unterschieden - ich halte es aber auch nicht für überraschend, dass man jahrzehntelang antrainiertes nicht schlagartig ablegen (rw) kann.

    Ich bin allerdings nicht zufrieden damit, dass ich die meiste Gesellschaft nur passiv "konsumiere", weil (verständlicherweise) die eigene Anwesenheit dann auch den anderen wenig bedeutet. Der Drang das zu ändern war ausschlaggebend für den Prozess, der mich in die Diagnostik und zur Therapie geführt hat. Ich habe jetzt zumindest ein besseres Verständnis für die Ursachen, will mich aber weiterhin nicht damit zufrieden geben.

    Deine Akzeptanz klingt allerdings nach einem fortgeschrittenerem Umgang damit und ich sollte wohl zumindest nochmal dem Umfang meiner Ziele überdenken. Danke für diesen Denkanstoß.

  • Ich kann dieses "Bekannten-Ding" auch nicht gut, vermutlich hängt das damit zusammen, dass ich keinen wirklichen Smalltalk kann. Das fühlt sich dann alles so schwierig und kompliziert an und ich habe auch keine Ahnung wie da die Regeln so richtig funktionieren. Ich kann, wie in so Vielem, nur ganz oder gar nicht (halbe RW).

    Das kann ich nachvollziehen, doch Freunde kann man ja nicht kaufen, sie entstehen aus Bekannten ...

  • Warum ist dir wichtig, dass deine Anwesenheit anderen etwas bedeutet?


    Die pragmatische Antwort (die sich etwas egoistisch anfühlt) wäre: Wenn meine Anwesenheit keinen Unterschied macht (oder durch die Passivität sogar unangenehm / awkward ist), brauche ich auch nicht mit weiteren Einladungen zu rechnen. Generell verschliesst das auch Möglichkeiten, weitere Leute kennenzulernen und führt langfristig in die Isolation.

    Allerdings fühlt es sich auch einfach nicht gut an, nur Informationen aufzunehmen und selbst wenig beizutragen. Vielleicht ist es eine Art Gerechtigkeitsempfinden für immaterielle Beiträge.

    Einmal editiert, zuletzt von nt^Hd (16. Januar 2022 um 17:58)

  • Ich habe seit Jahren nur zwei Kontakte, mit denen ich mich gerne treffe. Sie sind total auf meiner Wellenlänge.

    Das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt. Menschen, mit denen ich auf einer Wellenlänge bin, kann ich viel besser ertragen, ich treffe mich auch richtig gern mit solchen Leuten, wenn es nicht zu oft ist. "Auf einer Wellenlänge" heißt, es gibt gemeinsame Interessen, über die man reden kann. Wir müssen nicht hundert Prozent übereinstimmen, mich interessieren immer auch andere Herangehensweisen an eine Fragestellung, aber völlige Gegensätze bei Aufregerthemen (Corona, Flüchlingspolitik, Klimapolitik) stressen mich gewaltig. Und dann heißt "auf einer Wellenlänge" auch, dass irgendwie ein Gefühl von Sympathie da ist (genauer kann ich das nicht definieren).

    Für mich sind Treffen mit einer Person oft anstrengend. Ich treffe mich lieber im Rahmen einer Gruppe.

    Auch das ist für mich wichtig. Dabei spielt aber eine Rolle, ob mein zeitweiser Rückzug aus der Gruppe sofort auffällt oder nicht. Acht Leute um einen Kneipentisch, da falle ich sofort auf, wenn ich eine Stunde lang nicht rede und keinen Blickkontakt halte. Wandergruppe oder sonstige gemeinsame Aktivität, wo nicht permanent alle zusammen interagieren, das geht deutlich besser.

    Ich kann Gruppensituationen zwar auch unter NTs als Beobachter genießen, (...)

    Das geht, wenn die Gruppe sehr groß ist: Familienfest, betriebliche Weihnachtsfeier, solche Sachen. Ich habe in der Therapie richtig gelernt, diese Beobachterrolle aktiv einzunehmen: an die Theke geĺehnt, Bier in der Hand, vielleicht sich mental auf die Musik fokussiert, wenn es welche gibt und dann die NT-Mehrheit aus der Distanz betrachtet. Bis zum Genießen, wie nt^HD schreibt, habe ich es zwar noch nicht gebracht, aber die Situation wird viel erträglicher und ich kann das "Ich will hier weg"-Gefühl deutlich zurückdrängen.

    Also mit autistischen Menschen.

    Das ist halt deshalb weniger stressend, weil der Erklärzwang ("Was ist denn los mit dir?") entfällt und weil Maskieren kein Thema ist. Allerdings: Mit einem Forentreffen in einen Club, das wollte ich trotzdem nicht.

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

    Einmal editiert, zuletzt von FrankMatz (16. Januar 2022 um 17:46)

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