Es gilt wohl als gesichert, dass Autismus nicht heilbar ist. Aber auch, dass die Symptomatik durch vielfältige Therapien behandelbar und wandelbar ist. Evt bis hin zur weitgehende Kompensation der Störung?
Jemand schrieb mal, man könne seinen Autismus nicht abschalten. Man könne nicht mal kurz "Nicht-Autist" sein. Da würde ich mitgehen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man als Asperger Autist nicht durch die richte Therapie und konsequente Arbeit an sich selbst, auch gewisse Selbstheilungseffekte oder zumindest bleibende Kompensationserfolge erzielen kann. Wäre das so, die Kasse würde niemals Therapien für Autisten bezahlen. Es gäbe diese Therapien schlicht nicht.
Es läge ja auch im Sinne des Betroffenen selbst, dass er sich nicht passiv und willenlos mit seinem Schicksal abfindet, mit allen Konsequenzen und Nachteilen. Natürlich kostet es Kraft und Wille, wenn man dagegen ankämpft. Man muss seine Komfortzone verlassen und man begibt sich teilweise auch in Gefahr. Die Risiken können im Einzelfall zu groß sein. Was nützt es mir, wenn ich mich zwinge in die Menge zu gehen und das evt sogar ein paar Minuten genieße, aber dafür hinterher wegen Überlastung drei Tage flachliege? Da muss man einfach ökonomisch abwägen, das ist mir klar.
Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass passiver Rückzug und Selbstaufgabe der Goldstandart "für jeden" sein können. Im Spektrum der psychischen Krankheiten gibt es immer eine gewisse grobe Aufteilung. Die einen, die sich jeden noch so kleinen Vorteil und Normalität erkämpfen wollen, die anderen die sich weitgehend abfinden mit ihrem Schicksal. Es gibt da für mich kein richtig oder falsch im Allgemeinen. Nur für mich selbst könnte ich da ein richtig oder falsch definieren und wenn mich jemand für sich selbst direkt danach fragt. Wenn jemand konkret meine Hilfe wollen würde, oder meinen Rat, aus meiner Erfahrung heraus.
Ich schreib mal, man könne vielleicht mal versuchen spielerisch aus seiner Art zu sein heraustreten. Es wurde behauptet, dies sei komplett unmöglich. Das leuchtet mir insofern nicht ein, weil ja dann die autistische Symptomatik unveränderlich wäre, die Person an sich selbst unveränderlich. Dann könnte es aber auch keine Therapien geben, die es aber gibt. Weil diese Therapien die Symptomatik nachhaltig günstig beeinflussen können. Das ist wohl bewiesen, nicht?
Ich würde daher vorziehen, wenn man sagen würde "ich kann und will mich nicht ändern", Punkt." Und nicht "meine Störung ist für alle Zeit 100 % unveränderlich" . So wurde ich geboren, so werde ich sterben. Abgesehen davon, dass man allein mit Persönlichkeitsentwicklung sein Selbst verändern kann, mit oder ohne Autismus.
Oder noch allgemeiner: Wir Autisten können uns nicht ändern!
Der Unterschied wäre ja auch, dass eine Veränderlichkeit der Störung, so etwas wie Hoffnung ermöglichen würde. Zudem würde es die Möglichkeit beinhalten, dass man aus eigenem Willen heraus etwas verändern könnte. Das wäre Aktiv statt Passiv. Stärke statt Schwäche.
Mir ist klar, dass allein schon das Überleben mit Autismus eine Herausforderung ist und von Stärke zeugen kann. So wie es allen Menschen mit psychischen Erkrankungen geht oder auch Menschen mit anderen Behinderungen. Allerdings scheint ja der Asperger Autist ohne Leidensdruck nicht so selten zu sein. Und fehlender Leidensdruck ist nach meiner Erfahrung der Auslöser Nummer 1 für fehlende Anstrengungen in Richtung Therapie und Veränderung. Was ja nur allzu logisch und menschlich wäre.
Mich würde nun interessieren, wie konkret die einzelnen User:innen hier damit umgehen. Welche Erfahrungen sie damit gemacht haben, Welche Pläne sie dahin gehend haben. Also, was Therapie und Weiterentwicklung angeht. Verbesserung der Lebensqualität, Verminderung des Leidensdrucks usw.
Eine allgemeine Diskussion darüber, ob das generell bei Asperger-Autismus überhaupt möglich ist, halt ich für überflüssig. Es gäbe diese Therapien nicht, wäre es unmöglich. Und nur der bekommt sie verordnet und bezahlt, bei dem es Aussicht auf Erfolg gibt. Zudem leiden ja bis zu 70 % der Betroffenen an weiteren Störungen, wie Depressionen usw. Das kann und muss man behandeln und da gibt es sogar gewisse Heilungs-Chance.
Ein weiter Nebenaspekt wäre der ethisch-soziale Aspekt. Auch der sozio-ökonomische. Wenn die Gesellschaft dem Autisten hilft, muss dann der Autist im Gegenzug alles versuchen um gesünder zu werden und sich in die Gesellschaft zu integrieren? Denn DARUM hilft sie ja, nicht?
Wie gesagt, es geht dabei NICHT um Heilung, was den Autismus angeht.
oneman