Benachteiligungen durch Autismus

  • Hey, Kliniken wollen und ambulante Psychotherapie wollen mich grösstenteils nicht nehmen, da sie auf Autismus nicht spezialisiert sind.

    Mit meinem Störungsbild, wäre ich in einem Versorgungsloch höre ich immer wieder.

    Ohne der Diagnose, hatte ich mehr Hilfen, da so niemand für mich zuständig ist.

    Sieht ihr es bei euch anders?

    Alles Gute.
    L.G. Daniel :thumbup: :thumbup:

  • Es kommt darauf an, weswegen Du in eine Klinik bzw. Einrichtung willst. Wenn es autismusspezifische Dinge sind, mit denen sich die Klinik bzw. Einrichtung auskennen und befassen soll, ist es leider schwieriger einen passenden Platz zu finden, als das mit anderen Erkrankungen der Fall ist.

    Was ein erster Schritt sein kann: Schau nach Einrichtungen oder Psychotherapiezentren, die sich mit AD(H)S oder Borderline auskennen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man dort zwar nicht unbedingt auf Asperger spezialisiert ist, aber für entsprechende Patienten offen ist, weil Teile der Therapie auch für Asperger anwendbar sind.

    Du könntest beispielsweise auch bei Unikliniken anfragen, ob es dort Ausbildungsprogramme für Psychotherapeuten gibt. Das sind dann zwar noch keine fertig ausgebildeten Psychotherapeuten, aber es besteht die Chance an einen Therapieplatz zu kommen, bei dem sich der Therapeut dann in das Thema Asperger einarbeitet.

  • Ich wollte nur kurz anmerken dass NICHTS aus einer Borderline-Therapie oder AD(H)S für mich irgendwie brauchbar wäre. Im Gegenteil. Ich fühle mich noch mehr falsch verstanden als eh schon.
    Ich wäre da also ziemlich vorsichtig und Versuche dieser Art können auch schlimm sein.

    Daniel, welche Art Hilfe brauchst Du denn die Du in einer Klinik finden könntest ? Was suchst Du genau ?
    Grüsse
    Alys

  • Welche denn?

    Also bei mir waren es aus der Borderline-Therapie vorrangig die so genannten Glaubenssätze. Hier mal als Beispiel verdeutlicht, was damit gemeint ist:

    Ich habe eine Essstörung, die ich aber gar nicht selbst wahrgenommen habe. Was man meine Psychotherapeutin mit mir diesbezüglich getan hat:

    1) Aufschreiben, was Essen für mich bedeutet. Z.B., ob es für mich Stress bedeutet; mit unangenehmen Erinnerungen wie etwa ständigen Familienstreits während dem Essen verbunden ist; ich Essen einfach lästig finde.

    2) Dann musste ich daraus Glaubenssätze bilden, um mir eine Einstellung selbst vor Augen zu führen. Daraus wurde dann z.B. "Ich vermeide essen, weil ich immer erwarte, dass während dem Essen ein Streit losbricht, dem ich nicht entkommen kann." (So war es in meiner Kindheit und Jugend).

    3) Dann kam der Realitätscheck, wie es heute wirklich ist. Aus dem Glaubenssatz wurde dazu die Frage an mich selbst abgeleitet: Erlebe ich heute beim Essen ständig Streit, dem ich nicht entgehen kann? Meine Antwort war "Nein.".

    4) Dann folgt die Frage, was stattdessen in der Situation (hier: essen) tatsächlich passiert und nicht was ich glaube, was passieren könnte. Die Antwort war, dass ich beim Essen mit meiner Frau eine gute gemeinsame Zeit habe.

    5) Daraus wurde der neue Glaubenssatz abgeleitet: Essen mit meiner Frau zusammen bedeutet, dass ich eine gute Zeit verbringe und etwas Schönes erlebe.

    Diesen Glaubenssatz sage ich mir nur nun immer auf, wenn es darum geht, die Mahlzeiten geregelt einzunehmen, statt essen zu vermeiden.

    Das hilft tatsächlich, weil ich mich so mit meinen Ängsten ernst nehme, ich aber zugleich die Verantwortung UND die Lösungsstrategie habe, wie ich diese Ängste in ihre Schranken weisen kann (rw).

    Das klappt nicht immer, aber in 6-7 von 10 Fällen und ist damit ein großer Fortschritt.

    Diese Glaubenssätze haben wir auch noch für andere Bereiche gebildet, in denen ich durch die mangelnde Eigenwahrnehmung von Emotionen und Gefühlen und deren Verstehen Schwierigkeiten habe.

    Aus der ADHS-Therapie sind es unter anderem Techniken zur Impulskontrolle gewesen.

  • Hey liebe @Alys ,

    Psychiatrie zur Stabilisieeung finde ich super, damit ich was habe, wenn ich nicht mehr kann.

    Da ich grosse Probleme mit den executiven Funktionen und der Impulskontrolle habe, würde mich das DBT Programm sehr interessieren.
    Ich habe Logoroe, (Sprechdurchfall) und tue mich mit Hemmung von Emotionen sehr schwer.
    Weiss aber nicht, ob ich als Autist, ins DBT Programm darf. Kennt sich da jemand aus?

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Dialektis…20zum%20Einsatz.

    Psychosomatik wäre auch eine Möglichkeit, wenn man da einen Therapieplatz bekommt.
    Wie weit Autisten dort Überfordert sind, wird warscheinlich sehr individuell sein.

    Alles Gute.
    F.G. Daniel :thumbup: :thumbup:

    Einmal editiert, zuletzt von Daniel1 (2. Dezember 2021 um 17:37)

  • Hallo Daniel!

    In Österreich gibt es das Wahlarzt/ Wahltherapie System. Das heißt, wenn man nicht als Kassenpatient gehen möchte, muss man Vorauszahlungen leisten. Dann kann man bei der Krankenkasse um Rückerstattung bitten. Man bekommt einen Anteil zurück. Den Differenzbetrag kann man im Steuerausgleich geltend machen.
    Hier gibt es leider ein ziemlich deutliches 2 Klassen System. Wer zahlt, bekommt eine Leistung. Wer auf Kasse bleibt, kann ewig warten.

    Ich habe ein Beispiel dazu: Ich brauchte vor Jahren ein dringendes MRT und wollte an der Anmeldung eines Instituts einen Termin machen.
    Zwei Wochen Wartezeit, sagte mir die Dame. Ich fragte:“Und wenn ich privat zahle?“
    Sie schaute ihre Kollegin an, dann mich und sagte:“ Dann können Sie gleich dableiben!“
    Ich frage mich bis heute: Wenn keine Zeit ist, ist keine Zeit. Warum ist dann Zeit, wenn ich 500€ bezahle? Komisch! :sarcasm:

    Auf Autismus spezifische Therapien wartet man in Wien durchschnittlich 2 Jahre.
    Bei Fachärzten sind Wartezeiten von mindestens 6 Wochen bis 3 Monaten normal.

    Ich habe jetzt so weit ausgeholt (RW), um zu sagen, dass man manchmal (hier immer) selbst zahlen muss, um schnell Hilfe zu bekommen.
    Vielleicht kannst du dir überlegen, dir jemanden zu suchen, der/ die privat abrechnet.
    Ich weiß nicht, ob du Pflegegeld zur Verfügung hast. Das kann man auch für Therapien verwenden. Ich kenne Menschen, die das entweder für sich oder die Kinder so tun.

    Wie ist das denn in Deutschland? Würdest du jemanden privat finden, der dir gerecht wird?

    Ganz liebe Grüße und alles Gute! Veronika.

    Man sieht nur mit dem Herzen gut.
    Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
    (Antoine de Saint-Exupéry)

    "Was ist falsch an sonderbar?"

    "Das Ende der Störung ist derzeit nicht absehbar."

  • Weiss aber nicht, ob ich als Autist, ins DBT Programm darf. Kennt sich da jemand aus?

    Ich mache das gerade. Habe aber auch eine Borderline Diagnose. Nur mit Autismus geht das normalerweise nicht, da braucht es auch die emotional-instabile PS. Müsstest du höchstens bei Kliniken nachfragen ob die das machen.

    Una est catena quae nos alligatos tenet, amor vitae

  • Hallo Daniel,

    ich hatte psychisch-funtionelle Ergotherapie.
    Dort wurde u.a. mit Techniken aus Verhaltenstherapie und DBT geübt, welche auf meine autismusbedingten Bedürfnisse angepasst wurden.

    Evtl wäre das eine Option für dich?

  • Hallo Daniel,

    ich hatte psychisch-funtionelle Ergotherapie.
    Dort wurde u.a. mit Techniken aus Verhaltenstherapie und DBT geübt, welche auf meine autismusbedingten Bedürfnisse angepasst wurden.

    Evtl wäre das eine Option für dich?

    Was macht man denn in einer psychisch-funktionellen Ergotherapie? Welche Diagnosen werden damit behandelt?

  • @tanda ähnliches zur Verhaltenstherapie ggf etwas praktischer. Übungen um zum Beispiel Alltagsstrukturuerierung zu lernen, Umgang mit Emotionen zu verbessern. Verstehen und ausprobieren wie man mit weniger Missverständnissen kommunizieren kann usw. Ist aber halt sehr individuell je nach dem wo du gerne dran arbeiten willst.

    Sehr viele Diagnosen von Borderline über Depression bis Autimus werden damit behandelt.
    Ziel von Ergotherapie ist umgehen lernen mit etwas im Alltag, nicht Heilung etc. Bei Austismus kann man quasi unbegrenzt Ergotherapie verschrieben bekommen.

  • Weiss aber nicht, ob ich als Autist, ins DBT Programm darf. Kennt sich da jemand aus?

    So etwa im Jahre 2012 waren in Einzelfällen auch Autisten beim DBT-Programm der Berliner Charité dabei. Ich habe das so erlebt, dass geprüft wurde, ob auch Autisten von den Inhalten profitieren. Zwei autistische Bekannte, die bei diesem stationären Programm dabei waren fanden die Inhalte zum großen Teil hilfreich aber das Setting schwierig, da, ohne Vorurteile bedienen zu wollen, doch das Temperament und das "Bindungsverhalten" von Menschen mit Borderline anders ist als bei Autisten und das kann anstrengend werden. Zudem wurde viel Wert auf Erarbeiten und Präsentieren von Themen in Kleingruppen gelegt und als Autist ist man ja nicht unbedingt so der Teamplayer. Aber keine Ahnung wie es in anderen DBT-Stätten ist und wie es inzwischen in der Charité ist.

    Surprised by the joy of life.

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