Ständige Missverständnisse

  • Wenn du verstanden werden möchtest, liegt es sehr wohl in deiner Verantwortung, es für dein Gegenüber verständlich zu kommunizieren.

    Ich für mich kommuniziere verständlich. Ich kann aber nicht wissen, wie der andere auf was reagiert. Ich stecke ja nicht in seinem Kopf (RW). Und deswegen liegt es auch nicht in meiner Verantwortung.

  • Wenn ich also sage, die Ampel ist grün, dann kommuniziere ich den Fakt, wenn ich sagen würden wollen, dass der andere losfahren soll, dann würde ich das unverblümt sagen.

    Ja. Aber... (siehe unten)

    Also @FrankMatz du magst das so sehen, weil das irgendwelche Theorien so sagen, aber ich kann für mich selbst sagen, dass ich Aussagen tätigen kann, ohne irgendwelche unterschwelligen Botschaften, wie die, die du dort zum Beispiel jetzt hinzugefügt hast.

    Es geht nicht um "unterschwellige Botschaften", nicht darum, dass ich das so sehen mag, es geht darum, dass in der Kommunikationswissenschaft (Linguistik, Psycholinguistik, wahrscheinlich auch in Neurologie und Soziologie und...) Konsens ist, dass die sprachliche Mitteilung eines Menschen (für computergenerierte Sprache - Navi, Zugdurchsagen usw. - gilt das aber wahrscheinlich auch, da ja Menschen dahinterstehen) stets neben der reinen Sachinformation weitere Bestandteile enthält. Paul Watzlawick hat das Ender der 60er Jahre in seinen 5 Axiomen dargelegt, Schulz von Thun hat es ab den 80ern mit dem Vier-Ohren-Modell alltagstauglicher gemacht. Einen schönen Überblick gibt es auf einer Nachhilfeseite für Oberstufenschüler: hier. Und natürlich kann man auch die Originale lesen oder die ausführlicheren Wikipedia-Artikel nachschlagen.

    Beispiel: Zwei Autist*innen in einer Partnerschaft. A1 fragt nach der Uhrzeit. A2 sagt: "Es ist 8 Uhr." Das klingt nach der reinen Sachebene. Wo soll da A2 irgendetwas anderes reingelegt haben, was er als Autist doch gar nicht kann? Und doch, A2 hätte nämlich auch antworten können: "Acht Uhr." oder "Acht". Die Sachebene scheint dreimal gleichermaßen gegeben zu sein, dennoch ist zwischen "Es ist acht Uhr.", "Acht Uhr." und "Acht." ein Unterschied, der auf der Beziehungsebene und auf der Ebene der Selbstreferenz liegt. Auch ein Autist kann selbstverständlich zwischen den drei Antwortmöglichkeiten wählen, es liegt bei ihm, ob er etwas radiomäßig sagt "Es ist acht Uhr." oder ob er salopp nur "Acht." äußert, was er aber nicht umgehen kann, ist, dass durch seine Wahl für das eine oder andere Beziehung und Selbstreferenz die Nachricht auf der Sachebene begleiten.

    Wenn DU der Meinung bist, dass bei anderen immer irgendetwas mitschwingt, dann wirst du ihnen das auch unterstellen (nicht negativ konotiert dieses Wort), obwohl sie eventuell eine reine Information weitergeben wollten.

    Dass manche Sprecher eine reine Information weitergeben WOLLTEN, bestreite ich ja nicht. Nur dass sie es können, das bestreite ich - vielmehr bestreitet es die Wissenschaft. Und darauf beruht ja das ganze Elend menschlicher Kommunikation, auch der unter Autisten (siehe dieses Forum!), dass A etwas sagt und B es nicht falsch, aber partiell anders versteht. Das liegt nie nur am bösen Willen oder der Dummheit von B, es liegt halt auch daran, dass A seiner Botschaft diejenigen Aspekte einer Nachricht, die über die Sachebene hinaus vorhanden sind, nicht ausschalten kann.

    Auch ich hier kann das nicht. Ich hoffe, mich versteht keiner falsch... :d

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

    Einmal editiert, zuletzt von FrankMatz (27. November 2021 um 16:24)

  • Ich glaube, es ist wichtig, miteinander zu sprechen.
    Dies erscheint mir in unserer Gesellschaft oft schwierig. Es wird nicht nachgefragt, sondern sich geärgert, auch über das, was A in B interpretiert hat.

    Ich hatte letztens meinem Freund getextet, dass ich nach dem Arzt Termin noch einkaufen muss und das nicht gerne machen würde, da ich u.a. Getränke kaufen würde und die sind schwer. Ich wollte in keiner Form damit einen Aufruf geben, hilf mir. Nur meinem Genervtsein eine Stimme geben (RW).

    Mein Freund kennt mich. Seine Antwort: "Subtext?"
    Ich: "Nein"
    Er: "ein Glück. Für eine Sekunde dachte ich, dass es ein Aufruf ist, dass ich mitkomme und trage. Hätte ich gemacht, aber ich habe wenig Zeit"

    Ich finde das sehr angenehm. Er fragt, wenn er Subtexte vermutet, die ich oft nicht bemerke und schon gar nicht meine.

    Leider klappt das bei anderen nicht immer.

  • Ich finde das sehr angenehm. Er fragt, wenn er Subtexte vermutet, die ich oft nicht bemerke und schon gar nicht meine.

    So ist das bei uns, nur umgekehrt. Ich frage nach, wenn ich bei einer Äußerung meiner Frau denke: "Vorsicht, da könnte noch was dahinterstecken, was ich nicht erkenne". Sagt sie vor dem Weggehen: "Wie findest du mein Outfit?", dann frage ich schonmal nach: "Willst du verbale Streicheleinheiten, oder geht es um ehrliche Kritik?"

    Klappt halt nicht immer, und zack, dann lieg ich auf der Nase...

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

  • Ich für mich kommuniziere verständlich. Ich kann aber nicht wissen, wie der andere auf was reagiert. Ich stecke ja nicht in seinem Kopf (RW). Und deswegen liegt es auch nicht in meiner Verantwortung.

    Das Wort verständlich impliziert, dass es verstanden wird vom anderen. Wäre das der Fall, dann hättest du ja nicht das Problem missverstanden zu werden, also kommunizierst du nicht verständlich, zumindest häufig.
    Und deiner Logik zu Folge kann man dann im extrem auch Leute als Arschloch bezeichnen, wenn man das nicht als Beleidigung ansieht und wenn die erbost darauf reagieren ihnen die Verantwortung zuordnen

  • Das Wort verständlich impliziert, dass es verstanden wird vom anderen. Wäre das der Fall, dann hättest du ja nicht das Problem missverstanden zu werden, also kommunizierst du nicht verständlich, zumindest häufig.Und deiner Logik zu Folge kann man dann im extrem auch Leute als Arschloch bezeichnen, wenn man das nicht als Beleidigung ansieht und wenn die erbost darauf reagieren ihnen die Verantwortung zuordnen

    hm, zu deinem BSP mit Arschloch: bei einem Menschen mit Tourette würde doch genau das der Fall sein. Er würde das ohne Beleidigungsabsicht sagen und daher straffrei bleiben.

    Ansonsten: zum Thema verständlich und @Imhotep - und wenn er sich für Autisten vetständlich ausdrückt? Reicht das nicht?

    Ich glaube, dass wir da einem grundsätzlichen Problem auf der Spur sind.

    Es gibt Schwierigkeiten in der Kommuniktaion Asperger - NT, aber auch unter den beiden Gruppen gibt es regelmäßige Missinterpretationen. Hier sollten _beide_ Seiten sich bemühen. Dazu gehört auch, dass ein NT mal nachfragt, was der Asperger meint, statt aufgrund der eigenen Interpretation zu "ver"urteilen.

    Immerhin kommt es doch auch zwischen NT ständig zu fehlinterpretationen, die dann gerne in Tratsch in der Teeküche enden. Es ist doch gar nicht so, dass sich alle NTler verstehen und deckungsgleich interpretieren. Sie ärgern sich über einander, weil sie sich untereinande misinterpretieren.

    Wenn wir hier einen Break machen und sagen, dass _alle_ miteinander kommunizieren und nachfragen, dann würden auch für _alle_ stressige Situationen weniger werden.

    Statt dessen geht es scheinbar immer darum, dass Autisten lernen, was ein NT meinen könnte, dabei können sie es nicht fühlen, nur erschließen. Warum also nicht vice versa? Mal ein bisschen von der Zentrierung weg.

  • Beispiel: Zwei Autist*innen in einer Partnerschaft. A1 fragt nach der Uhrzeit. A2 sagt: "Es ist 8 Uhr." Das klingt nach der reinen Sachebene. Wo soll da A2 irgendetwas anderes reingelegt haben, was er als Autist doch gar nicht kann? Und doch, A2 hätte nämlich auch antworten können: "Acht Uhr." oder "Acht". Die Sachebene scheint dreimal gleichermaßen gegeben zu sein, dennoch ist zwischen "Es ist acht Uhr.", "Acht Uhr." und "Acht." ein Unterschied, der auf der Beziehungsebene und auf der Ebene der Selbstreferenz liegt. Auch ein Autist kann selbstverständlich zwischen den drei Antwortmöglichkeiten wählen, es liegt bei ihm, ob er etwas radiomäßig sagt "Es ist acht Uhr." oder ob er salopp nur "Acht." äußert, was er aber nicht umgehen kann, ist, dass durch seine Wahl für das eine oder andere Beziehung und Selbstreferenz die Nachricht auf der Sachebene begleiten.

    Mir erschließt sich nicht, wo bei diesen Aussagen ein Unterschied auf der Sachebene sein soll. Für mich wären alle drei Aussagen auch als Empfänger dasselbe, nämlich die rein informative Antwort auf meine Frage.

    Das Wort verständlich impliziert, dass es verstanden wird vom anderen. Wäre das der Fall, dann hättest du ja nicht das Problem missverstanden zu werden, also kommunizierst du nicht verständlich, zumindest häufig.
    Und deiner Logik zu Folge kann man dann im extrem auch Leute als Arschloch bezeichnen, wenn man das nicht als Beleidigung ansieht und wenn die erbost darauf reagieren ihnen die Verantwortung zuordnen

    Moment mal. Erstens habe ich gesagt "für mich verständlich", weil zweitens ich NICHT beeinflussen kann, wie der andere es auffasst, außer dass ich es >für mich< verständlich ausrücke. Ich stecke nicht in seiner Haut (RW), ich weiß nicht, was die Person gerade denkt und habe zudem noch Schwierigkeiten damit seine Gefühle zu deuten, da ich Autist bin. Mehr als es >für mich< verständlich auszudrücken, kann ich nicht machen, weil alles andere nicht in meinem Machtbereich liegt.
    Und nein, wenn man jemandem sagt, dass er ein Arschloch ist, dann ist das keine Sachebene, weil das schon ein komplett unsachlicher Ausdruck ist und ja eine Selbstoffenbarung mitschwingt, nämlich dass ich das, was die Person zB getan hat, scheiße finde. Das kann per se schon gar keine reine Sachebene sein.

    Es gibt Schwierigkeiten in der Kommuniktaion Asperger - NT, aber auch unter den beiden Gruppen gibt es regelmäßige Missinterpretationen. Hier sollten _beide_ Seiten sich bemühen. Dazu gehört auch, dass ein NT mal nachfragt, was der Asperger meint, statt aufgrund der eigenen Interpretation zu "ver"urteilen.

    Ich glaube das Problem geht sogar noch etwas weiter, nämlich dahingehend, dass diese ganzen Kommunikationstheorien von NTs für NTs gemacht wurden. Es werden Menschen, die auf andere Weise kommunizieren, wie zB Autisten (natürlich) nicht berücksichtigt. Autisten haben aber meist Probleme Mimik, Gestik und Körpersprache nicht nur richtig einzusetzen, sondern auch damit diese beim anderen zu lesen. Des Weiteren habe zumindest ich auch massive Probleme die Stimmung und Gefühle beim anderen wahrzunehmen und richtig einzuordnen, weshalb ich zum Beispiel auch immer wieder frage, wie es der Person gerade geht. Bei solchen Menschen können diese Theorien natürlich gar nicht richtig funktionieren. Und alles was mir dann übrig bleibt, ist meine Aussagen für mich verständlich zu äußern und zu hoffen, dass der andere vielleicht vorher einfach mal fragt, falls ihm was unklar ist und nicht einfach auf seiner persönlichen Interpretation zu verharren.

  • Mir erschließt sich nicht, wo bei diesen Aussagen ein Unterschied auf der Sachebene sein soll.

    Da gibt es ja auch keinen. Das habe ich mehrfach gesagt. Ich habe aber darüber hinaus gesagt, dass jenseits des Sachinhalts andere Inhalte mitschwingen, wenn ich statt "Es ist acht Uhr." sage "Acht." Dass es diese anderen Ebenen bei Autisten nicht gibt, bezweifle ich.

    Autisten haben aber meist Probleme Mimik, Gestik und Körpersprache nicht nur richtig einzusetzen, sondern auch damit diese beim anderen zu lesen.

    Klar. Aber genau das ist doch in einem Kommunikationsmodell enthalten: Der Empfänger decodiert u.U. partiell etwas anderes, als der Sender geäußert hat, wobei die Äußerung ds Senders eben nicht nur die Sachebene ist. Es ist teilweise so, wie wenn beide nicht dieselbe Sprache sprechen.

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

  • @Imhotep
    "Ich glaube das Problem geht sogar noch etwas weiter, nämlich dahingehend, dass diese ganzen Kommunikationstheorien von NTs für NTs gemacht wurden. Es werden Menschen, die auf andere Weise kommunizieren, wie zB Autisten (natürlich) nicht berücksichtigt. Autisten haben aber meist Probleme Mimik, Gestik und Körpersprache nicht nur richtig einzusetzen, sondern auch damit diese beim anderen zu lesen. Des Weiteren habe zumindest ich auch massive Probleme die Stimmung und Gefühle beim anderen wahrzunehmen und richtig einzuordnen, weshalb ich zum Beispiel auch immer wieder frage, wie es der Person gerade geht. Bei solchen Menschen können diese Theorien natürlich gar nicht richtig funktionieren. Und alles was mir dann übrig bleibt, ist meine Aussagen für mich verständlich zu äußern und zu hoffen, dass der andere vielleicht vorher einfach mal fragt, falls ihm was unklar ist und nicht einfach auf seiner persönlichen Interpretation zu verharren."

    Du sprichst hier mMn etwas Wichtiges an, nämlich das prinzipiell aus der Sicht des NT interpretiert und bewertet wird.

    Ich war sehr gut im masken und habe mich explizit bemüht, Gestik und Mimik nachzuahmen.
    Wenn ich das nicht tue, dann interpretieren NT Dinge ich mich, die nicht da sind. Wenn ich also das Lächen einstelle, dann wird mir unterstellt, dass ich schlecht gelaunt sei, den anderen nicht zustimmen würde etc. Dabei denke ich nur nach. "Sag doch was, wenn es dir nicht gefällt." "Warum guckst du so ernst." "Was haste denn jetzt." "Sauer, weil wir uns für X entscheiden haben? Du warst doch auch dafür!" "Lächel dich mal"

    Statt das wir gemeinsam feststellen, dass Menschen unterschiedlich reagieren und es notwendig ist, dass wir unsere Kommunikation zum Abgleich auf verschiedene Kanäle verteilen, wird gesagt, der NT ist ach so gut im Kommunizieren - wobei die sich ständig missverstehen und streiten/tratschen etc. Der Autist ist schlecht in Kommunikation. Dabei nutzt er vielleicht nur andere Kanäle und nur dann, wenn er sie braucht.

    Ich fände es besser, wenn wir alle aufeinande zugehen und akzeptieren, dass wir unterschiedlich kommunizieren und es daher wichtig ist, dass wir das, was wir bei dem anderen erkennen, ggf abgleichen.

  • Da gibt es ja auch keinen. Das habe ich mehrfach gesagt. Ich habe aber darüber hinaus gesagt, dass jenseits des Sachinhalts andere Inhalte mitschwingen, wenn ich statt "Es ist acht Uhr." sage "Acht." Dass es diese anderen Ebenen bei Autisten nicht gibt, bezweifle ich.

    Entschuldigung, da habe ich mich falsch ausgedrückt. Ich meinte: für mich wäre jede dieser Aussagen nur auf der Sachebene. Was genau meinst du ist der Unterschied dieser Aussagen auf der Beziehungsebene? Das erschließt sich mir nicht.

    @Shino Me Da fällt mir ein, wie ich mal jemandem etwas erzählt habe, was für mich sehr negativ war und mein Gegenüber mich irgendwann unterbrach und fragte, weshalb ich denn die ganze Zeit so grinsen würde, während ich das erzähle. Mir war das gar nicht bewusst, dass ich das tat. Das war wieder so eine unbewusste deplatzierte Mimik meinerseits. Das hat beim anderen natürlich für Irritation gesorgt. Hätte die Person die Frage nicht gestellt, wäre es wohl auch dort wieder zum Missverständnis gekommen.
    Ich habe leider sehr reduzierte Mimik und in manchen Situationen leider auch eine, die gar nicht zum Gesprächsthema passt. Glaube daher rühren auch viele Missverständnisse bei mir.

  • @Imhotep
    Ich war unglaublich gut in Mimik und Gestik. Aber es hat mich so viel Kraft gekostet und in den letzten Jahren fiel es mir immer schwerer. Ich gab mir den Befehl lächeln und mein Körper wollte das nicht mehr.

    Da steckte sehr viel Training drin und ich dachte wirklich, dass ich perfekt war. LOL. War ich nicht. Trotz meines Einsatzes gab es immer wieder Nachfragen, warum lächelst du nicht, mein Ex hatte mir vorgeworfen, ich würde "was ausbrüten" wenn ich in seiner Gegenwart damals das Zwangslächeln unterbrochen habe, um mich davon zu erholen.

    Jetzt mache ich das viel weniger. Wobei ich immer noch netten NTler "ein Lächeln schenke" - wenn ich es kann, also ohne mich krampfhaft zu zwingen, sondern wenn es einfach nur eines kleines Stuppses bedarf, um das Lächeln bewusst anzustoßen.

    Oder wenn ich in eine Diskussion einsteigen muss, um z.B. mein Recht durchzusezten, dann nutze ich ggf Mimik und Gestik bewusst, um meine Meinung zu unterstreichen - einfach, weil NTler das brauchen.

    Ich bin jetzt in einer Partnerschaft, wo ich nicht lächeln muss, aber regelmäßig über die Witze meines Freundes lachen kann. Übrigens gilt mein Freund als sehr ernst, wobei ich ihn für total witzig halte! Da kann man mal sehen, wie unterschiedlich Menschen bewerten.

  • Ich meinte: für mich wäre jede dieser Aussagen nur auf der Sachebene. Was genau meinst du ist der Unterschied dieser Aussagen auf der Beziehungsebene? Das erschließt sich mir nicht.

    Wenn ich auf die Frage "Wie viel Uhr ist es?" sage "Es ist acht Uhr" ist die Beziehung weniger definiert (ich könnte das zu jedem sagen) als wenn ich sage "acht". Das sage ich nämlich eher zu jemandem, der mir nahe steht. Fragt mich mein Chef nach der Uhreit oder auch jemand auf der Straße, dann antworte ich aus Höflichkeit ausführlicher, setze wenigstens "Uhr" dahinter. Und damit ist in meiner Antwort Beziehung mit im Spiel, obwohl sie doch scheinbar nur die Sachinformation "Uhrzeit" enthält.

    Achtung: Ich bestreite überhaupt nicht, dass Autisten anders kommunizieren als Nichtautisten, nur halte ich die Behauptung, in autistischer Kommunikation spiele nur die Sachebene eine Rolle, nicht für richtig.

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

  • Wenn man sich bewusst ist, dass eine Aussage, die man macht, völlig anders beim anderen ankommen kann, versteht man auch, dass es unerwartete Reaktionen gibt.

    Es ist nicht unbedingt böse oder dumm, dass jemand eine Aussage anders auffasst.
    Das kann an der Umgebung liegen, die in diese Aussage einbezogen wird. Oder etwas, das 1 bis 2 Sätze vorher Gesagte wird einbezogen. Oder man war in Gedanken bei einem ähnlichen Thema und verbindet das mit dem jetzt Gehörten, oder, oder, oder...

    Beide Gesprächspartner müssen bereit sein, zu kommunizieren. Dazu gehört auch Nachfragen und auf Nachfragen geduldig und nicht genervt antworten.

    Merkt man, dass man falsch verstanden wurde, ist es auch hilfreich, das von sich aus zu klären. Der Andere denkt ja, er hätte "richtig" verstanden.

    Es lohnt sich immer, wenn man eine unpassende Antwort bekommt, freundlich nachzufragen. Meist geht der Andere dann darauf ein.
    Wenn nicht, dann kann man sich trotzdem freundlich verabschieden.

    Eine freundliche Verabschiedung aus einem nicht konstruktiven Gespräch ist besser, als Frust.
    Ich selbst fühle mich viel besser, wenn etwas freundlich geklärt oder beendet wurde, als wenn man verärgert auseinander geht.

  • Ich drücke mich meist ziemlich nüchtern und vor allem KNAPP aus. Ich sage nur so viel, wie ich für nötig halte, ohne es mehrmals zu erklären oder noch mal zu umschreiben. Das führt manchmal auch zu
    Missverständnissen.

    Andere Menschen reden viel ausschweifender, habe ich das Gefühl. Sie fügen selbst schon hinzu, wie sie etwas meinen bzw. wie sie etwas NICHT meinen.

    Was ich mache, nennt sich wohl indirekte Kommunikation, d.h., ich setze beim anderen voraus, dass er das, was ich sage, schon selbst richtig interpretiert, und auch die unausgesprochenen Sachen kennt. Es wäre sicher öfter vorteilhaft, etwas direkter zu kommunizieren und eventuelle Missverständnisse schon selbst im Vorfeld auszuräumen.

  • Ich glaube aber, was bei uns Autisten sehr reinspielt, vor allem auch bei mir, ist dass wir oft eine reduzierte Mimik und Gestik haben. Bei mir kommt noch die sehr monotone Stimme dazu. Da wird halt gerne mal anders interpretiert, als es gemeint war.

    Ich würde dann beispielsweise gar nichts hineininterpretieren, weil es eben so wenig Hintergründiges zum Heruminterpretieren gäbe.

    Manchmal denke ich, solche "Missverständnisse", wie du sie eben beispielhaft gebracht hast, zeigen eher den Hintergrund deines Gesprächspartners (im Beispiel wäre das ein geringes Selbstvertrauen deiner Mutter, die vielleicht auch schon befürchtet hat, dass das Oberteil nicht gut sitzt....es aber nicht offen zugeben möchte, weil ihr das Kleidungsstück so gut gefällt!).

    In solch einem Fall kann ich dir nur raten, sachlich zu bleiben und möglicherweise den Hinweis fallen zu lassen, dass du das eben Gesagte ohne weitere (und vor allem ohne fiese....) Hintergedanken geäußert hast.
    Was andere Menschen so hinein- und hinausinterpretieren ist schwer zu ergründen. Das würde ich gar nicht erst versuchen. Bei schriftlichen Äußerungen geht es möglicherweise einfacher mit dem Aufklären von Missverständnissen , 's gibt aber auch da keine Garantie auf's Klappen!

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • ....Mit-Patientin äußert etwas, dass in sich nicht schlüssig ist. Ich erkläre den gedanklichen Fehler ihrerseits...... Sie fängt an zu weinen, weil ich versuche den anderen Patienten in der Gruppe, versuche den Fehler zu erklären.
    Diese erzählen mir dann, dass es gar nicht um ihren Wahrnehmungsfehler ginge (korrigiert wäre das Problem weg), sondern um ihre Gefühle.

    Wie wäre es, wenn du deine Therapiegruppe bittest, die Ungereimtheiten in den Beiträgen der Anderen zu korrigieren?!
    Du hast ja auch "nur" einen Wahnehmungsfehler gemacht.....

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • @Capricorn Zumeist finde ich es gut, da es mir andere Perspektiven aufzeigt, die ich aus unterschiedlichen Gründen nicht sehe.

    PS.: Kann auch sein, dass ich unwirsch reagierend dem Gegenüber Unverständnis unterstelle. :oops:

    Einmal editiert, zuletzt von Back (28. November 2021 um 14:58)

  • @Back

    Ja, das ist das Positive an solchen Rückmeldungen!
    Da kann ich dir nur erfolgreiches Üben wünschen :)


    Aber auch die Frau in deinem Beispiel könnte ja lernen, sich konkreter auszudrücken. :prof:

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